Produktivität


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Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehen wir hier überhaupt eine Veränderung im Arbeitsprozess, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren." K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 333.

1. Steigerung der Arbeitsproduktivität ist eine historische Aufgabe des Kapitalismus
"Die Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Aufgabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewusst die materiellen Bedingungen einer höheren Produktionsform."  K. Marx, Kapital III. MEW 25, 269.

"Die Produktivität pro Arbeitsstunde ist heute in Frankreich 28 mal größer als zu Beginn der Industrialisierung." LitDokAB 2000, a-533.

"Die Arbeitsproduktivität in (West)Deutschland stieg von 1960 bis 1995 um 207 %, hat sich also mehr als verdreifacht; die Kapitalproduktivität ging wegen des stark gestiegenen Einsatzes von Produktionsanlagen um 44 % zurück." (Statistisches Bundesamt)

"Unternehmen, die im Zeitraum 1990-92 bzw. 1991-93 sowohl Produkt- als auch Prozessinnovationen durchgef?hrt haben, konnten in der Periode 1992-94 gegenüber Nichtinnovatoren einen Produktivitätsvorsprung von 4 % bis 7 % jährlich erzielen." LitDokAB 99/2000-1, a-192.

"In Europa hat sich hier ... die Produktivität aller Produktionsfaktoren schneller erh?ht als in den USA." LitDokAB 99/2000-1, a-660.



Produktivität in USA:
(Produktion pro Stunde von allen im business-sector Besch?ftigten. Die rote Linie ist die Trendlinie)




"Die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit zeigt sich doppelt:
Erstens in der Größe der schon produzierten Produktivkräfte, in dem Wertumfang und Massenumfang der Produktionsbedingungen, worunter die Neuproduktion stattfindet, und in der absoluten Größe des schon akkumulierten produktiven Kapitals;
zweitens in der verhältnismäßigen Kleinheit des im Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils gegen das Gesamtkapital, d.h. in der verhältnismäßigen Kleinheit der lebendigen Arbeit, die zur Reproduktion und Verwertung eines gegebenen Kapitals und zur  Massenproduktion nötig ist.
Es unterstellt dies zugleich Konzentration des Kapitals.
Mit Bezug auf die angewandte Arbeitskraft zeigt sich die Entwicklung der Produktivkraft wieder doppelt:
Erstens in der Vermehrung der Mehrarbeit, d.h. der Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, die zur Reproduktion der Arbeitskraft nötig ist.
Zweitens in der Abnahme der Menge von Arbeitskraft (Arbeiterzahl), die überhaupt angewandt wird, um ein gegebenes Kapital in Bewegung zu setzen.
Beide Bewegungen gehen nicht nur Hand in Hand, sondern bedingen sich wechselseitig..." K. Marx, Kapital III. MEW 25, 257.

1.1 Die Vorteile der gestiegenen Produktivit?t fallen an das Kapital.
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Ricardo stellt den richtigen Satz auf, dass alle 'Verbesserungen', sei es durch Teilung der Arbeit, Verbesserung der Maschinerie, Vervollkommnung der Transportmittel, auswärtiger Handel, kurz, alle Mittel, die in der Manufaktur oder dem Transport der Waren nötige Arbeitszeit abkürzen, den Mehrwert (daher den Profit) erhöhen, also die Kapitalistenklasse bereichern, weil und insofern diese 'Verbesserungen' den Wert der Ware Arbeitskraft entwerten." K. Marx, Theorien "ber den Mehrwert II., MEW 26.2, 425.

Ab 1982: "Die Lohnquote ist seit 1982, als sie ihren höchsten Stand in der Geschichte der BRD erreicht hatte, fast kontinuierlich gesunken und die Gewinnquote entsprechend gestiegen." LitDokAB 1993/94 a-1221.

1992:"Die glänzende Gewinnlage kommt auch in der realen Netto-Kapitalrendite zum Ausdruck. Sie ist heute mit 14,6 % so hoch wie zu Vollbeschäftigungszeiten Mitte der sechziger und Anfang der siebziger Jahre. Seit 1975 sind die Stückgewinne (plus 85 %) erheblich st?rker angestiegen als die Lohnstückkosten (plus 66 %)?. LitDokAB 1993/94 a-1231.

1990 - 1999:"In den neunziger Jahren haben sich die Wirtschaftsstrukturen in Deutschland merklich verändert. Das Produzierende Gewerbe verlor an Bedeutung, während die Dienstleistungen an Gewicht zunahmen. ...Einigen Branchen gelang es, Preisspielräume zu nutzen und den Absatz sowie den Ertrag kräftig zu erhöhen. Andere Branchen sicherten sich eine gute Ertragslage entweder durch kräftige Rationalisierungsmaßnahmen - bei weitgehender Konstanz der Preise - oder durch Preissteigerungen bei geringer Marktexpansion." LitDokAB 2000, a-810.

1.2 Steigerung der Arbeitsproduktivität erlaubt dem Kapital trotz erhöhter Gewinne und erhöhter Ausbeutung, auch die Löhne in gewissem Umfang zu erhöhen.
Steigerung der Arbeitsproduktivität ist der schmale Boden, auf dem die Harmonie zwischen Kapital und Arbeit, die Zusammenarbeit zwischen deutschen Kapitalisten und den Gewerkschaften ruht.
"Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert ... von gegebner Größe, darstellt." K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 631. Der Wert der Arbeitskraft kann also gleich bleiben oder sogar sinken, obwohl gleichzeitig mehr Produkte in den Konsum der Lohnarbeiter eingehen, ihr Lebensstandard also steigt.
Bei gleichbleibender Konsummenge der Lohnarbeiter kann ihr realer Lebensstandard erhalten bleiben, obwohl der Wert der Arbeitskraft durch Produktivit?tssteigerung sinkt. Die L?hne werden f?r das Kapital dann billiger, der Gewinn w?chst entsprechend.
"Mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehen, die Verbilligung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reale Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit." K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 631.

"Die bindende Regulierung der Arbeitsmärkte hat eine Billiglohnkonkurrenz verhindert und als 'Produktivitäts-Peitsche' auf die Unternehmen gewirkt. LitDokAB 1998/99 a-1036.

1998:
Die jahresbezogene Steigerung der Tarifverdienste betrug für Gesamtdeutschland 1,8 %. ... Der durch den Produktivitätsanstieg gegebene Verteilungsspielraum wurde jedoch erneut nicht ausgeschöpft." LitDokAB 99/2000-1, a-281.

1.3 Auch die Verkürzung der Arbeitszeiten wurde zur Steigerung der Arbeitsproduktivität genutzt
"Teilzeit verkürzt die Arbeitszeit und führt dadurch ... zu einer höheren Produktivität bei stark ermüdenden Tätigkeiten..." LitDokAB 99/2000-2, b-748.

"Tatsache ist, dass die flexiblen Arbeitszeiten als reines Zweckinstrument für die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen eingesetzt wurden. Die ständige Weiterentwicklung dieser flexiblen Arbeitszeitmodell hat ausschließlich das Ziel, die wirtschaftlichen Interessen zu optimieren." LitDokAB 99/2000-2, b-753.

"Eine repräsentative Umfrage bei 1074 Beschäftigten zeigt: 53 % der Befragten beklagen, dass die Arbeitszeitverk?rzung bei ihnen den Arbeitsdruck vergrößert hat. Nur 20 % sind der Meinung, dass die kürzeren Arbeitszeiten ihren Arbeitsplatz sicherer gemacht haben, und lediglich 13 % machten die Erfahrung, dass infolge der Arbeitszeitverkürzung die Beschäftigung in ihrem Betrieb aufgestockt worden ist." LitDokAB 1998/99 b-574.

Soweit nicht anders vermerkt, stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt f?r Arbeit, div. Jhrg.
Wal Buchenberg, 21.11.2001