Dienstleistungen

Der sogenannte Dienstleistungssektor ist der 'Müllsektor' der bürgerlichen Volkswirtschaft. Alles, was für die bürgerlichen Ökonomen nicht in den Primärsektor (Produktion von Rohstoffen) oder in den Sekundären Sektor (Verarbeitung von Rohstoffen) passt, landet im Dienstleistungs- oder Tertiären Sektor.

In diesem gedanken- und begriffslosen Dienstleistungssektor werden u.a. zusammengefasst:
- Forschung und Entwicklung (soweit deren Ergebnisse in die Produktion eingehen, ist dieser Bereich Teil der Produktion);
- Transport und Lagerung von Waren und
- Transport von Personen (beides gehört für Marx zur Produktion);
- Versicherungsleistungen (insofern Versicherungs-leistungen realen Ersatz für Schäden liefern müssen, sind sie ebenfalls Teil der Produktion);
- Handel und Banken (für Marx der Zirkulationsbereich) und
- private Dienstleistungen.

Historischer Ausgangspunkt aller Dienstleistungen waren private Dienste für das Wohlbefinden der Reichen.
Die moderne Ausweitung des Dienstleistungssektors ist einerseits Folge der enorm gestiegenen Produktivität der Industrie, die mit relativ abnehmender Arbeitsmenge immer größere Produktmengen produziert und damit auch mehr unproduktive Fresser durchfüttern kann, und andererseits Folge der zunehmenden Vergesellschaftung der Arbeit: Jedes einzelne Unternehmen erstellt nur noch ein Teilprodukt oder eine Teilfunktion für viele andere Unternehmen. Outsourcing ist nur die andere Seite der Vernetzung, bzw. Vergesellschaftung der Produktion.



„Im Jahre 2010 dürften fast drei Viertel der Erwerbstätigen überwiegend tertiäre Tätigkeiten ausüben; dabei dürfte sich der Anteil der höherqualifizierten Tätigkeiten von derzeit 28 % auf rund 40 % erhöhen.“ LitDokAB 1993/94 a-1355.

Ein bisschen mehr Klarheit in den Müllbegriff 'Dienstleistungssektor' bringt die Unterteilung von primären (unternehmensbezogenen) und sekundären (personenbezogenen) Dienstleistungen. In dieser Unterteilung schimmert die wichtige Unterscheidung von A. Smith (und Karl Marx) zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit durch, ohne sich ganz damit zu decken.

 1. Unternehmensbezogene Dienstleistungsarbeitsplätze werden oft durch Auslagerung nur verschoben. Hier ist die Ausweitung des Dienstleistungssektors nur statistische Illusion: Was an Funktionen vorher in ein Einzelunternehmen integriert war, wird erst durch die Auslagerung aus dem Unternehmen eine statistische Größe.

„Die unternehmensbezogenen Dienstleistungen bilden einen heterogenen Teilbereich der Wirtschaft. Ihr wissensintensives Segment .... besteht aus Architektur- und Ingenieurbüros, Markt- und Meinungsforschungsinstitute, Werbeagenturen sowie Leasingfirmen.“ LitDokAB 99/2000-1, a-728.

 „Der Autor weist darauf hin, dass bis 2010 neue Arbeitsplätze vor allem bei sekundären (=personenbezogenen) Dienstleistungen entstehen können, während die Arbeitsplätze bei den primären (=unternehmensbezogenen) Dienstleistungen schrumpfen werden.“ LitDokAB 1998/99 b-715.

„Ohne die Verbundeffekte zwischen Industrie und anderen Sektoren beträgt 1996 der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung 28 %, einschließlich dieser Effekte jedoch über 36%. Bei beiden Messansätzen ist seit Mitte der 80er Jahre ein Deindustrialisierungstrend zu beobachten.
Zwei Trends stehen dahinter: Im Zuge des Outsourcing beziehen viele Unternehmer Vorleistungen auf dem Markt, die sie früher selbst erstellt haben. Das trifft vor allem auf die Industrie zu. Zum anderen ist der Dienstleistungsgehalt der Industrieprodukte größer geworden.“ LitDokAB 1998/99 a-1064.

„Der neue unternehmensnahe Dienstleistungssektor ist mittlerweile auf 250.000 Unternehmen angewachsen; nahezu eine Million Menschen haben dort ihren Arbeitsplatz.“ LitDokAB 99/2000-2, b-973. (Also nicht einmal 4 Beschäftigte pro Dienstleistungsunternehmen!).

1.1 Traditionelle Dienstleistungsbereiche wie Handel und Banken - die Marx als Zirkulationsarbeiten fasste -  werden durch die neue Informationstechnologie revolutioniert und relativ verkleinert:
„Durch die Standardisierungsmöglichkeiten im Massengeschäft der Banken werden in Zukunft mit Sicherheit Stellen entfallen. Durch den Wandel von der Funktional- hin zur (groß)kundenorientierten Organisationsstruktur entsteht auf der anderen Seite ein Bedarf an höherqualifiziertem Personal.“ LitDokAB 1998/99 a-1114.

1.2. Dienstleistungsarbeitsplätze in Handel und im Gastgewerbe bieten traditionell schlechte Arbeitsbedingungen zu geringer Bezahlung:
„Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor stehen zum größten Teil den Geringqualifizierten zur Verfügung.“ LitDokAB 1998/99 b-713.

„Der Beschäftigungsanteil des Handels und Gastgewerbes liegt in Frankreich und Deutschland bei etwa 17 % gegenüber 15 % in Schweden und 24 % in den Vereinigten Staaten.“ LitDokAB 99/2000-1, a-548.

2.1 Personenbezogene Dienstleistungen sind miserabel bezahlt und bieten kaum Versicherungsschutz.
Dort erhoffen sich jedoch manche ein riesiges Arbeitsplatzreservoir und damit einen Königsweg aus der Massenarbeitslosigkeit:
„Der private Haushalt bietet in bisher unzureichend erschlossenes Potential für sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Bisher sind 34.000 Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig (als Dienerschaft der Reichen) beschäftigt. Es gibt aber 36 Millionen private Haushalte. LitDokAB 1998/99 a-1157.

„1996 gaben mehr als 4 Millionen Haushalte an, sie benötigten für das tägliche Leben eine Hilfe: laufende Haushaltsarbeiten, Kinderbetreuung usw. Ein Teil dieser Hilfe kann von Haushaltshilfen erbracht werden. Die Kosten solcher Leistungen sind für viele Haushalte allerdings unerschwinglich.“ LitDokAB 99/2000-1, a-750.

Soweit die Ausweitung des Dienstleistungssektors dadurch verursacht wird, dass familiäre Hausarbeit auf bezahlte Lohnarbeit 'ausgelagert' wird (Zunehmende Erwerbstätigkeit der Frauen), stellt das keine Wohlstandsverbesserung der Gesellschaft dar, da im selben Umfang die statistisch nicht erfasste Haushaltsproduktion zurückgeht.“ LitDokAB 1993/94 a-238.

Soweit nicht anders vermerkt stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.

Marx über Dienstleistungen