Ursprüngliche Akkumulation
                                                (Geschichte des Frühkapitalismus)
                                                 
                                                1. Das
      Geheimnis der ursprünglichen Akkumulation 
      „Man hat
      gesehen, wie Geld in Kapital verwandelt, durch Kapital Mehrwert gemacht
      wird und aus Mehrwert mehr Kapital gemacht wird. Indes setzt die
      Akkumulation des Kapitals den Mehrwert, der Mehrwert die kapitalistische
      Produktion, dieser aber das Vorhandensein größerer Massen von Kapital und
      Arbeitskraft in den Händen von Warenproduzenten
      voraus. 
      Diese
      ganze Bewegung scheint sich also in einem fehlerhaften Kreislauf
      herumzudrehen, aus dem wir nur hinauskommen, indem wir eine der
      kapitalistischen Akkumulation vorausgehende, ‚ursprüngliche‘ Akkumulation
      (‚previous accumulation‘ bei Adam Smith) unterstellen, eine Akkumulation,
      welche nicht das Resultat der kapitalistischen Produktionsweise ist,
      sondern ihr Ausgangspunkt.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 741. 
      
           
      „Diese
      ursprüngliche Akkumulation spielt in der politischen Ökonomie ungefähr
      dieselbe Rolle wie der Sündenfall in der Theologie. Adam biss in den
      Apfel, und damit kam über das Menschengeschlecht die
      Sünde. 
      Ihr
      Ursprung wird erklärt, indem er als Anekdote der Vergangenheit erzählt
      wird. In einer längst verflossenen Zeit gab es auf der einen Seite eine
      fleißige, intelligente und vor allem sparsame Elite und auf der anderen
      faulenzende ... alles ... verjubelnde Lumpen. 
      Die
      Legende vom theologischen Sündenfall erzählt uns allerdings, wie der
      Mensch dazu verdammt worden sei, sein Brot im Schweiße seines Angesichts
      zu essen; die Historie vom ökonomischen Sündenfall aber enthüllt uns,
      wieso es Leute gibt, die das keineswegs nötig haben.
      Einerlei. 
      So kam
      es, dass die ersten Reichtum akkumulierten und die letzteren schließlich
      nichts zu verkaufen hatten als ihre eigene Haut. Und von diesem Sündenfall
      datiert die Armut der großen Masse, die immer noch, aller Arbeit zum
      Trotz, nichts zu verkaufen hat als sich selbst, und der Reichtum der
      wenigen, der fortwährend wächst, obgleich sie längst aufgehört haben zu
      arbeiten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      741f. 
      
       
      „In der
      wirklichen Geschichte spielen bekanntlich Eroberung, Unterjochung,
      Raubmord, kurz Gewalt die große Rolle. In der sanften politischen Ökonomie
      herrschte von jeher die Idylle. ... In der Tat sind die Methoden der
      ursprünglichen Akkumulation alles andere, nur nicht idyllisch.“
      K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      742. 
      
       
      „Geld
      und Ware sind nicht von vornherein Kapital, so wenig wie Produktions- und
      Lebensmittel. Sie bedürfen der Verwandlung in Kapital. Diese Verwandlung
      selbst aber kann nur unter bestimmten Umständen vorgehen, die sich dahin
      zusammenspitzen: Zweierlei sehr verschiedene Sorten von Warenbesitzern
      müssen sich gegenüber und in Kontakt treten, einerseits Eigner von Geld,
      Produktions- und Lebensmitteln, denen es gilt, die von ihnen besessene Wertsumme zu verwerten
      durch Ankauf fremder Arbeitskraft; andererseits freie Arbeiter, Verkäufer
      der eigenen Arbeitskraft und daher Verkäufer von Arbeit. Freie Arbeiter in
      dem Doppelsinn, dass sie weder selbst unmittelbar zu den
      Produktionsmitteln gehören, wie Sklaven, Leibeigene usw., noch auch die
      Produktionsmittel ihnen gehören, wie beim selbst wirtschaftenden Bauern
      usw., sie davon vielmehr frei, los und ledig sind.  
      Mit
      dieser Polarisation des Warenmarkts sind die Grundbedingungen der
      kapitalistischen Produktion gegeben. 
      Das
      Kapitalverhältnis setzt die Scheidung zwischen Arbeitern und dem Eigentum
      an den Verwirklichungsbedingungen der Arbeit voraus. Sobald die
      kapitalistische Produktion einmal auf eigenen Füßen steht, erhält sie
      nicht nur jene Scheidung, sondern reproduziert sie auf stets wachsender
      Stufenleiter. 
      Der
      Prozess, der das Kapitalverhältnis schafft, kann also nichts anderes sein
      als der Scheidungsprozess des Arbeiters vom Eigentum an seinen
      Arbeitsbedingungen, ein Prozess, der einerseits die gesellschaftlichen
      Lebens- und Produktionsbedingungen in Kapital verwandelt, andererseits die
      unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter. 
      Die sog.
      ursprüngliche Akkumulation ist also nichts als der historische
      Scheidungsprozess von Produzent und Produktionsmittel. Er erscheint als
      ‚ursprünglich‘, weil er die Vorgeschichte des Kapitals und der ihm
      entsprechenden Produktionsweise bildet.“ K. Marx,
      Kapital I, MEW 23, 742. 
      
            
      „Die
      ökonomische Struktur der kapitalistischen Gesellschaft ist hervorgegangen
      aus der ökonomischen Struktur der feudalen Gesellschaft. Die Auflösung
      dieser hat die Elemente jener freigesetzt. 
      Der
      unmittelbare Produzent, der Arbeiter, konnte erst dann über seine Person
      verfügen, nachdem er aufgehört hatte, an die Scholle gefesselt und einer
      anderen Person leibeigen oder hörig zu sein. 
      Um
      freier Verkäufer von Arbeitskraft zu werden, der seine Ware überall
      hinträgt, wo sie einen Markt findet, musste er ferner der Herrschaft der
      Zünfte, ihren Lehrlings- und Gesellenordnungen und hemmenden
      Arbeitsvorschriften entronnen sein. 
      Somit
      erscheint die geschichtliche Bewegung, die die Produzenten in Lohnarbeiter
      verwandelt, einerseits als ihre Befreiung von Dienstbarkeit und
      Zunftzwang; und diese Seite allein existiert für unsere bürgerlichen
      Geschichtsschreiber. 
      Andererseits
      werden diese Neubefreiten erst Verkäufer ihrer selbst, nachdem ihnen alle
      ihre Produktionsmittel und alle durch die alten feudalen Einrichtungen
      gebotenen Garantien ihrer Existenz geraubt sind. Und die Geschichte dieser
      ihrer Enteignung ist in die
      Annalen der Menschheit eingeschrieben mit Zügen von Blut und Feuer.“
      K. Marx, Kapital I, MEW 23, 743. 
      
       
      „Die
      industriellen Kapitalisten, diese neuen Potentaten, mussten ihrerseits
      nicht nur die zünftigen Handwerksmeister verdrängen, sondern auch die im
      Besitz der Reichtumsquellen befindlichen Feudalherren. Von dieser Seite
      stellt sich ihr Emporkommen dar als Frucht eines siegreichen Kampfes gegen
      die Feudalmacht und ihre empörenden Vorrechte sowie gegen die Zünfte und
      die Fesseln, die diese der freien Entwicklung der Produktion und der
      freien Ausbeutung des Menschen durch den Menschen angelegt hatten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      743. 
      
 
      „Der
      Ausgangspunkt der Entwicklung, die sowohl den Lohnarbeiter wie den
      Kapitalisten erzeugt, war die Knechtschaft des Arbeiters. Der Fortgang
      bestand in einem Formwechsel dieser Knechtung, in der Verwandlung der
      feudalen in kapitalistische Ausbeutung. 
      Um ihren
      Gang zu verstehen, brauchen wir gar nicht so weit zurückzugreifen.
      Obgleich die ersten Anfänge kapitalistischer Produktion uns schon im 14.
      und 15. Jahrhundert in einigen Städten am Mittelmeer sporadisch
      entgegentreten, datiert die kapitalistische Ära erst vom 16.
      Jahrhundert. 
      Dort, wo
      sie auftritt, ist die Aufhebung der Leibeigenschaft längst vollbracht und
      der Glanzpunkt des Mittelalters, der Bestand souveräner Städte, seit
      geraumer Zeit im Erbleichen.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 743.  
      
            
      „Historisch
      Epoche machend in der Geschichte der ursprünglichen Akkumulation sind alle
      Umwälzungen, die der sich bildenden Kapitalistenklasse als Hebel dienen;
      vor allem aber die Momente, worin große Menschenmassen plötzlich und
      gewaltsam von ihren Subsistenzmitteln losgerissen und als vogelfreie
      Proletarier auf den Arbeitsmarkt geschleudert werden. Die Enteignung des ländlichen
      Produzenten, des Bauern, von Grund und Boden bildet die Grundlage des
      ganzen Prozesses. Ihre Geschichte nimmt in verschiedenen Ländern
      verschiedene Färbung an und durchläuft die verschiedenen Phasen in
      verschiedener Reihenfolge und in verschiedenen Geschichtsepochen. Nur in
      England, das wir daher als Beispiel nehmen, besitzt sie klassische Form.“
      K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      744. 
       
      2.
      Enteignung des Landvolks von Grund und Boden 
      „In
      England war die Leibeigenschaft im letzten Teil des 14. Jahrhunderts
      faktisch verschwunden. Die ungeheure Mehrzahl der Bevölkerung bestand
      damals und noch mehr im 15. Jahrhundert aus freien, selbstwirtschaftenden
      Bauern, durch welch feudales Aushängeschild ihr Eigentum immer versteckt
      sein mochte. Auf den größeren herrschaftlichen Gütern war der früher
      selbst leibeigene Vogt durch
      den freien Pächter verdrängt. ... 
      Solche
      Verhältnisse, bei gleichzeitiger Blüte des Städtewesens, wie sie das 15.
      Jahrhundert auszeichnet, erlaubten jenen Volksreichtum, den der Kanzler
      Fortescue so beredt ... schildert, aber sie schlossen den Kapitalreichtum
      aus.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      744f. 
      
       
      „Das
      Vorspiel der Umwälzung, welche die Grundlage der kapitalistischen
      Produktionsweise schuf, ereignete sich im letzten Drittel des 15. und den
      ersten Jahrzehnten des 16.
      Jahrhunderts. Eine Masse vogelfreier Proletarier ward auf den Arbeitsmarkt
      geschleudert durch die Auflösung der feudalen Gefolgschaften,
      ... 
      Obgleich
      die königliche Macht, selbst ein Produkt der bürgerlichen Entwicklung, in
      ihrem Streben nach absoluter Souveränität die Auflösung dieser
      Gefolgschaften gewaltsam beschleunigte, war sie keineswegs deren einzige
      Ursache. 
      Vielmehr
      im trotzigsten Gegensatz zu Königtum und Parlament schuf der große
      Feudalherr ein ungleich größeres Proletariat durch gewaltsame Verjagung
      der Bauernschaft von dem Grund und Boden, worauf sie denselben feudalen
      Rechtstitel besaß wie er selbst, und durch Raub ihres
      Gemeindelandes. 
      Den
      unmittelbaren Anstoß dazu gab in England namentlich das Aufblühen der
      flandrischen Wollmanufaktur und das entsprechende Steigen der Wollpreise.
      Den alten Feudaladel hatten die großen Feudalkriege verschlungen, der neue
      war ein Kind seiner Zeit, für welche Geld die Macht aller Mächte
      war. Verwandlung von Ackerland in Schafweide ward also sein
      Losungswort.“ K.
      Marx, Kapital I, MEW 23, 745f. 
      
        
      „Einen
      neuen furchtbaren Anstoß erhielt der gewaltsame Enteignungsprozess der Volksmasse
      im 16. Jahrhundert durch die Reformation und, in ihrem Gefolge, den
      kolossalen Diebstahl der Kirchengüter. 
      Die
      katholische Kirche war zur Zeit der Reformation Feudaleigentümerin eines
      großen Teils des englischen Grund und Bodens. Die Unterdrückung der
      Klöster usw. schleuderte deren Einwohner ins Proletariat. Die Kirchengüter
      selbst wurden großenteils an raubsüchtige königliche Günstlinge verschenkt
      oder zu einem Spottpreis an spekulierende Pächter und Stadtbürger
      verkauft, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      748f. 
      
        
      „Der
      letzte große Enteignungsprozess
      der Ackerbauer von Grund und Boden endlich ist das sog. Clearing of
      Estates (Lichten der Güter, in der Tat Wegfegung der Menschen von
      denselben). 
      Alle
      bisher betrachteten englischen Methoden gipfelten im ‚Lichten‘. Wie man
      ... sah, geht es jetzt, wo keine unabhängigen Bauern mehr wegzufegen sind,
      bis zum ‚Lichten‘ der Bauernhäuser fort, so dass die
      Ackerbauarbeiter auf dem von ihnen bestellten Boden selbst nicht mehr den
      nötigen Raum zur eigenen Behausung finden.“ K.
      Marx, Kapital I, MEW 23, 756. 
      
 
      „Der
      Raub der Kirchengüter, die betrügerische Veräußerung der
      Staatsdomänen, der Diebstahl des Gemeindeeigentums, die räuberische und mit
      rücksichtslosem Terrorismus vollzogene Verwandlung von feudalem und
      Claneigentum in modernes Privateigentum, es waren ebenso viele idyllische
      Methoden der ursprünglichen Akkumulation. Sie eroberten das Feld für die
      kapitalistische Agrikultur, einverleibten den Grund und Boden dem Kapital
      und schufen der städtischen Industrie die nötige Zufuhr von vogelfreiem
      Proletariat.“ K. Marx, Kapital I, MEW
      23, 760f. 
       
      3. Blutgesetzgebung gegen die Enteigneten 
          seit Ende des 15.
      Jahrhunderts. 
      Gesetze
      zur Herabdrückung des Arbeitslohns 
      „Die
      durch Auflösung der feudalen Gefolgschaften und durch stoßweise,
      gewaltsame Enteignung von Grund
      und Boden Verjagten, dies vogelfreie Proletariat konnte unmöglich ebenso
      rasch von der aufkommenden Manufaktur absorbiert werden, als es auf die
      Welt gesetzt ward.  
      Andererseits
      konnten die plötzlich aus ihrer gewohnten Lebensbahn Herausgeschleuderten
      sich nicht ebenso plötzlich in die Disziplin des neuen Zustandes finden.
      Sie verwandelten sich massenhaft in Bettler, Räuber, Vagabunden, zum Teil
      aus Neigung, in den meisten Fällen durch den Zwang der Umstände. Ende des
      15. und während des ganzen 16. Jahrhunderts gab es daher in ganz Westeuropa
      eine Blutgesetzgebung wider das Vagabundenwesen. Die Väter der
      jetzigen Arbeiterklasse wurden zunächst gezüchtigt für die ihnen angetane
      Verwandlung in Vagabunden und Arme. Die Gesetzgebung behandelte
      sie als ‚freiwillige‘ Verbrecher und unterstellte, dass es von ihrem guten
      Willen abhinge, in den nicht mehr existierenden alten Verhältnissen
      fortzuarbeiten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      761f. 
      
        
      „So
      wurde das von Grund und Boden gewaltsam enteignete, verjagte und zum
      Vagabunden gemachte Landvolk durch grotesk-terroristische Gesetze in eine
      dem System der Lohnarbeit notwendige Disziplin hineingepeitscht,
      hineingebrandmarkt, hineingefoltert.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 765.  
      
       
      „Arbeiterkoalition
      wird als schweres Verbrechen behandelt vom 14. Jahrhundert bis 1825, dem
      Jahr der Abschaffung der Antikoalitionsgesetze.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 767. 
      
       
      „Die
      grausamen Gesetze gegen die Koalitionen fielen 1825 vor der drohenden
      Haltung des Proletariats. Trotzdem fielen sie nur zum Teil.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 768. 
      
 
      „Man
      sieht, nur widerwillig und unter dem Druck der Massen verzichtete das
      englische Parlament auf die Gesetze gegen Streiks und Gewerkschaften, nachdem es selbst,
      fünf Jahrhunderte hindurch, mit schamlosem Egoismus die Stellung einer
      permanenten Gewerkschaft der
      Kapitalisten gegen die Arbeiter behauptet hatte.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      769. 
      
       
      „Im
      Fortgang der kapitalistischen Produktion entwickelte sich eine
      Arbeiterklasse, die aus Erziehung, Tradition, Gewohnheit die Anforderungen
      jener Produktionsweise als selbstverständliche Naturgesetze anerkennt.“
      K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      765. 
       
      4.
      Entstehung der kapitalistischen Pächter 
      „Nachdem
      wir die gewaltsame Schöpfung vogelfreier Proletarier betrachtet haben, die blutige Disziplin,
      welche sie in Lohnarbeiter verwandelt hat, ..., fragt sich, wo kommen
      die Kapitalisten ursprünglich her? Denn die Enteignung des Landvolks schafft
      unmittelbar nur große Grundeigentümer. Was die Entstehung des Pächters betrifft,
      so können wir sie sozusagen mit der Hand greifen, weil sie ein langsamer,
      über viele Jahrhunderte sich fortwälzender Prozess
      ist. 
      Die
      Leibeigenen selbst, daneben
      auch freie kleine Landeigner, befanden sich in sehr verschiedenen
      Besitzverhältnissen und wurden daher auch unter sehr verschiedenen
      ökonomischen Bedingungen emanzipiert. 
      In
      England ist die erste Form des Pächters der selbst leibeigene Bailiff (ein Verwaltungsbediensteter wie der
      deutsche Meier oder Vogt). Seine Stellung ist ähnlich der des
      altrömischen Villicus, nur in engerer
Wirkungssphäre. 
      Während
      der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wird er ersetzt durch einen
      Pächter, den der Landbesitzer
      mit Samen, Vieh und Ackerwerkzeug versieht. Seine Lage ist nicht sehr
      verschieden von der des Bauern. Nur beutet er mehr Lohnarbeit
      aus. 
      Er wird
      bald ... Halbpächter. Er stellt einen Teil des Ackerbaukapitals, der Landbesitzer den anderen.
      ... 
      Diese
      Form verschwindet in England rasch, um der des eigentlichen Pächters Platz
      zu machen, welcher sein eigenes Kapital durch Anwendung von Lohnarbeitern
      verwertet und einen Teil des Mehrprodukts, in Geld oder in natura, dem Landbesitzer als Grundrente zahlt.
      ... 
      Die Aneignung von Gemeindeweiden usw.
      erlaubt ihm große Vermehrung seines Viehbestands fast ohne Kosten,
      ... 
      Im 16.
      Jahrhundert kommt ein entscheidend wichtiges Moment hinzu. ... Der
      fortdauernde Fall im Wert der edlen Metalle und daher des Geldes trug den
      Pächtern goldene Früchte. Er senkte ... den Arbeitslohn.
      ... 
      Das
      fortwährende Steigen der Preise von Korn, Wolle, Fleisch, kurz sämtlicher
      Agrikulturprodukte, schwellte das Geldkapital des Pächters ohne sein
      Zutun, während die Grundrente, die er zu zahlen hatte, im veralteten
      Geldwert geschrumpft war. So
      bereicherte er sich gleichzeitig auf Kosten seiner Landarbeiter und seines
      Landbesitzers. 
      Kein
      Wunder also, wenn England Ende des 16. Jahrhunderts eine Klasse für die
      damaligen Verhältnisse reicher ‚Kapitalpächter‘ besaß.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      771f. 
       
      5. Rückwirkung der landwirtschaftlichen
      Revolution auf die Industrie.Herstellung des inneren Markts 
         für das industrielle Kapital 
      „Die
      stoßweise und stets erneuerte Enteignung und Verjagung des
      Landvolks lieferte, wie man sah, der städtischen Industrie wieder und
      wieder Massen ganz außerhalb der Zunftverhältnisse stehender Proletarier
      ... Der Verdünnung des unabhängigen, selbstwirtschaftenden Landvolks
      entsprach ... die Verdichtung des industriellen
      Proletariats, ... 
      Trotz
      der verminderten Zahl seiner Bebauer trug der Boden nach wie vor gleich
      viel oder mehr Produkt, weil die Revolution in den
      Grundeigentumsverhältnissen von verbesserten Methoden der Kultur, größerer
      Kooperation, Konzentration der Produktionsmittel usw. begleitet war ...
      Mit dem freigesetzten Teil des Landvolks werden also auch seine früheren
      Nahrungsmittel freigesetzt. Sie verwandeln sich jetzt in stoffliche
      Elemente des variablen Kapitals. Der an die Luft gesetzte Bauer muss ihren
      Wert von seinem neuen Herrn, dem industriellen Kapitalisten, in der Form
      des Arbeitslohns erkaufen. Wie mit den Lebensmitteln verhielt es sich mit
      dem heimischen landwirtschaftlichem Rohmaterial
      der Industrie. Es verwandelte sich in ein Element des konstanten
      Kapitals.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 773f. 
      
       
      „Die Enteignung und Verjagung eines
      Teils des Landvolks setzt mit den Arbeitern nicht nur ihre Lebensmittel
      und ihr Arbeitsmaterial für das industrielle Kapital frei, sie schafft den
      inneren Markt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 775. 
      
        
      „Früher
      erzeugte und bearbeitete die Bauernfamilie die Lebensmittel und Rohstoffe,
      die sie nachher größtenteils selbst verzehrte. Diese Rohstoffe und
      Lebensmittel sind jetzt Waren geworden; der Großpächter verkauft sie, in
      den Manufakturen findet er seinen Markt. Garn, Leinwand, grobe Wollenzeuge
      ... verwandeln sich jetzt in Manufakturartikel, deren Absatzmarkt gerade
      die Landdistrikte bilden. Die zahlreiche zerstreute Kundschaft, bisher
      bedingt durch eine Menge kleiner, für eigene Rechnung arbeitender
      Produzenten, konzentriert sich jetzt zu einem großen, vom industriellen
      Kapital versorgten Markt.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 775. 
      
           
      „So geht
      Hand in Hand mit der Enteignung
      früher selbst wirtschaftender Bauern ... die Vernichtung der
      ländlichen Nebenindustrie, der Scheidungsprozess von Manufaktur und
      Agrikultur.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      776. 
       
      6.
      Entstehung des industriellen Kapitalisten 
      „Die Entstehung des industriellen
      Kapitalisten ging nicht in derselben allmählichen Weise vor wie die des
      Pächters. Zweifelsohne verwandelten sich manche kleine Zunftmeister und
      noch mehr selbständige kleine Handwerker oder auch Lohnarbeiter in kleine
      Kapitalisten und durch allmählich ausgedehntere Ausbeutung von Lohnarbeit und
      entsprechende Akkumulation in Kapitalisten schlechthin.“ K.
      Marx, Kapital I, MEW 23, 777. 
      
       
      „Aber
      das Mittelalter hatte zwei verschiedene Formen des Kapitals überliefert,
      die in den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen reifen
      ... – das Wucherkapital und das Kaufmannskapital.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 778.
       
      
       
      „Das
      durch Wucher und Handel gebildete Geldkapital wurde durch die
      Feudalverfassung auf dem Land und durch die Zunftverfassung in
      den Städten an seiner Verwandlung in industrielles Kapital behindert.
      Diese Schranken fielen mit der Auflösung der feudalen Gefolgschaften, mit
      der Enteignung und teilweisen
      Verjagung des Landvolks. Die neue Manufaktur wurde in See-Exporthäfen errichtet
      oder auf Punkten des flachen Landes, außerhalb der Kontrolle des alten
      Städtewesens und seiner Zunftverfassung.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      778. 
      
 
      „Heutzutage
      führt industrielle Vorherrschaft die Vorherrschaft über den
      Handel mit sich. In der eigentlichen Manufakturperiode dagegen ist
      es die Handelsvormacht, die die
      industrielle Vorherrschaft gibt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      782. 
      
            
      „Die
      Entdeckung der Gold- und Silberländer in Amerika, die Ausrottung,
      Versklavung und Vergrabung der eingeborenen Bevölkerung in die Bergwerke,
      die beginnende Eroberung und Ausplünderung von Ostindien, die Verwandlung
      von Afrika in ein Gehege zur Handelsjagd auf Schwarzhäute bezeichnen die
      Morgenröte der kapitalistischen Produktionsära. Diese idyllischen Prozesse
      sind Hauptmomente der ursprünglichen Akkumulation. Auf dem Fuß folgt der
      Handelskrieg der europäischen Nationen, mit dem Erdrund als Schauplatz. Er
      wird eröffnet durch den Abfall der Niederlande von Spanien, nimmt
      Riesenumfang an in Englands Antijakobinerkrieg, spielt noch fort in den
      Opiumkriegen gegen China usw. Die verschiedenen Momente der ursprünglichen
      Akkumulation verteilen sich nun, mehr oder minder in zeitlicher
      Reihenfolge, namentlich auf Spanien, Portugal, Holland, Frankreich und
      England. ... 
      Alle
      aber benutzten die Staatsmacht, die konzentrierte und organisierte Gewalt
      der Gesellschaft, um den Verwandlungsprozess der feudalen in die
      kapitalistische Produktionsweise treibhausmäßig zu fördern und die
      Übergänge abzukürzen. Die Staatsgewalt ist der Geburtshelfer
      jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht. Sie selbst
      ist eine ökonomische Potenz.“ K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 779. 
      
           
      „Die
      öffentliche Schuld wird einer der energischsten Hebel der ursprünglichen
      Akkumulation. Wie mit dem Schlag der Wünschelrute begabt sie das
      unproduktive Geld mit Zeugungskraft und verwandelt es so in Kapital, ohne
      dass es dazu nötig hätte, sich der von industrieller und selbst
      wucherischen Anlage unzertrennlichen Mühwaltung und Gefahr auszusetzen.
      ... 
      Aber
      auch abgesehen von der so geschaffenen Klasse müßiger Rentner und von dem
      improvisierten Reichtum der zwischen Regierung und Nation die Mittler
      spielenden Finanziers ... hat die Staatsschuld die Aktiengesellschaften,
      den Handel mit käuflichen
      Effekten aller Art, die Agiotage (Gründergewinn von
      Aktiengesellschaften) emporgebracht, in einem Wort: das Börsenspiel
      und die moderne Bankokratie.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 782f. 
      
           
      „Mit den
      Staatsschulden entstand ein internationales Kreditsystem, das häufig eine
      der Quellen der ursprünglichen Akkumulation bei diesem oder jenem Volk
      versteckt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23,
      783. 
      
        
      „Da die
      Staatsschuld ihren Rückhalt in den Staatseinkünften hat, die die
      jährlichen Zins- usw. Zahlungen decken müssen, so wurde das moderne
      Steuersystem notwendige Ergänzung des Systems der Nationalanleihen. Die
      Anleihen befähigen die Regierung, außerordentliche Ausgaben zu bestreiten,
      ohne dass der Steuerzahler es sofort fühlt, aber sie erfordern doch für
      die Folge erhöhte Steuern. Andererseits zwingt die durch Anhäufung
      nacheinander eingegangener
      Schulden verursachte Steuererhöhung die Regierung, bei neuen
      außerordentlichen Ausgaben stets neue Anleihen aufzunehmen. Die modernen
      Staatsfinanzen, deren
      Drehungsachse die Steuern auf die notwendigsten Lebensmittel (also deren
      Verteuerung) bilden, trägt daher in sich selbst den Keim automatischer
      Progression. Die Überbesteuerung ist nicht ein Zwischenfall, sondern
      vielmehr Prinzip. ... 
      Der
      zerstörende Einfluss, den es auf die Lage der Lohnarbeiter ausübt, geht
      uns hier jedoch weniger an als die durch es bedingte gewaltsame Enteignung des Bauern, des
      Handwerkers, kurz aller Bestandteile der kleinen Mittelklasse.“
      K. Marx, Kapital I,
      MEW 23, 784. 
      
       
      „Solcher Mühe bedurfte es, ... den
      Scheidungsprozess zwischen Arbeitern und Arbeitsbedingungen zu vollziehen,
      auf dem einen Pol die gesellschaftlichen Produktions- und Lebensmittel in
      Kapital zu verwandeln, auf dem Gegenpol die Volksmasse in Lohnarbeiter, in
      freie ‚arbeitende Arme‘,... Wenn das Geld, nach Augier, ‚mit natürlichen
      Blutflecken auf einer Backe zur Welt kommt‘ (Marie Augier: Du Crédit Public,
      Paris 1842), so das Kapital von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut-
      und schmutztriefend.“ K. Marx,
      Kapital I, MEW 23, 787f. 
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