Privateigentum
Eigentum ist der juristische
Ausdruck für die jeweilige Organisationsform der gesellschaftlichen
Arbeit. Wo gemeinsam auf gemeinsame Rechnung gearbeitet wird, herrscht
Gemeineigentum, wo für Rechnung einzelner Familien, bzw. für individuelle
Rechnung gearbeitet wird, herrscht Privateigentum.
„Alle
Produktion ist Aneignung der Natur von Seiten des Individuums innerhalb
und vermittelst einer bestimmten Gesellschaftsform. In diesem Sinn ist es
eine Binsenweisheit zu sagen, dass Eigentum (Aneignen) eine
Bedingung der Produktion sei. Lächerlich aber ist es, hiervon einen Sprung
auf eine bestimmte Form des Eigentums, z.B. das Privateigentum zu machen.
...
Dass ... von keiner Produktion, also auch von keiner Gesellschaft
die Rede sein kann, wo keine Form des Eigentums existiert, ist eine
Binsenweisheit. Eine Aneignung, die sich nichts zu eigen macht, ist
ein Widerspruch in sich.“ K. Marx, Grundrisse, 9.
„Welches
immer die gesellschaftlichen Formen der Produktion, Arbeiter
(=Produzent) und Produktionsmittel bleiben stets ihre Faktoren.
Aber die einen und die anderen sind dies nur der Möglichkeit nach im
Zustand ihrer Trennung voneinander. Damit überhaupt produziert werde,
müssen sie sich verbinden. Die besondere Art und Weise, worin diese
Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiedenen
ökonomischen Epochen der Gesellschaftsstruktur.“ K. Marx, Kapital II, MEW
24, 42.
„Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte
Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das
Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der
Produktion selbst herauswächst und seinerseits bestimmend auf sie
zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des
ökonomischen, aus den Produktionsverhältnissen selbst hervorwachsenden
Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische
Gestalt.
Es ist jedes Mal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer
der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten ... worin wir
das innerste Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen
gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der .... jedesmaligen
spezifischen Staatsform finden.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25,
799.
1. Bis zur Sesshaftwerdung der Menschen gab es nur das
Stammeseigentum in Form der Herde oder in Form des gemeinsamen
Bodenbesitzes (ca. 500.000 bis 8000 v. Chr.).
„Die Geschichte zeigt ... das
Gemeineigentum (z.B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten etc.) als die
ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des
Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt.“ K. Marx,
Grundrisse, 9.
„....Eine gründlichere Geschichtsforschung findet
das Gemeineigentum ... als Ausgangspunkt bei allen Kulturvölkern
wieder.“ K. Marx, Grundrisse, 764.
„Da wir annehmen können, dass
das Hirtenwesen, überhaupt Wanderung die erste Form der
Existenzweise ist, nicht dass der Stamm sich niederlässt auf einem
bestimmten Sitz, sondern dass er abweidet, was er vorfindet ..., so
erscheint die Stammgemeinschaft, das natürliche Gemeinwesen nicht
als Resultat, sondern als Voraussetzung der gemeinschaftlichen
Aneignung (temporären) und Benutzung des Bodens. ...
Die
naturwüchsige Stammgemeinschaft, ... ist die erste Voraussetzung - die
Gemeinschaftlichkeit in Blut, Sprache, Sitten etc. - der Aneignung der
objektiven Bedingungen ihres Lebens, und der sich reproduzierenden und
vergegenständlichenden Tätigkeit desselben (Tätigkeit als Hirten, Jäger,
Ackerbauer etc.).
Die Erde ist das große Laboratorium, das Arsenal, das
sowohl das Arbeitsmittel, wie das Arbeitsmaterial liefert, wie den Sitz,
die Basis des Gemeinwesens. Sie verhalten sich naiv zu derselben
als dem Eigentum des Gemeinwesens und des in der ... Arbeit sich
produzierenden und reproduzierenden Gemeinwesens. Jeder Einzelne verhält
sich nur als Glied, als Mitglied dieses Gemeinwesens als Eigentümer
oder Besitzer.“ K. Marx, Grundrisse, 375f.
„Bei wandernden
Hirtenstämmen - und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd -
erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in elementarischer
Unbegrenztheit, z.B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen
Hochebene. Sie wird abgeweidet etc. konsumiert durch die Herden, an denen
wieder die Herdenvölker existieren.
Sie verhalten sich zu ihr als ihrem
Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren.
Der Jagdgrund so bei
den wilden Indianerstämmen in Amerika; der (Indianer)Stamm
betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es
gewaltsam gegen andere Stämme, oder sucht andere Stämme aus dem von ihnen
behaupteten zu vertreiben.
Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die
Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde,
und die Formen der Über- und Unterordnung entwickeln sich aus den
Bedingungen dieser Lebensweise.“ K. Marx, Grundrisse, 390.
„Durch
das Jagen der Stämme wird eine Erdregion erst zum Jagdrevier; durch den
Ackerbau die Erde, der Grund und Boden erst als der verlängerte Leib des
Individuums gesetzt.“ K. Marx, Grundrisse, 393.
„Eigentum
meint also ursprünglich nichts als Verhalten des Menschen zu seinen
natürlichen Produktionsbedingungen als ihm gehörigen, als den seinen, als
mit seinem eigenen Dasein vorausgesetzten; Verhalten zu denselben
als natürlichen Voraussetzungen seiner selbst, die sozusagen nur
seinen verlängerten Leib bilden. ...
Eine natürliche
Produktionsbedingung für das lebendige Individuum ist sein Zugehören zu
einer naturwüchsigen Gesellschaft, Stamm etc. Dieses ist z.B. schon
Bedingung für seine Sprache etc. Sein eigenes produktives Dasein ist nur
unter dieser Bedingung. ...
Das Eigentum meint also Gehören
zu einem Stamm (Gemeinwesen) ... und vermittelst des Verhaltens dieses
Gemeinwesens zum Grund und Boden, zur Erde als seinem unorganischen Leib,
Verhalten des Individuums zum Grund und Boden, zur äußeren Urbedingung der
Produktion - da die Erde in einem Rohmaterial, Instrument, Frucht ist -
als zu seiner Individualität gehörigen Voraussetzung ... derselben.“ K.
Marx, Grundrisse, 391f.
„Das Verhalten zur Erde als Eigentum ist
immer vermittelt durch die Okkupation, friedliche oder gewaltsame, von
Grund und Boden durch den Stamm oder die Gemeinde in irgendeiner
mehr oder minder naturwüchsigen oder schon historisch entwickelteren
Form.
Das Individuum kann hier nie in der Punktualität auftreten, in
der es als bloßer freier Arbeiter erscheint.“ K. Marx, Grundrisse,
385.
„Als die erste große Produktivkraft erscheint das Gemeinwesen
selbst.“ K. Marx, Grundrisse, 395.
„Die Abstraktion eines
Gemeinwesens, worin die Mitglieder nichts gemein haben, als etwa Sprache
etc. und kaum diese, ist offenbar das Produkt viel späterer historischer
Zustände.“ K. Marx, Grundrisse, 390.
„Der Mensch vereinzelt sich
erst durch den historischen Prozess. Er erscheint ursprünglich als ein
Gattungswesen, Stammwesen, Herdentier...“ K. Marx,
Grundrisse, 395.
2. Mit der Sesshaftigkeit (seit ca. 8000 v.
Chr.) entwickelt sich die gemeinsame Arbeit und das Gemeineigentum
entweder zu einem patriarchalen Despotismus (Sumerer, Ägypter, Inder,
Chinesen = „asiatische Produktionsweise“) oder zu einer patriarchalen
Demokratie (Griechenland, Rom, Germanen).
„Es kann ferner die
Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass
die Einheit in einem einzigen Haupt der Stammfamilie repräsentiert
ist (=patriarchaler Despotismus), oder als die Beziehung der
Familienväter aufeinander (=patriarchale Demokratie).
Danach
entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form
dieses Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse, 377.
2.1. Zentral gelenkte, gemeinsame Arbeit als
Basis der despotischen, frühen Hochkulturen in Asien „Da die
Einheit der wirkliche Eigentümer ist und die wirkliche
Voraussetzung des gemeinschaftlichen Eigentums - so kann diese selbst als
ein Besonderes über den vielen wirklichen besonderen Gemeinwesen
erscheinen, wo der Einzelne dann in fact eigentumslos ist, oder das
Eigentum ... für ihn vermittelt erscheint durch das Ablassen der
Gesamteinheit - die im Despoten realisiert ist als dem Vater der vielen
Gemeinwesen... Das Mehrprodukt - das übrigens legal bestimmt
wird infolge der wirklichen Aneignung durch Arbeit - gehört damit von
selbst dieser höchsten Einheit. Mitten im orientalischen Despotismus und
der Eigentumslosigkeit, die juristisch in ihm zu existieren scheint,
existiert daher in der Tat als Grundlage dieses Stamm- oder
Gemeindeeigentum, erzeugt meist durch eine Kombination von Handwerk
und Landwirtschaft innerhalb der kleinen Gemeinde, die so durchaus
selbstversorgend wird und alle Bedingungen der Reproduktion und
Mehrproduktion in sich selbst enthält. Ein Teil ihrer Mehrarbeit
gehört der höheren Gemeinschaft, die zuletzt als Person existiert,
und diese Mehrarbeit macht sich geltend sowohl im Tribut etc. wie
in gemeinsamen Arbeiten zur Verherrlichung der Einheit, teils des
wirklichen Despoten, teils des gedachten Stammwesens, des Gottes. Diese
Art Gemeindeeigentum kann nun ... entweder so erscheinen, dass die kleinen
Gemeinden unabhängig nebeneinander vegetieren und in sich selbst der
Einzelne auf dem ihm angewiesenen Landteil unabhängig mit seiner
Familie arbeitet; (eine bestimmte Arbeit dient für
gemeinschaftlichen Vorrat, Versicherung sozusagen,
einerseits, und für Bestreitung der Kosten des Gemeinwesens als
solchen, also für Krieg, Gottesdienst etc. ...); das herrschaftliche
Dominium (Herrengut) im ursprünglichsten Sinn findet sich erst hier, z.B.
in den slawischen Gemeinden, in den rumänischen etc. Hierin liegt der
Übergang in Frondienst etc.); Oder die Einheit kann auf die
Gemeinschaftlichkeit in der Arbeit selbst sich erstrecken, die ein
förmliches System sein kann, wie in Mexiko, Peru besonders, bei den alten
Kelten, einigen indischen Stämmen. Es kann ferner die
Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass
die Einheit in einem Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist ... Die
gemeinschaftlichen Bedingungen der wirklichen Aneignung durch die Arbeit,
Wasserleitungen, etc. ... erscheinen dann als Werk der höheren
Einheit - der über den kleinen Gemeinden schwebenden despotischen
Regierung.“ K. Marx, Grundrisse, 376f.
„Die Notwendigkeit, eine
Naturkraft gesellschaftlich zu kontrollieren, damit hauszuhalten, sie
durch Werke von Menschenhand auf großem Maßstab erst anzueignen oder zu
zähmen, spielt die entscheidendste Rolle in der Geschichte der Industrie.
So z.B. die Wasserreglung in Ägypten... Oder in Indien,
Mesopotamien usw., wo die Überrieslung durch künstliche Kanäle dem
Boden nicht nur das unentbehrliche Wasser, sondern mit dessen Geschlämme
zugleich den Mineraldünger von den Bergen zuführt.“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 537.
2.2. Patriarchalisch-demokratische Form des
Gemeindeeigentums bei den Griechen (bis etwa 600 v.Chr.). Koexistenz von
Gemeindeeigentum und privatem Familieneigentum. „Die zweite Form
... unterstellt auch das Gemeinwesen als erste Voraussetzung, aber
... sie unterstellt nicht das Land als Basis, sondern die Stadt als schon
geschaffenen Sitz (Zentrum) der Landleute (Grundeigentümer). Der Acker
erscheint als Territorium der Stadt. ... Die Schwierigkeiten, die das
Gemeindewesen trifft, können nur von anderen Gemeindewesen herrühren, die
entweder den Grund und Boden schon okkupiert haben, oder die Gemeinde in
ihrer Okkupation beunruhigen. Der Krieg ist daher die große
Gesamtaufgabe, die große gemeinschaftliche Arbeit, die nötig ist,
sei es um die objektiven Bedingungen des lebendigen Daseins zu okkupieren,
sei es, um die Okkupation derselben zu beschützen und zu verewigen. Die
aus Familien bestehende Gemeinde ist daher zunächst kriegerisch
organisiert - als Kriegs- und Heerwesen und dies ist eine der
Bedingungen ihres Daseins als Eigentümerin. Die Konzentration der
Wohnsitze in der Stadt ist Grundlage dieser kriegerischen
Organisation.“ K. Marx, Grundrisse, 378.
„Die einzige Schranke, die
das Gemeinwesen finden kann in seinem Verhalten zu den natürlichen
Produktionsbedingungen - der Erde - (wenn wir gleich zu den ansässigen
Völkern überspringen) als den seinen, ist ein anderes
Gemeinwesen ... Der Krieg ist daher eine der
ursprünglichsten Arbeiten jedes dieser naturwüchsigen Gemeinwesen, sowohl
zur Behauptung des Eigentums, als zum Neunerwerb desselben.“ K. Marx,
Grundrisse, 390f.
„Die Gemeinde - als Staat - ist einerseits die
Beziehung dieser freien und gleichen Privateigentümer aufeinander, ihre
Verbindung gegen außen, und ist zugleich ihre Garantie. Das Gemeinwesen
beruht hier ebenso sehr darauf, dass seine Mitglieder aus arbeitenden
Grundeigentümern, Parzellenbauern bestehen, wie die Selbständigkeit der
letzteren durch ihre Beziehung als Gemeindeglieder aufeinander, Sicherung
des ager publicus für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse und den
gemeinschaftlichen Ruhm etc. besteht. Voraussetzung bleibt hier für die
Aneignung des Grund und Bodens Mitglied der Gemeinde zu sein, aber als
Gemeindemitglied ist der Einzelne Privateigentümer. Er bezieht sich zu
seinem Privateigentum als Grund und Boden, aber zugleich als seinem Sein
als Gemeindemitglied, und die Erhaltung seiner als Grundbesitzer
ist ebenso die Erhaltung der Gemeinde, wie umgekehrt ... Das Eigentum
an der eigenen Arbeit ist vermittelt durch das Eigentum an der Bedingung
der Arbeit - dem Hufen Land, seinerseits garantiert durch das Dasein der
Gemeinde, und diese wieder durch die Mehrarbeit in Form von
Kriegsdienst etc. der Gemeindemitglieder. Es ist nicht Kooperation in der
reichtumsschaffenden Arbeit, wodurch sich das Gemeindemitglied
reproduziert, sondern Kooperation in der Arbeit für die gemeinschaftlichen
Interessen (imaginären und wirklichen) zur Aufrechterhaltung des Verbandes
nach außen und innen.“ K. Marx, Grundrisse, 379f.
2.3. Eine
relative Selbstständigkeit der Einzelfamilie innerhalb der
Stammesgemeinschaft führt zur Herausbildung von Privateigentum zunächst
als Familieneigentum. Was wir aus Geschichtsbüchern als klassische
Blüte der Antike kennen, erwächst auf den Ruinen ursprünglichen
Gemeineigentums. „Privateigentum, als Gegensatz zum
gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo die
Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit (= Land)
Privatleuten gehören.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 789.
„Je weniger
faktisch das Eigentum des Einzelnen nur verwertet (d.h. vermehrt)
werden kann durch gemeinsame Arbeit - also z.B. wie die Wasserleitungen im
Orient -, je mehr der rein naturwüchsige Charakter des Stammes durch
historische Bewegung, Wanderung, gebrochen; je mehr ferner der Stamm sich
entfernt von seinem ursprünglichen Sitz und fremden Boden
okkupiert, also in wesentlich neue Arbeitsbedingungen tritt und die
Energie des Einzelnen mehr entwickelt ist ..., um so mehr sind die
Bedingungen gegeben, dass der Einzelne Privateigentümer von Grund
und Boden - einer besonderen Parzelle - wird, deren besondere
Bearbeitung ihm und seiner Familie anheimfällt.“ K. Marx, Grundrisse,
378.
„Abgesehen von allen von außen kommenden schädlichen
Einflüssen trägt die Gemeinde in ihrem eigenen Innern die sie zerstörenden
Elemente. Das Privateigentum an Grund und Boden hat sich bereits
dorthin eingeschlichen in Gestalt eines Hauses mit seinem Hof, es kann
sich zu einem starken Bollwerk verwandeln, von wo aus der Angriff gegen
das gemeinschaftliche Land vorbereitet wird. ... Aber das Wesentliche
ist die parzellierte Arbeit als Quelle der privaten Aneignung. Sie lässt
der Akkumulation beweglicher Güter Raum, z.B. von Vieh, Geld, bisweilen
sogar von Sklaven oder Leibeigenen. Dieses bewegliche, von der Gemeinde
unkontrollierbare Eigentum – Gegenstand individuellen Tausches, wobei List
und Zufall leichtes Spiel haben, - wird auf die ganze ländliche Ökonomie
einen immer größeren Druck ausüben. Das ist das zersetzende Element der
ursprünglichen ökonomischen und sozialen Gleichheit. Es führt heterogene
Elemente ein, die im Schoße der Gemeinde Interessenkonflikte und
Leidenschaften schüren, die geeignet sind, zunächst das Gemeineigentum an
Ackerland, dann das an Wäldern, Weiden, Brachland etc. anzugreifen, die
einmal in Gemeindeanhängsel des Privateigentums umgewandelt, ihm
schließlich zufallen werden.“ K. Marx an Sassulitsch, Entwurf, 1881, MEW
19, 404.
„Das Individuum verhält sich zu sich selbst als
Eigentümer, als Herr der Bedingungen seiner Wirklichkeit. Es verhält sich
ebenso zu den anderen ... als Miteigentümern, ... als selbständigen
Eigentümern neben ihm, ... neben denen das früher alles absorbierende und
über alle übergreifende Gemeineigentum selbst von nun als
besonderer ager publicus neben den vielen Privateigentümern
gesetzt ist. In beiden Formen (im patriarchalen Despotismus wie in
der patriarchalen Demokratie) verhalten sich die Individuen nicht als
Arbeiter (d.h. Produzent), sondern als Eigentümer - und Mitglieder
eines Gemeinwesens, die zugleich arbeiten. Der Zweck dieser Arbeit ist
nicht Wertschöpfung ... sondern ihr Zweck ist Erhaltung des
einzelnen Eigentümers und seiner Familie, wie des Gemeinwesens.“ K. Marx,
Grundrisse, 375.
„Damit die Gemeinde fortexistiere in der alten
Weise, als solche, ist die Reproduktion ihrer Glieder unter den
vorausgesetzten objektiven Bedingungen nötig. Die Produktion selbst,
Fortschritt der Bevölkerung ... hebt notwendig nach und nach diese
Bedingungen auf; zerstört sie statt sie zu reproduzieren ... und damit
geht das Gemeinwesen unter mit den Eigentumsverhältnissen, auf denen es
gegründet war. Am zähesten und längsten hält sich notwendig die
asiatische Form. Es liegt dies in ihrer Voraussetzung, dass der Einzelne
nicht der Gemeinde gegenüber selbständig wird; dass ein
selbstversorgender Kreis der Produktion, Einheit von Agrikultur und
Handmanufaktur etc. besteht. Verändert der Einzelne sein
Verhältnis zur Gemeinde, so verändert er damit und wirkt zerstörend auf
die Gemeinde; wie auf ihre ökonomische Voraussetzung; andererseits wird
die Änderung dieser ökonomischen Voraussetzung - durch ihre eigene
Dialektik hervorgebracht, Verarmung etc. Namentlich der Einfluss des
Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z.B. wesentlich zu den
ökonomischen Bedingungen der Gemeinde selbst gehört, - hebt auf das reale
Band, worauf sie beruht. ... Die Entwicklung der Sklaverei, die
Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc. so
bei den Römern, obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt
verträglich zu sein scheinen mit der Grundlage und sie teils nur
unschuldig zu erweitern scheinen, teils als bloße Missbräuche aus ihr
hervorzuwachsen scheinen.“ K. Marx, Grundrisse, 386.
3.
Privateigentum und Klassenverhältnisse. „Je nachdem ... die
Privatleute die Produzenten oder die Nichtproduzenten sind,
hat auch das Privateigentum einen anderen Charakter. Die unendlichen
Schattierungen, die es auf den ersten Blick darbietet, spiegeln nur die
zwischen diesen beiden Extremen liegenden Zwischenzustände wieder.“ K.
Marx, Kapital I. MEW 23, 789.
3.1. Eine herrschende Klasse
entwickelte sich teils aus reichen Privateigentümern, die zu Gläubigern
der verarmten Gemeindemitglieder werden, teils entwickelte sie sich aus
den Treuhändern des alten Gemeineigentums. „Das Stammwesen an sich
führt zu höheren und niederen Geschlechtern, ein Unterschied, der noch
mehr entwickelt wird durch Mischung mit unterjochten Stämmen etc.“
K. Marx, Grundrisse, 378.
3.1.1. Patrizier und Plebejer
(Rom) „Da der Patrizier im höheren Grad das Gemeinwesen
repräsentiert, ist er der Possessor (Nutzer) des ager
publicus und benutzt ihn durch seine Klienten etc. (eignet ihn sich auch
nach und nach an).“ K. Marx, Grundrisse, 382.
3.1.2.
Feudalherren und Fronbauern (in Rumänien) „Ihre ursprüngliche
Produktionsweise war auf Gemeineigentum gegründet. ... Ein Teil der
Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der
Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein anderer Teil - der ager publicus
- gemeinsam von ihnen bestellt. Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit
dienten teils als Reservefonds für Missernten und andere Zufälle, teils
als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und
anderen Gemeindeausgaben. Im Laufe der Zeit eigneten sich
kriegerische und kirchliche Würdenträger mit dem Gemeineigentum die
Leistungen für dasselbe an. Die Arbeit der freien Bauern auf ihrem
Gemeindeland verwandelte sich in Fronarbeit für die Diebe des
Gemeindelandes.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23, 252.
3.2.
Kapitalistisches Privateigentum an den nur kooperativ und gesellschaftlich
nutzbaren Produktionsmitteln ist die Basis der Kommandogewalt von
Nichtproduzenten über die Arbeit der lohnabhängigen Produzenten. Die
Selbstbestimmung dieser Produzenten erfordert Beseitigung dieser fremden
Kommandogewalt über ihre Arbeit und daher Beseitigung des kapitalistischen
Eigentums. Der Kapitalismus selber schafft dafür die
Voraussetzungen. „Die ursprüngliche Einheit zwischen Arbeiter
(d.h. Produzent) und Arbeitsbedingungen ... hat zwei Hauptformen:
das orientalische Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die
kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in
der einen oder anderen Form. Beide Formen sind Kinderformen und
gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und
die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit zu entwickeln. Daher die
Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen
Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den
Produktionsbedingungen). ... Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin
zugleich die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit am
mächtigsten entwickelt wird, ist die des Kapitals. Auf der
materiellen Basis, die es schafft, und vermittelst der Revolutionen, die
im Prozess dieser Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze
Gesellschaft durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit
hergestellt werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert, MEW 26.3.,
414f.
„Die aus der kapitalistischen Produktionsweise hervorgehende
kapitalistische Aneignungsweise, daher das kapitalistische Privateigentum,
ist die erste Negation des individuellen, auf eigene Arbeit gegründeten
Privateigentums. Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der
Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigene Negation. ... Diese stellt
nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum
auf Grundlage der Errungenschaften der kapitalistischen Ära: der
Kooperation und des Gemeinbesitzes der Erde und der durch die Arbeit
selbst produzierten Produktionsmittel.“ K. Marx, Kapital I. MEW 23,
791.
„Der Kapitalist zahlt den Wert, bzw. davon
abweichenden Preis der Arbeitskraft und erhält im Austausch die Verfügung
über die lebendige Arbeitskraft selbst. Seine Nutznießung dieser
Arbeitskraft zerfällt in zwei Perioden. Während der einen Periode
produziert der Arbeiter nur einen Wert = Wert seiner Arbeitskraft... Für
den vorgeschossenen Preis der Arbeitskraft erhält so der Kapitalist ein
Produkt vom selben Preis... In der Periode der Mehrarbeit dagegen
bildet die Nutznießung der Arbeitskraft Wert für den Kapitalisten, ohne
ihm einen Wertersatz zu kosten. Er hat diese Flüssigmachung der
Arbeitskraft umsonst. In diesem Sinn kann die Mehrarbeit unbezahlte Arbeit
heißen. Das Kapital ist also nicht nur Kommando über Arbeit, wie A.
Smith sagt. Es ist wesentlich Kommando über unbezahlte Arbeit. ... Das
Geheimnis von der Selbstverwertung des Kapitals löst sich auf in seine
Verfügung über ein bestimmtes Quantum unbezahlter fremder Arbeit.“ K.
Marx, Kapital I, MEW 23, 556.
Wo es dem Verständnis dient, habe
ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und
Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die
nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Wal
Buchenberg, 25.9.2002 4. Anhang: Aneignung des
Arbeitsprodukts und Eigentum im Sowjetsystem: Die Verteidiger
des Sowjetsystems behaupten, dass mit der juristischen Abschaffung des
kapitalistischen Eigentums und mit Beseitigung der Kapitalistenklasse als
Kommandeure der Produktion die Ausbeutung der Lohnarbeit beseitigt worden
sei: „In den
nationalisierten Betrieben werden die kapitalistischen
Produktionsverhältnisse von sozialistischen abgelöst. Die zu
gesellschaftlichem Eigentum gewordenen Produktionsmittel hören damit auf,
Kapital zu sein. Die Arbeitskraft ist bereits keine Ware mehr. Die Arbeit
wird aus einer Quelle der Bereicherung der Kapitalisten zur Arbeit für
sich, für die Gesellschaft.
Die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen wird beseitigt. Der
Mehrwert entfällt.“ (Lehrbuch Politische Ökonomie, hrsg. von der Akademie
der Wissenschaften der UdSSR. Vierte überarbeitete Ausgabe, Berlin 1964,
354.) Diese Behauptungen widersprechen sowohl allen Erfahrungen der
sowjetischen Werktätigen (=Produzenten) wie der Marxschen
Theorie.
4.1. Erstens liegt Wesen und Macht des Eigentums nicht in
juristischen Titeln, sondern im Kommando der Nichtproduzenten über die
Arbeit der Produzenten: „...das Eigentum, das ... (nach) der
Definition der modernen Ökonomen ... die Verfügung über fremde
Arbeitskraft ist.“ K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3, S. 32.
Solange
die wirklichen Produzenten nicht selber über sich, über ihre
Produktionsbedingungen und über die Zwecke ihrer Produktion bestimmen,
solange herrscht ein fremder Wille und fremdes Eigentum über sie, egal ob
dieser fremde Wille als Kapitalist einen juristischen Eigentumstitel trägt
oder ob - wie im Sowjetsystem - der Wille der Planerbürokratie als
angeblicher Treuhänder der Gesellschaft auftritt. Da die sowjetische
Gesellschaft gegenüber diesen „Treuhändern“ kein Weisungsrecht hatte,
handelte es sich nicht um Treuhänder, sondern um Machthaber. Die
„Treuhänderschaft“ war nur der juristische Schein, der das wirkliche
„Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der
Produktion selbst herauswächst“ (K. Marx) verdeckte.
4.2.
Zwar hat das Sowjetsystem das juristische Eigentum an den
Produktionsmitteln von der Kommandogewalt über fremde Arbeit getrennt.
Aber damit wurde nur eine Entwicklung vorweggenommen, die auch im
Kapitalismus mit dem Anwachsen der Unternehmen notwendig wird: In
Aktiengesellschaften wird das Kapitaleigentum (Aktionäre) von der
Kommandogewalt (Manager) über die Lohnarbeit getrennt, ohne dass dadurch
die Ausbeutung der Lohnarbeit beseitigt wäre: „Dass nicht die
industriellen Kapitalisten, sondern die industriellen Manager ‚die Seele
unseres Industriesystems’ sind, hat schon Herr Ure bemerkt. ... Die
kapitalistische Produktion selbst hat es dahin gebracht, dass die Arbeit
der Oberleitung, ganz getrennt vom Kapitaleigentum, auf der Straße
herumläuft. Es ist daher nutzlos geworden, dass diese Arbeit der
Oberleitung vom Kapitalisten ausgeübt werde.“ K. Marx, Kapital III. MEW
25, 400.
„Die Aktienunternehmungen überhaupt - entwickelt mit dem
Kreditwesen - haben die Tendenz, diese Verwaltungsarbeit (der Manager,
wb) mehr und mehr zu trennen von dem Besitz des Kapitals, sei es
eigenes oder geborgtes. ... Indem aber einerseits dem bloßen Eigentümer
des Kapitals, dem Geldkapitalisten, der fungierende Kapitalist
gegenübertritt und mit der Entwicklung des Kredits dies Geldkapital selbst
einen gesellschaftlichen Charakter annimmt, in Banken konzentriert und von
diesen, nicht mehr von seinem unmittelbaren Eigentümern ausgeliehen
wird; indem andererseits aber der bloße Manager, der das Kapital
unter keinerlei Titel
besitzt, weder leihweise noch sonst wie, alle realen Funktionen
versieht, die dem fungierenden Kapitalisten als solchem zukommen, bleibt
nur der Funktionär und verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person
aus dem Produktionsprozess.“ K. Marx, Kapital III. MEW 25,
401.
Dass das Sowjetsystem erfolgreich bewiesen hat, dass der
Kapitalist „als überflüssige Person aus dem Produktionsprozess
verschwinden“ kann, ist weder Beweis für die „Überlegenheit“ des
Sowjetsystems und noch weniger eine Beweis für die Beseitigung von
Ausbeutung. Im Sowjetsystem blieben - wie im Kapitalismus - die
Produzenten von allen wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen
ausgeschlossen. Sie konnten weder über sich selber entscheiden, noch
über ihre Produktionsbedingungen, noch gehörte ihnen ihr eigenes
Arbeitsprodukt: „Das Produkt oder der Wert des Produkts der Arbeit
gehört nicht dem Arbeiter.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert I., MEW
26.1, 43. Da allein die sowjetische Planerbürokratie über Verwendung
und Verteilung des gesellschaftlichen Arbeitsprodukts entschied, war sie
die Aneignerin und damit die Eigentümerin dieses
Arbeitsprodukts. Ausführlicher dazu: www.marx-forum.de:
Weltgeschehen/ Sowjetunion/ Kritik der politischen Ökonomie der
Sowjetunion. Wal Buchenberg, 25.09.2002
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