Milliardäre in Deutschland G - H

Gerling, Rolf 3,4 Mrd. Euro (1996) (2002: 2,0 Mrd. Euro)
Mit 70 % Mehrheitsbesitzer und Aufsichtsratsvorsitzender der Gerling Konzern Versicherungsbeteiligungs AG in Köln, dem größten deutschen Industrie-Versicherungs-Unternehmen. (Umsatz 1995: 11,1 Mrd. DM, Beschäftigte: 9900.) Die Deutsche Bank hält 30 % der Anteile. Sohn von Dr. Hans Gerling, der den Konzern in der Nachkriegszeit leitete. Nach dem Konkurs der Kölner Herstatt-Bank 1974, an welcher der Konzern beteiligt war, geriet auch Gerling ins Trudeln, wurde aber von der Versicherungsholding der deutschen Industrie gestützt. Rolf Gerling engagiert sich für ein ökologisches Management.
In der Versicherungsbranche stellen sich viele die Frage, ob Gerling als Familienunternehmen groß und finanzstark genug ist, die Wende in der Industrieversicherung wirklich zu nutzen. Der Versicherer gehört zu 70 Prozent Rolf Gerling, dem Enkel des Gründers, und zu 30 Prozent der Deutschen Bank. Die seit drei Jahren immer wieder genannten Pläne für einen Börsengang, bei dem Rolf Gerling die Mehrheit behalten wollte, wurden angesichts der Börsenlage mehrfach verschoben und vor drei Monaten erst mal auf Eis gelegt.
Die Deutsche Bank wird sicherlich kein frisches Geld einschießen. Im Gegenteil, seit sich Rolf Gerling 1998 weigerte, ihm die Mehrheit zu verkaufen, will Bankchef Rolf-E. Breuer den Anteil loswerden. Ein anderer Versicherer hat kaum Interesse an einer Minderheit. Deshalb sollte die Holding an die Börse gebracht werden, das hätte den Frankfurtern einen eleganten Ausstieg ermöglicht. ...
Während die Hoffnungen für die unmittelbare Zukunft groß sind, musste Gerling im eigentlichen Versicherungsgeschäft auch 2000 noch herbe Verluste hinnehmen. "Aber wir haben besser abgeschnitten als andere", sagte Zech. Mit einem tiefen Griff in die Bewertungsreserven durch den Verkauf von Aktien konnte der Konzern seinen Gewinn nach Steuern von 22 Mio. Euro im Tränenjahr 1999 auf 185 Mio. Euro in 2000 hochfahren. Die Aktionäre erhielten unverändert 27 Prozent oder 32 Mio. Euro Dividende.  FTP, 20.6.2001.

Haffa, Thomas
Haffa war im vergangenen Jahr noch mit vier Mrd. USD geführt worden. Jetzt bescheinigten die Geldzähler von "Forbes" ihm nur noch 250 Mio. USD, was nicht mehr für eine Platzierung reichte. FTP, 22.4.2001.
Zu den großen Verlierern gehört der deutsche Medienunternehmer Thomas Haffa, der den größten Teil seines Vermögens an der Börse einbüßte und aus dem Milliardärs-Club hinausflog. FTP, 22.4.2001.

Haniel-Familie 8 Mrd. Euro (1996) (2002: ?)
Der Mischkonzern Haniel & Cie hält 33,3 % des Handelsriesen Metro. Weitere Konzernsparten sind Waschraumhygiene, Baustoffe, Reedereien und Industrie-Logistik. Die Industriellenfamilie aus Duisburg hat ca. 930 Mitglieder, unter ihnen 420 Gesellschafter der Haniel & Cie. Umsatz 1995: 24,2 Mrd. DM, Gewinn: 275,2 Mio. DM. Beschäftigte 28485. Die Familie hält enge Verbindung zum Mehrheitsgesellschafter von Metro, Otto Beisheim (Nr. 8), und beherrscht mit 50,32 % die GEHE AG, Stuttgart, ein Pharma-Großhandelsunternehmen, das 25 % des europäischen Marktes kontrolliert.

Haub, Erivan und Familie 4,3 Mrd. Euro (1996) (2002: 4,5 Mrd. Euro)
Besitzt ein Imperium von Lebensmittel- und Spezialmärkten: u.a. den Branchenriesen Tengelmann mit 7.500 Filialen, Kaiser‘s, Plus, LeDi, Grosso, Magnet, OBI, Wissoll-Schokolade und in den USA 54 % von A & P. Der alleingeschäftsführende Gesellschafter Erivan Haub (64) gilt als Vorreiter in Sachen nachhaltiges Wirtschaften. Er übertrug 1997 seinem Sohn Karl-Erivan (37) das operative Geschäft. Die beiden anderen Söhne Georg und Christian haben ebenfalls leitende Positionen. Umsatz 1994/95: 49,9 Mrd. DM, davon in Deutschland 25,5 Mrd. DM, Gewinn: nicht veröffentlicht, Beschäftigte weltweit: rund 200 000.
Der Lebensmittel- und Einzelhandelskonzern Tengelmann erwartet für das laufende Geschäftsjahr 2001/02 wieder Gewinne. Doch das Deutschland-Geschäft bleibt schwierig.
Europa-Chef Karl-Erivan-Haub sagte am Mittwoch in Mülheim, die Verluste seien im abgelaufenen Geschäftsjahr 2000/01 (30.6.) weiter abgebaut worden. Vor Jahresfrist hatte Deutschlands fünftgrößter Lebensmittel-Einzelhandelskonzern noch ein Minus in dreistelliger Millionenhöhe vermeldet. Der Umsatz stieg um 7,6 Prozent auf 26,65 Mrd. Euro (51,34 Mrd DM). "Lagen wir 1999/2000 noch auf der Intensivstation, kamen wir im vergangenen Jahr auf die Wachstation und befinden uns mittlerweile in ambulanter Behandlung", kommentierte Haub die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Vor zwei Jahren befand sich die Gruppe noch in massiven Schwierigkeiten....
Die Zahl der Plus-Filialen in Europa (ohne Deutschland) will Tengelmann langfristig von 800 auf 1500 ausbauen. In Deutschland unterhält Plus rund 2700 Filialen. Bei den "Kd"-Drogeriemärkten sieht Tengelmann "der Nulllinie entgegen", bestätigte Haub. Die Kette sei aber zu klein, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu sein. Tengelmann suche deshalb einen Partner und könnte auch in die Minderheitsposition gehen. ... Positiv entwickelte sich nach Haubs Angaben auch die Baumarktkette Obi, die Marktführer in Deutschland ist. Lange sei mit dem britischen Einzelhändler und Baumarktkonzern Kingfisher über eine Kooperation gesprochen worden. "Nun ist entschieden, wir gehen alleine und können das auch", sagte Haub. Am Vortag hatte Kingfisher den Einstieg bei der Baumarktkette Hornbach bekannt gegeben.
Kein Thema ist für den als offene Handelsgesellschaft firmierenden Konzern jedoch die Umwandlung in eine AG. Die Familie prüfe derzeit alle Optionen für eine andere Rechtsform. "Die AG steht (bei den Überlegungen) ganz hinten", sagte Haub. Von der Umstellung auf den Euro erwartet die Gruppe keine zusätzlichen Einnahmen. Angesichts des harten Wettbewerbs im deutschen Handel sei eher vom Gegenteil auszugehen, schließlich müssten sich neue Schwellenpreise erst einpendeln. Tengelmann betreibt in 16 Ländern rund 7000 Filialen und beschäftigt rund 185.000 Menschen. FTP, 28.11.2001.
Brüggen bestätigte, dass Biedenkopf eine Wohnung in einer Villa am Radebeuler Lößnitzhang bezieht. Die "Dresdner Morgenpost" hatte am Mittwoch berichtet, dass Biedenkopf das Anwesen am Samstag bereits besichtigt hat. Das Haus gehört laut Bericht dem Chef der Tengelmann-Gruppe, Erivan Haub. Schon Anfang Juli könnte Biedenkopf einziehen, hieß es weiter. FTP, 6.6.2001.

Hector, Hans-Werner 1,1 Mrd. Euro (1996) (2002: 1,6 Mrd. Euro)
Mitbegründer von SAP. Verkaufte seine Anteile aber bis auf 5 %. Will sich am Multimedia-Unternehmen Neurotec Hochtechnologie GmbH in Friedrichshafen beteiligen und soll Aufsichtsratsvorsitzender werden.

Henkel-Familie und Albrecht Woeste 4,5 Mrd. Euro (1996) (2002: 0,9 Mrd. Euro)
Die Henkel KGaA stellt u.a. Persil, Spee, Pril und Pattex her und ist in der Chemieindustrie tätig. 1995 übernahm der Konzern die Schwarzkopf-Gruppe (Schauma, Kaloderma, Bac u.a.). Konrad Henkel, das Familienoberhaupt, übergab 1990 den Vorsitz des Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrates an Albrecht Woeste aus der vierten Henkel-Generation. Er blieb aber in beiden Gremien Ehrenvorsitzender. Woeste ist Aufsichtsrat bei der Deutschen Bank und besitzt die Metallfirma R. Woeste & Co. in Düsseldorf. Henkels Frau Gabriele profiliert sich als Kunstmäzenin und pflegt gute Kontakte in Politik und Gesellschaft. Die Familie besitzt alle stimmberechtigten Vorzugsaktien (Familien von Fritz Henkel 40 %‚ Hugo Henkel 40 % und Emmy Henkel 20 %) und 33 % der Vorzugsaktien. Den Rest halten 41000 Aktionäre, die erst seit 1996 stimmberechtigte Aktien kaufen können. Die Stimmenmehrheit das Henkel-Clans ist bis 2016 vertraglich fixiert. Umsatz 1995: 14,2 Mrd. DM, Gewinn: 488 Mio. DM, Beschäftigte weltweit: 41644.
Bereits im September hatte Henkel den umfassenden Umbau seiner Geschäfte angekündigt, um Synergieeffekte zu heben. Ab dem kommenden Jahr wollen sich die Düsseldorfer auf ihre beiden Säulen Markenartikel und Industrieprodukte konzentrieren. Derzeit hat das Unternehmen noch vier Geschäftsbereiche: Klebstoffe, Kosmetik/Körperpflege, Wasch-/Reinigungsmittel, Hygiene/Oberflächentechnik. Die Chemiesparte rund um das Unternehmen Cognis wurde im September für 2,5 Mrd. Euro an die Investorengemeinschaft Schroder Ventures und Goldman Sachs Capital Partners verkauft. Die Investorengemeinschaft habe ihr Rücktrittrecht nicht in Anspruch genommen, sagte Lehner. Die Übertragung von Cognis auf seine Käufer sei für den 30. November vereinbart.
Mit den Sparmaßnahmen und dem Geld aus dem Verkauf von Cognis will Lehner die Finanzkraft des Konzern verbessern, um in den Kerngeschäften Marken und Industrie weiter zu expandieren. Der Verkaufspreis für Cognis wurde zwar angesichts der schwachen konjunkturellen Lage um 100 Mio. Euro auf 2,5 Mrd. Euro gesenkt. Der Deal spült Henkel nach Abzug eines Darlehens an die Käufer sowie der Schulden und Pensionsrückstellungen aber rund 1,25 Mrd. Euro in die Kasse. Die Investitionsmittel erhöhen sich damit auf rund 7 Mrd. Euro. Bereits im vergangenen Jahr hat Henkel Übernahmen im Wert von 1 Mrd. Euro getätigt und dabei hauptsächlich das Industriegeschäft ausgebaut. Es trägt nun rund 30 Prozent zum Gesamtumsatz bei.
In den ersten neun Monaten hat Henkel mit einem Erlösplus um 6,1 Prozent auf 10 Mrd. Euro das interne Wachstumsziel von fünf bis sieben Prozent erreicht. Das Betriebsergebnis enttäuschte jedoch mit einem Minus um 3,6 Prozent auf 679 Mio. Euro. Der Aktienkurs fiel daraufhin im Tagesverlauf um 1,45 Prozent auf 64,40 Euro. Der Jahresüberschuss in den ersten neun Monaten kletterte um 1,7 Prozent auf 365 Mio. Euro. ...
 Antriebsmotor beim Umsatz waren vor allem Kosmetik und der Bereich Wasch-/Reinigungsmittel. Das Stammgeschäft wuchs hier um 4,2 beziehungsweise um 3,1 Prozent. Inklusive der Übernahmen kletterten die Erlöse hier um 4,3 beziehungsweise 9,7 Prozent. Bei Hygiene/Oberflächentechnik lag das Plus bei zwei Prozent. In der Chemie waren es insgesamt plus 2,3 Prozent.
Vor allem die Klebstoffsparte war für den Gewinnrückgang verantwortlich: Das Betriebsergebnis sank hier um 24,9 Prozent auf 145 Mio. Euro. Das Geschäft mit Konstruktionsklebstoffen rund um das Unternehmen Loctite litt unter den Einbrüchen in der Elektronik- und Automobilindustrie. Das schwache Heimwerker- und Baugeschäft sorgte für einen Ergebnisrückgang bei Konsumentenklebstoffen. Auch die Hygiene- und Oberflächentechnik verbuchte ein Minus beim Gewinn von 9,9 Prozent auf 109 Mio. Euro. FTP, 13.11.2001.

Herz, Günter und Familie 3,1 Mrd. Euro (1996) (2002: 3,9 Mrd. Euro)
Besitzer der Tchibo Holding AG in Hamburg, die auch 75,1 % der Anteile des Reemtsma Zigarettenkonzerns und 25,9 % des Chemie-Konzerns Beiersdorf (Nivea, Hansaplast, 8 x 4 Deo, Labello, Tesafilm u.a., Medizin- und Pharmaprodukte) hält. Firmengründer Max Herz hinterließ 1965 das Firmenvermögen seiner Frau Ingeburg und den fünf Kindern Günter, Michael, Joachim, Wolfgang und Daniela Herz-Schnoeckl. Alle Familienmitglieder sind an der Tchibo Holding und vielen anderen Firmen beteiligt. Günter Herz (57) leitet den Konzern. 1996 übernahm Tchibo den Hauptkonkurrenten Eduscho. Die Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH in Hamburg (West, Peter Stuyvesant, R1, R6, Ernte 23, Cabinet, Davidoff, John Players, Attika u.a.) hält in Deutschland einen Marktanteil von 23,7 %. Umsatz des Gesamtkonzerns 1995: 12,9 Mrd. DM (nach Abzug der Tabaksteuer 6,2 Mrd. DM), Gewinn: 301,4 Mio. DM, Beschäftigte: 13609.
 Der Familienkonzern mit einem Umsatz von im Vorjahr knapp 5,4 Mrd. Euro nach Abzug der Tabaksteuern steht an der Schwelle zu einer neuen Ära: Zu Beginn des Jahres legte Vorstandschef Günter Herz nach 35 Jahren an der Spitze sein Amt nieder. Handfeste Differenzen unter den fünf Kindern des Firmengründers Max Herz machen es in absehbarer Zukunft unwahrscheinlich, dass wieder ein Familienmitglied an die Spitze des Konzerns rückt. Mit dem Übergangskandidaten Ludger Staby steht bis Ende des Jahres erstmals ein familienfremder Manager dem Unternehmen vor. Für die Zeit danach sucht der Aufsichtsrats-Vorsitzende Jens Odewald fieberhaft nach einem Nachfolger.
Er wird nach jetzigem Stand der Dinge auf einen Konzern ohne Zukunftsstrategie treffen. Grund: Die Herz-Geschwister sind sich nicht einig. Für Tchibo sei es gut, auf alles vorbereitet zu sein, sagte Staby am Wochenanfang der FTD. ...
 "Wenn die Familie etwas ändert, dann vermutlich zuerst den Status von Reemtsma", sagt ein Insider. Staby machte allerdings deutlich, dass es dabei keine Eile gebe, und die Geschäfte bis auf weiteres normal weiterliefen.
Zwar liegt Reemtsma auf dem Weltmarkt gemeinsam mit Altadis oder Gallaher abgeschlagen hinter den großen drei Philip Morris (Marlboro), British American Tobacco (Lucky Strike, Rothmans) und Japan Tobacco. Der große Vorteil der Hamburger, die 2000 alleine auf einen Umsatz von 2,5 Mrd. Euro kamen: Sie sind extrem diversifiziert - mit der Zahl der Marken ebenso wie mit der Zahl ihrer Auslandsmärkte: Außerhalb Deutschlands setzte Reemtsma im vorigen Jahr knapp drei Viertel seiner Zigaretten ab. FTP, 4.10.2001.
 
Mit dem Hamburger Rücktritt entlud sich, was sich zuvor über Monate zusammengebraut hatte: ein in Deutschland wohl beispielloser Streit über die Führung eines Familien-Konzerns.
Was als Ränkespiel in Hamburg begann, als harmloser Zwist in der Familie Herz, bedroht inzwischen die Zukunft des Milliarden-Unternehmens.
Die Geschichte in Kürze: Verwickelt sind all die Familienmitglieder, die Firmengründer Max Herz vor 35 Jahren mit stattlichen Anteilen bedachte: neben der Witwe seine vier Söhne und seine Tochter.
Seit gut drei Jahren drängen Günter Herz’ drei Brüder - Michael, Wolfgang und Joachim - darauf, neue Manager an die Konzernspitze zu lassen, die nicht dem Herz-Clan angehören. Mit anderen Worten: Der ergraute Günter, inzwischen 60 Jahre alt, soll sich um einen Nachfolger kümmern.
Ein Vorschlag, der zunächst auch von Günter Herz und seiner Schwester Daniela wortreich unterstützt wird. Doch aus den Absichtserklärungen wird nichts. Das Herz-Duo ziert sich, dem Ansinnen des Trios nachzukommen - zunächst behutsam, dann immer deutlicher; schließlich blocken die beiden ganz ab, sobald das Thema zur Sprache kommt. ...
 Was zunächst zu Verstimmungen führte, mündet schließlich in einer offenen Konfrontation. Wenn die Kinder zusammen kommen, knallt es: "Das ist inzwischen wie in einem verfahrenen Ehe-Streit. Man weiß nicht mehr genau, wieso man sich genau streitet", sagt ein Vertrauter der Herz-Familie. "Aber zueinander kann man auch nicht mehr kommen."
Den Keim des Bruderzwists hatte ausgerechnet der Firmengründer selbst gelegt. Als Max Herz am 12. Mai 1965 mit 59 Jahren an einem Herzinfarkt stirbt, setzt er in seinem Testament Günter, damals 24 Jahre alt, und Michael, 21, als persönlich haftende Gesellschafter ein. Sie treten das Erbe des Mannes an, der sich schon zu Lebzeiten den Ruf erwarb, Deutschlands Kaffee-König zu sein. Rund 400 deutsche Tchibo-Filialen gibt es bereits in den 60er Jahren; den Umsatz hatte Herz auf rund 500 Mio.DM hochgetrieben.
Schnell übernimmt Günter die Führung. Michael bleibt im Vorstand nur die Nebenrolle, gibt sich damit jedoch zufrieden. Nur selten kommt es zu Reibereien, zu erfolgreich führt Günter den Konzern.
Zusammen mit seinem Finanzvorstand Horst Pastuczek kauft Günter die Mehrheit am Hamburger Zigaretten-Konzern Reemtsma (West, R1, Roth-Händle), erwirbt knapp 26 Prozent am Hamburger Kosmetik-Unternehmen Beiersdorf (Nivea). Glücksgriffe: Bis heute werfen beide Investments glänzende Renditen ab; der Preiskampf in Tchibos Stamm-Geschäft dagegen lässt die Margen bedenklich zusammenschrumpfen. Doch Herz’ Position ist unumstritten. Selbst ein Wettbewerber räumt ein, das Unternehmen sei "in sehr guter Verfassung".
Lange Zeit akzeptieren die Geschwister deshalb das zunehmend selbstherrliche Gehabe ihres Bruders. "Ich würde ihm jede Mark anvertrauen", sagt ein Aufsichtsrat."Aber ein Bier würde ich mit ihm nicht trinken."
Längst geht es nicht mehr um persönliche Animositäten; jetzt steht die Zukunft des Unternehmens auf dem Spiel - und die lässt sich nur mit einem erfahrenen Konzernchef meistern. Zwar ist Tchibo mit dem Kaffee-Geschäft in Deutschland und Osteuropa stark, das in Westeuropa dagegen gleicht einem einzigen weißen Fleck; Tchibo ist dort kaum vertreten.
Seit wenigen Wochen erst testen die Hamburger ihre Läden in den britischen Kleinstädten Romford und Slough. Sie fürchten, der US-Konzern Starbucks mit seinen trendigen Steh-Cafés werde sie ansonsten in Europa umzingeln.
Auch das Zigarettengeschäft muss auf neue Märkte ausgeweitet werden: Bislang ist die Tchibo-Tochter Reemtsma nur in Deutschland und Osteuropa stark; um weiter expandieren zu können, könnten die Hamburger mittelfristig jedoch einen Partner gut gebrauchen. Daraus wird konzernintern kein Hehl gemacht. Die Mittel für Zukäufe oder große Marketing-Kampagnen könnte sich die Herz-Familie durch einen Börsengang beschaffen. FTP, 11.1.2001.
"Unter den Aktionären des Einzelhandelskonzerns Tchibo bahnt sich ein neuer Streit an. Großaktionär Günter Herz kündigte am Dienstag (18.2.03) seinen Widerstand gegen die geplante Wahl von Dieter Ammer zum neuen Vorstandschef an.
"Das ist weder abgestimmt noch akzeptiert", sagte er der FTD. Er werde unverzüglich entsprechende Maßnahmen einleiten, sagte Herz. Was das sein könnte, ließ er völlig offen. Im Vorjahr hatte Herz angekündigt, bei anhaltendem Streit mit seinen Geschwistern müsse man eine Trennung in Betracht ziehen. Das war als eine mögliche Verkaufsabsicht interpretiert worden. Günter Herz vertritt 40 Prozent der Anteile an Tchibo. Darunter sind auch die seiner Schwester Daniela. Den Rest halten seine Mutter sowie die Brüder Joachim, Wolfgang und Michael. Weder Günter noch Daniela Herz sitzen im Aufsichtsrat von Tchibo, der über die Bestellung Ammers entscheidet.
Mit Ammer würde erstmals ein familienfremder Manager Tchibo führen. Am Dienstag bestätigte der Konzern Informationen der FTD, dass der bisherige Chef der Brauerei Beck & Co. zum 1. Juni neuer Vorstandschef des Konzerns mit einem Umsatz von zuletzt rund 3 Mrd. Euro werden soll.
(...) Die Wahl Ammers dürfte Tchibo rasch zu einem Unternehmen mit neuer Struktur machen: Der Konzern hat aus dem Verkauf der Zigarettentochter Reemtsma im vorigen Jahr rund 5 Mrd. Euro auf dem Konto. Das Geld wird ständig wieder als Festgeld angelegt, weil Tchibo dafür bislang keine Verwendung findet.
Gerne würde Tchibo das Geld für Beiersdorf ausgeben: Tchibo hält 30 Prozent, der Finanzkonzern Allianz rund 44 Prozent. Die Münchner wollen verkaufen, erhoffen sich aber von einem Käufer aus der Branche einen höheren Preis als von Tchibo. Bereits seit Monaten verhandelt die Allianz unter anderem mit dem US-Konzern Procter & Gamble, ohne bislang zu einem Ergebnis zu kommen.
Das Zünglein an der Waage ist Tchibo: Die Hamburger halten mehr als die Sperrminorität und wollen nicht verkaufen. Vor allem Joachim Herz gilt als Gegner. Selbst haben sie aber bislang keinen Preis geboten, der die Allianz überzeugt hätte. Sollte der Zukauf bei Beiersdorf nicht funktionieren, will Tchibo voraussichtlich mehrere kleinere Akquisitionen vornehmen. (...)"
Aus: Financial Times Deutschland, 19.2.03


Hopp, Dietmar und Söhne 3,1 Mrd. Euro (1996) (2002: 2,4 Mrd. Euro)
Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender des Walldorfer Softwarekonzerns SAP, dem Weltmarktführer für Unternehmenssoftware. Hopp und seinen Söhnen Oliver und Daniel gehören 18,46 % von SAP, zum Teil über die Dietmar Hopp Stiftung GmbH i.G. Der Rest der Aktien liegt bei Hasso Plattner und Klaus Tschira. Mitbegründer Hans-Werner Hector (Nr. 40) hat nach internen Querelen seine Anteile bis auf 5 % verkauft. SAP wurde 1972 von fünf ehemaligen IBM-Managern gegründet, 1988 in eine AG umgewandelt und erfreut sich bei Anlegern und Analysten steigender Beliebtheit. Umsatz 1996: 3,7 Mrd. DM, Gewinn: 567 Mio. DM, Beschäftigte: etwa 9000.
Zuvor hatte SAP bekannt gegeben, dass die Vorzugsaktien im Verhältnis eins zu eins in Stammaktien umgetauscht werden sollen. Damit näherten sie sich dem Niveau der Vorzugsaktien an, die um 0,6 Prozent auf 171 Euro nachgaben.
Durch die Umstellung wird sich auch der Anteil der Alteigentümer am Unternehmen verkleinern. Die drei verbliebenen Gründer Hasso Plattner, Dieter Hopp und Klaus Tschira besitzen dann nur noch 39 Prozent des stimmberechtigten Kapitals. Zuvor waren es 63 Prozent gewesen.  FTP, 1.3.2001.
"Wir wollen Unternehmenszukäufe nicht ausschließen, auch wenn aktuell keine geplant sind", meint Sprecher Heitmann. Bereits im abgelaufenen Jahr hat SAP rund 900 Mio. $ in Commerce One, einen Hersteller von Software für Internetmarktplätze, und in Top Tier, einen Hersteller von Software für Unternehmensportale, investiert. Mit frischem Geld ließen sich auch Schulden abbauen. Bislang steht der weltgrößte Hersteller für Unternehmenssoftware mit Verbindlichkeiten von 831 Mio. Euro, bezogen auf den Jahresabschluss 2000, in der Kreide. FTP, 19.12.2001.


Text in Kursiv stammt aus: Financial Times Deutschland, div. Ausgaben.
Text in Normalschrift stammt aus: Beck, Dorothee/Meine, Hartmut: Wasserprediger und Weintrinker. Wie Reichtum vertuscht und Armut verdrängt wird. Göttingen 1997.
Zahlen für 2002 (Januar) aus: Manager Magazin.