Karl Marx: Das Kapital.
Kritik der politischen Ökonomie
Zweiter Band
Hrsg. von Friedrich Engels. Hamburg 1885.
Zweites Buch

Der Zirkulationsprozess des Kapitals

Vorwort von F. Engels

„Die brillanten Untersuchungen dieses Buch II und ihre ganz neuen Ergebnisse auf bisher fast unbetretenen Gebieten sind nur Vordersätze zum Inhalt des Buch III, das die Schlussergebnisse der Marxschen Darstellung des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses auf kapitalistischer Grundlage entwickelt.“ K. Marx, Kapital 2.: 26.
Erst im 3. Buch wird sich zeigen,
"wie viele Mittelglieder nötig sind, um vom Verständnis des Mehrwerts im allgemeinen zum Verständnis seiner Verwandlung in Profit und Grundrente, also zum Verständnis der Gesetze der Verteilung des Mehrwerts innerhalb der Kapitalistenklasse zu kommen." K. Marx, Kapital 2.: 18.
"Die Hauptmasse des Materials war, wenn auch größtenteils sachlich, so doch nicht sprachlich fertig ausgearbeitet; ... Neben einzelnen, ausführlich dargestellten Partien andre, gleich wichtige nur angedeutet; ... Die von mir herrührenden Umarbeitungen und Einschiebungen betragen im ganzen noch keine zehn Druckseiten und sind nur formeller Natur." K. Marx, Kapital 2.: 7.
Erster Abschnitt.

Die Metamorphosen des Kapitals und ihr Kreislauf.
1. Kapitel

Der Kreislauf des Geldkapitals

„Der Kreislaufprozess des Kapitals geht vor sich in drei Stadien, welche, nach der Darstellung des ersten Bandes, folgende Reihe bilden:
Erstes Stadium: Der Kapitalist erscheint auf dem Warenmarkt und Arbeitsmarkt als Käufer; sein Geld wird in Ware umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt G - W durch.
Zweites Stadium: Produktive Konsumtion der gekauften Waren durch den Kapitalisten. Er wirkt als kapitalistischer Warenproduzent; sein Kapital macht den Produktionsprozess durch. Das Resultat ist: Ware von mehr Wert als dem ihrer Produktionselemente.
Drittes Stadium: Der Kapitalist kehrt zum Markt zurück als Verkäufer; seine Ware wird in Geld umgesetzt oder macht den Zirkulationsakt W - G durch.“ K. Marx, Kapital 2.: 31.
„Das erste und dritte Stadium wurden im ersten Buch nur erörtert, soweit dies nötig für das Verständnis des zweiten Stadiums, den Produktionsprozess des Kapitals. Die verschiedenen Formen, worin das Kapital in seinen verschiedenen Stadien sich kleidet ... blieben daher unberücksichtigt. Sie bilden jetzt den nächsten Gegenstand der Untersuchung.“ K. Marx, Kapital 2.: 31.
I. Erstes Stadium. G - W
„Welches immer die gesellschaftlichen Formen der Produktion, Arbeiter und Produktionsmittel bleiben stets ihre Faktoren. Aber die einen und die anderen sind dies nur der Möglichkeit nach im Zustand der Trennung voneinander. Damit überhaupt produziert werde, müssen sie sich verbinden. Die besondere Art und Weise, worin diese Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiedenen ökonomischen Epochen der Gesellschaftsstruktur. Im vorliegenden Fall ist die Trennung des freien Arbeiters von seinen Produktionsmitteln der gegebene Ausgangspunkt. ...“ K. Marx, Kapital 2. : 42.
„Dem Geld ist es durchaus gleichgültig, in welche Sorte von Waren es verwandelt wird. Es ist die allgemeine Äquivalentform aller Waren, die in ihren Preisen schon zeigen, dass sie ideell eine bestimmte Geldsumme darstellen, ihre Verwandlung in Geld erwarten, und nur durch ihren Stellenwechsel mit Geld die Form erhalten, worin sie in Gebrauchswerte für ihre Besitzer umsetzbar sind. Findet sich also auf dem Markt die Arbeitskraft einmal als Ware ihres Besitzers vor, deren Verkauf unter der Form der Zahlung für Arbeit geschieht, ... so stellt ihr Kauf und Verkauf nichts Auffallenderes dar, als der Kauf und Verkauf jeder anderen Ware.“ K. Marx, Kapital 2. : 36.
„G - W stellt den Umsatz einer Geldsumme in eine Summe von Waren dar; ... Es sind einerseits Produktionsmittel, andrerseits Arbeitskraft, sachliche und persönliche Faktoren der Warenproduktion, deren besondere Art natürlich der Sorte des herzustellenden Artikels entsprechen muss. Nennen wir die Arbeitskraft A, die Produktionsmittel Pm, so ist die zu kaufende Warensumme W = (A+Pm) oder kürzer W <A/Pm; die Geldsumme G spaltet sich in zwei Teile, wovon der eine Arbeitskraft, der andre Produktionsmittel kauft. Diese beiden Reihen von Käufen gehören ganz und gar verschiedenen Märkten an, die eine dem eigentlichen Warenmarkt, die andere dem Arbeitsmarkt.“ K. Marx, Kapital 2.: 32.
„Durch G - W<A/Pm , die Verwandlung von Geldkapital in produktives Kapital, bewirkt der Kapitalist die Verbindung der gegenständlichen und persönlichen Faktoren der Produktion, soweit diese Faktoren aus Waren bestehen.
Wird Geld zum ersten Mal in produktives Kapital verwandelt, .... so muss er erst die Produktionsmittel kaufen, Arbeitsgebäude, Maschinen etc., ehe er die Arbeitskraft kauft; denn sobald letztere in seine Botmäßigkeit übergeht, müssen die Produktionsmittel da sein, um die Arbeitskraft als solche anwenden zu können.“ K. Marx, Kapital 2. : 36.
„Außer dieser qualitativen Spaltung der Warensumme, worin G umgesetzt wird, stellt G - W<A/Pm aber noch ein höchst charakteristisches quantitatives Verhältnis dar. ... Es handelt sich ... darum, dass unter allen Umständen der in Produktionsmittel verausgabte Teil des Geldes - die in G - Pm gekauften Produktionsmittel - ... in entsprechender Proportion beschafft sein müssen.
Oder die Masse der Produktionsmittel muss hinreichen, um die Arbeitsmasse zu absorbieren, um durch sie in Produkt verwandelt zu werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 32f.
„Sobald G - W<A/Pm vollzogen, verfügt der Käufer ... über die Faktoren der Produktion von Artikeln von größerem Wert als dem ihrer Produktionselemente. ... Der von ihm in Geldform vorgeschossene Wert befindet sich also jetzt in einer Naturalform, worin er als Mehrwert ... heckender Wert verwirklicht werden kann. In anderen Worten: er befindet sich in dem Zustand oder der Form von produktivem Kapital, welches die Fähigkeit hat, als Wert und Mehrwert schaffend zu fungieren. Kapital in dieser Form heiße P.“ K. Marx, Kapital 2.: 33f.
„G - W<A/Pm setzt voraus, dass das Individuum, welches diesen Akt vollzieht, ... Geldbesitzer ist. Der Akt besteht aber gerade in der Weggabe des Geldes, und jener kann nur Geldbesitzer bleiben, soweit ihm das Geld ... durch den Akt der Weggabe selbst zurückströmt. Geld kann ihm aber nur zurückfließen durch den Verkauf von Waren. Der Akt setzt ihn also voraus als Warenproduzenten.“ K. Marx, Kapital 2.: 40.
„So stellt sich die Sache von Seiten des Kapitalisten dar.
So aber stellt sich die Sache dar von Seiten des Arbeiters: Die produktive Betätigung seiner Arbeitskraft wird erst möglich von dem Augenblick, wo sie infolge ihres Verkaufs in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt wird. ... Im Zustand der Trennung kann sie weder direkt verwandt werden zur Produktion von Gebrauchswerten für ihren Besitzer, noch zur Produktion von Waren, von deren Verkauf dieser leben könnte. Sobald sie aber durch ihren Verkauf in Verbindung mit den Produktionsmitteln gesetzt ist, bildet sie einen Bestandteil des produktiven Kapitals ihres Käufers, ebenso gut wie die Produktionsmittel.“ K. Marx, Kapital 2.: 36.
„Obgleich daher in dem Akt G - A Geldbesitzer und Arbeitskraftbesitzer sich nur als Käufer und Verkäufer zueinander verhalten, ... sich also nach dieser Seite hin in bloßem Geldverhältnis zueinander befinden, - so tritt doch der Käufer von vornherein zugleich als Besitzer der Produktionsmittel auf, welche die gegenständlichen Bedingungen der Arbeitskraft durch ihren Besitzer bilden. Mit anderen Worten: diese Produktionsmittel treten dem Besitzer der Arbeitskraft gegenüber als fremdes Eigentum.
Andrerseits steht der Verkäufer der Arbeit ihrem Käufer gegenüber als fremde Arbeitskraft, die in seine Botmäßigkeit übergehen ... muss. ... Das Klassenverhältnis zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter ist also schon vorhanden ... in dem Augenblick, wo beide in dem Akt G - A (A - G von Seiten des Arbeiters) sich gegenübertreten.“ K. Marx, Kapital 2.: 36f.
„Es ist Kauf und Verkauf..., aber ein Kauf und Verkauf, wo der Käufer als Kapitalist und der Verkäufer als Lohnarbeiter vorausgesetzt sind, und dies Verhältnis ist damit gegeben, dass die Bedingungen zur Verwirklichung der Arbeitskraft - Lebensmittel und Produktionsmittel - getrennt sind als fremdes Eigentum von dem Besitzer der Arbeitskraft. Wie diese Trennung entsteht, beschäftigt uns hier nicht. Sie existiert, sobald G - A vollzogen wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 37.
„Die Produktionsmittel, der gegenständliche Teil des produktiven Kapitals, müssen also dem Arbeiter schon als solche, als Kapital, gegenüberstehen, bevor der Akt G - A ein allgemein gesellschaftlicher Akt werden kann. Wir haben früher gesehen, dass die kapitalistische Produktion, einmal etabliert, in ihrer Entwicklung nicht nur diese Trennung reproduziert, sondern sie auf stets größeren Umfang erweitert, bis sie der allgemein herrschende gesellschaftliche Zustand geworden.“ K. Marx, Kapital 2.: 38f.
„Es versteht sich daher von selbst, dass die Formel für den Kreislauf des Geldkapitals: G - W .... P .... W - G selbstverständliche Form des Kapitalkreislaufs nur auf Grundlage schon entwickelter kapitalistischer Produktion ist, weil sie das Vorhandensein der Lohnarbeiterklasse auf gesellschaftlicher Stufe voraussetzt. Die kapitalistische Produktion ... produziert nicht nur Ware und Mehrwert; sie reproduziert, und in stets erweitertem Umfang, die Klasse der Lohnarbeiter und verwandelt die ungeheure Majorität der unmittelbaren Produzenten in Lohnarbeiter.“ K. Marx, Kapital 2. : 39.
„Die Zirkulation des Geldkapitals G zerfällt in G - Pm und G - A, Kauf von Produktionsmitteln und Kauf von Arbeitskraft. Betrachten wir den letzten Vorgang für sich. G - A ist Kauf von Arbeitskraft seitens des Kapitalisten; es ist Verkauf der Arbeitskraft ... von Seiten des Arbeiters, des Inhabers der Arbeitskraft. ...
Es ist, seitens des Verkäufers der Arbeit, Verwandlung seiner Ware in ihre Geldform. Das so erhaltene Geld verausgabt der Arbeiter nach und nach in einer Summe von Waren, die seine Bedürfnisse befriedigen, in Konsumtionsartikeln. Die Gesamtzirkulation seiner Ware stellt sich also dar als A - G - W, d.h. erstens A - G (= W - G) und zweitens G - W, also in der allgemeinen Form der einfachen Warenzirkulation W - G - W, wo das Geld als bloßes verschwindendes Zirkulationsmittel, als bloßer Vermittler des Umsatzes von Ware gegen Ware figuriert.“ K. Marx, Kapital 2.: 34f.
„G - A. Der Lohnarbeiter lebt nur vom Verkauf der Arbeitskraft. Ihre Erhaltung - seine Selbsterhaltung - erfordert tägliche Konsumtion. ... Damit die Masse der unmittelbaren Produzenten, der Lohnarbeiter, den Akt A - G - W vollziehen können, müssen ihr die notwendigen Lebensmittel in käuflicher, d.h. Warenform, beständig gegenübertreten. Dieser Zustand macht also schon einen hohen Grad der Zirkulation der Produkte als Waren nötig, also auch des Umfangs der Warenproduktion. Sobald die Produktion vermittelst Lohnarbeit allgemein, muss die Warenproduktion die allgemeine Form der Produktion sein.“ K. Marx, Kapital 2. : 40f.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Die bisher veröffentlichten Teile dieser Kapital-Kurzfassung sind im Marx-Forum nachzulesen.
Wal Buchenberg.