Fortschritt
Fortschritt ist keine geradlinige, aber eine gerichtete Veränderung, die auch Rückwärts- und Kreislaufbewegungen einschließt.

“Der Satz der Identität ... ist der Fundamentalsatz der alten Anschauung: a = a. Jedes Ding ist sich selbst gleich. Alles war permanent, Sonnensystem, Sterne, Organismen. Dieser Satz ist von der Naturforschung in jedem einzelnen Fall Stück für Stück widerlegt..., wird jedoch von den Anhängern des Alten immer noch dem Neuen entgegengehalten: Ein Ding kann nicht gleichzeitig es selbst und ein anderes sein.“ F. Engels, Dialektik der Natur, MEW 20, 484.

„Die absolute Kritik (der linken Hegelianer) ... verwandelt ... ‚den Geist’, den Fortschritt’ ... in fixe Wesen...“ K. Marx, Heilige Familie, MEW 2, 87f.

„Der große Grundgedanke, dass die Welt nicht als ein Komplex von fertigen Dingen zu fassen ist, sondern als ein Komplex von Prozessen, worin die scheinbar stabilen Dinge nicht minder wie ihre Gedankenabbilder in unserem Kopf, die Begriffe, eine ununterbrochene Veränderung des Werdens und Vergehens durchmachen, in der bei aller scheinbaren Zufälligkeit und trotz aller momentanen Rückläufigkeit schließlich eine fortschreitende Entwicklung sich durchsetzt - dieser große Grundgedanke ist, namentlich seit Hegel, so sehr in das gewöhnliche Bewusstsein übergegangen, dass er in dieser Allgemeinheit kaum noch Widerspruch findet.“ F. Engels, Feuerbach, MEW 21, 293.

1. Entwicklung und Fortschritt in Veränderungen zu sehen ist eine Betrachtungsweise, die in der Vergangenheit das Gegenwärtige und in der Gegenwart das Zukünftige sucht.
„Die sogenannte historische Entwicklung beruht überhaupt darauf, dass die letzte Form die vergangenen als Stufen zu sich selbst betrachtet, und, da sie selten, und nur unter ganz bestimmten Bedingungen fähig ist, sich selbst zu kritisieren ..., sie immer einseitig auffasst.“ K. Marx, Grundrisse, 26.

 „In der Anatomie des Menschen ist ein Schlüssel zur Anatomie des Affen. Die Andeutungen auf  Höheres in den untergeordneten Tierarten können dagegen nur verstanden werden, wenn das Höhere selbst schon bekannt ist. Die bürgerliche Ökonomie liefert so den Schlüssel zur antiken etc. Keineswegs aber in der Art der Ökonomen, die alle historischen Unterschiede verwischen und in allen Gesellschaftsformen die bürgerlichen sehen...“ K. Marx, Grundrisse, 26.

„Erscheinen einerseits die vorbürgerlichen Phasen als nur historische, i.e. aufgehobene Voraussetzungen, so die jetzigen Bedingungen der Produktion als sich selbst aufhebende und daher als historische Voraussetzungen für einen neuen Gesellschaftszustand setzende.“ K. Marx, Grundrisse, 365.

2. Die Menschen entwickeln sich mit ihren sachlichen Lebensbedingungen...
„Die wirkliche, fortschreitende historische Bewegung wird beherrscht von materiellen Errungenschaften, die bleiben.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 586.

„Nicht was gemacht wird, sondern wie, mit welchen Arbeitsmitteln gemacht wird, unterscheidet die ökonomischen Epochen. Die Arbeitsmittel sind nicht nur Gradmesser der Entwicklung der menschlichen Arbeitskraft, sondern auch Anzeiger der gesellschaftlichen Verhältnisse, worin gearbeitet wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 195.

„Die Natur baut keine Maschinen, keine Lokomotiven, Eisenbahnen, Telegraphen, Spinnautomaten. Sie sind Produkte der menschlichen Industrie; natürliches Material, verwandelt in Organe des menschlichen Willens über die Natur oder seiner Betätigung in der Natur. Sie sind von der menschlichen Hand geschaffene Organe des menschlichen Hirns; vergegenständliche Wissenskraft. Die Entwicklung des fixen Kapitals (d. h. der Maschinerie und Technologie) zeigt an, bis zu welchem Grad das allgemeine gesellschaftliche Wissen, zur unmittelbaren Produktivkraft geworden ist und daher die Bedingungen des gesellschaftlichen Lebensprozesses selbst unter die Kontrolle des allgemeinen Intellekts gekommen, und ihm gemäß umgeschaffen sind.
Die Entwicklung des fixen Kapitals zeigt an, bis zu welchem Grad die gesellschaftlichen Produktivkräfte produziert sind, nicht nur in der Form des Wissens, sondern als unmittelbare Organe der gesellschaftlichen Praxis; des realen Lebensprozesses.“ K. Marx, Grundrisse, 594

„Die Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Aufgabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewusst die materiellen Bedingungen einer höheren Produktionsform.“  K. Marx, Kapital III., 269.

„Es ist eine der zivilisatorischen Seiten des Kapitals, dass es diese Mehrarbeit in einer Weise und unter Bedingungen erzwingt, die der Entwicklung der Produktivkräfte, der gesellschaftlichen Verhältnisse und der Schöpfung der Elemente für eine höhere Neubildung vorteilhafter sind als unter den früheren Formen der Sklaverei, Leibeigenschaft usw.
Es führt so einerseits eine Stufe herbei, wo der Zwang und die Monopolisierung der gesellschaftlichen Entwicklung (einschließlich ihrer materiellen und intellektuellen Vorteile) durch einen Teil der Gesellschaft auf Kosten des anderen wegfällt;
andererseits schafft sie die materiellen Mittel und den Keim zu Verhältnisses, die in einer höheren Form der Gesellschaft erlauben, diese Mehrarbeit zu verbinden mit einer größeren Beschränkung der materiellen Arbeit überhaupt gewidmeten Zeit.“ K. Marx, Kapital III., 827.

Es „liegt die ‚treibende Seele’ der Arbeiterbewegung nirgendwo in den ‚Prinzipien’, sondern überall in der Entwicklung der großen Industrie und deren Wirkungen ...“ F. Engels, Wohnungsfrage, MEW 18, 265.

3. Treibende Kraft jeder Entwicklung ist das Schlechte, Negative...
„Auch die feudale Produktion hatte zwei antagonistische Elemente, die man gleichfalls als gute und schlechte Seite des Feudalismus bezeichnen kann, ohne zu berücksichtigen, dass es stets schlechte Seite ist, welche schließlich den Sieg über die gute Seite davonträgt. Die schlechte Seite ist es, welche die Bewegung ins Leben ruft, welche die Geschichte macht, dadurch, dass sie den Kampf zeitigt.
Hätten zur Zeit der Herrschaft des Feudalismus die Ökonomen, begeistert von den ritterlichen Tugenden, von der schönen Harmonie zwischen Rechten und Pflichten, von dem patriarchalischen Leben der Städte, von dem Blühen der Hausindustrie auf dem Lande, von der Entwicklung der in Korporationen, Zünften, Innungen organisierten Industrie, mit einem Wort von allem, was die schöne Seite des Feudalismus bildet, sich das Problem gestellt, alles auszumerzen, was einen Schatten auf dieses Bild wirft - Leibeigenschaft, Privilegien, Anarchie - wohin wären sie damit gekommen? Man hätte alle Elemente vernichtet, welche den Kampf hervorriefen, man hätte die Entwicklung der Bourgeoisie im Keime erstickt. Man hätte sich das absurde Problem gestellt, die Geschichte auszustreichen.“ K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 140.

4. Jeder Fortschritt ist gleichzeitig Rückschritt
„Jeder neue Fortschritt der Zivilisation ist zugleich ein neuer Fortschritt der Ungleichheit. Alle Einrichtungen, die sich die mit der Zivilisation entstandene Gesellschaft gibt, schlagen in das Gegenteil ihres ursprünglichen Zwecks um.“ F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 130.

 „Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und die Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 529.

„Erst wenn eine große soziale Revolution die Ergebnisse der bürgerlichen Epoche, den Weltmarkt und die modernen Produktivkräfte, gemeistert und sie der gemeinsamen Kontrolle der am weitesten fortgeschrittenen Völker unterworfen hat, erst dann wird der menschliche Fortschritt nicht mehr jenem scheußlichen heidnischen Götzen gleichen, der den Nektar nur aus den Schädeln Erschlagener trinken wollte.“ K. Marx, Britische Herrschaft in Indien, MEW 9, 226.

Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 4.12.2001