Leitungsarbeit (Management)
1. Ursprünglich
verschmolz Leitungsarbeit mit Herrschaft und Ausbeutung.
„Solange
die wirklich arbeitende Bevölkerung von ihrer notwendigen Arbeit so sehr
in Anspruch genommen wird, dass ihr keine Zeit zur Besorgung der
gemeinsamen Geschäfte der Gesellschaft - Arbeitsleitung, Staatsgeschäfte,
Rechtsangelegenheiten, Kunst, Wissenschaft etc. - übrigbleibt, solange
musste stets eine besondere Klasse bestehen, die, von der wirklichen
Arbeit befreit, diese Angelegenheiten besorgte; wobei sie denn nie
verfehlte, den arbeitenden Massen zu ihrem eigenen Vorteil mehr und mehr
Arbeitslast aufzubürden.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 169.
„Die Spaltung der Gesellschaft in eine
ausbeutende und eine ausgebeutete, eine herrschende und eine unterdrückte
Klasse war die notwendige Folge der früheren geringen Entwicklung der
Produktion. Solange die gesellschaftliche Gesamtarbeit nur einen Ertrag
liefert, der das zur notdürftigen Existenz Aller Erforderliche nur um
wenig übersteigt, solange also die Arbeit alle oder fast alle Zeit der
großen Mehrzahl der Gesellschaftsmitglieder in Anspruch nimmt, solange
teilt sich diese Gesellschaft notwendig in Klassen.
Neben der
ausschließlich zur Arbeit gezwungenen großen Mehrheit bildet
sich eine von direkt-produktiver Arbeit befreite Klasse, die die
gemeinsamen Angelegenheiten der Gesellschaft besorgt: Arbeitsleitung,
Staatsgeschäfte, Justiz, Wissenschaften, Künste usw.
Es ist also das
Gesetz der Arbeitsteilung, das der Klassenteilung zugrunde liegt.“ F.
Engels, Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW
19, 224f.
2. Leitungsarbeit ist jedoch auch unabhängig von
Herrschaft und Ausbeutung erforderlich, wo kooperativ (gesellschaftlich)
gearbeitet wird.
„Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung
entspringt notwendig überall, wo der unmittelbare Produktionsprozess die
Gestalt eines gesellschaftlich kombinierten Prozesses hat und nicht als
vereinzelte Arbeit der selbständigen Produzenten auftritt. Sie ist aber
doppelter Natur.
Einerseits in allen Arbeiten, worin viele Individuen
kooperieren, stellt sich notwendig der Zusammenhang und die Einheit des
Prozesses in einem kommandierenden Willen dar, und in Funktionen, die
nicht die Teilarbeiten, sondern die Gesamttätigkeit der Werkstatt
betreffen, wie bei dem Dirigenten eines Orchesters.
Es ist dies
eine produktive Arbeit, die verrichtet werden muss in jeder kombinierten
Produktionsweise.
Andererseits ... entspringt diese Arbeit der
Oberaufsicht notwendig in allen Produktionsweisen, die auf dem Gegensatz
zwischen dem Arbeiter als dem unmittelbaren Produzenten und dem Eigentümer
der Produktionsmittel beruhen.
Je größer dieser Gegensatz, desto größer
ist die Rolle, die diese Arbeit der Oberaufsicht spielt. Sie
erreicht daher ihr Maximum im Sklavensystem. Sie ist aber auch in der
kapitalistischen Produktionsweise unentbehrlich, da hier der
Produktionsprozess zugleich Konsumtionsprozess der Arbeitskraft durch den
Kapitalisten (also Ausbeutungsprozess) ist.“ K. Marx, Kapital III.
MEW 25, 397.
„Die Arbeit der Oberaufsicht und Leitung, soweit sie
aus dem gegensätzlichen Charakter, aus der Herrschaft des Kapitals über
die Arbeit entspringt und daher allen auf dem Klassengegensatz beruhenden
Produktionsweisen mit der kapitalistischen gemeinsam ist, ist auch im
kapitalistischen System unmittelbar und unzertrennbar verquickt mit den
produktiven Funktionen, die alle kombinierte gesellschaftliche Arbeit
einzelnen Individuen als besondere Arbeit auferlegt.“ K. Marx, Kapital
III. MEW 25, 399.
3. Die Entwicklung des Kapitalismus
trennt zunehmend die gesellschaftlich notwendigen Leitungsfunktionen vom
Eigentum an Produktionsmitteln.
3.1. Zunächst befreite der
Kapitalismus die Lohnarbeiter von der lebenslangen persönlichen
Abhängigkeit von einem Grundherrn oder Meister. Kapitalistische Leitung
und Herrschaft ist anders als feudale oder Sklavenverhältnisse individuell
kündbar, auch wenn jeder einzelne Lohnarbeiter an die Kapitalistenklasse
als Ganze gekettet ist.
„Zur Verwandlung von Geld in Kapital
muss der Geldbesitzer ... den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt
vorfinden, frei in dem Doppelsinn, dass er als freie Person über seine
Arbeitskraft als seine Ware verfügt, dass er andrerseits andre Waren nicht
zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung
seiner Arbeitskraft nötigen Sachen. ...
Eins ist jedoch klar. Die Natur
produziert nicht auf der einen Seite Geld- und Warenbesitzer und auf der
anderen bloße Besitzer der eigenen Arbeitskräfte. Dies Verhältnis ist kein
naturgeschichtliches und ebenso wenig ein gesellschaftliches, das allen
Geschichtsperioden gemein wäre. Es ist offenbar das Resultat einer
vorhergegangenen historischen Entwicklung, das Produkt vieler ökonomischen
Umwälzungen, des Untergangs einer ganzen Reihe älterer Formationen der
gesellschaftlichen Produktion.“
K. Marx, Kapital I. MEW 23, 183.
Da ein Lohnarbeiter
weder Arbeitsmittel noch Lebensmittel besitzt - es sei denn er bekommt sie
vom Kapital gegen Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt - bleibt er, was
er ist: ein freier Arbeiter, der immer wieder einen kapitalistischen
Ausbeuter finden muss, um zu überleben.
„Von gesellschaftlichem
Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren
Produktionsprozesses, ebenso sehr Zubehör des Kapitals als das tote
Arbeitsinstrument.... Der römische Sklave war durch Ketten, der
Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden.
Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der
individuellen Lohnherrn und die juristische Fiktion eines Vertrags
zwischen freien Vertragspartnern aufrechterhalten.
Früher machte
das Kapital, wo es ihm nötig erschien, sein Eigentumsrecht auf den freien
Arbeiter durch Zwangsgesetz geltend. So war z. B. die Emigration der
Maschinenarbeiter in England bis 1815 bei schwerer Strafe verboten.“ K.
Marx, Kapital I. MEW 23, 599.
3.2. Die Kapitalisten übernahmen
Leitungsarbeit, weil in ihrer industriellen Produktion kooperativ
(gesellschaftlich) gearbeitet wird, was Leitungsarbeit nötig
macht.
„Mit der Kooperation vieler Lohnarbeiter entwickelt sich das
Kommando des Kapitals zum Erfordernis für die Ausführung des
Arbeitsprozesses selbst, zu einer wirklichen Produktionsbedingung. Der
Befehl des Kapitalisten auf dem Produktionsfeld wird jetzt so
unentbehrlich wie der Befehl des Generals auf dem
Schlachtfeld....
Diese Funktion der Leitung, Überwachung und
Vermittlung, wird zur Funktion des Kapitals, sobald die ihm untergeordnete
Arbeit kooperativ wird. ...
Alle unmittelbar gesellschaftliche oder
gemeinschaftliche Arbeit auf größerem Maßstab bedarf mehr oder minder
einer Leitung, welche die Harmonie der individuellen Tätigkeiten
vermittelt und die allgemeinen Funktionen vollzieht, die aus der Bewegung
des produktiven Gesamtkörpers im Unterschied von der Bewegung seiner
selbständigen Organe entspringen. Ein einzelner Violinspieler dirigiert
sich selbst, ein Orchester bedarf des Dirigenten. Diese Funktion
der Leitung, Überwachung und Vermittlung wird zur Funktion des Kapitals,
sobald die ihm untergeordnete Arbeit kooperativ wird. ...
Mit der Masse
der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter wächst ihr Widerstand und damit
notwendig der Druck des Kapitals zu Bewältigung dieses Widerstands. Die
Leitung des Kapitalisten ist nicht nur eine aus der Natur des
gesellschaftlichen Arbeitsprozesses entspringende und ihm angehörige
besondere Funktion, sie ist zugleich Funktion der Ausbeutung eines
gesellschaftlichen Arbeitsprozesses und daher bedingt durch den
unvermeidlichen Konflikt zwischen dem Ausbeuter und dem Rohmaterial
seiner Ausbeutung.
Ebenso wächst mit dem Umfang der Produktionsmittel,
die dem Lohnarbeiter als fremdes Eigentum gegenüberstehen, die
Notwendigkeit der Kontrolle über deren sachgemäße Verwendung. ...
Wenn
daher die kapitalistische Leitung dem Inhalt nach doppelseitig ist,
wegen der Doppelseitigkeit des zu leitenden Produktionsprozesses
selbst, welcher einerseits gesellschaftlicher Arbeitsprozess zur
Herstellung eines Produkts ist, andererseits
Vermehrungsprozess des Kapitals, so ist sie der Form nach
despotisch.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 350-352.
„Innerhalb des
Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die
Arbeit, d. h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter
selbst.
Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, passt auf, dass
der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von
Intensität verrichte.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 328.
„Das
Kapital ist also die Regierungsgewalt über die Arbeit und ihre
Produkte. Der Kapitalist besitzt diese Gewalt, nicht seiner persönlichen
oder menschlichen Eigenschaften wegen, sondern insofern er
Eigentümer des Kapitals ist.“ K. Marx, Philosophisch-ökonomische
Manuskripte, MEW 40, 484.
„Der Kapitalist ist nicht
Kapitalist, weil er industrieller Leiter ist, sondern er wird
industrieller Befehlshaber, weil er Kapitalist ist.“ K. Marx, Kapital I.
MEW 23, 352.
3.3. Mit wachsender Kapitalgröße delegiert der
Kapitalist immer mehr Leitungsarbeit an Lohnarbeiter. Leitungsarbeit und
Eigentum an Produktionsmitteln wird getrennt.
„Wie der Kapitalist
zunächst entbunden wird von der Handarbeit, sobald sein Kapital jene
Minimalgröße erreicht hat, womit die eigentlich kapitalistische Produktion
erst beginnt, so tritt er jetzt mit wachsender Unternehmensgröße
die Funktion unmittelbarer und fortwährender Beaufsichtigung der
einzelnen Arbeiter und Arbeitergruppen selbst wieder ab an eine besondre
Sorte von Lohnarbeitern...(Manager, ... Arbeitsaufseher...), die während
des Arbeitsprozesses im Namen des Kapitals kommandieren. Die Arbeit der
Oberaufsicht befestigt sich zu ihrer ausschließlichen Funktion.“ K. Marx,
Kapital I. MEW 23, 351.
„Indem ... aber der bloße Manager,
der das Kapital unter keinerlei Titel besitzt, weder leihweise noch
sonst wie, alle realen Funktionen versieht, die dem fungierenden
Kapitalisten als solchem zukommen, bleibt nur der Funktionär und
verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person aus dem
Produktionsprozess.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 401.
„Dass nicht
die industriellen Kapitalisten, sondern die industriellen Manager ‚die
Seele unseres Industriesystems‘ sind, hat schon Herr Ure bemerkt.
...
Die kapitalistische Produktion selbst hat es dahin gebracht, dass
die Arbeit der Oberleitung, ganz getrennt vom Kapitaleigentum, auf der
Straße herumläuft. Es ist daher nutzlos geworden, dass diese Arbeit der
Oberleitung vom Kapitalisten ausgeübt werde.
Ein Musikdirektor braucht
durchaus nicht Eigentümer der Instrumente des Orchesters zu sein, noch
gehört es zu seiner Funktion als Dirigent, dass er irgendetwas mit dem
„Lohn“ der übrigen Musikanten zu tun hat.
Die Kooperativfabriken
liefern den Beweis, dass der Kapitalist als Funktionär der Produktion
ebenso überflüssig geworden, wie er selbst ... den Großgrundbesitzer
überflüssig findet.
Soweit die Arbeit des Kapitalisten ... sich nicht
auf die Funktion beschränkt, fremde Arbeit auszubeuten; soweit sie
also aus der Form der Arbeit als gesellschaftlicher hervorgeht, aus der
Kombination und Kooperation vieler zu einem gemeinsamen Resultat, ist sie
ganz ebenso unabhängig vom Kapital, wie diese Form selbst, sobald sie die
kapitalistische Hülle gesprengt hat.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25, 398 -
401.
„Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher
Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von
Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält in den
Aktiengesellschaften direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital
direkt assoziierter Individuen) ... Es ist die Aufhebung des Kapitals als
Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise
selbst. ...
Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen
bloßen Manager, Verwalter fremdes Kapitals, und der
Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn
die Dividenden, die sie beziehen, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den
Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Managers ist, ...
bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im
Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder anderen Arbeit), so wird dieser
Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße
Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im
wirklichen Reproduktionsprozess getrennt wird wie diese Funktion, in der
Person des Managers, vom Kapitaleigentum. ...
In den
Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also
auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln
und an der Mehrarbeit.
Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung
der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur
Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr
als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum
ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum.
Es ist
andererseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum
bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße
Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.“
K. Marx, Kapital III. MEW 25, 452f.
Moderne Großunternehmen „sind
nicht Eigentum einzelner Kapitalisten, die ihr Geschäft selbst leiten,
sondern von Aktiengesellschaften, deren Betrieb von bezahlten
Angestellten geleitet wird, von Dienern, die in jeder Hinsicht die
Position höhergestellter, besser bezahlter Arbeiter einnehmen. ...
Die
gesellschaftliche Funktion des Kapitalisten ist hier auf besoldete Diener
übergegangen; aber der Kapitalist streicht nach wie vor in Gestalt seiner
Dividenden die Bezahlung für jene Funktionen ein, obwohl er sie nicht mehr
ausübt.“ F. Engels, Gesellschaftsklassen, MEW 19, 288f.
„Das Kapital zeigt sich immer mehr als
gesellschaftliche Macht, deren Funktionär der Kapitalist ist und die in
gar keinem möglichen Verhältnisse mehr zu dem steht, was die Arbeit eines
einzelnen Individuums schaffen kann - aber das Kapital zeigt sich
als ... verselbständigte gesellschaftliche Macht, die als Sache, und als
Macht des Kapitalisten durch diese Sache, der Gesellschaft
gegenübertritt.
Der Widerspruch zwischen der allgemeinen
gesellschaftlichen Macht, zu der sich das Kapital gestaltet, und der
Privatmacht der einzelnen Kapitalisten über diese gesellschaftlichen
Produktionsbedingungen entwickelt sich immer schreiender und schließt die
Auflösung dieses Verhältnisses ein, indem sie zugleich die Herausarbeitung
der Produktionsbedingungen zu allgemeinen, gemeinschaftlichen,
gesellschaftlichen Produktionsbedingungen einschließt.“ K. Marx, Kapital
III. MEW 25, 274.
„Zwei Haupttatsachen der kapitalistischen
Produktion:
Erstens Konzentration der Produktionsmittel in
wenigen Händen, wodurch sie aufhören, als unmittelbares Eigentum des
einzelnen Arbeiters zu erscheinen, sondern als Potenzen der
gesellschaftlichen Produktion, wenn auch noch zunächst als Eigentum der
nicht arbeitenden Kapitalisten; diese sind ihre Treuhänder in der
bürgerlichen Gesellschaft und genießen alle Früchte dieser
Treuhandschaft.
Zweitens: Organisation der Arbeit selbst als
gesellschaftliche durch Kooperation, Teilung der Arbeit und Verbindung der
Arbeit mit den Resultaten der gesellschaftlichen Herrschaft über die
Naturkräfte.
Nach beiden Seiten hin hebt die kapitalistische Produktion
Privateigentum und Privatarbeit auf, wenn auch noch in gegensätzlichen
Formen.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III. MEW 26.3,
418.
4. Die selbstbestimmte Wirtschaft ist eine große
Produzenten-Genossenschaft ohne Lohnarbeit und ohne Chefs. Die
Leitungsarbeit wird abwechselnd an alle Mitglieder auftragsgebunden und
zeitlich befristet delegiert.
„...Die fortschreitende industrielle
Entwicklung (hat) ... die Einzelarbeit in allen großen Industriezweigen
längst vernichtet ... und vernichtet sie in den kleineren und
kleinsten Zweigen täglich mehr; die industrielle Entwicklung setzt
an ihre Stelle die gesellschaftliche Arbeit..., unterstützt von Maschinen
und dienstbar gemachten Naturkräften, deren fertiges, sofort
austauschbares oder verbrauchbares Produkt das gemeinsame Werk vieler
Einzelner ist, durch deren Hände (und Köpfe) es hat gehen
müssen.
Und gerade durch diese industrielle Revolution hat die
Produktionskraft der menschlichen Arbeit einen solchen Höhegrad erreicht,
dass die Möglichkeit gegeben ist - zum erstenmal, solange Menschen
existieren -, bei verständiger Verteilung der Arbeit unter alle, nicht nur
genug für die reichliche Konsumtion aller Gesellschaftsmitglieder und für
einen ausgiebigen Reservefonds hervorzubringen, sondern auch jedem
Einzelnen hinreichend Muße zu lassen, damit dasjenige, was aus der
geschichtlich überkommenen Bildung - Wissenschaft, Kunst, Umgangsformen
usw. - wirklich wert ist, erhalten zu werden, nicht nur erhalten, sondern
aus einem Monopol der herrschenden Klasse in ein Gemeingut der ganzen
Gesellschaft verwandelt und weiter vorgebildet werde. (Und mit dem
Monopol auf Bildung und Kenntnisse wird auch jedes Monopol auf
Leitungsfunktionen beseitigt. wb)
Und hier liegt der entscheidende
Punkt. Sobald die Produktionskraft der menschlichen Arbeit sich bis auf
diesen Höhegrad entwickelt hat, verschwindet jeder Vorwand für den Bestand
einer herrschenden Klasse. War doch der letzte Grund, womit der
Klassenunterschied verteidigt wurde, stets: Es muss eine Klasse geben, die
sich nicht mit der Produktion ihres täglichen Lebensunterhalts abzuplacken
hat, damit sie Zeit behält, die geistige Arbeit der Gesellschaft zu
besorgen. Diesem Gerede, das bisher seine große geschichtliche
Berechtigung hatte, ist durch die industrielle Revolution der letzten
hundert Jahre ein für allemal die Wurzel abgeschnitten.“ F. Engels,
Wohnungsfrage, MEW 18, 220f.
„Aber wenn hiernach die
Einteilung in Klassen eine gewisse geschichtliche Berechtigung hat, so hat
sie eine solche doch nur für einen gegebenen Zeitraum, für gegebene
gesellschaftliche Bedingungen. Sie gründet sich auf die Unzulänglichkeit
der Produktion; sie wird weggefegt werden durch die volle Entfaltung der
modernen Produktivkräfte.
Und in der Tat hat die Abschaffung der
gesellschaftlichen Klassen zur Voraussetzung einen geschichtlichen
Entwicklungsgrad, auf dem das Bestehen nicht bloß dieser oder jener
bestimmten herrschenden Klasse, sondern einer herrschenden Klasse
überhaupt, also des Klassenunterschiedes selbst ... veraltet ist.
Sie
hat also zur Voraussetzung einen Höhegrad der Entwicklung der Produktion,
auf dem die Aneignung der Produktionsmittel und Produkte und damit
der politischen Herrschaft, des Monopols der Bildung und der geistigen
Leitung durch eine besondere Gesellschaftsklasse nicht nur überflüssig,
sondern auch ökonomisch, politisch und intellektuell ein Hindernis der
Entwicklung geworden ist.
Dieser Punkt ist jetzt erreicht.“ F. Engels,
Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW 19,
225.
„Die freie Arbeit
entwickelt sich innerhalb der kapitalistischen Produktion als
gesellschaftliche Arbeit. Dass sie Eigentümer der
Produktionsbedingungen wird, heißt also, dass diese den
vergesellschafteten Arbeitern gehören und diese als solche produzieren,
ihre eigene Produktion ... sich als vergesellschaftete
unterordnen.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3,
514.
„Wir anerkennen die
Kooperativbewegung als eine der Triebkräfte zur Umwandlung der
gegenwärtigen Gesellschaft; die auf Klassengegensätzen beruht. Ihr großes
Verdienst besteht darin, praktisch zu zeigen, dass das bestehende
despotische und Armut hervorbringende System der Unterjochung der
Arbeit unter das Kapital verdrängt werden kann durch das
demokratische und segensreiche System der Assoziation von freien
und gleichen Produzenten.“ K. Marx, Forderungen der IAA, MEW 16,
195.
„Und dass wir beim
Übergang in die volle kommunistische Wirtschaft den genossenschaftlichen
Betrieb als Mittelstufe in ausgedehntem Maß werden anwenden müssen, daran
haben Marx und ich nie gezweifelt.
Nur muss die Sache so eingerichtet
werden, dass die Gesellschaft ... das Eigentum an den Produktionsmitteln
behält und so die Sonderinteressen der Genossenschaft, gegenüber der
Gesellschaft im Ganzen, sich nicht festsetzen können.“ F. Engels an Bebel,
20.1.1886. MEW 36, 426.
„Dies
ist der sehr große Unterschied: Ob die vorhandenen Produktionsmittel
den Arbeitenden als Kapital gegenüberstehen, ... ob diese
Produktionsmittel sie beschäftigen, oder ob sie, als Subjekte, die
Produktionsmittel - im Akkusativ - anwenden, um Reichtum für sich selbst
zu erzeugen.
Natürlich ist dabei vorausgesetzt, dass die
kapitalistische Produktion bereits die Produktivkräfte der Arbeit
überhaupt zu der nötigen Höhe entwickelt hat, worauf diese Revolution
eintreten kann.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II., MEW 26.2,
583.
„... die Gesellschaft
(konnte) doch niemals ohne eine Klasse von Produzenten leben. Diese Klasse
ist also unter allen Umständen notwendig - wenn auch die Zeit kommen muss,
in der sie nicht länger eine Klasse sein, sondern die ganze Gesellschaft
umfassen wird.“ F. Engels, Gesellschaftsklassen, MEW 19,
287.
„Einmal die Arbeit emanzipiert, so wird jeder Mensch ein
Arbeiter, und produktive Arbeit hört auf, eine Klasseneigenschaft zu
sein." K. Marx, Bürgerkrieg
in Frankreich, 1871, MEW 17, 342.
„Im planmäßigen Zusammenwirken mit
andern streift der Arbeiter seine individuellen Schranken ab und
entwickelt sein Gattungsvermögen.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23,
349.
„Mit der Besitzergreifung
der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion
beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten
...
Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. Damit erst scheidet der
Mensch, in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus
tierischen Daseinsbedingungen in wirklich menschliche. Der Umkreis der die
Menschen umgebenden Lebensbedingungen, der die Menschen bis jetzt
beherrschte, tritt jetzt unter die Herrschaft und Kontrolle der Menschen,
die nun zum ersten Male bewusste, wirkliche Herren der Natur, weil und
indem sie Herren ihrer eigenen Vergesellschaftung werden.
Die Gesetze
ihres eigenen gesellschaftlichen Tuns, die ihnen bisher als fremde, sie
beherrschende Naturgesetze gegenüberstanden, werden dann von den Menschen
mit voller Sachkenntnis angewandt und damit beherrscht. Die eigene
Vergesellschaftung der Menschen, die ihnen bisher als von Natur und
Geschichte aufgezwungen gegenüberstand, wird jetzt ihre eigene
freie Tat. Die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte
beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst.
Erst von
da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewusstsein selbst
machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten
gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch
die von ihnen gewollten Wirkungen haben.
Es ist der Sprung der
Menschheit aus dem Reiche der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit.“ F.
Engels Anti-Dühring, MEW 20, 264.
„Der Kommunismus unterscheidet
sich von allen bisherigen Bewegungen dadurch, dass er die Grundlage aller
bisherigen Produktions- und Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle
naturwüchsigen Voraussetzungen zum ersten Mal mit Bewusstsein als
Geschöpfe der bisherigen Menschen behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit
entkleidet und der Macht der vereinigten Individuen unterwirft.“ K. Marx,
Deutsche Ideologie, MEW 3, 70.
Wo es dem Verständnis
dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten
und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die
nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal
Buchenberg, 15.5.2002.
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