Kapital 3.215-220

„Infolge der Erhöhung des Arbeitslohns um 25 % ist also:
1. mit Bezug auf das Kapital von gesellschaftlicher Durchschnittsposition der Produktionspreis der Ware unverändert geblieben;
2. mit Bezug auf das Kapital niederer Zusammensetzung der Produktionspreis der Ware gestiegen, obgleich nicht im selben Verhältnis wie der Profit gefallen;
3. mit Bezug auf das Kapital höherer Zusammensetzung ist der Produktionspreis der Ware gefallen, obgleich auch nicht in demselben Verhältnis wie der Profit.“ K. Marx, Kapital 3. S. 211f.
„Da der Produktionspreis der Waren des Durchschnittskapitals derselbe geblieben, gleich dem Wert des Produkts, ist auch die Summe der Produktionspreise der Produkte aller Kapitale dieselbe geblieben, gleich der Summe der vom Gesamtkapital produzierten Werte;
die Erhöhung auf der einen, die Senkung auf der anderen Seite gleichen sich aus für das Gesamtkapital zum Niveau des gesellschaftlichen Durchschnittskapitals.“ K. Marx, Kapital 3. S. 212.

„Wie würde nun ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns und ihm entsprechendes allgemeines Steigen der Profitrate und daher der Durchschnittsprofite wirken auf die Produktionspreise der Waren, die das Produkt von Kapitalen sind, welche nach entgegengesetzten Richtungen von der gesellschaftlichen Durchschnittszusammensetzung abweichen?
Wir haben bloß die eben gegebene Ausführung umzudrehen, um das Resultat ... zu erhalten.“  K. Marx, Kapital 3. S. 212. (Es folgen Rechenbeispiele)
„Man sieht also, dass .... ein allgemeiner Fall des Arbeitslohns zur Folge hat ein allgemeines Steigen des Mehrwerts, der Rate des Mehrwerts, und bei sonst gleichbleibenden Umständen der Profitrate, wenn auch in anderer Proportion ausgedrückt;
einen Fall der Produktionspreise für die Warenproduktion von Kapitalen niederer, und steigender Produktionspreise für Warenprodukte von Kapitalen höherer Zusammensetzung.
Gerade das umgekehrte Resultat von dem, das sich herausstellte bei allgemeinem Steigen des Arbeitslohns.
Es ist in beiden Fällen - Steigen wie Fallen des Arbeitslohns - vorausgesetzt, dass der Arbeitstag gleich bleibt, ebenso die Preise aller notwendigen Lebensmittel.“ K. Marx, Kapital 3. S. 213.
(Das hier beschriebene Steigen oder Fallen des Arbeitslohns wäre also nur durch Erfolge oder Misserfolge im Lohnkampf hervorgerufen. Die hier beschriebenen Wirkungen können also auch als allgemeine Wirkungen des Lohnkampfes bezeichnet werden.)
12. Kapitel
Nachträge

I. Ursachen, welche eine Änderung im Produktionspreis bedingen
“Der Produktionspreis einer Ware kann nur variieren aus zwei Ursachen:
Erstens. Die allgemeine Profitrate ändert sich.“ K. Marx, Kapital 3. S. 215.
“Oder das Verhältnis der Summe des angeeigneten Mehrwerts zum vorgeschossenen Gesamtkapital der Gesellschaft ändert sich. ... Also hat Wechsel in der Produktivität der Arbeit stattgefunden, und ein Wechsel muss vorgegangen sein im Wert gewisser Waren.“ K. Marx, Kapital 3. S. 215.
“Wechselt der Produktionspreis einer Ware infolge eines Wechsels in der allgemeinen Profitrate, so kann zwar ihr eigener Wert unverändert geblieben sein. Es muss aber ein Wertwechsel mit anderen Waren vorgegangen sein. (Entweder ein Wertwechsel der Waren, die konstantes Kapital bilden oder ein Wertwechsel im Wert der Arbeitskraft, - und ein Wertwechsel der Arbeitskraft „ist unmöglich ... ohne Veränderung in der Produktivität der Arbeit, die Lebensmittel produziert, also ... ohne Veränderung im Wert der Waren, die in den Konsum des Arbeiters eingehen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 215)
„Alle Wechsel im Produktionspreis der Waren lösen sich auf in letzter Instanz in einen Wertwechsel, aber nicht alle Wechsel im Wert der Waren brauchen sich in einem Wechsel des Produktionspreises auszudrücken, da dieser bestimmt ist nicht allein durch den Wert der besonderen Ware, sondern durch den Gesamtwert aller Waren. Der Wechsel in Ware A kann also ausgeglichen sein durch einen entgegengesetzten der Ware B, so dass das allgemeine Verhältnis dasselbe bleibt.“ K. Marx, Kapital 3. S. 216.

II. Produktionspreis der Waren mittlerer Zusammensetzung
„Man hat gesehen, wie die Abweichung der Produktionspreise von den Werten dadurch entspringt:
1. dass zum Kostpreis einer Ware nicht der in ihr enthaltene Mehrwert, sondern der Durchschnittsprofit hinzugeschlagen wird;
2. dass der so vom Wert abweichende Produktionspreis einer Ware als Element in den Kostpreis anderer Waren eingeht, wodurch also schon im Kostpreis einer Ware ein Abweichung vom Wert der in ihr konsumierten Produktionsmittel enthalten sein kann, abgesehen von der Abweichung, die für sie selbst durch die Differenz zwischen Durchschnittsprofit und Mehrwert hineinkommen kann.“ K. Marx, Kapital 3. S. 216f.
„Es ist hiernach also möglich, dass auch bei Waren, die durch Kapitale mittlerer Zusammensetzung produziert werden, der Kostpreis abweichen kann von der Wertsumme der Elemente, aus denen dieser Bestandteil ihres Produktionspreises sich zusammensetzt. Angenommen, die mittlere Zusammensetzung sei 80 c + 20 v. Es ist nun möglich, dass in den wirklichen Kapitalen, die so zusammengesetzt sind, 80 c größer oder kleiner ist als der Wert von c, dem konstanten Kapital, weil dies c durch Waren gebildet ist, deren Produktionspreis abweicht von ihrem Wert. Ebenso könnte 20 v von seinem Wert abweichen, wenn in den Verzehr des Arbeitslohns Waren eingehen, deren Produktionspreis von ihrem Wert verschieden ist.“ K. Marx, Kapital 3. S. 217.
„Indes ändert diese Möglichkeit durchaus nichts an der Richtigkeit der für Waren mittlerer Zusammensetzung aufgestellten Sätze. Das Quantum Profit, das auf diese Waren fällt, ist gleich dem in ihnen selbst enthaltenen Quantum Mehrwert.“ K. Marx, Kapital 3. S. 217.

III. Kompensationsgründe des Kapitalisten
„Es ist gesagt worden, dass die Konkurrenz die Profitraten der verschiedenen Produktionssphären zur Durchschnittsprofitrate ausgleicht und eben dadurch die Werte der Produkte dieser verschiedenen Sphären in Produktionspreise verwandelt.
Und zwar geschieht dies durch fortwährende Übertragung von Kapital aus einer Sphäre in die andere, wo augenblicklich der Profit über dem Durchschnitt steht; wobei jedoch in Betracht kommen die mit dem Wechsel der mageren und fetten Jahre verbundenen Profitschwankungen, wie sie in einem gegebenen Industriezweig innerhalb einer gegebenen Epoche einander folgen.
Diese ununterbrochene Aus- und Einwanderung des Kapitals, die zwischen verschiedenen Sphären der Produktion stattfindet, erzeugt steigende und fallende Bewegung der Profitrate, die sich gegenseitig mehr oder weniger ausgleichen und dadurch die Tendenz haben, die Profitrate überall auf dasselbe gemeinsame und allgemeine Niveau zu reduzieren.“ K. Marx, Kapital 3. S. 218.
„Diese Bewegung der Kapitale wird in erster Linie stets verursacht durch den Stand der Marktpreise, die die Profite hier über das allgemeine Niveau des Durchschnitts erhöhen, dort sie darunter hinabdrücken.
Wir sehen einstweilen noch ab vom Kaufmannskapital... das, wie die plötzlich emporschießenden Ausbrüche der Spekulation in gewissen Lieblingsartikeln zeigen, mit außerordentlicher Schnelligkeit Kapitalmassen aus einer Geschäftsbranche ziehen und sie ebenso plötzlich in eine andere werfen kann.
Aber in jeder Sphäre der eigentlichen Produktion - Industrie, Ackerbau, Bergwerke etc. - bietet die Übertragung von Kapital aus einer Sphäre in die andere bedeutende Schwierigkeit, besonders wegen des vorhandenen fixen Kapitals.“ K. Marx, Kapital 3. S. 218.
„Ferner: Sobald die kapitalistische Produktion einen gewissen Entwicklungsgrad erreicht hat, geht die Ausgleichung zwischen den verschiedenen Profitraten der einzelnen Sphären zu einer allgemeinen Profitrate keineswegs bloß noch vor sich durch das Spiel der Attraktion und Repulsion, worin die Marktpreise Kapital anziehen oder abstoßen.
Nachdem sich die Durchschnittspreise und ihnen entsprechende Marktpreise für eine Zeitlang befestigt haben, tritt es in das Bewusstsein der einzelnen Kapitalisten, dass in dieser Ausgleichung bestimmte Unterschiede ausgeglichen werden, so dass sie dieselben gleich in ihrer wechselseitigen Berechnung einschließen.
In der Vorstellung leben sie und werden von ihnen in Rechnung gebracht als Kompensationsgründe.“ K. Marx, Kapital 3. S. 219.
„Die Grundvorstellung dabei ist der Durchschnittsprofit selbst, die Vorstellung, dass Kapitale von gleicher Größe in denselben Zeitfristen gleich große Profite abwerfen müssen. Ihr liegt wieder die Vorstellung zugrunde, dass das Kapital jeder Produktionssphäre nach Anteil seiner Größe teilzunehmen hat an dem von dem gesellschaftlichen Gesamtkapital den Arbeitern ausgepressten Gesamtmehrwert;
oder dass jedes besondere Kapital nur als Stück des Gesamtkapitals, jeder Kapitalist in der Tat als Aktionär in dem Gesamtunternehmen zu betrachten ist, der nach Anteil der Größe seines Kapitalanteils am Gesamtprofit sich beteiligt.“ K. Marx, Kapital 3. S. 219f.
„Auf diese Vorstellung stützt sich dann die Berechnung des Kapitalisten, z.B. dass ein Kapital, welches langsamer umschlägt, weil entweder die Ware länger im Produktionsprozess verharrt oder weil sie auf entfernten Märkten verkauft werden muss, den Profit, der ihm dadurch entgeht, dennoch anrechnet, sich also durch Aufschlag auf den Preis entschädigt.
Oder aber, dass Kapitalanlagen, die größeren Gefahren ausgesetzt sind, wie z.B. in der Reederei, eine Entschädigung durch Preisaufschlag erhalten.
Sobald die kapitalistische Produktion, und mit ihr das Versicherungswesen entwickelt ist, ist die Gefahr in der Tat für alle Produktionssphären gleich groß...; die gefährdeteren zahlen aber die höhere Versicherungsprämie und erhalten sie im Preis ihrer Waren vergütet.“ K. Marx, Kapital 3. S. 220.
„In der Praxis kommt dies alles darauf hinaus, dass jeder Umstand, der eine Kapitalanlage - und alle gelten für gleich notwendig, innerhalb gewisser Schranken - weniger, und eine andere mehr profitlich macht, als ein für allemal gültiger Kompensationspunkt in Rechnung gebracht wird, ohne dass es immer von neuem wieder der Tätigkeit der Konkurrenz bedürfte, um die Berechtigung solches Motivs oder Berechnungsfaktors dazutun.“ K. Marx, Kapital 3. S. 220.
„Nur vergisst der Kapitalist - oder sieht es vielmehr nicht, da die Konkurrenz ihm das nicht zeigt -, dass alle diese... geltend gemachten Kompensationsgründe sich bloß darauf beziehen, dass sie alle, nach Anteil ihres Kapitals, gleich großen Anspruch haben auf die gemeinschaftliche Beute, den Totalmehrwert.
Ihnen scheint vielmehr, ... dass seine Kompensationsgründe nicht die Beteiligung am Gesamtmehrwert ausgleichen, sondern den Profit selbst schaffen, indem dieser einfach aus dem so oder so motivierten Aufschlag auf den Kostpreis der Waren herstamme.“ K. Marx, Kapital 3. S. 220.
“Die fertige Gestalt der ökonomischen Verhältnisse, wie sie sich auf der Oberfläche zeigt in ihrer realen Existenz, und daher auch in den Vorstellungen, worin die Träger und Agenten dieser Verhältnisse sich über dieselben klar zu werden versuchen, sind sehr verschieden - und in der Tat verkehrt, gegensätzlich - von ihrer inneren, wesentlichen, aber verhüllten Kerngestalt und dem ihr entsprechenden Begriff.“ K. Marx, Kapital 3. S. 219.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg