Kapital 3.257-260

Steigende Mehrwertmasse bei fallender Profitrate:
“Wir haben gesehen, dass, obwohl im Entwicklungsgang der kapitalistischen Produktion m, die Gesamtsumme des Mehrwerts, stetig wächst, dennoch m/C ebenso stetig abnimmt, weil C noch rascher wächst als m.“ K. Marx, Kapital 3. S. 252.
“Fällt die Profitrate von 50 % auf 25 %, wenn z.B. die Kapitalzusammensetzung, bei einer Mehrwertrate = 100 %, sich von 50 c + 50 v auf 75 c + 25 v  verändert, so wird im ersten Fall ein Kapital von 1000 einen Profit von 500 und im zweiten Fall ein Kapital von 4000 einen Profit von 1000 geben, m oder p hat sich verdoppelt, aber p’ ist um die Hälfte gefallen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 253.
Kapital 1): C = 1000 = 500 c + 500 v ( + 500 m);
Kapital 2): C = 4000 = 3000 c + 1000 v ( + 1000 m).

Steigt die Mehrwertmasse, dann kann auch mehr akkumuliert werden:
„Ist die Masse des Kapitals = 1000 und die zugesetzte Arbeit = 100, so das reproduzierte Kapital = 1100.
Ist die Masse = 100 und die zugesetzte Arbeit = 20, so das reproduzierte Kapital = 120.
Die Profitrate ist im ersten Fall = 10 %, im zweiten = 20 %. Und dennoch kann aus 100 mehr akkumuliert werden als aus 20. ...“ Die Akkumulation des Kapitals steht „nicht im Verhältnis zur Höhe der Profitrate.“ K. Marx, Kapital 3. S. 255.
Aufnahmefähigkeit des Marktes (Realisierung des Profits):
“Sobald das auspressbare Quantum Mehrarbeit in Waren vergegenständlicht ist, ist der Mehrwert produziert. Aber mit dieser Produktion des Mehrwerts ist nur der erste Akt des kapitalistischen Produktionsprozesses ... beendet.
Das Kapital hat soundsoviel unbezahlte Arbeit eingesaugt. Mit der Entwicklung des Prozesses, der sich im Fall der Profitrate ausdrückt, schwillt die Masse des so produzierten Mehrwerts ins Ungeheure.
Nun kommt der zweite Akt des Prozesses. Die gesamte Warenmasse, das Gesamtprodukt, sowohl der Teil, der das konstante und variable Kapital ersetzt, wie der Teil, der den Mehrwert darstellt, muss verkauft werden.
Geschieht das nicht oder nur zum Teil oder nur zu Preisen, die unter den Produktionspreisen stehen, so ist der Arbeiter zwar ausgebeutet, aber seine Ausbeutung realisiert sich nicht als solche für den Kapitalisten....“ K. Marx, Kapital 3. S. 254.

II. Konflikt zwischen Ausdehnung der Produktion und Verwertung
„Die Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit ist die historische Aufgabe und Berechtigung des Kapitals. Eben damit schafft es unbewusst die materiellen Bedingungen einer höheren Produktionsform.“  K. Marx, Kapital 3. S. 269.
„Die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit zeigt sich doppelt:
Erstens in der Größe der schon produzierten Produktivkräfte, in dem Wertumfang und Massenumfang der Produktionsbedingungen, worunter die Neuproduktion stattfindet, und in der absoluten Größe des schon akkumulierten produktiven Kapitals;
zweitens in der verhältnismäßigen Kleinheit des im Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils gegen das Gesamtkapital, d.h. in der verhältnismäßigen Kleinheit der lebendigen Arbeit, die zur Reproduktion und Verwertung eines gegebenen Kapitals und zur  Massenproduktion nötig ist.
Es unterstellt dies zugleich Konzentration des Kapitals.“ K. Marx, Kapital 3. S. 257.
„Mit Bezug auf die angewandte Arbeitskraft zeigt sich die Entwicklung der Produktivkraft wieder doppelt:
Erstens in der Vermehrung der Mehrarbeit, d.h. der Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, die zur Reproduktion der Arbeitskraft nötig ist.
Zweitens in der Abnahme der Menge von Arbeitskraft (Arbeiterzahl), die überhaupt angewandt wird, um ein gegebenes Kapital in Bewegung zu setzen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 257.
„Beide Bewegungen gehen nicht nur Hand in Hand, sondern bedingen sich wechselseitig, sind Erscheinungen, worin sich dasselbe Gesetz ausdrückt. Indes wirken sie in entgegengesetzter Richtung auf die Profitrate.“ K. Marx, Kapital 3. S. 257.
„Nach der einen Seite hin steigt der eine Faktor, die Rate des Mehrwerts; nach der anderen fällt (verhältnismäßig oder absolut) der andere Faktor, die Anzahl der Arbeiter.
Soweit die Entwicklung der Produktionskraft den bezahlten Teil der angewandten Arbeit vermindert, steigert sie den Mehrwert, weil sie seine Rate steigert;
soweit sie jedoch die Gesamtmasse der von einem gegebenem Kapital angewandten Arbeit vermindert, vermindert sie den Faktor der Anzahl, womit die Rate des Mehrwerts multipliziert wird, um seine Masse herauszubringen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 257.
“Die Masse Arbeit, die das Kapital kommandieren kann, hängt nicht ab von seinem Wert, sondern von der Masse der Roh- und Hilfsstoffe, der Maschinerie und Elemente des fixen Kapitals, der Lebensmittel, woraus es zusammengesetzt ist, was immer deren Wert sei.
Indem damit die Masse der angewandten Arbeit, also auch der Mehrwert, wächst, wächst auch der Wert des reproduzierten Kapitals und der ihm neu zugesetzte Surpluswert.
Diese beiden im Akkumulationsprozess einbegriffenen Momente sind aber nicht nur in dem ruhigen Nebeneinander zu betrachten, worin Ricardo sie behandelt;
sie schließen einen Widerspruch ein, der sich in widersprechenden Tendenzen und Erscheinungen kundgibt. Die widerstreitenden Agenzien wirken gleichzeitig gegeneinander.“ K. Marx, Kapital 3. S. 258 - 259.
„Gleichzeitig mit den Antrieben zur wirklichen Vermehrung der Arbeiterbevölkerung, die aus der Vermehrung des als Kapital wirkenden Teils des gesellschaftlichen Gesamtprodukts stammten, wirken die Agenzien, die eine nur relative Überbevölkerung (= Arbeitslosigkeit) schaffen.
Gleichzeitig mit dem Fall der Profitrate wächst die Masse der Kapitale, und geht Hand in Hand mit ihr eine Entwertung des vorhandenen Kapitals, welche diesen Fall aufhält und der Akkumulation von Kapitalwert einen beschleunigten Antrieb gibt.
Gleichzeitig mit der Entwicklung der Produktivkraft entwickelt sich die höhere Zusammensetzung des Kapitals, die relative Abnahme des variablen Teils gegen den konstanten.
Diese verschiedenen Einflüsse machen sich bald mehr nebeneinander im Raum, bald mehr nacheinander in der Zeit geltend; periodisch macht sich der Konflikt der widerstreitenden Agenzien in Krisen Luft.
Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandenen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 259.
“Die periodische Entwertung des vorhandenen Kapitals, die ein der kapitalistischen Produktionsweise immanentes Mittel ist, den Fall der Profitrate aufzuhalten und die Akkumulation von Kapitalwert durch Bildung von Neukapital zu beschleunigen, stört die gegebenen Verhältnisse, worin sich der Zirkulations- und Reproduktionsprozess des Kapitals vollzieht, und ist daher begleitet von plötzlichen Stockungen und Krisen des Produktionsprozesses.“ K. Marx, Kapital 3. S. 259.
„Die Akkumulation des Kapitals, dem Wert nach betrachtet, wird verlangsamt durch die fallende Profitrate, um die Akkumulation des Gebrauchswerts noch zu beschleunigen, während diese wiederum die Akkumulation, dem Wert nach, in beschleunigten Gang bringt.“ K. Marx, Kapital 3. S. 260.
„Der Widerspruch ganz allgemein ausgedrückt, besteht darin, dass die kapitalistische Produktionsweise eine Tendenz einschließt nach absoluter Entwicklung der Produktivkräfte, abgesehen vom Wert und dem in ihm eingeschlossenen Mehrwert, auch abgesehen von den gesellschaftlichen Verhältnissen, innerhalb deren die kapitalistische Produktion stattfindet;
während sie andererseits die Erhaltung des existierenden Kapitalwerts und seine Verwertung im höchsten Maß (d.h. stets beschleunigten Anwachs dieses Werts) zum Ziel hat.
Ihr spezifischer Charakter ist auf den vorhandenen Kapitalwert als Mittel zur größtmöglichen Verwertung dieses Werts gerichtet.
Die Methoden, wodurch sie dies erreicht, schließen ein: Abnahme der Profitrate, Entwertung des vorhandenen Kapitals und Entwicklung der Produktivkräfte der Arbeit auf Kosten der schon produzierten Produktivkräfte." K. Marx, Kapital 3. S. 259.
„Die kapitalistische Produktion strebt beständig, diese ihr immanenten Schranken zu überwinden, aber sie überwindet sie nur durch Mittel, die ihr diese Schranken aufs neue und auf gewaltigerem Maßstab entgegenstellen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 260.
„Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: dass das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint, dass die Produktion nur Produktion für das Kapital ist, und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind.
Die Schranken, in denen sich die Erhaltung und Verwertung des Kapitalwerts, die auf der Enteignung und Verarmung der großen Masse der Produzenten beruht, allein bewegen kann, diese Schranken treten daher beständig in Widerspruch mit den Produktionsmethoden, die das Kapital zu seinem Zweck anwenden muss und die auf unbeschränkte Vermehrung der Produktion, auf die Produktion als Selbstzweck, auf unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit lossteuern.
Das Mittel - unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte - gerät in fortwährenden Konflikt mit dem beschränkten Zweck, der Verwertung des vorhandenen Kapitals.
Wenn daher die kapitalistische Produktionsweise ein historisches Mittel ist, um die materielle Produktivkraft zu entwickeln und den ihr entsprechenden Weltmarkt zu schaffen, ist sie zugleich der beständige Widerspruch zwischen dieser ihrer historischen Aufgabe und den ihr entsprechenden gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 260.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg