Kapital 3.: 278 - 283

Vierter Abschnitt.
Verwandlung von Warenkapital und Geldkapital in Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital (kaufmännisches Kapital)
16. Kapitel
Das Warenhandlungskapital
„Das kaufmännische oder Handelskapital zerfällt in zwei Formen oder Unterarten, Warenhandlungskapital und Geldhandlungskapital, die wir jetzt näher charakterisieren werden, soweit es zur Analyse des Kapitals in seiner Kernstruktur nötig ist.“ K. Marx, Kapital 3. S. 278.
a) Funktionen des Warenhandlungskapital:
„Die Metamorphose der Waren, ihre Bewegung, besteht 1. stofflich aus dem Austausch verschiedener Waren gegeneinander, 2. formell aus Verwandlung der Ware in Geld, Verkaufen, und Verwandlung des Geldes in Waren, Kaufen. Und in diese Funktionen, Austauschen von Waren durch Kauf und Verkauf, löst sich die Funktion des Kaufmannskapitals auf.“ K. Marx, Kapital 3. S. 338.
„Die Bewegung des Warenkapitals ist in Buch II analysiert worden. Das Gesamtkapital der Gesellschaft betrachtet befindet sich stets ein Teil desselben... als Ware auf dem Markt, um in Geld überzugehen; ein anderer Teil in Geld auf dem Markt, um in Ware überzugehen...
Sofern diese Funktion des im Zirkulationsprozess befindlichen Kapitals ... sich fixiert als eine durch die Teilung der Arbeit einer besonderen Gattung von Kapitalisten zugewiesene Funktion, wird das Warenkapital zum Warenhandlungskapital oder kommerziellen Kapital.“ K. Marx, Kapital 3. S. 278.
„Es ist (Buch II, Kap. VI, die Zirkulationskosten, 2 und 3) auseinandergesetzt worden, wieweit Transportindustrie, Aufbewahrung und Verteilung der Waren in einer verteilungsfähigen Form als Produktionsprozesse zu betrachten sind, die innerhalb des Zirkulationsprozesses fortdauern... Für unseren Zweck, wo es gilt, die spezifische Differenz dieser besonderen Gestalt des (Kaufmanns-)Kapitals zu bestimmen, ist von jenen Funktionen ... zu abstrahieren.“ K. Marx, Kapital 3. S. 278f.
„Die rein kaufmännischen Zirkulationskosten (also mit Ausschluss der Kosten für Spedition, Transport, Aufbewahrung etc.) lösen sich auf in die Kosten, die nötig sind, um den Wert der Ware zu realisieren, ihn, sei es aus Ware in Geld oder aus Geld in Ware zu verwandeln...
Es wird dabei gänzlich abgesehen von etwaigen Produktionsprozessen, die während des Zirkulationsakts fortdauern und von denen das kaufmännische Geschäft ganz getrennt existieren kann;
wie in der Tat z.B. die wirkliche Transportindustrie und die Spedition vom Handel ganz verschiedene Industriezweige sein können und sind.... Der Fuhrunternehmer, der Eisenbahndirigent, der Schiffsreeder sind keine ‚Kaufleute‘.
Die Kosten, die wir hier betrachten, sind die des Kaufens und die des Verkaufens.“ K. Marx, Kapital 3. S. 300.
„Man hat gesehen, dass das Dasein des Kapitals als Warenkapital und die Metamorphose, die es innerhalb der Zirkulationssphäre... als Warenkapital durchläuft, ... eine Phase des Reproduktionsprozesses des industriellen Kapitals bildet, also seines Gesamtproduktionsprozesses;
dass es sich zugleich aber in dieser seiner Funktion als Zirkulationskapital von sich selbst als Produktionskapital unterscheidet.
Es sind zwei gesonderte, unterschiedene Existenzformen desselben Kapitals.“ K. Marx, Kapital 3. S. 279.
„Das Warenhandlungskapital nun ist nichts als die verwandelte Form eines Teils dieses beständig auf dem Markt befindlichen, in dem Prozess der Metamorphose befindlichen und stets von der Zirkulationssphäre umfangenen Zirkulationskapitals.
Wir sagen eines Teils, weil ein Teil des Warenverkaufs und -kaufs beständig direkt zwischen den industriellen Kapitalisten selbst vorgeht. Von diesem Teil abstrahieren wir ganz in dieser Untersuchung, da er zur ... Einsicht in die spezifische Natur des Kaufmannskapitals nicht beiträgt und andererseits für unseren Zweck erschöpfend bereits in Buch II dargestellt worden.“ K. Marx, Kapital 3. S. 279f.
„Der Warenhändler ... tritt zunächst auf den Markt als Repräsentant einer gewissen Geldsumme, die er als Kapitalist vorschießt...
Aber für ihn nicht nur als Kapitalisten überhaupt, sondern speziell als Warenhändler ist es selbstredend, dass sein Kapital ursprünglich in der Form des Geldkapitals auf dem Markt erscheinen muss, denn er produziert keine Waren, sondern handelt nur mit ihnen, vermittelt ihre Bewegung, und um mit ihnen zu handeln, muss er sie zuerst kaufen, also Besitzer von Geldkapital sein.“ K. Marx, Kapital 3. S. 280.
„Gesetzt, ein Warenhändler besitze 50000 Euro, die er als Handlungskapital verwertet. Er kauft mit diesen 50000 Euro z.B. 30000 Meter Leinwand vom Leinwandfabrikanten... Er verkauft diese 30000 Meter. Wenn die jährliche Durchschnittsprofitrate = 10 % und er nach Abzug aller Nebenkosten 10 % jährlichen Profit macht, so hat er am Ende des Jahres die 50000 Euro in 55000 Euro verwandelt.
Wie er diesen Profit macht, ist eine Frage, die wir erst später behandeln.
Hier wollen wir zunächst die bloße Form der Bewegung seines Kapitals betrachten. Er kauft mit den 50000 Euro beständig Leinwand und verkauft beständig diese Leinwand;
Er wiederholt beständig diese Operation des Kaufens, um zu verkaufen, G - W - G‘....“ K. Marx, Kapital 3. S. 280.
„Was den Leinwandfabrikanten betrifft, so hat er mit dem Geld des Kaufmanns den Wert seiner Leinwand realisiert, ... dessen Verwandlung in Geld vollzogen und kann nun... das Geld rückverwandeln in Garn, Kohle, Arbeitslohn etc., andererseits in Lebensmittel etc. zum Verzehr seiner Revenue; er kann also ... im Produktionsprozess fortfahren.
Aber obgleich für ihn, den Produzenten der Leinwand, ihre Metamorphose in Geld, ihr Verkauf stattgefunden hat, hat sie noch nicht stattgefunden für die Leinwand selbst. Sie befindet sich nach wie vor auf dem Markt als Warenkapital mit der Bestimmung ... verkauft zu werden. Mit dieser Leinwand hat sich nichts zugetragen als ein Wechsel in der Person ihres Besitzers. Ihrer eigenen Bestimmung nach... ist sie nach wie vor Warenkapital, verkäufliche Ware; nur dass sie jetzt in der Hand des Kaufmanns, statt früher des Produzenten ist.
Die Funktion, sie zu verkaufen ... ist dem Produzenten durch den Kaufmann abgenommen und in sein besonderes Geschäft verwandelt worden....“ K. Marx, Kapital 3. S. 280.
„Gesetzt, es gelinge dem Kaufmann nicht, die 30000 Meter zu verkaufen während des Intervalls, das der Leinwandproduzent braucht, um von neuem 30000 Meter ... auf den Markt zu werfen. Der Kaufmann kann sie nicht von neuem kaufen, weil er noch die 30000 unverkauften Meter auf Lager hat und sie ihm noch nicht rückverwandelt sind in Geldkapital. Es tritt dann Stockung ein, Unterbrechung der Reproduktion...
Hier zeigt es sich also in der Tat handgreiflich, dass die Operationen des Kaufmanns weiter nichts sind als die Operationen, die überhaupt verrichtet werden müssen, um das Warenkapital des Produzenten in Geld zu verwandeln...
Das Warenhandlungskapital ist also durchaus nichts anderes als das Warenkapital des Produzenten, das ... seine Funktion als Warenkapital auf dem Markt zu verrichten hat, nur dass diese Funktion statt als beiläufige Operation des Produzenten nun als ausschließliche Operation einer besonderen Gattung von Kapitalisten, der Warenhändler, erscheint...“ K. Marx, Kapital 3. S. 281.
„Müsste der Leinwandproduzent warten, bis seine Leinwand wirklich aufgehört hat, Ware zu sein, bis sie an den letzten Käufer... übergegangen ist, so wäre sein Reproduktionsprozess unterbrochen. Oder um ihn nicht zu unterbrechen, hätte er seine Operationen einschränken müssen, einen geringeren Teil seiner Leinwand in Garn, Kohlen, Arbeit etc. kurz in die Elemente des produktiven Kapitals verwandeln und einen größeren Teil davon als Geldreserve bei sich behalten müssen, damit, während ein Teil seines Kapitals sich als Ware auf dem Markt befindet, ein anderer Teil den Produktionsprozess fortsetzen könne... Diese Teilung seines Kapitals wird durch die Dazwischenkunft des Kaufmanns nicht beseitigt. Aber ohne letztere müsste der in Form von Geldreserve vorhandene Teil des Zirkulationskapitals stets größer sein ... Statt dessen kann der Produzent nun einen größeren Teil seines Kapitals beständig im eigentlichen Produktionsprozess anwenden, einen geringeren als Geldreserve.“ K. Marx, Kapital 3. S. 286.
„Der Kaufmann verkauft definitiv die Ware, also die Leinwand, an den Konsumenten, ob dies nun ein produktiver Konsument ... oder ein individueller, der die Leinwand zu seinem Privatgebrauch vernutzt.
Dadurch kehrt ihm das vorgeschossene Kapital (mit Profit) zurück, und er kann die Operation von neuem beginnen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 283.
„Was für das in seinem Reproduktionsprozess befindliche industrielle Kapital sich einfach als W - G, ... bloßen Verkauf darstellt, stellt sich für den Kaufmann dar als G - W - G‘, ... und daher als Rückfluss des Geldkapitals...“ K. Marx, Kapital 3. S. 283f.
„Die Verwandlung von Ware (Produkt) in Geld und von Geld in Ware (Produktionsmittel) ist eine notwendige Funktion des industriellen Kapitals und daher notwendige Operation des Kapitalisten... Der Kaufmann, indem er diese Operationen vollzieht..., tritt bloß an die Stelle des industriellen Kapitalisten.“ K. Marx, Kapital 3. S. 300.
„Im übrigen muss angenommen werden, dass mit der Teilung zwischen kaufmännischem und industriellem Kapital Zentralisation der Handelskosten und daher Verringerung derselben verbunden ist.“ K. Marx, Kapital 3. S. 303.
„Falls das Kaufmannskapital nicht seine notwendigen Proportionen überschreitet, ist anzunehmen:
1. dass infolge der Teilung der Arbeit das Kapital, das sich ausschließlich mit Kaufen und Verkaufen beschäftigt... kleiner ist, als es wäre, wenn der industrielle Kapitalist den ganzen kaufmännischen Teil seines Geschäfts selbst betreiben müsste;
2. dass, weil der Kaufmann ausschließlich mit diesem Geschäft sich befasst, nicht nur für den Produzenten seine Ware früher in Geld verwandelt wird, sondern das Warenkapital selbst rascher seine Metamorphose durchmacht, als es in der Hand des Produzenten tun würde;
3. dass, das gesamte Kaufmannskapital im Verhältnis zum industriellen Kapital betrachtet, ein Umschlag des Kaufmannskapitals nicht nur die Umschläge vieler Kapitale in einer Produktionssphäre, sondern die Umschläge einer Anzahl von Kapitalen in verschiedenen Produktionssphären vorstellen kann.
Das erstere ist der Fall, wenn z. B. der Leinwandhändler, nachdem er mit seinen 50000 Euro das Produkt eines Leinwandproduzenten gekauft und wieder verkauft hat, bevor derselbe Produzent dasselbe Quantum Waren wieder auf den Markt wirft, das Produkt eines anderen oder mehrerer Leinwandproduzenten kauft und dies wieder verkauft, so die Umschläge verschiedener Kapitale in derselben Produktionssphäre vermittelnd.
Das zweite, wenn der Kaufmann, z. B. nach dem Verkauf der Leinwand, nun Seide kauft, also den Umschlag eines Kapitals in einer anderen Produktionssphäre vermittelt.“ K. Marx, Kapital 3. S. 286f.
„Je rascher das Kaufmannskapital umschlägt, um so kleiner, je langsamer es umschlägt, um so größer ist der Teil des gesamten Geldkapitals, das als Kaufmannskapital figuriert.
Je unentwickelter die Produktion, desto größer die Summe des Kaufmannskapitals im Verhältnis zur Summe der überhaupt in Zirkulation geworfenen Waren;
desto kleiner aber ist es absolut oder verglichen mit entwickelteren Zuständen. Umgekehrt, umgekehrt. In solchen unentwickelten Zuständen befindet sich daher der größte Teil des eigentlichen Geldkapitals in den Händen der Kaufleute, deren Vermögen so den anderen gegenüber das Geldvermögen bildet.“ K. Marx, Kapital 3. S. 288.
„Die Geschwindigkeit der Zirkulation des vom Kaufmann vorgeschossenen Geldkapitals hängt ab:
1. von der Geschwindigkeit, womit sich der Produktionsprozess erneuert....; und
2. von der Geschwindigkeit der Konsumtion.“ K. Marx, Kapital 3. S. 288.
„Es ist nicht nötig, dass das Kaufmannskapital bloß den oben betrachteten Umschlag durchmacht, für seinen ganzen Wertumfang erst Ware zu kaufen und sie dann zu verkaufen. Sondern der Kaufmann macht gleichzeitig beide Bewegungen durch.
Sein Kapital teilt sich dann in zwei Teile. Der eine besteht aus Warenkapital und der andere aus Geldkapital. Er kauft hier und verwandelt damit sein Geld in Ware.
Er verkauft dort und verwandelt damit einen anderen Teil des Warenkapitals in Geld.
Auf der einen Seite strömt ihm sein Kapital als Geldkapital zurück, während auf der anderen ihm Warenkapital zufließt... Dies wechselt sich ab und gleicht sich aus.“ K. Marx, Kapital 3. S. 288f.
„Das Warenhandlungskapital, ... das sich in der Gestalt von Warenkapital oder Geldkapital in der Hand des Kaufmanns befindet, ist .... der Teil des Gesamtkapitals, der, abgesehen von den Revenue-Ausgaben, beständig als Kaufmittel auf dem Markt zirkulieren muss, um die Kontinuität des Reproduktionsprozesses in Gang zu halten.
Er ist um so kleiner im Verhältnis zum Gesamtkapital, je rascher der Reproduktionsprozess und je entwickelter die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel, d.h. des Kreditsystems.“ K. Marx, Kapital 3. S. 289f.
„Verbindet sich mit der Anwendung des Geldes als Zirkulationsmittel die als Zahlungsmittel und das darauf erwachsende Kreditsystem, so vermindert sich noch ferner der Geldkapitalanteil des Kaufmannskapitals im Verhältnis zur Größe der Transaktionen...
Kaufe ich für 10000 Euro Wein auf 3 Monate Ziel, und habe ich den Wein verkauft gegen bar vor Ablauf der drei Monate, so ist für diese Transaktion kein Heller vorzuschießen.“ K. Marx, Kapital 3. S. 289.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg