Kapital 3.451 - 454
„Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu.
Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher konzentriert, auf das nötige Minimum beschränkt, und ein Teil des Geldkapitals, der sonst als Reservefonds schlummern würde, wird ausgeliehen...
Zweitens bildet sich ihr verleihbares Kapital aus den Depositen der Geldkapitalisten, die ihnen das Ausleihen derselben überlassen.
Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht...
Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.“ K. Marx, Kapital 3. S. 416.
„Der Kredit nun, den der Bankier gibt, kann in verschiedenen Formen gegeben werden, z. B. in Wechseln auf andere Banken, Schecks auf solche, Krediteröffnungen derselben Art, endlich, bei Banken mit Notenausgabe, in den eigenen Banknoten der Bank.
Die Banknote ist nichts als ein Wechsel (Zahlungsversprechen) auf den Bankier, zahlbar jederzeit an den Inhaber...“ K. Marx, Kapital 3. S. 417.

27. Kapitel
Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion
„Die allgemeinen Bemerkungen, wozu das Kreditwesen uns bis jetzt Veranlassung gab, waren folgende:
I. Notwendige Bildung desselben, um die Ausgleichung der Profitrate zu vermitteln oder die Bewegung dieser Ausgleichung, worauf die ganze kapitalistische Produktion beruht.
II. Verringerung der Zirkulationskosten.
1. Eine Hauptzirkulationskost ist das Geld selbst.... Es wird in dreifacher Art durch den Kredit ökonomisiert.
A. Indem es für einen großen Teil der Transaktionen ganz wegfällt.
B. Indem die Zirkulation des umlaufenden Mediums beschleunigt wird...
C. Ersetzung von Goldgeld durch Papier.
2. Beschleunigung (des Reproduktionsprozesses des Kapitals) durch den Kredit, der einzelne Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andererseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinander zu halten, und dient daher der Spekulation als Basis.)
Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andererseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muss.
III. Bildung von Aktiengesellschaften.“ K. Marx, Kapital 3.: 452.
„IV. Abgesehen von dem Aktienwesen - das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet -, bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine ... Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum und dadurch über fremde Arbeit.
Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau...
Alle Maßstäbe, alle mehr oder minder innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise noch berechtigten Erklärungsgründe verschwinden hier. Was der spekulierende Großhändler riskiert, ist gesellschaftliches, nicht sein Eigentum.
Ebenso abgeschmackt wird die Phrase vom Ursprung des Kapitals aus der Ersparung, da jener gerade verlangt, dass andere für ihn sparen sollen...
Der anderen Phrase von der Entsagung (bei den Privatausgaben) schlägt sein Luxus, der nun auch selbst Kreditmittel wird, direkt ins Gesicht.
Vorstellungen, die auf einer minder entwickelten Stufe der kapitalistischen Produktion noch einen Sinn haben, werden hier völlig sinnlos.“ K. Marx, Kapital 3.: 454f.
„Das Gelingen wie das Misslingen führen hier gleichzeitig zur Zentralisation der Kapitale und daher zur Enteignung auf der enormsten Stufenleiter. Die Enteignung erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst.
Diese Enteignung ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Enteignung aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.“ K. Marx, Kapital 3.: 455f.
„Wir haben bisher die Entwicklung des Kreditwesens - und die darin enthaltene latente Aufhebung des Kapitaleigentums - mit Bezug hauptsächlich auf das industrielle Kapital betrachtet. Wir betrachten in den folgenden Kapiteln den Kredit mit Bezug auf das zinstragende Kapital als solches, sowohl seinen Effekt auf dieses wie die Form, die er hierbei annimmt.“ K. Marx, Kapital 3.: 547.
„Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozess, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze angetrieben wird, und zwar deshalb angetrieben wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehen als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert.
Es tritt damit nur hervor, dass die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat, eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird.
Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.“ K. Marx, Kapital 3.: 457.
„Die dem Kreditsystem innewohnenden doppelseitigen Charaktere: einerseits Triebfeder der kapitalistischen Produktion, Bereicherung durch Ausbeutung fremder Arbeit, zum reinsten und kolossalsten Spiel- und Schwindelsystem zu entwickeln und die Zahl der den gesellschaftlichen Reichtum ausbeutenden Wenigen immer mehr zu beschränken;
andererseits aber die Übergangsformen zu einer neuen Produktionsweise zu bilden, - diese Doppelseitigkeit ist es, die den Hauptverkündern des Kredits von Law bis Isaak Pèreire ihren angenehmen Mischcharakter von Schwindler und Prophet gibt.“ K. Marx, Kapital 3.: 457.
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg