Kapital 1.: 531-541 10. Große Industrie
und Agrikultur Fünfter
Abschnitt Die Produktion des
absoluten und relativen Mehrwerts 14.
Kapitel Absoluter und
relativer Mehrwert Was sind produktive
Arbeiter? „Der Arbeitsprozess wurde
(siehe fünftes Kapitel) zunächst abstrakt betrachtet, unabhängig von
seinen geschichtlichen Formen, als Prozess zwischen Mensch und Natur. Es
hieß dort: ‚Betrachtet man den ganzen Arbeitsprozess vom Standpunkt seines
Resultats, so erscheinen beide, Arbeitsmittel und Arbeitsgegenstand, als
Produktionsmittel und die Arbeit selbst als produktive
Arbeit.’ Und in Note 7 wurde
ergänzt: ‚Diese Bestimmung produktiver Arbeit, wie sie sich vom Standpunkt
des einfachen Arbeitsprozesses ergibt, reicht keineswegs hin für den
kapitalistischen Produktionsprozess‘. Dies ist hier weiter zu entwickeln.“
K. Marx, Kapital I.: 531 „Soweit der
Arbeitsprozess ein rein individueller, vereinigt derselbe Arbeiter alle
Funktionen, die sich später trennen. In der individuellen Aneignung von
Naturgegenständen zu seinen Lebenszwecken kontrolliert er sich selbst.
Später wird er kontrolliert. Der einzelne Mensch kann nicht auf die Natur
wirken ohne Betätigung seiner eignen Muskeln unter Kontrolle seines eignen
Hirns. Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der
Arbeitsprozess Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum
feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt
sich überhaupt aus einem unmittelbaren Produkt eines individuellen
Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines
Gesamtarbeiters, d. h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder
der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner
stehen. Mit dem kooperativen
Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der
Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven
Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst
Hand anzulegen; es genügt Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine
seiner Unterfunktionen zu vollziehen. Die obige ursprüngliche
Bestimmung der produktiven Arbeit ... bleibt immer wahr für den
Gesamtarbeiter, als Gesamtheit betrachtet. Aber sie gilt nicht mehr für
jedes seiner Glieder, einzeln genommen.“ K. Marx, Kapital I.:
531-532. „Andrerseits aber verengt
sich der Begriff der produktiven Arbeit. Die kapitalistische Produktion
ist nicht nur Produktion von Ware, sie ist wesentlich Produktion von
Mehrwert. Der Arbeiter produziert nicht für sich, sondern für das Kapital.
Es genügt daher nicht länger, dass er überhaupt produziert. Er muss
Mehrwert produzieren. Nur der Arbeiter ist produktiv, der Mehrwert für den
Kapitalisten produziert oder zur Selbstverwertung des Kapitals
dient. Steht es frei, ein
Beispiel außerhalb der Sphäre der materiellen Produktion zu wählen, so ist
ein Schullehrer produktiver Arbeiter, wenn er nicht nur Kinderköpfe
bearbeitet, sondern sich selbst abarbeitet zur Bereicherung des
Unternehmers. Dass letzterer sein Kapital in einer Lehrfabrik angelegt
hat, statt in einer Wurstfabrik, ändert nichts an dem
Verhältnis. Der Begriff des
produktiven Arbeiters schließt daher keineswegs bloß ein Verhältnis
zwischen Tätigkeit und Nutzeffekt, zwischen Arbeiter und Arbeitsprodukt
ein, sondern auch ein spezifisch gesellschaftliches, geschichtlich
entstandenes Produktionsverhältnis, welches den Arbeiter zum unmittelbaren
Verwertungsmittel des Kapitals stempelt. Produktiver Arbeiter zu sein ist
daher kein Glück, sondern ein Pech.“ K. Marx, Kapital I.:
532. Absoluter und
relativer Mehrwert „Die Verlängerung des
Arbeitstags über den Punkt hinaus, wo der Arbeiter nur ein Äquivalent
(Wertgleiches) für den Wert seiner Arbeitskraft produziert hätte,
und die Aneignung dieser Mehrarbeit durch das Kapital - das ist die
Produktion des absoluten Mehrwerts. Sie bildet die allgemeine Grundlage
des kapitalistischen Systems und den Ausgangspunkt der Produktion des
relativen Mehrwerts. Bei dieser ist der Arbeitstag von vornherein in zwei
Stücke geteilt: notwendige Arbeit und Mehrarbeit. Um die Mehrarbeit zu
verlängern, wird die notwendige Arbeit verkürzt durch Methoden,
vermittelst deren das Äquivalent (Wertgleiches) des Arbeitslohns in
weniger Zeit produziert wird. Die Produktion des absoluten Mehrwerts dreht
sich nur um die Länge des Arbeitstags; die Produktion des relativen
Mehrwerts revolutioniert durch und durch die technischen Prozesse der
Arbeit und die gesellschaftlichen Gruppierungen.“ K. Marx, Kapital I.:
532. „Vorausgesetzt, die
Arbeitskraft werde zu ihrem Wert bezahlt, stehen wir dann vor dieser
Alternative: Die Produktivität der Arbeit und ihren Normalgrad von
Intensität gegeben, ist die Rate des Mehrwerts nur erhöhbar durch absolute
Verlängerung des Arbeitstages; andererseits, bei
gegebener Grenze des Arbeitstages, ist die Rate des Mehrwerts nur erhöhbar
durch relativen Größenwechsel seiner Bestandteile, der notwendigen Arbeit
und der Mehrarbeit, was seinerseits, soll der Lohn nicht unter den Wert
der Arbeitskraft sinken, Wechsel in der Produktivität oder Intensität der
Arbeit voraussetzt.“ K. Marx, Kapital I.: 534. Geschichtlicher
Rückblick auf die Mehrwertproduktion „Braucht der Arbeiter
alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und seiner Rasse
nötigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihm keine Zeit, um
unentgeltlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen
Produktivitätsgrad der Arbeit keine solche disponible Zeit für den
Arbeiter, ohne solche überschüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine
Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem
Wort keine Großbesitzerklasse.“ K. Marx, Kapital I.:
534. „Nur sobald die Menschen
sich aus ihren ersten Tierzuständen herausgearbeitet, ihre Arbeit selbst
also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten Verhältnisse
ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung des andern wird.
In den Kulturanfängen sind die erworbenen Produktivkräfte der Arbeit
gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an den Mitteln
ihrer Befriedigung entwickeln. Ferner ist in jenen
Anfängen die Proportion der Gesellschaftsteile, die von fremder Arbeit
leben, verschwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Produzenten.
Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit
wächst diese Proportion absolut und relativ.“ K. Marx, Kapital I.: 534-
535. „Von der mehr oder minder
entwickelten Gestalt der gesellschaftlichen Produktion abgesehen, bleibt
die Produktivität der Arbeit an Naturbedingungen gebunden. Sie sind alle
rückführbar auf die Natur des Menschen selbst, wie Rasse usw., und die ihn
umgebende Natur. Die äußeren Naturbedingungen zerfallen ökonomisch in zwei
große Klassen, natürlichen Reichtum an Lebensmitteln, also
Bodenfruchtbarkeit, fischreiche Gewässer usw., und natürlichen Reichtum an
Arbeitsmitteln, wie lebendige Wassergefälle, schiffbare Flüsse, Holz,
Metalle, Kohle usw. In den Kulturanfängen gibt die erstere, auf höherer
Entwicklungsstufe die zweite Art des natürlichen Reichtums den Ausschlag.
Man vergleiche z.B. England mit Indien oder, in der antiken Welt, Athen
und Korinth mit den Uferländern des Schwarzen Meeres.“ K. Marx, Kapital
I.: 535. „Die Gunst der
Naturbedingungen liefert immer nur die Möglichkeit, niemals die
Wirklichkeit der Mehrarbeit, also des Mehrwerts oder des Mehrprodukts. Die
verschiedenen Naturbedingungen der Arbeit bewirken, dass dieselbe
Quantität Arbeit in verschiedenen Ländern verschiedene Bedürfnismassen
befriedigt, dass also unter sonst analogen Umständen, die notwendige
Arbeit verschieden ist. Auf die Mehrarbeit wirken die
Naturbedingungen nur als Naturschranke, d.h. durch Bestimmung des
Punkts, wo die Arbeit für andere beginnen kann. In demselben Maß, worin
die Industrie vortritt, weicht diese Naturschranke zurück.“ K. Marx,
Kapital I.: 537. Zur Methode dieser
Online-Lektüre: Diese
Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung
von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx'
Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen
Worten. Jedem
neuen Abschnitt wird eine Zusammenfassung des bisherigen Gedankengangs
vorangestellt. Wo es dem
Verständnis dient, wurden Fremdwörter, Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenbeispiele modernisiert. Diese und andere
Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver
Schrift. Auslassungen
im laufenden Text sind durch drei Punkte ... kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von
Marx sind normal fett
gedruckt. Jedes
Zitat enthält die Seitenangabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wal Buchenberg |