Kapital 2.:124 - 127

Der Kreislauf des Warenkapitals
„Der Kreislaufprozess des Kapitals ist beständige Unterbrechung, Verlassen eines Stadiums, Eintreten in das nächste; Abstreifen einer Form, Dasein in einer andren; jedes dieser Stadien bedingt nicht nur das andre, sondern schließt es zugleich aus. Kontinuität ist aber das charakteristische Merkmal der kapitalistischen Produktion und durch ihre technische Grundlage bedingt, wenn auch nicht immer unbedingt erreichbar.“ K. Marx, Kapital 2.: 106.
„Sehn wir also, wie die Sache in der Wirklichkeit zugeht.
Z.B. die 10000 Pfund Garn sind das Wochenprodukt eines Spinners. Diese 10000 Pfund Garn treten ganz aus der Produktionssphäre hinaus in die Zirkulationssphäre; der in ihm enthaltene Kapitalwert muss ganz in Geldkapital verwandelt werden, und solange er in der Form von Geldkapital verharrt, kann er nicht von neuem in den Produktionsprozess eingehen; er muss vorher in die Zirkulation eintreten und die Elemente des produktiven Kapitals A + Pm rückverwandelt werden. ...
Während z.B. die 10000 Pfund Garn als Warenkapital auf den Markt treten und ihre Verwandlung in Geld ... vollziehen, tritt neue Baumwolle, Kohle etc. im Produktionsprozess an ihre Stelle, hat also schon aus Geldform und Warenform sich wieder in die Form des produktiven Kapitals rückverwandelt und beginnt ihre Funktion als solches;
während zur selben Zeit, wo die ersten 10000 Pfund Garn in Geld umgesetzt werden, frühere 10000 Pfund Garn schon das zweite Stadium ihrer Zirkulation beschreiben und sich aus Geld in die Elemente des produktiven Kapitals rückverwandeln.
Alle Teile des Kapitals machen den Kreislaufprozess der Reihe nach durch, befinden sich gleichzeitig in verschiedenen Stadien desselben. So befindet sich das industrielle Kapital in der Kontinuität seines Kreislaufs gleichzeitig in allen seinen Stadien und den ihnen entsprechenden verschiedenen Funktionsformen.“ K. Marx, Kapital 2.: 106.
„Der wirkliche Kreislauf des industriellen Kapitals in seiner Kontinuität ist daher nicht nur Einheit von Zirkulations- und Produktionsprozess, sondern Einheit aller seiner drei Kreisläufe.
Solche Einheit kann er aber nur sein, sofern jeder verschiedene Teil des Kapitals nacheinander die einander folgenden Phase des Kreislaufs durchmessen kann, aus einer Phase, einer Funktionsform in die andere übergehen kann, das industrielle Kapital, als Ganzes dieser Teile, sich also gleichzeitig in den verschiedenen Phasen und Funktionen befindet, und so alle Kreisläufe gleichzeitig beschreibt. ...
Das Nacheinander jedes Teils ist hier bedingt durch das Nebeneinander der Teile, d.h. durch die Teilung des Kapitals.... Das Nebeneinander ist selbst nur Resultat des Nacheinander.“ K. Marx, Kapital 2.: 107.
„Das Kapital als sich verwertender Wert umschließt nicht nur Klassenverhältnisse, einen bestimmten gesellschaftlichen Charakter, der auf dem Dasein der Arbeit als Lohnarbeit ruht.
Es ist eine Bewegung, ein Kreislaufprozess durch verschiedne Stadien, der selbst wieder drei verschiedne Formen des Kreislaufsprozesses einschließt. Es kann daher nur als Bewegung und nicht als ruhendes Ding begriffen werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 109.

Fünftes Kapitel
Die Umlaufszeit
„Die Bewegung des Kapitals durch die Produktionssphäre und die zwei Phasen der Zirkulationssphäre vollzieht sich, wie man gesehen, in einer zeitlichen Reihenfolge.
Die Dauer seines Aufenthalts in der Produktionssphäre bildet seine Produktionszeit, die in der Zirkulationssphäre seine Zirkulations- oder Umlaufszeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 124.

a)Produktionszeit und Arbeitszeit, ihr Einfluss auf die Wertbildung
“Die Produktionszeit umschließt natürlich die Periode des Arbeitsprozesses, aber sie ist nicht von ihr umschlossen.
Zunächst erinnert man sich, dass ein Teil des konstanten Kapitals in Arbeitsmitteln, wie Maschinen, Baulichkeiten usw. existiert, die bis an ihr Lebensende in denselben, stets neu wiederholten, Arbeitsprozessen dienen. Periodische Unterbrechung des Arbeitsprozesses, nachts z.B., unterbricht zwar die Funktion dieser Arbeitsmittel, aber nicht ihren Aufenthalt in der Produktionsstätte. ...
Andererseits muss der Kapitalist einen bestimmten Vorrat von Rohmaterial und Hilfsstoffen bereithalten, damit der Produktionsprozess auf vorher bestimmter Stufenleiter während kürzerer oder längerer Abschnitte vorgehe, ohne von den Zufällen täglicher Zufuhr vom Markt abzuhängen. Dieser Vorrat von Rohstoffen usw. wird nur nach und nach produktiv konsumiert. Es findet daher Differenz statt zwischen seiner Produktionszeit (= Dauer seiner Existenz als Produktionsmittel) und seiner Funktionszeit.
Die Produktionszeit der Produktionsmittel (= Dauer ihrer Existenz als Produktionsmittel eines bestimmten Produktionsprozesses) überhaupt umfasst also
1. die Zeit, während deren sie als Produktionsmittel fungieren, also im Produktionsprozess dienen,
2. die Pausen, während deren der Produktionsprozess, also auch die Funktion der ihm einverleibten Produktionsmittel unterbrochen ist,
3. die Zeit, während deren sie zwar ... bereitliegen, ... aber noch nicht in den Produktionsprozess eingegangen sind.“ K. Marx, Kapital 2.: 124f
4.: “Die bisher betrachtete Differenz ist jedes Mal Differenz zwischen der Aufenthaltszeit des produktiven Kapitals in der Produktionssphäre und derjenigen im Produktionsprozess.
Aber der Produktionsprozess selbst kann Unterbrechungen des Arbeitsprozesses und daher der Arbeitszeit bedingen ..., worin der Arbeitsgegenstand der Einwirkung physischer Prozesse ohne weitere Zutat menschlicher Arbeit anheim gegeben wird. ... So z.B. das Korn, das gesät ist, der Wein, der im Keller gärt, Arbeitsmaterial vieler Manufakturen, wie z.B. Gerbereien, das chemischen Prozessen anheimfällt.
Die Produktionszeit ist hier größer als die Arbeitszeit. Die Differenz beider besteht in einem Überschuss der Produktionszeit über die Arbeitszeit.
Dieser Überschuss beruht stets darauf, dass produktives Kapital sich latent in der Produktionssphäre befindet, ohne im Produktionsprozess selbst zu fungieren, oder dass es im Produktionsprozess fungiert, ohne sich im Arbeitsprozess zu befinden.“ K. Marx, Kapital 2.: 125.

„Welches immer der Grund des Überschusses der Produktionszeit über die Arbeitszeit - sei es, dass Produktionsmittel nur latentes produktives Kapital bilden, also sich noch in einer Vorstufe zum wirklichen Produktionsprozess befinden, oder dass innerhalb des Produktionsprozesses durch dessen Pausen ihre eigene Funktion unterbrochen wird, oder dass endlich der Produktionsprozess selbst Unterbrechungen des Arbeitsprozesses bedingt -,
in keinem dieser Fälle fungieren die Produktionsmittel als Arbeitseinsauger.
Saugen sie keine Arbeit ein, so auch keine Mehrarbeit. Es findet daher keine Verwertung des produktiven Kapitals statt, solange es sich in dem Teil seiner Produktionszeit befindet, der überschüssig über die Arbeitszeit ist, so unzertrennlich auch die Vollführung des Verwertungsprozesses von diesen seinen Pausen sein mag.
Es ist klar, dass je mehr Produktionszeit und Arbeitszeit sich decken, um so größer die Produktivität und Verwertung eines gegebenen produktiven Kapitals in gegebenem Zeitraum. Daher die Tendenz der kapitalistischen Produktion, den Überschuss der Produktionszeit über die Arbeitszeit möglichst zu verkürzen.“ K. Marx, Kapital 2.: 127.
„Die Produktionszeit ist also stets die Zeit, während deren das Kapital Gebrauchswerte produziert und sich selbst verwertet, daher als produktives Kapital fungiert, obgleich sie Zeit einschließt, worin es entweder latent ist oder auch produziert, ohne sich zu verwerten.“

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.

Wal Buchenberg