Schlawinerstreit.
Vor Gericht erschienen Herr R., Inhaber einer Security-Firma mit Rechtsanwalt als Beklagter und Herr M. als ehemaliger Angestellter von Herrn R. mit Rechtsanwalt als Kläger. Herr M. war von R. für den Sicherheitsdienst in Kaufhäusern eingestellt worden. Nach Differenzen, die sich auf die Bezahlung von Überstunden, die Anrechnung von Fahrtzeiten als Arbeitszeit und die Vergütung der Benzinkosten bezogen, hatte Herr M. schließlich gekündigt. Beide hatten verschiedene finanzielle Ansprüche gegeneinander. Welche davon berechtigt waren, das sollte vor Gericht geklärt werden.

Erster Streitpunkt: Fahrtzeiten und Fahrtkosten. Im Arbeitsvertrag stand: „Fahrtkosten werden nicht erstattet.“ Auf diesen Standpunkt stellte sich der Firmenchef. Als dieser Sachverhalt dem neu eingestellten M. nach einigen Tagen klar wurde, hatte er gekündigt. Es gab daraufhin ein klärendes Gespräch mit dem Chef, über dessen Inhalt jedoch unterschiedliche Aussagen vorliegen.
Jedenfalls wurde das Arbeitsverhältnis nach diesem Gespräch fortgesetzt, die Tankkosten wurden erstattet und es wurden in einem Monat auch einmal Fahrtkosten als Arbeitszeit bezahlt. Die Richterin ging davon aus, dass in diesem Gespräch eine vom Arbeitsvertrag abweichende, aber rechtlich gültige Vereinbarung getroffen worden war, und die Beweislast, dass dem nicht so sei, trage daher der Firmeninhaber.

Zweiter Streitpunkt: Überstunden. Der Firmenchef sagt: Es habe gar keine Überstunden gegeben, und das sei auch so im Arbeitsvertrag festgehalten: Er bezahle keine Überstunden.
Sein ehemaliger Mitarbeiter kann aber glaubhaft machen, dass ständig Überstunden angefallen sind. So habe er mehrmals in der Woche in einem Media-Markt von morgens 8 Uhr bis Abends 22 Uhr gearbeitet. Diese Arbeitszeiten wurden auch abgestempelt.
Die Richterin fragt verwundert: Als abhängig Beschäftigter dürfen Sie doch nur höchstens 10 Stunden am Tag und 48 Stunden in der Woche arbeiten? Ja, gibt der Sicherheitsmann verschmitzt zurück: Er sei ja seit 1999 selbständig und habe eine eigene Firma. Genau genommen sei er sowohl lohnabhängig und nebenher selbstständig. Er rechne aber alles mit dem Finanzamt korrekt ab.
Und wie das denn in dem Media-Markt gehe, wenn er morgens um 8 Uhr einstempelt und erst 14 Stunden später ausstempelt, das sei doch nicht erlaubt? Ja, dafür habe er ja zwei Stempelkarten. Er stempelt nach 8 Stunden die eine Karte als Lohnarbeiter aus und stempelt dann die zweite Karte als Selbständiger ein. Das sei alles ganz legal.

Und warum wolle er denn von ihm, dem Firmenchef R. diese Überstunden bezahlt haben, fragt ihn sein früherer Chef? Die Überstunden habe er doch gar nicht für ihn gemacht, sondern für sein Subunternehmen!
Das musste Herr M. zugeben. Alle Kaufhäuser, die der Firmenchef R. mit Sicherheitsleuten belieferte, hätten gleich mit dem Subunternehmer von Herrn R. Anschlussverträge geschlossen. So habe er 8 Stunden für Herrn R. und die Überstunden für den Subunternehmer von R. gearbeitet. Der habe ihn die Überstunden bezahlt und das Geld dann Herrn R. in Rechnung gestellt.

Der Richterin ist das noch nicht vorgekommen und sie äußert Zweifel, ob das alles im gesetzlichen Rahmen sei. Schließlich nimmt sie doch ihren Taschenrechner und rechnet hin und herüber und kommt schließlich auf 365 Euro, die Herr R. seinem ehemaligen Mitarbeiter unter Aufrechnung aller berechtigter Forderungen noch schulde. Sie schlägt eine Vergleichssumme von 350.- Euro vor und hat damit Erfolg. Der Vergleich wird von beiden angenommen.

Wal Buchenberg, 22.11.2002.