Kapital I.: 64-76

Marx stellte fest, dass an einer einzelnen Ware immer nur ihr Gebrauchswert zu entdecken ist (wofür taugt das Produkt oder die Dienstleistung? Welches Bedürfnis befriedigt es/sie?), nie ihr Warenwert.

Der Wert einer Ware erscheint erst im Vergleich mit anderen Waren.

Der Gebrauchswert ist also eine individuelle Eigenschaft jeder Ware, der Warenwert ist etwas Gesellschaftliches. Dieser gesellschaftliche Charakter des Werts und die Verkörperung dieses Wertes im Geld soll entwickelt werden. Dafür nahm Marx als erstes den einfachen Warentausch als Beispiel:

Wenn von der Ware A gesagt wird, sie sei x Ware B wert, so wird durch diesen Vergleich der Wert der Ware A sichtbar bzw. ausgedrückt. In diesem Wertausdruck spielen die beiden Pole/Seiten eine unterschiedliche Rolle:

Die Ware A spielt eine aktive Rolle, sie sucht den Wertvergleich. Marx sagt, die Ware befinde sich in der „relativen Wertform“. Die Ware B spielt eine passive Rolle und funktioniert als Wertgleiches (= Äquivalent). Marx nennt das: Die Ware B befinde sich in der „Äquivalentform“.

Im folgenden werden die Funktionen der beiden Glieder dieses Wertvergleichs oder „Wertausdrucks“ noch näher beschrieben. Diese Unterscheidungen sind wichtig, um die Entstehung des Geldes zu verstehen.

Die relative Wertform

Mit der Frage: ‚Wie viel sind diese 20 Ellen Leinwand wert?’ sucht man für eine Ware eine Verkörperung von Wert oder den Wertvergleich. Hat man einen Vergleichswert gefunden, so hat man einen Wertausdruck.

 

a) Gehalt der relativen Wertform

„Der Wert der Ware Leinwand wird daher ausgedrückt im Körper der Ware Rock, der Wert einer Ware im Gebrauchswert der andren. Als Gebrauchswert ist die Leinwand ein vom Rock sinnlich verschiedenes Ding, als Wert ist sie ‚Rockgleiches‘ ...“ K. Marx, Kapital I : 66.

„Im Wertverhältnis der Leinwand gilt der Rock als ihr qualitativ Gleiches, als Ding von derselben Natur, weil er ein Wert ist. Er gilt hier daher als ein Ding, worin Wert erscheint oder welches in seiner handgreiflichen Naturalform Wert darstellt.“ K. Marx, Kapital I : 66.

„...im Wertverhältnis einer Ware zu anderen (tritt) ihr Wertcharakter ... hervor durch ihre eigene Beziehung zu der anderen Ware.

Indem z. B. der Rock als Wertding der Leinwand gleichgesetzt wird, wird die in ihm steckende Arbeit der in ihr steckenden Arbeit gleichgesetzt.“ K. Marx, Kapital I : 65.

„Vermittelst des Wertverhältnisses (x Ware A = y Ware B) wird also die Naturalform der Ware B (Rock) zur Wertform der Ware A (Leinwand) oder der Körper der Ware B (Rock) zum Wertspiegel der Ware A (Leinwand).“ K. Marx, Kapital I : 67.

b) Quantitative Bestimmtheit der relativen Wertform

„Jede Ware, deren Wert ausgedrückt werden soll, ist ein Gebrauchsgegenstand von gegebenem Quantum... Dieses gegebene Warenquantum enthält ein bestimmtes Quantum menschlicher Arbeit.“ K. Marx, Kapital I : 67.

„Die Gleichung: ‚20 Ellen Leinwand = 1 Rock oder: 20 Ellen Leinwand sind 1 Rock wert‘ setzt voraus, dass in 1 Rock gerade so viel Wertsubstanz steckt als in 20 Ellen Leinwand, dass beide Warenquanta also gleich viel Arbeit kosten oder gleich große Arbeitszeit.“ K. Marx, Kapital I : 67.

„Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A.“ K. Marx, Kapital I : 74.

Die Äquivalentform

Eine ganz bestimmte Menge einer Ware dient der ersten Ware als Wertgleiches oder Verkörperung von Wert: Diese 20 Ellen Leinwand ist wie viel wert? So viel wie dieser Rock!

„Die Leinwand drückt also in der Tat ihr eigenes Wertsein dadurch aus, dass der Rock unmittelbar mit ihr austauschbar ist. Die Äquivalentform einer Ware ist folglich die Form ihrer unmittelbaren Austauschbarkeit mit anderer Ware.“ K. Marx, Kapital I : 70.

„Der Körper der Ware, die zum Äquivalent (Wertgleiches, hier: Rock) dient, gilt stets als Verkörperung abstrakt menschlicher Arbeit und ist stets das Produkt einer bestimmten nützlichen, konkreten Arbeit. Diese konkrete Arbeit wird also zum Ausdruck abstrakt menschlicher Arbeit.“  K. Marx, Kapital I : 72.

Das Ganze der einfachen Wertform

x Ware A = y Ware B

„Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben.“ K. Marx, Kapital I : 74.

„Die nähere Betrachtung des im Wertverhältnis zur Ware B (Rock) enthaltenen Wertausdrucks der Ware A (Leinwand) hat gezeigt, dass innerhalb desselben die Naturalform der Ware A (Leinwand) nur als Gestalt von Gebrauchswert, die Naturalform der Ware B (Rock) nur als Wertform oder Wertgestalt gilt. Der in der Ware eingehüllte innere Gegensatz von Gebrauchswert und Wert wird also dargestellt durch einen äußeren Gegensatz, d. h. durch das Verhältnis zweier Waren, worin die eine Ware, deren Wert ausgedrückt werden soll (Leinwand), unmittelbar nur als Gebrauchswert, die andre Ware hingegen, worin Wert ausgedrückt wird (Rock), unmittelbar nur als Tauschwert gilt. Die einfache Wertform einer Ware ist also die einfache Erscheinungsform des in ihr enthaltenen Gegensatzes von Gebrauchswert und Wert.“ K. Marx, Kapital I : 75-76.

Zur Methode dieser Online-Lektüre:

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.

Jedem neuen Abschnitt wird eine Zusammenfassung des bisherigen Gedankengangs vorangestellt.

Wo es dem Verständnis dient, wurden Fremd­wörter, Maß­einhei­ten und teilweise auch Zahlenbeispiele modernisiert.

Diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht. Hervor­hebungen von Marx sind normal fett gedruckt. Jedes Zitat enthält die Seitenangabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.

Wal Buchenberg