Kapital 2.:251-259
„Die Arbeitszeit ist immer Produktionszeit, d. h. Zeit, während deren das Kapital in die Produktionssphäre gebannt ist. Aber umgekehrt ist nicht alle Zeit, während deren das Kapital sich im Produktionsprozess befindet, deswegen notwendig auch Arbeitszeit. ...
Es handelt sich hier von einer ... durch die Natur des Produkts und seiner Herstellung selbst bedingten Unterbrechung, während deren der Arbeitsgegenstand kürzer oder länger dauernden Naturprozessen unterworfen ist, physikalische, chemische, physiologische Veränderungen durchmachen muss, während deren der Arbeitsprozess ganz oder teilweise suspendiert ist. So muss gekelterter Wein erst eine Zeitlang die Gärung durchmachen und dann wieder eine Zeitlang liegen, um einen bestimmten Grad der Vollkommenheit zu erreichen.
In vielen Industriezweigen muss das Produkt eine Trocknung durchmachen, wie in der Töpferei, oder gewissen Umständen ausgesetzt sein, um seine chemische Beschaffenheit zu ändern, wie in der Bleicherei.“ K. Marx, Kapital 2.: 241.
„In allen diesen Fällen besteht also die Produktionszeit des vorgeschossenen Kapitals aus zwei Perioden: Einer Periode, worin das Kapital sich im Arbeitsprozess befindet; einer zweiten Periode, worin ... (das) unfertige Produkt ... dem Walten von Naturprozessen überlassen ist, ohne sich im Arbeitsprozess zu befinden. Ob diese beiden Zeiträume sich stellenweise durchkreuzen und zwischen einander schieben, ändert nichts an der Sache. Arbeitsperiode und Produktionsperiode decken sich hier nicht. Die Produktionsperiode ist größer als die Arbeitsperiode.“ K. Marx, Kapital 2.: 242.
„Je nach der Länge der nicht aus Arbeitszeit bestehenden Produktionszeit verlängert sich also auch seine Umschlagsperiode.“ K. Marx, Kapital 2.: 242.

14. Kapitel
Die Umlaufszeit
“Alle bisher betrachteten Umstände, welche die Umlaufsperioden verschiedener, in verschiedenen Geschäftszweigen angelegter Kapitale differenzieren, daher auch die Zeiten, während deren Kapital vorgeschossen werden muss, entspringen innerhalb des Produktionsprozesses selbst, wie der Unterschied von fixem und flüssigen Kapital, der Unterschied in den Arbeitsperioden usw.
Die Umschlagszeit des Kapitals ist jedoch gleich der Summe seiner Produktionszeit und seiner Umlaufs- oder Zirkulationszeit. Es versteht sich daher von selbst, dass verschiedne Länge der Umlaufszeit die Umschlagszeit und daher die Länge der Umschlagsperiode verschieden macht.“ K. Marx, Kapital 2.: 251.
1) Verkaufszeit:
„Der eine Abschnitt der Umlaufszeit - und der relativ entscheidendste - besteht aus der Verkaufszeit, der Epoche, worin das Kapital sich im Zustand von Warenkapital befindet. Je nach der relativen Größe dieser Frist verlängert oder verkürzt sich die Umlaufszeit und daher die Umschlagsperiode überhaupt. Es kann auch infolge von Aufbewahrungskosten etc. zuschüssige Auslage von Kapital notwendig werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 251.
„Von vornherein ist klar, dass die für den Verkauf ihrer fertigen Waren erforderliche Zeit sehr verschieden sein kann für die einzelnen Kapitalisten in einem und demselben Geschäftszweig; also nicht nur für die Kapitalmassen, die in verschiedenen Produktionszweigen angelegt sind...
Unter sonst gleichbleibenden Umständen wird die Verkaufsperiode für dasselbe individuelle Kapital mit den allgemeinen Schwankungen der Marktverhältnisse oder mit ihren Schwankungen in dem besonderen Geschäftszweig wechseln. Hierbei halten wir uns jetzt nicht länger auf.“ K. Marx, Kapital 2.: 251f.
„Eine stetig wirkende Ursache in der Differenzierung der Verkaufszeit, und daher der Umschlagszeit überhaupt, ist die Entfernung des Markts, wo die Ware verkauft wird, von ihrem Produktionsplatz. Während der ganzen Zeit seiner Reise zum Markt befindet sich das Kapital gebannt in den Zustand des Warenkapitals; wenn auf Bestellung produziert wird, bis zum Moment der Ablieferung; wenn nicht auf Bestellung produziert, kommt zur Zeit der Reise zum Markt noch die Zeit hinzu, wo die Ware sich auf dem Markt zum Verkauf befindet.
Verbesserung der Kommunikations- und Transportmittel kürzt die Wanderungsperiode der Waren absolut ab, hebt aber nicht die aus der Wanderung entspringende relative Differenz in der Umlaufszeit verschiedener Warenkapital auf, .... die nach verschiedenen Märkten wandern.“ K. Marx, Kapital 2.: 252.
„Die relativen Differenzen können aber infolge der Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel verschoben werden in einer Weise, die nicht den natürlichen Entfernungen entspricht. Z.B. eine Eisenbahn, die von dem Produktionsplatz zu einem inländischen Hauptzentrum der Bevölkerung führt, mag die Entfernung nach einem näher gelegenen Punkt des Inlands, wohin keine Eisenbahn führt, absolut oder relativ verlängern im Vergleich zu dem natürlich entfernteren;
ebenso mag infolge desselben Umstands die relative Entfernung der Produktionsplätze von den größeren Absatzmärkten selbst verschoben werden, woraus sich der Verfall alter und das Aufkommen neuer Produktionszentren mit veränderten Transport- und Kommunikationsmitteln erklärt.
(Hierzu kommt noch die größere relative Wohlfeilheit des Transports für längere als für kürzere Distanzen.)“ K. Marx, Kapital 2.: 252.
„Es wird also durch die Veränderung in den Transportmitteln eine örtliche Verschiedenheit in der Umlaufszeit der Waren, der Gelegenheiten einzukaufen, zu verkaufen usw. erzeugt, oder die schon existierende örtliche Verschiedenheit wird anders verteilt. Die Wichtigkeit dieses Umstandes für den Umschlag des Kapitals zeigt sich in den Streitereien der kaufmännischen und industriellen Repräsentanten der verschiedenen Plätze mit den Eisenbahndirektionen.“ K. Marx, Kapital 2.: 253f.
„Gleichzeitig mit der Entwicklung der Transportmittel wird nicht nur die Geschwindigkeit der Raumbewegung beschleunigt und damit die räumliche Entfernung zeitlich verkürzt. Es entwickelt sich nicht nur die Masse der Kommunikationsmittel, so dass ... z.B. in der Woche an verschiedenen aufeinander folgenden Tagen Frachtschiffe von Liverpool nach New York oder zu verschiedenen Tagesstunden Warenzüge von Manchester nach London (gehen). Die absolute Geschwindigkeit ... wird durch diesen letzteren Umstand, bei gegebener Leistung der Transportmittel, zwar nicht verändert. Aber nach und nach  (können) Warenmengen auf den Markt kommen, ohne sich bis zur wirklichen Versendung in größeren Massen als potentielles Warenkapital aufzuhäufen.
Es verteilt sich daher auch der Rückfluss (des Geldes) über kürzere aufeinanderfolgende Zeitperioden, so dass beständig ein Teil in Geldkapital verwandelt ist, während der andre als Warenkapital zirkuliert. Durch diese Verteilung des Rückflusses auf mehrere aufeinander folgende Perioden wird die Gesamtumlaufszeit abgekürzt und daher auch der Umschlag.“ K. Marx, Kapital 2.: 253.
„Wenn einerseits mit dem Fortschritt der kapitalistischen Produktion die Entwicklung der Transport- und Kommunikationsmittel die Umlaufszeit für ein gegebenes Quantum Waren abkürzt, so führt derselbe Fortschritt ... umgekehrt die Notwendigkeit herbei, für immer entferntere Märkte, mit einem Wort, für den Weltmarkt zu arbeiten.
Die Masse der auf Reise befindlichen und nach entfernten Punkten reisenden Waren wächst enorm, und daher absolut und relativ auch der Teil des gesellschaftlichen Kapitals, der sich beständig für längere Fristen im Stadium des Warenkapitals, innerhalb der Umlaufszeit befindet.
Damit wächst gleichzeitig auch der Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der, statt als direktes Produktionsmittel zu dienen, in Transport- und Kommunikationsmitteln und in dem für ihren Betrieb nötigen fixen und zirkulierenden Kapital ausgelegt wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 254.
2) Einkaufzeit: „Kommen wir nun zur zweiten Epoche der Umlaufszeit: der Kaufzeit oder der Epoche, während deren das Kapital sich aus Geldform in die Elemente des produktiven Kapitals rückverwandelt. Während dieser Epoche muss es kürzere oder längere Zeit in seinem Zustand als Geldkapital verharren, also ein gewisser Teil des vorgeschossenen Gesamtkapitals sich fortwährend im Zustand des Geldkapitals befinden.“ K. Marx, Kapital 2.: 256.
„Man hat bereits gesehen, dass die durch Entfernung des Markts bewirkte Verlängerung der Zeit, in der das Kapital in die Form des Warenkapitals gebannt ist, direkt verspäteten Rückfluss des Geldes bewirkt, also auch die Verwandlung des Kapitals aus Geldkapital in produktives Kapital verzögert.“ K. Marx, Kapital 2.: 257.
„Man hat ferner gesehen (Kapitel VI, Zirkulationskosten), wie mit Bezug auf den Einkauf der Waren die Kaufzeit, die größere oder geringere Entfernung von den Hauptbezugsquellen des Rohmaterials es nötig macht, für längere Perioden Rohmaterial einzukaufen und in der Form von produktivem Vorrat, latentem oder potentiellem produktivem Kapital, verwendbar zu halten; dass sie also die Masse des Kapitals, das auf einmal vorgeschossen werden muss, und die Zeit, für die es vorgeschossen werden muss, ... vergrößert.“ K. Marx, Kapital 2.: 257.
„Ähnlich wirken in verschiedenen Geschäftszweigen die Perioden..., worin größere Massen Rohmaterial auf den Markt geworfen werden. So finden z.B. in London alle drei Monate große Wollversteigerungen statt, die den Wollmarkt beherrschen; während der Baumwollmarkt von Ernte zu Ernte im ganzen kontinuierlich, wenn auch nicht immer gleichmäßig, erneuert wird.
Solche Perioden bestimmen die Haupteinkaufstermine dieser Rohstoffe und wirken namentlich auf die spekulativen ... Einkäufe...“ K. Marx, Kapital 2.: 257.
„Abgesehen von aller Spekulation hängt der Umfang der Einkäufe derjenigen Waren, die beständig als produktiver Vorrat vorhanden sein müssen, ab von den Zeiten der Erneuerung dieses Vorrats, also von Umständen, die wieder von Marktverhältnissen abhängig, daher für verschiedenen Rohstoffe etc. verschieden sind;
es muss hier also von Zeit zu Zeit Geld in größeren Mengen auf einmal vorgeschossen werden. Es fließt, je nach Umschlag des Kapitals, rascher oder langsamer, stets aber bruchweise zurück.“ K. Marx, Kapital 2.: 258.
„Wir werden im nächsten Kapitel sehen, wie andere Umstände, ob sie nun aus dem Produktions- oder Zirkulationsprozess entspringen, dies Vorhandensein einer bestimmten Portion des vorgeschossenen Kapitals in Geldform ernötigen.
Allgemein aber ist zu bemerken, dass die Ökonomen sehr geneigt sind zu vergessen, dass ein Teil des im Geschäft nötigen Kapitals beständig nicht nur die drei Formen von Geldkapital, produktivem Kapital und Warenkapital wechselweise durchläuft, sondern dass verschiedene Portionen desselben beständig nebeneinander diese Formen besitzen, wenn auch die relative Größe dieser Portionen beständig wechselt.
Namentlich ist es der beständig als Geldkapital vorhandene Teil, den die Ökonomen vergessen, obgleich gerade dieser Umstand zum Verständnis der bürgerlichen Wirtschaft sehr nötig ist...“ K. Marx, Kapital 2.: 258.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg