Kapital 2.:131-138
Die Umlaufszeit
„Die Bewegung des Kapitals
durch die Produktionssphäre und die zwei Phasen der Zirkulationssphäre
vollzieht sich, wie man gesehen, in einer zeitlichen Reihenfolge. Die
Dauer seines Aufenthalts in der Produktionssphäre bildet seine
Produktionszeit, die in der Zirkulationssphäre seine Zirkulations- oder
Umlaufszeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 124. „Innerhalb der
Zirkulationssphäre haust das Kapital als Warenkapital und Geldkapital.
Seine beiden Zirkulationsprozesse bestehen darin, sich aus der Warenform
in Geldform und aus Geldform in Warenform zu verwandeln.“ (=
Umlaufszeit) K. Marx, Kapital 2.: 127. „Umlaufszeit und
Produktionszeit schließen sich wechselseitig aus. Während seiner
Umlaufszeit fungiert das Kapital nicht als produktives Kapital und
produziert daher weder Ware noch Mehrwert. Betrachten wir den Kreislauf
in der einfachsten Form, so dass der gesamte Kapitalwert jedes Mal auf
einen Schlag aus der einen Phase in die andre tritt, so ist handgreiflich,
dass der Produktionsprozess unterbrochen ist, also auch die
Selbstverwertung des Kapitals, solange seine Umlaufszeit
dauert. Durchlaufen dagegen die verschiedenen Teile des Kapitals den
Kreislauf nacheinander, so dass der Kreislauf des gesamten Kapitalwerts
sich sukzessive im Kreislauf seiner verschiedenen Portionen vollzieht, so
ist klar, dass je länger der beständige Aufenthalt seiner aliquoten Teile
in der Zirkulationssphäre, um so kleiner sein beständig in der
Produktionssphäre fungierender Teil sein muss. Die Expansion und
Kontraktion der Umlaufszeit wirkt daher als negative Schranke auf die
Kontraktion oder Expansion der Produktionszeit oder des Umfangs, worin ein
Kapital von gegebener Größe als produktives Kapital fungiert. Je mehr
... die Umlaufszeit = 0 wird oder sich Null nähert, um so mehr fungiert
das Kapital, um so größer wird seine Produktivität und Selbstverwertung.
Arbeitet ein Kapitalist z.B. auf Bestellung, so dass er bei Lieferung des
Produkts Zahlung erhält, und erfolgt die Zahlung in seinen eignen
Produktionsmitteln, so nähert sich die Zirkulationszeit Null.“ K. Marx,
Kapital 2.: 127f.
Sechstes Kapitel Die Zirkulationskosten I.
Reine Zirkulationskosten 1. Kauf- und Verkaufszeit „Wie die Umlaufszeit des Kapitals
einen notwendigen Abschnitt seiner Reproduktionszeit bildet, so bildet die
Zeit, während deren der Kapitalist kauft und verkauft, ... einen
notwendigen Abschnitt seiner Funktionszeit als Kapitalist... Sie bildet
Teil seiner Geschäftszeit.“ K. Marx, Kapital 2.: 131. “Sind die
Warenbesitzer daher keine Kapitalisten, sondern selbständige unmittelbare
Produzenten, so ist die zu Kauf und Verkauf verwendete Zeit ein Abzug von
ihrer Arbeitszeit, und suchten sie daher stets (im Altertum wie im
Mittelalter) solche Operationen auf Festtage zu verlegen.“ K. Marx,
Kapital 2.: 132. „Für den Kapitalisten, der andre für sich arbeiten
lässt, wird Kauf und Verkauf eine Hauptfunktion.“ K. Marx, Kapital 2.:
133. „Nach wie vor schafft
Kauf- und Verkaufszeit keinen Wert. ... So viel ist von vornherein
klar: Wenn durch Teilung der Arbeit eine Funktion, die an und für sich
unproduktiv, aber ein notwendiges Moment der Reproduktion ist, aus einer
Nebenverrichtung vieler in die ausschließliche Verrichtung weniger
verwandelt wird, ... so verwandelt sich nicht der Charakter der Funktion
selbst. Ein Kaufmann (hier als bloßer Agent der Formverwandlung
der Waren ... betrachtet) mag durch seine Operationen die Kauf- und
Verkaufszeit für viele Produzenten (= Warenproduzenten oder
Kapitalisten) abkürzen. Er ist dann als eine Maschine zu betrachten,
die nutzlosen Kraftaufwand vermindert oder Produktionszeit freisetzen
hilft.“ K. Marx, Kapital 2.: 133. „Wir wollen, um die Sache zu
vereinfachen, (da wir erst später den Kaufmann als Kapitalisten und das
Kaufmannskapital betrachten) annehmen, dieser Agent zum Kaufen und
Verkaufen sei ein Mann, der seine Arbeit verkauft. Er verausgabt seine
Arbeitskraft und seine Arbeitszeit in diesen Operationen W - G und G - W.
... Er verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess
selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein
andrer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er
selbst gehört zu den toten Kosten der Produktion. ... Sein Nutzen
besteht ... darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und
Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Funktion gebunden
wird. Noch mehr. Wir wollen annehmen, er sei bloßer Lohnarbeiter,
meinetwegen besser bezahlter. Welches immer seine Zahlung, als
Lohnarbeiter arbeitet er einen Teil seiner Zeit umsonst. Er erhält
vielleicht täglich das Wertprodukt von sechs Arbeitsstunden und
fungiert während acht. Die zwei Stunden Mehrarbeit, die er
verrichtet, produzieren ebenso wenig Wert wie seine sechs Stunden
notwendige Arbeit, obgleich vermittelst dieser letzteren ein Teil des
gesellschaftlichen Produkts auf ihn übertragen wird. Erstens wird nach
wie vor, gesellschaftlich betrachtet, eine Arbeitskraft während
acht Stunden in dieser bloßen Zirkulationsfunktion vernutzt. Sie
ist für nichts andres verwendbar, nicht für produktive Arbeit. Zweitens
aber zahlt die Gesellschaft diese zwei Stunden Mehrarbeit nicht, obgleich
sie von dem Individuum, das sie verrichtet, verausgabt werden. Die
Gesellschaft eignet sich dadurch kein überschüssiges Produkt oder Wert an.
Aber die Zirkulationskosten, die er verkörpert, vermindern sich um
ein Viertel, von acht Stunden auf sechs.... Ist es
aber der Kapitalist, der diesen Agenten anwendet, so vermindern sich durch
Nichtzahlung der zwei Stunden die Zirkulationskosten seines
Kapitals.... Für ihn ist es ein positiver Gewinn...“ K. Marx, Kapital 2.:
134.
2. Buchführung „Neben dem wirklichen Kaufen
und Verkaufen wird Arbeitszeit verausgabt in der Buchführung, in die
außerdem vergegenständlichte Arbeit eingeht, Feder, Tinte, Papier,
Schreibpult, Bürokosten. Es wird also in dieser Funktion einerseits
Arbeitskraft verausgabt, andrerseits Arbeitsmittel. Es verhält sich
hiermit ganz wie mit der Kauf- und Verkaufszeit.“ K. Marx, Kapital 2.:
135. „Legt ein Kapitalist
sein Kapital neu an, so muss er einen Teil im Ankauf eines Buchhalters
etc. und in Mitteln der Buchführung anlegen. Ist sein Kapital bereits in
Funktion ... begriffen, so muss er einen Teil des Warenprodukts,
vermittelst Verwandlung in Geld, beständig rückverwandeln in Buchhalter,
Kommis u. dergl. Dieser Teil des Kapitals ist dem Produktionsprozess
entzogen und gehört zu den Zirkulationskosten, Abzügen am Gesamtertrag.
(Eingeschlossen die Arbeitskraft selbst, die ausschließlich auf diese
Funktion verwendet wird.)“ K. Marx, Kapital 2.: 136. „Es findet jedoch
ein gewisser Unterschied statt zwischen den aus der Buchführung
entspringenden Kosten, bzw. unproduktiven Verausgabung von
Arbeitszeit einerseits und denen der bloßen Kauf- und Verkaufszeit
andrerseits. Die letzteren entspringen nur aus der bestimmten
gesellschaftlichen Form des Produktionsprozesses, daraus, dass er
Produktionsprozess von Ware ist. (Die kaufmännischen Funktionen
verschwinden also bei gemeinschaftlicher Produktion mit dem Verschwinden
der kapitalistischen Warenproduktion). Die Buchführung als
Kontrolle und ideelle Zusammenfassung des Produktionsprozesses wird
um so notwendiger, je mehr der Prozess auf gesellschaftlicher Stufenleiter
vorgeht und den rein individuellen Charakter verliert; also notwendiger in
der kapitalistischen Produktion als in der zersplitterten des Handwerks-
und Bauernbetriebs, notwendiger bei gemeinschaftlicher Produktion als bei
kapitalistischer. Die Kosten der Buchführung reduzieren sich aber mit der
Konzentration der Produktion und je mehr sie sich in gesellschaftliche
Buchführung verwandelt.“ K. Marx, Kapital 2.: 136 - 137.
3. Geld „Ob ein Produkt als Ware oder nicht
als Ware produziert wird, es ist stets stoffliche Gestalt von Reichtum,
Gebrauchswert, bestimmt in die individuelle oder produktive Konsumtion
einzugehen. Als Ware existiert sein Wert ideell im Preise... Dass aber
bestimmte Waren wie Gold und Silber, als Geld fungieren und als solche
ausschließlich den Zirkulationsprozess behausen (auch als Schatz, Reserve
etc. bleiben sie, obwohl latent, in der Zirkulationssphäre), ist ein
reines Produkt der bestimmten gesellschaftlichen Form des
Produktionsprozesses, der Produktionsprozess von Waren ist.“ K. Marx,
Kapital 2.: 137. “Da auf Grundlage der kapitalistische Produktion Ware
die allgemeine Gestalt des Produkts wird, und die größte Masse des
Produkts als Ware produziert wird und daher die Geldform annehmen muss, da
also die Warenmasse ... fortwährend wächst - so nimmt hier auch der Umfang
des als Zirkulationsmittel, Zahlungsmittel, Reserve etc. fungierenden
Goldes und Silbers zu. Diese als Geld fungierenden Waren gehen weder in
die individuelle noch in die produktive Konsumtion ein. Es ist
gesellschaftliche Arbeit, in einer Form fixiert, worin sie als bloße
Zirkulationsmaschine dient. Außerdem, dass ein Teil des
gesellschaftlichen Reichtums in diese unproduktive Form gebannt ist,
macht der Verschleiß des Geldes beständigen Ersatz desselben
nötig oder Umwandlung von mehr gesellschaftlicher Arbeit ... in
mehr Gold und Silber. Diese Ersatzkosten sind bei kapitalistisch
entwickelten Nationen bedeutend, weil überhaupt der in Form des Gelds
gebannte Teil des Reichtums umfangreich ist. Gold und Silber, als
Geldwaren, bilden für die Gesellschaft Zirkulationskosten, die nur aus der
gesellschaftlichen Form der Produktion entspringen. es sind tote
Kosten der Warenproduktion überhaupt, die mit der Entwicklung der
Warenproduktion, und bestonders der kapitalistischen Produktion, wachsen.
Es ist ein Teil des gesellschaftlichen Reichtums, der dem
Zirkulationsprozess geopfert werden muss.“ K. Marx, Kapital 2.: 137f.
(Das Wachstum dieser toten Kosten für die Geldware
wurde zwar durch Einführung von Papiergeld und von bargeldloser Zahlung
zunächst einmal auf ein niedrigeres Niveau zurückgeschraubt, dass es sich
aber immer noch um bedeutende und tendenziell wachsende Kosten handelt,
beweisen die Klagen der Banken über die Kosten der Währungsumstellung auf
den Euro.)
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit
willkommen.
Wal Buchenberg |