Kapital 3.242-245
14. Kapitel Gesetz
des tendenziellen Falls der Profitrate. Entgegenwirkende
Ursachen „Wenn man die enorme Entwicklung der
Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30
Jahren, verglichen mit allen früheren Perioden, betrachtet, wenn man
namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das außer der
eigentlichen Maschinerie in die Gesamtheit des gesellschaftlichen
Produktionsprozesses eingeht, so tritt an die Stelle der Schwierigkeit,
welche bisher die Ökonomen beschäftigt hat, nämlich den Fall der
Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich zu erklären, warum dieser
Fall nicht größer oder rascher ist. Es müssen gegenwirkende Einflüsse
im Spiel sein, welche die Wirkung des allgemeinen Gesetzes durchkreuzen
und aufheben und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir
auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Fall
bezeichnet haben. Die allgemeinsten dieser Ursachen sind folgende:“ K.
Marx, Kapital 3. S. 242.
I. Erhöhung des Ausbeutungsgrades der
Arbeit „Der Ausbeutungsgrad der Arbeit, die Aneignung von
Mehrarbeit und Mehrwert wird erhöht namentlich durch Verlängerung des
Arbeitstags und Intensivierung der Arbeit. Diese beiden Punkte sind
ausführlich entwickelt in Buch I bei der Produktion des absoluten und des
relativen Mehrwerts.“ K. Marx, Kapital 3. S. 242. „Die Masse des
Mehrwerts, die ein Kapital von gegebener Größe erzeugt, ist das Produkt
zweier Faktoren, der Rate des Mehrwerts multipliziert mit der
Arbeiterzahl, die zur gegebener Rate beschäftigt wird. Sie hängt also ab
bei gegebener Rate des Mehrwerts von der Arbeiterzahl und bei gegebener
Arbeiterzahl von der Rate des Mehrwerts.“ K. Marx, Kapital 3. S.
244. „Die Masse des Mehrwerts ist gleich der Rate multipliziert mit der
Arbeiterzahl; die Rate wird aber nie auf das Gesamtkapital, sondern nur
auf das variable Kapital berechnet, in der Tat nur auf je einen
Arbeitstag.“ K. Marx, Kapital 3. S. 245. „Nun hat sich gezeigt, dass im
Durchschnitt dieselben Ursachen, die die Rate des relativen Mehrwerts
erhöhen, die Masse der angewandten Arbeitskraft erniedrigen.“ K. Marx,
Kapital 3. S. 244. (Beispiel I: Erhöhung der Ausbeutung bei
höherer Kapitalzusammensetzung: 90 c + 10 v + 10
m; Zusammensetzung v/c = 11,1 %, Ausbeutungsrate = 100 %, Profitrate =
10 %; 91 c + 9 v + 10 m; Zusammensetzung v/c = 9,8
%, Ausbeutungsrate = 111 %, Profitrate = 10 %;) „Sonst ist es
bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des
tendenziellen Falls der Profitrate -, dass die Prozeduren zur Erzeugung
von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf
hinauslaufen: einerseits von einer gegebenen Masse Arbeit möglichst
viel in Mehrwert zu verwandeln, andererseits im Verhältnis zum
vorgeschossenen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so
dass dieselben Gründe, welche erlauben, den Ausbeutungsgrad der
Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel
Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden
Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts,
gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebenen Kapital erzeugten
Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.“ K. Marx,
Kapital 3. S. 243. „Wenn einem Arbeiter die Arbeit aufgezwungen wird,
die rationell nur zwei verrichten können, und wenn dies unter Umständen
geschieht, wo dieser eine drei ersetzen kann, so wird der eine soviel
Mehrarbeit liefern wie früher zwei, und sofern ist die Rate des Mehrwerts
gestiegen. Aber er wird nicht soviel liefern wie vorher drei, und damit
ist die Masse des Mehrwerts gefallen. Ihr Fall ist aber kompensiert oder
beschränkt durch das Steigen der Rate des Mehrwerts. Wird die gesamte
Bevölkerung zu gestiegener Rate des Mehrwerts beschäftigt, so steigt die
Masse des Mehrwerts, obgleich die Bevölkerung dieselbe bleibt. Noch mehr
bei wachsender Bevölkerung; und obgleich dies verbunden ist mit einem
relativen Fall der beschäftigten Arbeiterzahl im Verhältnis zur Größe des
Gesamtkapitals, so wird dieser Fall doch gemäßigt oder aufgehalten durch
die gestiegene Rate des Mehrwerts.“ K. Marx, Kapital 3. S. 245. „Die
Profitrate fällt nicht, weil die Arbeit unproduktiver, sondern weil sie
produktiver wird. Beides, Steigen der Rate des Mehrwerts und Fallen der
Rate des Profits, sind nur besondere Formen, worin sich wachsende
Produktivität der Arbeit kapitalistisch ausdrückt.“ K. Marx, Kapital 3. S.
250. „Das Steigen der Mehrwertrate ... ist ein Faktor, wodurch die
Masse des Mehrwerts und daher auch die Profitrate mit bestimmt wird. Er
hebt nicht das allgemeine Gesetz auf. Aber er macht, dass es mehr als
Tendenz wirkt, d.h. als ein Gesetz, dessen absolute Durchführung durch
gegenwirkende Umstände aufgehalten, verlangsamt, abgeschwächt wird.“ K.
Marx, Kapital 3. S. 244.
„Damit nun eine neue Produktionsmethode sich als
wirkliche Steigerung der Produktivität bewähre, muss sie auf die einzelne
Ware einen geringeren zusätzlichen Wert für Verschleiß von fixem Kapital
übertragen, als der abzügliche Wertteil ist, der infolge verminderter
lebendiger Arbeit erspart wird, muss sie mit einem Wort den Wert der Ware
vermindern.... Diese Verminderung des in die Ware eingehenden
Gesamtarbeitsquantums scheint hiernach das wesentliche Kennzeichen
gesteigerter Produktivität der Arbeit zu sein, gleichgültig unter welchen
gesellschaftlichen Bedingungen produziert wird. In einer Gesellschaft,
worin die Produzenten ihre Produktion nach einem voraus entworfenen Plan
regeln, ja selbst in der einfachen Warenproduktion würde die Produktivität
der Arbeit auch unbedingt nach diesem Maßstab gemessen.“ K. Marx, Kapital
3. S. 271. (Den Kapitalisten steigern aber nicht die Produktivität
der Arbeit, um den Arbeitsaufwand zu vermindern. Sie steigern die
Produktivität durch Einführung neuer Technologie nur soweit, als der Fall
der Profitrate durch gesteigerte Mehrwertproduktion mindestens
ausgeglichen wird. Es folgt eine Beispielrechnung, wann sich für den
Kapitalisten die Einführung einer Maschine lohnt. Nämlich dann, „wenn
an dem bezahlten Teil der lebendigen Arbeit mehr erspart als an
vergangener Arbeit zugesetzt wird.“ K. Marx, Kapital 3. S. 272. Das
heißt, dass die Kosten für die neue Technologie niedriger sein müssen als
die Lohnkosten, die durch diese Technologie erspart
werden.)
II. Herunterdrücken des Arbeitslohns unter seinen
Wert „Dies wird hier nur empirisch angeführt, da es in der Tat...
mit der allgemeinen Analyse des Kapitals nichts zu tun hat, sondern in
die, in diesem Werk nicht behandelte Darstellung der Konkurrenz gehört.
Doch es ist eine der bedeutendsten Ursachen, die die Tendenz zum Fall der
Profitrate aufhalten.“ K. Marx, Kapital 3. S. 245. (Beispiel II:
Senkung des Lohns bei höherer Kapitalzusammensetzung: Ergibt
gleiche Zahlenverhältnisse wie in Beispiel I;
Aus 90 c + 10 v + 10 m wird 91 c + 9 v + 10
m; nur dass die
Verminderung von 10 v auf 9 v diesmal nicht eine geringere Zahl Arbeiter
wie im Beispiel I, sondern eine geringe Lohnsumme für die selbe oder sogar
eine höhere Zahl Arbeiter ausdrückt. Das ist die Grundlage für die
Behauptung der Kapitalisten, niedrigere Löhne würden Arbeitsplätze
schaffen. Würden alle Arbeiter ganz ohne Lohn arbeiten, könnten auch alle Beschäftigung finden. Die
Arbeiter arbeiten eben nicht für Beschäftigung, sondern für ihren
Lebensunterhalt, also für Lohn. Der Sache nach wird bei Lohnsenkungen aus
dem Lohnfonds akkumuliert, nicht aus dem Mehrwert. Der Mehrwert und mit
ihm die Ausbeutung wächst. ) „Ebenfalls ist die massenhafte
Einführung von Weiber- und Kinderarbeit soweit hier zu erwähnen, als die
ganze Familie dem Kapital eine größere Masse Mehrarbeit liefern muss als
vorher, selbst wenn die Gesamtsumme des ihr gegebenen Arbeitslohnes
wächst.....“ K. Marx, Kapital 3. S. 243. (Reichte früher ein
Lohneinkommen für eine Familie, so steigt durch die Frauenarbeit zwar das
Familieneinkommen absolut, aber relativ zur Zahl der Lohnarbeiter sinkt
der Lohn. Sobald es sich als normal durchgesetzt hat, dass auch Frauen
lohnarbeiten, reicht der Lohn des Mannes im Durchschnitt nicht mehr für
eine Familie.)
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen. Wal
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