Konstantes und variables Kapital

 

Konstantes Kapital sind Arbeitsmittel und Arbeitsmaterial, die sich als Produktionsmittel in der Hand eines Kapitalisten befinden. Variables Kapital ist der Wert der Arbeitskraft, deren Nutzungsrecht der Kapitalist gekauft hat.

 

„Das in dem Produktionsprozess selbst sich konsumierende Kapital oder konstantes Kapital ist im engeren Sinn Produktionsmittel. …

Als solches Produktionsmittel kann sein Gebrauchswert darin bestehen, dass es nur technologische Bedingung für das Vorsichgehen des Prozesses ist (die Stätte, worin der Produktionsprozess vorgeht), wie bei Baulichkeiten etc., oder dass es unmittelbare Bedingung für das Wirken des eigentlichen Produktionsmittels ist, wie alle Instrumente und Maschinen. … Diese Arbeitsmittel dienen nur innerhalb der Produktion und zur Produktion und haben keinen anderen Gebrauchs-wert.

Das Kapital sondert sich ... in gewisse qualitativ verschiedene Portionen ab, als Arbeitsmaterial (dies, nicht Rohmaterial ist der richtige und begriffliche Ausdruck), Arbeitsmittel (= konstantes Kapital) und lebendige Arbeit (= variables Kapital).“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 582f.

 

 

1. Der Wert der Produktionsmittel und der Wert der Arbeitskraft gehen unterschiedlich in den Vermehrungsprozess des Kapitals ein

„Die verschiedenen Faktoren des Arbeitsprozesses nehmen verschiedenen Anteil an der Bildung des Produkten-Werts.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 214.

 

 

1.1. Der Wert der verbrauchten Produktionsmittel wird im Produktionsprozess nur auf die Produkte übertragen. Dieser Kapitalwert bleibt konstant

„Wert, von seiner nur symbolischen Darstellung im Wertzeichen abgesehen, exis­tiert nur in einem Gebrauchswert, einem Ding. ... Geht daher der Gebrauchs­wert verloren, so geht auch der Wert verloren. ... Es folgt hieraus, dass im Ar­beitsprozess Wert vom Produktionsmittel auf das Produkt nur übergeht, soweit das Produktionsmittel mit seinem selbständigen Gebrauchswert auch seinen Tauschwert verliert. Es gibt nur den Wert an das Produkt ab, den es als Produk­tionsmittel verliert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 217.

 

„Die gegenständlichen Faktoren des Arbeitsprozesses verhalten sich aber in die­ser Hinsicht verschieden.

Die Kohle, womit die Maschine geheizt wird, verschwindet spurlos, ebenso das Öl, womit man die Achse des Rades schmiert usw. ... Das Rohmaterial bildet die Substanz des Produkts, hat aber seine Form verändert. Rohmaterial und Hilfsstof­fe verlieren also die selbständige Gestalt, womit sie in den Arbeitsprozess als Gebrauchswerte eintraten. Anders mit den eigentlichen Arbeitsmitteln. Ein Instrument, eine Maschine, ein Fa-brikgebäude, ein Gefäß usw. dienen im Arbeitsprozess nur, so lange sie ihre ur­sprüngliche Gestalt bewahren und morgen wieder in eben derselben Form in den Arbeitsprozess eingehen wie gestern.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 217f.

 

„Betrachten wir nun die ganze Periode, während derer ein solches Arbeitsmittel dient ..., so ist während dieser Periode sein Gebrauchswert von der Arbeit voll­ständig verzehrt worden und sein Tauschwert daher vollständig auf das Produkt übergegangen. Hat eine Spinnmaschine z. B. in 10 Jahren ausgelebt, so ist wäh­rend des zehnjährigen Arbeitsprozes-ses ihr Gesamtwert auf das zehnjährige Pro­dukt übergegangen. ...

Man weiß aus der Erfahrung, wie lang ein Arbeitsmittel, z. B. eine Maschine von gewisser Art, durchschnittlich vorhält. Gesetzt, sein Gebrauchswert im Arbeits­prozess dauere nur 6 Tage. So verliert es im Durchschnitt jeden Arbeitstag 1/6 seines Ge­brauchswerts und gibt daher 1/6 seines Werts an das tägliche Produkt ab.

In dieser Art wird der Verschleiß aller Arbeitsmittel berechnet, also ... ihr tägli­cher Ver­lust an Gebrauchswert und ihre entsprechende tägliche Wertabgabe an das Produkt.

Es zeigt sich so schlagend, dass ein Produktionsmittel nie mehr Wert an das Pro­dukt abgibt, als es im Arbeitsprozess durch Vernichtung seines eigenen Ge­brauchs­werts verliert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 218.

 

„Der Arbeiter setzt dem Arbeitsgegenstand neuen Wert zu durch Zusatz einer be­stimmten Menge von Arbeit, abgesehen vom bestimmten Inhalt, Zweck und technischen Charakter seiner Arbeit. Andererseits finden wir die Werte der ver­zehrten Produktionsmittel wieder als Bestandteile des Produkten-Werts, z. B. die Werte von Baumwolle und Spindel im Garnwert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 214.

 

„Der Wert der Produktionsmittel wird also erhalten durch seine Übertragung auf das Produkt. Dies Übertragen geschieht während der Verwandlung der Produk­tionsmittel in Produkt, im Arbeitsprozess. Es ist vermittelt durch die Arbeit. Aber wie?

Der Arbeiter arbeitet nicht doppelt in derselben Zeit, nicht einmal, um der Baumwolle durch seine Arbeit einen Wert zuzusetzen, und das andere Mal, um ihren alten Wert zu erhalten, ...

Sondern durch bloßes Zusetzen von neuem Wert erhält er den alten Wert.

Da aber der Zusatz von neuem Wert zum Arbeitsgegenstand und die Erhaltung der alten Werte im Produkt zwei ganz verschiedene Resultate sind, die der Arbei­ter in derselben Zeit hervorbringt, obgleich er nur einmal in derselben Zeit arbei­tet, kann diese Doppelseitigkeit des Resultats offenbar nur aus der Doppelseitig­keit seiner Arbeit selbst erklärt werden.

In demselben Zeitpunkt muss sie in einer Eigenschaft Wert schaffen und in einer anderen Eigenschaft Wert erhalten oder übertragen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 214.

 

„Wie setzt jeder Arbeiter Arbeitszeit und daher Wert zu? Immer nur in der Form seiner eigentümlich produktiven Arbeitsweise. Der Spinner setzt nur Arbeitszeit zu, indem er spinnt, der Weber, indem er webt, der Schmied, indem er schmiedet. Durch die zweckbestimmte Form aber, worin sie Arbeit überhaupt zusetzen und daher Neuwert zusetzen, durch das Spinnen, Weben, Schmieden werden die Pro­duktionsmittel, Baum-wolle und Spindel, Garn und Webstuhl, Eisen und Amboss, zu Bildungselementen eines Produkts, eines neuen Gebrauchswerts. Die alte Form ihres Gebrauchswerts vergeht, aber nur um in einer neuen Form von Gebrauchswert aufzugehen. ...

Der Arbeiter erhält also die Werte der vernutzten Produktionsmittel oder über­trägt sie als Wertbestandteile auf das Produkt nicht durch sein Zusetzen von Ar­beit überhaupt, sondern durch den besonderen nützlichen Charakter, durch die spezifisch produktive Form dieser zusätzlichen Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 214f.

 

„... Der Arbeiter setzt eine bestimmte Wertgröße zu, nicht weil seine Arbeit einen besonde­ren nützlichen Inhalt hat, sondern weil sie eine bestimmte Zeit dauert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 215.

 

„In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschli­cher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besonderen, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozess, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt.

Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 215.

 

„Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produk­tionsmittel im Produkt erhalten. Diese doppelseitige Wirkung derselben Arbeit in­folge ihres doppelseitigen Charakters zeigt sich handgreiflich in verschiedenen Erscheinungen.

Nimm an, irgendeine Erfindung befähige den Spinner, in 6 Stunden so viel Baumwolle zu verspinnen wie früher in 36 Stunden. Als zweckmäßig nützliche, produktive Tätigkeit hat seine Arbeit ihre Kraft versechsfacht. Ihr Produkt ist ein sechsfaches, 36 statt 6 Pfund Garn.

Aber die 36 Pfund Baumwolle saugen jetzt nur so viel Arbeitszeit ein als früher 6 Pfund. Sechsmal weniger neue Arbeit wird ihnen zugesetzt als mit der alten Me­thode, daher nur noch ein Sechstel des früheren Werts.

Andererseits existiert jetzt der sechsfache Wert von Baumwolle im Produkt, den 36 Pfund Garn.

In den 6 Spinnstunden wird ein sechsmal größerer Wert von Rohmaterial erhalten und auf das Produkt übertragen, obgleich demselben Rohmaterial ein sechsmal kleinerer Neuwert zugesetzt wird.

Dies zeigt, wie die Eigenschaft, worin die Arbeit während desselben unteilbaren Prozesses Werte erhält, wesentlich verschieden ist von der Eigenschaft, worin sie Wert schafft.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 215f.

 

„Der Arbeiter kann neue Arbeit nicht zusetzen, also nicht neuen Wert schaffen, ohne alte Werte zu erhalten, denn er muss die Arbeit immer in bestimmter nützli­cher Form zusetzen, und er kann sie nicht in nützlicher Form zusetzen, ohne Pro­dukte zu Produktionsmitteln eines neuen Produkts zu machen und dadurch ihren Wert auf das neue Produkt zu übertragen.

Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft ... Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandenen Kapitalwerts.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 221.

 

„Was nun den Gebrauchswert von Arbeitsmittel und Arbeitsmaterial zunächst angeht, so ist klar, dass der Tuch-Arbeiter, wenn die Baumwolle nicht schon die Form des Garns und Holz und Eisen nicht die der Spindel hätte, er kein Gewebe, keinen höheren Gebrauchswert produzieren könnte. Für ihn selbst im Produktionsprozess sind die 500 Euro für die Spinnmaschine und die 100 Euro für Garn nichts als Garn und Spindel, keine Tauschwerte.

Seine Arbeit hat diesen einen höheren Gebrauchswert gegeben und ihnen ein Quantum vergegenständlichter Arbeit von 800 Euro zugefügt, nämlich 400 Euro worin er seinen Arbeitslohn reproduziert, 400 Euro Mehrarbeitszeit für den Kapitalisten. …

Die vergegenständlichte Arbeitszeit, die in Garn und Spindel enthalten ist, und den Teil des Werts des Produkts von 1.400 Euro bildet, hat der Arbeiter nicht geschaffen; für ihn waren und blieben sie Material, dem er eine andere Form gab und neue Arbeit einverleibte. Die einzige Bedingung ist, das er das Material nicht verschwendet hat und das hat er nicht getan, soweit sein Produkt Gebrauchswert und höheren Gebrauchswert wie früher hatte.

Es enthält jetzt zwei Teile vergegenständlichter Arbeit – seinen Arbeitstag (im Wert von 800 Euro) und die in seinem Material, Garn und Spindel schon unabhängig von ihm und vor seiner Arbeit enthaltene (im Wert von 600 Euro).

Die früher vergegenständlichte Arbeit war die Bedingung seiner Arbeit; sie machte sie erst zur Arbeit, kostete ihm keine. …

Dass sie also weder als Gebrauchswerte in ihrer ursprünglichen Form, noch als Tauschwerte seine Arbeit erfordern, sondern vorhanden sind, macht eben, dass der Zusatz eines Arbeitstages von ihm ein Produkt von höherem Wert als einem Arbeitstag (= 800 Euro) schafft. Er schafft diese aber, sofern er dieses Mehr über den Arbeitstag nicht zu schaffen hat, sondern als Material, als Voraussetzung vorfindet. Es kann als nur insofern gesagt werden, dass er diese Werte des konstanten Kapitals reproduziert …

Dass ihr alter Wert von 600 Euro erhalten bleibt, geschieht dadurch, dass ihnen ein neuer von 800 Euro zugefügt, nicht dass der alte selbst … geschaffen wird.

Ein Produkt früherer Arbeit bleibt ein Element seines Produkts, enthält das Produkt außer seinem Neuwert auch noch den alten. Er produziert also in der Tat an diesem Produkt nur den Arbeitstag, den er ihm zufügt, und die Erhaltung des alten Wertes kostet ihm absolut nichts, außer was es ihm kostet, den neuen zuzufügen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 260f.

 

„Diese Erhaltung des alten Werts erhält der Kapitalist also ebenso gratis, als die Mehrarbeit. …

Die Erhaltung des alten Werts ist kein von der Zufügung des neuen getrennter Akt, sondern macht sich von selbst; erscheint als natürliches Resultat desselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 262.

 

 

1.2. Variables Kapital: Der Wert der Arbeitskraft hat die Eigenschaft, mehr Wert zu schaffen, als sie gekostet hat. Dieser Kapitalwert ist variabel

„Indem wir die verschiedenen Rollen dargestellt, welche die verschiedenen Fak­to­ren des Arbeitsprozesses in der Bildung des Produktenwerts spielen, haben wir in der Tat die Funktionen der verschiedenen Bestandteile des Kapitals in seinem eigenen Verwertungsprozess charakterisiert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 223.

 

„Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der anderen sind nur die verschiedenen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Ar­beits­prozesses.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 223.

 

„Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Pro­duk­tions­prozess. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: kon­stantes Kapital.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 223.

 

„Der Begriff des konstanten Kapitals schließt eine Wertrevolution seiner Be­standteile in keiner Weise aus.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 224. Siehe dazu den Artikel: Ökonomisierung des konstanten Kapitals.

 

„Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozess. Er reproduziert sein eigenes Äquivalent (Wertgleiches) und einen Überschuss darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder klei­ner sein kann.

Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable.

Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 224.

 

„Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktions-mittel und Arbeitskraft unter­scheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als kon­stantes Kapital und variables Kapital.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 224.

 

„Innerhalb des kapitalistischen Arbeitsprozesses selbst unterschieden sich der Form nach betrachtet die Elemente der Arbeit und die beiden anderen (Arbeitsmittel und Arbeitsmaterial) nur so, dass die einen als konstante Werte, und das andere als wertsetzend bestimmt war.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 583.

 

Siehe auch die Artikel:

Kapital

Fixes und zirkulierendes Kapital

Kapitalzusammensetzung

Produktionsmittel

Umschlag des Kapitals

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.