Kapital 3.210-214

„Das Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr erklärt daher einerseits nur die Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und andererseits die Tendenz zur Aufhebung dieser Abweichung, d.h. zur Aufhebung der Wirkung des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr.“ K. Marx, Kapital 3.: 200.
„Wenn Nachfrage und Zufuhr sich decken, hören sie auf zu wirken, und eben deswegen wird die Ware zu ihrem Marktwert verkauft.
Wenn zwei Kräfte in entgegengesetzter Richtung gleichförmig wirken, heben sie einander auf, wirken sie gar nicht nach außen, und Erscheinungen, die unter dieser Bedingung vorgehen, müssen anders als durch das Eingreifen dieser beiden Kräfte erklärt werden.
Wenn Nachfrage und Zufuhr sich gegenseitig aufheben, hören sie auf, irgend etwas zu erklären, wirken sie nicht auf den Marktwert und lassen uns erst recht im dunkeln darüber, weshalb der Marktwert sich grade in dieser Summe Geld ausdrückt und in keiner anderen.
Die wirklichen inneren Gesetze der kapitalistischen Produktion können offenbar nicht aus der Wechselwirkung von Nachfrage und Zufuhr erklärt werden, ... da diese Gesetze nur dann rein verwirklicht erscheinen, sobald Nachfrage und Zufuhr aufhören zu wirken...“ K. Marx, Kapital 3.: 199.
„Nachfrage und Zufuhr unterstellen die Verwandlung des Werts in Marktwert, und soweit sie auf kapitalistischer Basis vorgehen, soweit die Waren Produkte des Kapitals sind, unterstellen sie kapitalistische Produktionsprozesse, also ganz anders verwickelte Verhältnisse als den bloßen Kauf und Verkauf der Waren.
Bei ihnen (den Waren als Kapitalprodukten) handelt es sich nicht um die formelle Verwandlung des Werts der Waren in Preis, d.h. um bloße Formänderungen;
es handelt sich um die bestimmten quantitativen Abweichungen der Marktpreise von den Marktwerten und weiter von den Produktionspreisen.
Bei dem einfachen Kauf und Verkauf genügt es, Warenproduzenten als solche sich gegenüber zu haben.
Nachfrage und Zufuhr, bei weiterer Analyse, unterstellen die Existenz der verschiedenen Klassen und Klassenabteilungen, welche die Gesamtrevenue der Gesellschaft unter sich verteilen und als Revenue unter sich konsumieren, die also die von der Revenue gebildete Nachfrage bilden;
während sie andererseits, zum Verständnis der durch die Produzenten als solche unter sich gebildeten Nachfrage und Zufuhr, Einsicht in die Gesamtgestaltung des kapitalistischen Produktionsprozesses nötig macht.“ K. Marx, Kapital 3.: 204f.

11. Kapitel
Wirkungen allgemeiner Schwankungen des Arbeitslohns auf die Produktionspreise

a) Wirkung von Lohnsteigerungen:
„Die Durchschnittszusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals sei 80 c + 20 v und der Profit 20 %. In diesem Fall ist die Rate des Mehrwerts 100 %. Eine allgemeine Erhöhung des Arbeitslohns, alles andere gleichgesetzt, ist eine Erniedrigung der Rate des Mehrwerts. Für das Durchschnittskapital fallen Profit und Mehrwert zusammen.
Der Arbeitslohn steige um 25 %. Dieselbe Masse Arbeit, die es (für den Kapitalisten) 20 kostete in Bewegung zu setzen, kostet es jetzt 25. Wir haben dann statt 80 c + 20 v + 20 p einen Umschlagswert von 80 c + 25 v + 15 p.
Die vom variablen Kapital in Bewegung gesetzte Arbeit produziert nach wie vor eine Wertsumme von 40. Steigt v von 20 auf 25, so ist der Überschuss m bzw. p nur noch = 15.
Der Profit von 15 auf 105 ist = 14,3 %, und dies wäre die neue Rate des Durchschnittsprofits.
Da der Produktionspreis der vom Durchschnittskapital produzierten Waren zusammenfällt mit ihrem Wert, so hätte sich der Produktionspreis dieser Waren nicht verändert; die Erhöhung des Arbeitslohnes hätte daher wohl Erniedrigung des Profits, aber keinen Wert- und Preiswechsel der Waren mit sich geführt.“ K. Marx, Kapital 3. S. 210.
„Früher, wo der Durchschnittsprofit = 20 % war der Produktionspreis der in einer Umschlagsperiode produzierten Waren gleich ihrem Kostpreis plus einem Profit von 20 % auf diesen Kostpreis, also k = k + kp‘ = k + 0,2 k; wo k eine variable Größe ist, verschieden nach dem Wert der Produktionsmittel, die in die Waren eingehen, und nach dem Maße des Verschleißes, den das in ihrer Produktion verwandte fixe Kapital an das Produkt abgibt.
Jetzt betrüge der Produktionspreis k + 0,143 k.“ (105 + 0,143 x 105 = 120) K. Marx, Kapital 3. S. 210.
„Es ist an und für sich klar, dass, je nachdem 50, 25 oder 10 pro 100 des Kapitals in Arbeit ausgelegt wird, eine Lohnerhöhung sehr verschieden wirken muss auf den, der 1/10 und auf den, der ¼ oder ½ seines Kapitals in Arbeitslohn auslegt..“ K. Marx, Kapital 3. S. 212.

„Nehmen wir nun erst ein Kapital, dessen Zusammensetzung niedriger als die ursprüngliche des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals  80 c + 20 v, z.B. 50 c + 50 v.
Hier betrug der Produktionspreis des Jahresprodukts, wenn wir der Vereinfachung halber annehmen, dass das ganze fixe Kapital in das jährliche Produkt als Verschleiß einging und dass die Umschlagszeit dieselbe ist wie in dem Fall I, vor der Erhöhung des Arbeitslohns 50 c + 50 v + 20 p = 120.
Eine Erhöhung des Arbeitslohns um 25 % gibt ... eine Erhöhung des variablen Kapitals von 50 auf 62,5.
Würde das jährliche Produkt zum früheren Produktionspreis von 120 verkauft, so ergäbe dies 50 c + 62,5 v + 7,5 p, also eine Profitrate von 6,66 %.“ K. Marx, Kapital 3. S. 210f.
„Die neue Durchschnittsprofitrate ist aber 14,3 %, und da wir alle anderen Umstände als gleichbleibend annehmen, wird dies Kapital von 50 c + 62,5 v diesen Profit auch machen müssen.
Ein Kapital von 112,5 (= Kostpreis 50 c + 62,5 v) macht aber zur Profitrate von 14,3 % einen Profit von 16,1. Der Produktionspreis der davon produzierten Waren ist also jetzt 50 c + 62,5 v + 16,1 p = 128,6.
Infolge der Lohnsteigerung um 25 % ist also hier der Produktionspreis ... gestiegen von 120 auf 128,6 oder mehr als 7 %.“ K. Marx, Kapital 3. S. 211.

„Nehmen wir umgekehrt eine Produktionssphäre an von höherer Komposition als das Durchschnittskapital, z.B.  92 c + 8 v.
Der ursprüngliche Durchschnittsprofit ist also auch hier = 20, und wenn wir wieder annehmen, dass das ganze fixe Kapital in das jährliche Produkt eingeht und die Umschlagszeit dieselbe ist wie in Fall I und II, so ist der Produktionspreis der Ware auch hier = 120.
Infolge der Steigerung des Arbeitslohns um 25 % wächst das variable Kapital für gleichbleibenden Arbeitsmenge von 8 auf 10, der Kostpreis der Waren also von 100 auf 102, andererseits ist die Durchschnittsprofitrate von 20 % gefallen auf 14,3%.“ K. Marx, Kapital 3. S. 211.
„Der Profit, der nun auf 102 fällt ist also 14,6. (92 c + 10 v; k = c + v = 102; p = 102 x 0,143 = 14,6.) Und daher verkauft sich das Gesamtprodukt zu k + kp‘ = 102 + 14,6 = 116,6. Der Produktionspreis ist also gefallen...“ K. Marx, Kapital 3. S. 211.
Resümee:
„Infolge der Erhöhung des Arbeitslohns um 25 % ist also:
1. mit Bezug auf das Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittsposition der Produktionspreis der Ware unverändert geblieben;
2. mit Bezug auf das Kapital niederer Zusammensetzung der Produktionspreis der Ware gestiegen, obgleich nicht im selben Verhältnis wie der Profit gefallen;
3. mit Bezug auf das Kapital höherer Zusammensetzung ist der Produktionspreis der Ware gefallen, obgleich auch nicht in demselben Verhältnis wie der Profit.“ K. Marx, Kapital 3. S. 211f.
„Da der Produktionspreis der Waren des Durchschnittskapitals derselbe geblieben, gleich dem Wert des Produkts, ist auch die Summe der Produktionspreise der Produkte aller Kapitale dieselbe geblieben, gleich der Summe der vom Gesamtkapital produzierten Werte;
die Erhöhung auf der einen, die Senkung auf der anderen Seite gleichen sich aus für das Gesamtkapital zum Niveau des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals.“ K. Marx, Kapital 3. S. 212.

b) Wirkung von Lohnsenkungen:
„Wie würde nun ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns und ihm entsprechendes allgemeines Steigen der Profitrate und daher der Durchschnittsprofite wirken auf die Produktionspreise der Waren, die das Produkt von Kapitalen sind, welche nach entgegengesetzten Richtungen von der gesellschaftlichen Durchschnittszusammensetzung abweichen?
Wir haben bloß die eben gegebene Ausführung umzudrehen, um das Resultat ... zu erhalten.“  K. Marx, Kapital 3. S. 212. (Es folgen Rechenbeispiele)
„Man sieht also, dass .... ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns zur Folge hat ein allgemeines Steigen des Mehrwerts, der Rate des Mehrwerts, und bei sonst gleichbleibenden Umständen der Profitrate, wenn auch in anderer Proportion ausgedrückt;
einen Fall der Produktionspreise für die Warenproduktion von Kapitalen niederer, und steigender Produktionspreise für Warenprodukte von Kapitalen höherer Zusammensetzung.
Gerade das umgekehrte Resultat von dem, das sich herausstellte bei allgemeinem Steigen des Arbeitslohns.
Es ist in beiden Fällen - Steigen wie Fallen des Arbeitslohns - vorausgesetzt, dass der Arbeitstag gleich bleibt, ebenso die Preise aller notwendigen Lebensmittel.“ K. Marx, Kapital 3. S. 213.
(Das hier beschriebene Steigen oder Fallen des Arbeitslohns wäre also allein  durch Erfolge oder Misserfolge im Lohnkampf hervorgerufen.
Die hier beschriebenen Wirkungen können also auch als allgemeine Wirkungen des Lohnkampfes auf die Preise bezeichnet werden.)

 

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg