Überstunden & flexible Arbeitszeiten


1. Vom Standpunkt des kapitalistischen Arbeitsvertrages gibt es keine gültige Grenze des Arbeitstages
„Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich... zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt.
Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar - ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d. h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 249.

2. Verlängerung der Arbeitszeit
2.1 Schicht- und Wochenendarbeit verlängern den Arbeitstag für die Lohnarbeiter insgesamt, auch wenn jeder einzelne nur 7 oder 8 Stunden am Tag arbeitet.
„Schichtarbeit dient in erster Linie der Verlängerung der Betriebszeit. Bei Zeitkontenmodellen wird die Betriebszeit ebenfalls ausgeweitet.“ LitDokAB 99/2000-2, b-748.

„Dabei zeigt sich deutlich, dass die sogenannte Normalarbeitszeit abnimmt und die Sonderformen der Arbeitszeit zunehmen. Bereits eine Mehrheit, nämlich 57 % der unselbständig Beschäftigten sind von diesen genannten Formen der Arbeitszeit (Wochenendarbeit, Abend- und Nachtarbeit, Gleitzeit, Schicht- und Wechsel- bzw. Turnusdienst und Überstunden).... 64 % der unselbständig beschäftigen Frauen und 52 % der unselbständig beschäftigten Männer sind bei den genannten Sonderformen anzutreffen.“ LitDokAB 99/2000-1, a-596.

„Tatsache ist, dass die flexiblen Arbeitszeiten als reines Zweckinstrument für die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen eingesetzt wurden. Die ständige Weiterentwicklung dieser flexiblen Arbeitszeitmodelle hat ausschließlich das Ziel, die wirtschaftlichen Interessen zu optimieren.“ LitDokAB 99/2000-2, b-753.

„Die Maschinenlaufzeiten in Deutschland sind erheblich kürzer als in anderen EU-Staaten. Schicht- Wochenend- und Nachtarbeit stoßen hierzulande auf wesentlich größere Widerstände als in den europäischen Konkurrenzländern. Für eine Verlängerung der Arbeitszeiten gibt es in Deutschland deutlich weniger Bereitschaft als im europäischen Umland.“ LitDokAB 1998/99 a-876.

2.2. Überstunden verlängern den Arbeitstag für einzelne Lohnarbeiter

„Es geht dabei vor allem um die bezahlten Überstunden, also um jene, die nicht früher oder später durch Freizeit ausgeglichen werden. Ihr Volumen betrug im Jahr 1999 schätzungsweise ca. 1,8 Milliarden Stunden." LitDokAB 2000, a-713.

„Arbeitszeitkonten und Arbeitszeitkorridore sorgen für eine Anpassung des Arbeitskräfteeinsatzes an Belastungsschwankungen. Dieser Effekt und eingesparte Überstundenzuschläge senken die Arbeitskosten und erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.“ LitDokAB 1998/99 a-955.

„Wird der Arbeitstag um 2 Stunden verlängert und bleibt der Preis der Arbeitskraft unverändert, so wächst mit der absoluten die relative Größe des Mehrwerts. Obgleich die Wertgröße der Arbeitskraft absolut unverändert bleibt, fällt sie relativ...
Da das Wertprodukt, worin sich der Arbeitstag darstellt, mit seiner eignen Verlängerung wächst, können Preis der Arbeitskraft und Mehrwert gleichzeitig wachsen, sei es um gleiches oder ungleiches Inkrement.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 549.

„Bis zu einem gewissen Punkt kann der von Verlängerung des Arbeitstags untrennbare größere Verschleiß der Arbeitskraft durch größeren Ersatz (= höherer Lohn für besseres Essen, mehr Erholung durch bezahlte Dienstleistungen usw.) kompensiert werden. Über diesen Punkt hinaus wächst der Verschleiß in geometrischer Progression und werden zugleich alle normalen Reproduktions- und Betätigungsbedingungen der Arbeitskraft zerstört.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 549.

„Intensität und Produktivkraft der Arbeit gegeben, ist der zur materiellen Produktion notwendige Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags um so kürzer, der für freie, geistige und gesellschaftlicher Betätigung der Individuen eroberte Zeitteil also um so größer, je gleichmäßiger die Arbeit unter alle werkfähigen Glieder der Gesellschaft verteilt ist, je weniger eine Gesellschaftsschicht die Naturnotwendigkeit der Arbeit von sich selbst ab- und einer andren Schicht zuwälzen kann. Die absolute Grenze für die Verkürzung des Arbeitstags ist nach dieser Seite hin die Allgemeinheit der Arbeit.
In der kapitalistischen Gesellschaft wird freie Zeit für eine Klasse produziert durch Verwandlung aller Lebenszeit der Massen in Arbeitszeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 552.

Soweit nicht anders angegeben, stammen Daten und Zitate aus: Literaturdokumentation zur Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Hrsg. von der Bundesanstalt für Arbeit, div. Jhrg.
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Marx über Arbeitszeit

Wal Buchenberg, 30.11.2001