Kapital 3.: 370 - 382
„Was wird beim
gewöhnlichen Verkauf veräußert? Nicht der Wert der verkauften Ware, denn
dieser ändert nur die Form. Er existiert als Preis ideell in der Ware,
bevor er reell in der Form von Geld in die Hand des Verkäufers übergeht.
Derselbe Wert und dieselbe Wertgröße wechseln hier nur die Form. Das eine
Mal existieren sie in Warenform, das andere Mal in Geldform. Was
wirklich vom Verkäufer veräußert wird und daher auch in die individuelle
oder produktive Konsumtion des Käufers übergeht, ist der Gebrauchswert der
Ware, die Ware als Gebrauchswert. Was ist nun der Gebrauchswert, den
der Geldkapitalist für die Zeit des Ausleihens veräußert und an den
produktiven Kapitalisten, den Borger, abtritt? Es ist der Gebrauchswert,
den das Geld dadurch erhält, dass es in Kapital verwandelt werden ...
kann, und dass es daher einen bestimmten Mehrwert, den Durchschnittsprofit
... in seiner Bewegung erzeugt, außerdem, dass es seine ursprüngliche
Wertgröße wahrt. Bei den übrigen Waren wird in der letzten Hand der
Gebrauchswert konsumiert, und damit verschwindet die Substanz der Ware und
mit ihr ihr Wert. Die Ware Kapital dagegen hat das Eigentümliche, dass
durch die Konsumtion ihres Gebrauchswertes ihr Wert und ihr Gebrauchswert
nicht nur erhalten, sondern vermehrt wird. Diesen Gebrauchswert des
Geldes als Kapital - die Fähigkeit, den Durchschnittsprofit zu erzeugen -
veräußert der Geldkapitalist an den industriellen Kapitalisten für die
Zeit, während deren er diesem die Verfügung über das verliehene Kapital
abtritt.“ K. Marx, Kapital 3.: 363f. „Der Gebrauchswert des
ausgeliehenen Geldes ist: als Kapital fungieren zu können und als solches
unter durchschnittlichen Umständen den Durchschnittsprofit zu
produzieren.“ K. Marx, Kapital 3.: 364. „Was der Käufer einer
gewöhnlichen Ware kauft, ist ihr Gebrauchswert; was er zahlt, ist ihr
Wert. Was der Borger des Geldes kauft, ist ebenfalls dessen
Gebrauchswert als Kapital; aber was zahlt er? Sicher nicht, wie bei den
anderen Waren, ihren Preis oder Wert. Zwischen Verleiher und Borger
geht nicht, wie zwischen Käufer und Verkäufer, ein Formwechsel des Werts
vor, so dass dieser Wert das eine Mal in der Form des Geldes, das andere
Mal in der Form der Ware existiert.“ K. Marx, Kapital 3.: 365. „Die
Wertsumme, das Geld, wird fortgegeben ohne Äquivalent und wird nach einer
gewissen Zeit zurückgegeben. Der Verleiher bleibt immer Eigentümer
desselben Wertes, auch nachdem dieser aus seiner Hand in die des Borgers
übergangen ist.“ K. Marx, Kapital 3.: 365. „Will man den Zins den Preis
des Geldkapitals nennen, so ist dies eine widersinnige Form des
Preises, durchaus im Widerspruch mit dem Begriff des Preises der
Ware. Der Preis ist hier auf seine rein abstrakte und inhaltslose Form
reduziert, dass er eine bestimmte Geldsumme ist, die für irgend etwas, was
so oder so als Gebrauchswert figuriert, gezahlt wird; während seinem
Begriff nach der Preis gleich ist dem in Geld ausgedrückten Wert dieses
Gebrauchswertes.“ K. Marx, Kapital 3.: 366.
22. Kapitel Teilung des Profits. Zinsfuß.
‚Natürliche‘ Rate des Zinsfußes. „Die Konkurrenz zwischen
Verleihern und Borgern und die daher resultierenden kürzeren Schwankungen
des Geldmarkts fallen außerhalb des Bereichs unserer Betrachtung. Der
Kreislauf, den die Zinsrate während des industriellen Zyklus durchläuft,
unterstellt zu seiner Darstellung die Darstellung dieses Zyklus selbst,
die ebenfalls hier nicht gegeben werden kann. Dasselbe gilt für die
größere und geringere, annähernde Ausgleichung des Zinsfußes auf dem
Weltmarkt. Wir haben hier nur damit zu tun, die selbständige Gestalt
des zinstragenden Kapitals und die Verselbständigung des Zinses gegen den
Profit zu entwickeln.“ K. Marx, Kapital 3.: 370. “Wenn man die
Umschlagszyklen betrachtet, worin sich die moderne Industrie bewegt -
Zustand der Ruhe, wachsende Belebung, Prosperität, Überproduktion, Krach,
Stagnation, Zustand der Ruhe etc. - Zyklen, deren weitere Analyse
außerhalb unserer Betrachtung fällt -, so wird man finden, dass meist
niedriger Stand des Zinses den Perioden der Prosperität oder des
Extraprofits entspricht, Steigen des Zinses der Scheide zwischen der
Prosperität und ihrem Umschlag, Maximum des Zinses bis zur äußersten
Wucherhöhe aber der Krisis. ... Allerdings kann andererseits niedriger
Zins mit Stockung, und mäßig steigender Zins mit wachsender Belebung
zusammengehen. Der Zinsfuß erreicht seine äußerste Höhe, während der
Krisen, wo geborgt werden muss, um zu zahlen, was es auch koste. Es ist
dies zugleich, da dem Steigen des Zinses ein Fallen im Preis der
Wertpapiere entspricht, eine sehr artige Gelegenheit für Leute mit
disponiblem Geldkapital, um sich zu Spottpreisen solcher zinstragenden
Papiere zu bemächtigen....“ K. Marx, Kapital 3.: 372 - 373.
a) Maximal- und Minimalgrenze des
Zinses „Jedenfalls ist die Durchschnittsrate des Profits als
die endgültig bestimmende Maximalgrenze des Zinses zu betrachten.“ K.
Marx, Kapital 3.: 372. „Da der Zins bloß ein Teil des Profits ist, der
nach unserer bisherigen Voraussetzung vom industriellen Kapitalisten an
den Geldkapitalisten zu zahlen ist, so erscheint als Maximalgrenze des
Zinses der Profit selbst, wo der Teil, der dem fungierenden Kapitalisten
zufiele = 0 wäre. Abgesehen von einzelnen Fällen, wo der Zins
tatsächlich größer als der Profit sein kann, dann aber auch nicht
aus dem Profit gezahlt werden kann, könnte man vielleicht als
Maximalgrenze des Zinses betrachten den ganzen Profit minus dem später
unten zu entwickelnden Teil desselben, der in Aufsichtslohn ... auflösbar
ist. Die Minimalgrenze des Zinses ist ganz und gar unbestimmbar.
Er kann zu jeder beliebigen Tiefe fallen. Indessen treten dann immer
wieder gegenwirkende Umstände ein und heben ihn über dies relative
Minimum.“ K. Marx, Kapital 3.: 370. „Wo ein gegebenes Ganze, wie der
Profit, zwischen zweien zu teilen ist, kommt es natürlich zunächst auf die
Größe des zu teilenden Ganzen an, und diese, die Größe des Profits, ist
bestimmt durch seine Durchschnittsrate.“ K. Marx, Kapital 3.:
372. „Alle anderen Umstände gleichgesetzt, d.h. das Verhältnis zwischen
Zins und Gesamtprofit als mehr oder weniger konstant angenommen, wird der
fungierende Kapitalist fähig und willens sein, höheren oder niederen Zins
zu zahlen im direkten Verhältnis zur Höhe der Profitrate.“ K. Marx,
Kapital 3.: 371f. b) Gegebenheit des Zinses, mittlerer
Zinsfuß „Aus dem bisher Entwickelten ergibt sich, dass es keine
‚natürliche‘ Zinsrate gibt. Wenn aber auf der einen Seite .... kein
allgemeines Gesetz feststellbar ist...., erscheint umgekehrt der Zinsfuß,
sei es der mittlere, sei es die jedesmalige Marktrate, ganz anders als
eine gleichmäßige, bestimmte und handgreifliche Größe als dies bei der
allgemeinen Profitrate der Fall ist.“ K. Marx, Kapital 3.:
377. „Gewohnheit, gesetzliche Tradition etc. haben ebenso sehr wie die
Konkurrenz selbst, zu tun mit der Bestimmung des mittleren Zinsfußes,
soweit dieser nicht nur als Durchschnittszahl, sondern als faktische Größe
existiert. Ein mittlerer Zinsfuß muss schon in vielen
Rechtsstreitigkeiten, wo Zinsen zu berechnen sind, als legal angenommen
werden.“ K. Marx, Kapital 3.: 376. „Um die Durchschnittsrate des Zinses
zu finden, ist 1. der Durchschnitt des Zinsfußes während seiner
Variationen in den großen industriellen Zyklen zu betrachten; 2. Der
Zinsfuß in solchen Anlagen, wo Kapital für längere Zeit ausgeliehen wird.“
K. Marx, Kapital 3.: 374. „Es ist bereits ... dargestellt worden, dass
der Durchschnittszins für eine längere Reihe von Jahren bei sonst
gleichbleibenden Umständen bestimmt wird durch die Durchschnittsrate des
Profits...“ K. Marx, Kapital 3. : 528. „Der mittlere Zinsfuß erscheint
in jedem Lande für längere Epochen als konstante Größe, weil die
allgemeine Profitrate ... nur in längeren Epochen wechselt. Und ihre
relative Konstanz erscheint eben in diesem mehr oder minder konstanten
Charakter des mittleren Zinsfußes.“ K. Marx, Kapital 3.: 378. “Was aber
die beständig schwankende Marktrate des Zinses betrifft, so ist sie
in jedem Moment als fixe Größe gegeben, wie der Marktpreis der Waren, weil
auf dem Geldmarkt beständig alles leihbare Kapital als Gesamtmasse dem
fungierenden Kapital gegenübersteht, also das Verhältnis des Angebots von
leihbarem Kapital auf der einen Seite, die Nachfrage darnach auf der
anderen den jedesmaligen Marktstand des Zinses entscheidet. Dies ist um
so mehr der Fall, je mehr die Entwicklung und damit verbundene
Konzentration des Kreditwesens dem leihbaren Kapital einen allgemein
gesellschaftlichen Charakter gibt, und es auf einmal, gleichzeitig auf den
Geldmarkt wirft.“ K. Marx, Kapital 3.: 378 - 379. „Fragt man nun
weiter, warum die Grenzen des mittleren Zinsfußes nicht aus allgemeinen
Gesetzen abzuleiten sind, so liegt die Antwort einfach in der Natur des
Zinses. Er ist bloß ein Teil des Durchschnittsprofits. Dasselbe Kapital
erscheint in doppelter Bestimmung, als leihbares Kapital in der Hand des
Verleihers, als industrielles oder kommerzielles Kapital in den Händen des
fungierenden Kapitalisten. Aber es fungiert nur einmal und produziert
selbst den Profit nur einmal. ... Wie sich die beiden Personen darin
teilen, die Ansprüche auf diesen Profit haben, ist an und für sich eine
ebenso rein empirische, dem Reich des Zufälligen angehörige Tatsache wie
die Teilung der Prozentanteile des gemeinschaftlichen Profits einer
Mehrpersonen-Firma unter die verschiedenen Teilhaber.“ K. Marx,
Kapital 3.: 376. “Man hat gesehen, dass, obgleich eine von der Ware
absolut verschiedene Kategorie, das zinstragende Kapital, zur Ware eigener
Art und deshalb der Zins sein Preis wird, der, wie bei der gewöhnlichen
Ware ihr Marktpreis, jedes Mal durch Nachfrage und Angebot fixiert wird.
... Die Geldkapitalisten führen diese Ware zu, und die fungierenden
Kapitalisten kaufen sie, bilden die Nachfrage dafür.“ K. Marx, Kapital 3.:
378. Der Zinsfuß „ist in seiner ... Allgemeingültigkeit ein
täglich fixiertes Faktum, ein Faktum, das dem industriellen und
merkantilen Kapital sogar als Voraussetzung und Posten in der Kalkulation
bei seinen Operationen dient. Es wird ein allgemeines Vermögen jeder
Geldsumme von 100 Euro 2, 3, 4, 5 % abzuwerfen. Meteorologische
Berichte zeichnen nicht genauer den Stand von Barometer und Thermometer
auf, als Börsenberichte den Stand des Zinsfußes, nicht für dieses oder
jenes Kapital, sondern für das auf dem Geldmarkt befindliche, d.h.
überhaupt verleihbare Kapital.“ K. Marx, Kapital 3.: 380.
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen. Wal
Buchenberg |