Einheitsfront & Bündnispolitik
So lange die Arbeiterbewegung nicht die Mehrheit der Gesellschaft umfasst, macht ihre geringe Zahl Bündnispolitik zur unbedingten Notwendigkeit. Wo sie die Mehrheit der Gesellschaft umfasst, ist Bündnispolitik ein Gebot der politischen Klugheit, wodurch die politischen Ziele mit geringerem Aufwand und um so sicherer, weil mit dem Einsatz breiterer gesellschaftlicher Kraft, erreicht werden.
Die Kommunisten unterstützen daher „jede wirkliche Volksbewegung“ und „sie vertreten in der gegenwärtigen Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung.“

„Die ausschließlich und lebenslänglich auf den Arbeitslohn angewiesene Klasse bildet noch immer bei weitem nicht die Mehrzahl des deutschen Volkes. Sie ist also auch auf Bundesgenossen angewiesen. Und diese können nur gesucht werden unter den Kleinbürgern, unter dem Lumpenproletariat der Städte, unter den kleinen Bauern und den Ackerbautagelöhnern.“ F. Engels, 1870, MEW 16, 398.
„Forderungen der Kommunistischen Partei in Deutschland ...
...Es liegt im Interesse des deutschen Proletariats, des kleinen Bürger- und Bauernstandes, mit aller Energie an der Durchsetzung obiger Maßregeln zu arbeiten. Denn nur durch Verwirklichung derselben können die Millionen, die bisher in Deutschland von einer kleinen Zahl ausgebeutet wurden und die man weiter in der Unterdrückung zu erhalten suchen wird, zu ihrem Recht und zu derjenigen Macht gelangen, die ihnen, als den Hervorbringern alles Reichtums, gebührt.“ K. Marx, F. Engels u.a., Forderungen der Kommunistischen Partei, MEW 5, 3-5, und MEW 21, 216f.
„Seit 1848 ist die Taktik, die den Sozialisten am häufigsten Erfolge gebracht hat, die des ‚Kommunistischen Manifests’: ‚Die Kommunisten unterscheiden sich von den übrigen proletarischen Parteien nur dadurch, dass einerseits sie in den verschiedenen nationalen Kämpfen der Proletarier die gemeinsamen, von der Nationalität unabhängigen Interessen des gesamten Proletariats hervorheben und zur Geltung bringen, andererseits dadurch, dass sie in den verschiedenen Entwicklungsstufen, welche der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie durchläuft, stets das Interesse der Gesamtbewegung vertreten.
Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weiter treibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; ... Sie kämpfen für die Erreichung der unmittelbar vorliegenden Zwecke und Interessen der Arbeiterklasse, aber sie vertreten in der gegenwärtigen Bewegung zugleich die Zukunft der Bewegung.’ - ...
Ihr Platz ist in den Reihen der Kämpfer für jeden unmittelbaren Erfolg, der im Interesse der Arbeiterklasse zu erzielen ist... Darum betrachten sie jede revolutionäre oder progressive Bewegung als einen Schritt vorwärts auf ihrem eigenen Wege...
Wenden wir all das auf Italien an (das damals noch für seine nationale Einigung und für bürgerliche Demokratie kämpfte).
Der Sieg des in Auflösung begriffenen Kleinbürgertums und der Bauern wird .... uns das allgemeine Wahlrecht und eine erheblich größere Bewegungsfreiheit (Press-, Versammlungs-, Koalitionsfreiheit, ... etc.) verschaffen - neue, nicht zu verachtende Waffen.
Oder es kommt zur Gründung der bürgerlichen Republik ... Das würde unsere Freiheit und unser Aktionsfeld noch weit mehr ausdehnen, zumindest für den Augenblick. Und die bürgerliche Republik, hat Marx gesagt, ist die politische Form, worin der Kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie allein seine Lösung finden kann. Ganz zu schweigen von der Rückwirkung, die das in Europa hervorriefe.
Der Sieg der jetzigen revolutionären Bewegung kann uns also nur stärker machen und uns günstigere Verhältnisse schaffen. Wir würden somit den allergrößten Fehler begehen, wollten wir da nicht mitmachen und unser Verhalten zu den anderen Parteien auf eine rein negative Kritik beschränken....
Selbstredend ist es nicht unsere Sache, eine Bewegung direkt vorzubereiten, welche nicht präzise die Bewegung der von uns vertretenen Klasse ist. Wenn die Radikalen und Republikaner glauben, es sei der Zeitpunkt gekommen, auf die Straße zu gehen, so mögen sie ihrem Ungestüm freien Lauf lassen. ... Wenn wir gehalten sind, jede wirkliche Volksbewegung zu unterstützen, so sind wir gleichfalls gehalten, den kaum formierten Kern unserer proletarischen Partei nicht zwecklos zu opfern und das Proletariat nicht in fruchtlosen lokalen Aufständen dezimieren zu lassen.
Wenn dagegen die Bewegung wirklich national ist, werden unsere Leute dabei sein, ohne dass sie dazu aufgerufen werden brauchen, und unsere Teilnahme an einer solchen Bewegung versteht sich von selbst.
Dann aber muss man sich darüber im klaren sein, und wir müssen es offen verkünden, dass wir als unabhängige Partei teilnehmen, für den Augenblick mit den Radikalen und Republikanern verbündet, aber völlig von ihnen unterschieden; dass wir uns im Falle eines Sieges keine Illusionen über das Resultat des Kampfes machen; dass ein solches Resultat, weit entfernt, uns zu befriedigen, für uns nur eine gewonnene Etappe ... sein wird; dass sich noch am Tage des Sieges unsere Wege trennen; dass wir von diesem Tage an der neuen Regierung gegenüber die neue Opposition bilden werden, keine reaktionäre, sondern eine fortschrittliche Opposition, eine Opposition der äußersten Linken, die zu neuen Eroberungen vorstoßen wird, über das gewonnene Terrain hinaus.
Nach dem gemeinsamen Siege bietet man uns vielleicht einige Sitze in der neuen Regierung an - aber immer so, dass wir in der Minderheit sind. Das ist die größte Gefahr.“ F. Engels, 1894, MEW 22, 440 - 442.

Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese und eingefügte Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 27.7.2001