Dequalifizierung

Mit den Veränderungen der technische Grundlage der kapitalistischen Produktion veralten ständig Kenntnisse und Fähigkeiten der Lohnarbeiter. Dieser Prozess der Dequalifizierung beschleunigt sich vor allem in Phasen der Arbeitslosigkeit.
In wachsendem Umfang entsteht Dequalifizierung auch dort, wo vorhandene Qualifikationen nicht von Kapitalisten bzw. dem Staatsapparat nachgefragt werden.
Das Risiko dieser 'Mismatch-Qualifikation' tragen im Kapitalismus immer die Lohnarbeiter. Nach Beseitigung der Lohnarbeit lässt sich dieser Widerspruch zwischen breit angelegter Qualifikation jedes Einzelnen und dem geringem Qualifikationsanspruch vieler gesellschaftlich notwendiger Tätigkeiten nur durch regelmäßigen Wechsel der Arbeit.

Viele Lohnabhängige "weisen deutliche Diskrepanzen zwischen Ausbildung und Arbeitsplatz auf. Die meisten dieser inadäquat Beschäftigten sind überqualifiziert und können ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten kaum einsetzen. Davon sind Frauen generell häufiger betroffen als Männer, und Ausländer haben im Vergleich zu Deutschen wesentlich schlechtere Chancen, ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten auf ihren Arbeitsplätzen anzuwenden. Ostdeutsche Arbeitnehmer haben ein höheres Ãœberqualifizierungsrisiko als westdeutsche.“ LitDokAB 1998/99 b-976.

„Mehr als ein Sechstel der Erwerbstätigen in Deutschland arbeitet in 'unterwertigen', d.h. ausbildungsinadäquaten Positionen.“ LitDokAB 99/2000-2, b-726.

„In Westdeutschland ist rund ein Fünftel der Erwerbstätigen mit Berufsabschluss unterhalb der erworbenen Qualifikation beschäftigt (1993). Mit zunehmendem Bildungsniveau sinkt dieses Risiko. Unterwertige Beschäftigung ist charakteristisch für ältere Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und für jüngere Erwerbstätige mit einem Hochschulabschluss. Frauen sind häufiger unterwertig beschäftigt, für sie ergeben sich insbesondere bei den höheren Qualifikationsniveaus sehr ungünstige Werte, noch dazu mit sich verschlechterndem Trend. In Ostdeutschland ist gar jede vierte Person mit formaler Berufsqualifikation unterwertig beschäftigt. Höher Qualifizierte sind hier stärker betroffen.
Unterwertige Beschäftigung geht mit zum Teil massiven Einkommensverlusten einher.“ LitDokAB 1998/99 a-882.

1. Dequalifizierung durch technischen Wandel:
„Seit Mitte der siebziger Jahre wird für die OECD-Länder eine Verschiebung der relativen Arbeitsnachfrage weg von gering qualifizierten Arbeitskräften und hin zu höher qualifizierten Arbeitskräften beobachtet.“ LitDokAB 99/2000-2, b-180.

Ein Vergleich des Jahres 1994 mit 1989 zeigt: „Von den 531.000 ehemals in einem Ingenieurberuf  Tätigen verblieben bis 1994 71 % in Erwerbstätigkeit - aber nur 42 % arbeiteten noch oder wieder in ihrem Ausbildungsberuf. Ingenieurinnen mit einer Verbleibsquote von immerhin 85 % verblieben oder mündeten wieder nur zu 28 % in ihrem Ausbildungsberuf ein - 72 % nahmen artfremde Tätigkeiten auf, die teilweise weit unter ihrem Ausbildungsniveau liegen.“ LitDokAB 99/2000-1, a-761.

„Arbeitslosigkeit ist mit einem Qualifikationsverlust verbunden.“  LitDokAB 1993/94 a - 295.

2. Dequalifizierung durch Proletarisierung der Akademiker:
„Die Expansion der Hochschulbildung seit 1975 über den Arbeitsmarktbedarf hinaus hat sich fortgesetzt.“  LitDokAB 1998/99 a-1437.

„Der Einstellungsbedarf  für Hochschulabgänger liegt mit 114.000 bis 155.000 HochschulabsolventInnen pro Jahr etwas niedriger als das Neuangebot.“ LitDokAB 1998/99 a-1453.

„Für Deutschland wird im Jahr 2010 - vorsichtig gerechnet- mit einem Ãœberangebot von Akademikern von fast 1,6 Millionen gerechnet (950.000 überschüssige HochschulabgängerInnen und 640.000 überschüssige FachhochschulabgängerInnen).“ LitDokAB 1998/99 a-1454.

„Es zeigt sich die Bereitschaft der Unternehmen, Hochschulabsolventen für solche Aufgaben einzustellen, die durchaus auch durch Qualifikationsprofile dual ausgebildeter Fachkräfte abgedeckt werden könnten.“ LitDokAB 1998/99 b-978.

„Bei akademischen Berufsanfängern nimmt inadäquate Beschäftigung zu. Ãœberhaupt müssen viele eine schwierige und langandauernde Phase des Berufseinstiegs bewältigen, die z.B. von niedrig honorierten Werkverträgen, befristeten Anstellungen und wiederholter Arbeitslosigkeit begleitet wird.“  LitDokAB 99/2000-1, a-844.

„Befragungen zeigen, dass an den Universitäten gut jeder dritte Studierende eine ausbildungsinadäquate Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit nach dem Studium befürchtet. An den Fachhochschulen teilt gut ein Viertel diese Sorgen. Im Vergleich zum Wintersemester 92/93 hat beruflicher Pessimismus vor allem an den Fachhochschulen deutlich zugenommen. Die Zukunftssorgen sind in fast allen Studienfächern gewachsen.“ LitDokAB 1998/99 b-973.

Soweit nicht anders vermerkt stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.