Betriebsräte in Deutschland 


1. Mit der „Flexibilisierung“ der Arbeitswelt nehmen Betriebsräte an Wichtigkeit zu:
„Im Verhältnis zwischen den beiden Hauptakteuren auf Arbeitnehmerseite, Betriebsrat und Gewerkschaft, wird eine deutliche Gewichtsverlagerung zugunsten der Institution des Betriebsrates konstatiert.“ LitDokAB 99/2000-1, a-370.

2. Belegschaften mit Betriebsräten setzen dem Kapital in vielen Bereichen wirkungsvoll Schranken:
2.1. Beschäftigungssicherung:

„Mittlerweile (1997) haben ein knappes Viertel der Betriebe mit Betriebsrat und 12 % der Betriebe mit Personalrat entsprechende Vereinbarungen abgeschlossen. Sie konzentrieren sich vorrangig auf Änderungen der Arbeitszeit und deutlich weniger auf Konzessionen beim Einkommen. Im Gegenzug verzichteten die Betriebe auf betriebsbedingte Kündigungen.“ LitDokAB 99/2000-1, a-287.

2.2. Ausbeutung:
„Die Ergebnisse zeigen, dass der Betriebsrat einen signifikant positiven Einfluss auf die Lohnhöhe ausübt.“ LitDokAB 99/2000-1, a-190.

„Es zeigt sich, dass Betriebe mit Betriebsrat eine durchschnittlich schlechtere Ertragslage aufweisen als solche ohne... Dies deutet darauf hin, dass die Beschäftigten bei der Errichtung eines Betriebsrates auch Umverteilungsziele verfolgen.“ LitDokAB 99/2000-1, a-293.

„Unter Verwendung eines neuen Datensatzes von fast 1000 Betrieben in Niedersachsen stellen wir fest, dass die Existenz von Betriebsräten mit einem deutlich verringertem Betriebsgewinn einhergeht, nicht aber mit geringerer Innovation.“ LitDokAB 1998/99 a-604.

2.3 Umweltschutz:
„Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung zum Umweltschutz können nur auf freiwilliger Basis abgeschlossen werden, denn Umweltschutz ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz keine Aufgabe der betrieblichen Interessenvertretung.
Aus den Jahren 1987 - 1998 sind ...  67 Betriebsvereinbarungen betreffend den Umweltschutz bekannt.“ LitDokAB 99/2000-2, b-83.
„Die Gewerkschaften fordern seit längerem mehr geregelte Beteiligung am betrieblichen Umweltschutz...“ LitDokAB 99/2000-2, b-206.

3. Die Nähe des Betriebsrats zur Unternehmensführung (Geheimhaltungspflicht etc.) birgt auch Risiken:
„Ausführlich wird dann der Wandel innerhalb des Managements und des Betriebsrats sowie die Veränderung ihrer Verhandlungsbeziehungen beschrieben. Dabei lässt sich ein Trend der Versachlichung und ‚Versozialwissenschaftlichung‘“ in ihren Beziehungen feststellen. ... Diese Entwicklung macht die Verhandlungsbeziehungen flexibler und berechenbarer, enthält aber auch neue Risiken.“ LitDokAB 1998/99 a-607.

Falls nicht anders angegeben stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.

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ich war ziemlich überrascht, dass nur 43% aller Lohnarbeiter in der Privatwirtschaft einen Betriebsrat als Ansprechpartner haben. In Betriebszahlen sieht die Sache noch krasser aus:
Gerade mal 10% aller Betriebe in Deutschland haben einen Betriebsrat.

Bei aller Kritik an der Tätigkeit heutiger Betriebsräte, kann das den Linken nicht recht sein.

Ich denke, in den kommenden Krisenjahren werden Betriebsräte wichtiger als bisher.
Ich habe aber den Eindruck, dass die DGB-Funktionäre längst den Draht zur Masse der Beschäftigten verloren haben. Wie die SPD insgesamt, so sind die DGB-Funktionäre in hohem Grade "akademisiert". Wer keinen Hochschulabschluss hat, der hat in den deutschen Gewerkschaften nichts zu melden.

Ich denke, diese "akademische Höhenluft" ist eine entscheidende Schwäche der deutschen Gewerkschaften bei der Organisierung und Neugründung von Betriebsräten.

Leider habe ich (noch) keine entsprechenden Zahlen für den Organisierungsgrad der Gewerkschaften in Deutschland, aber die folgenden Daten aus den USA sprechen eine deutliche Sprache:
Gewerkschaftspolitik wird zunehmend zu einer Sache des Öffentlichen Dienstes.
Der gesamte Produktionsbereich mit anliegenden Branchen verschwindet aus dem Fokus der offiziellen Gewerkschaftspolitik.

Da bekommen junge Linke in den Betrieben ein großes Arbeitsfeld.


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Wal Buchenberg, 6.11.2009