Kapital 3.747 - 780
44. Kapitel
Differentialrente auch auf dem schlechtesten bebauten Boden
(Sonderfall der Differentialrente II:
Die Kornernte muss für vermehrte Nachfrage gesteigert werden durch zusätzliche Kapitalauslage auf dem zweitschlechtesten Boden B. Anderer Boden steht nicht zur Verfügung. Dort wurde die bisherige Kornmenge zu zweitschlechtesten Bedingungen produziert, die zusätzliche Kornmenge aber zu Bedingungen, die schlechter sind als auf schlechtesten Boden A. So werden die über A erhöhten Produktionskosten der zusätzlichen Kornmenge zum regulierenden Produktionspreis.
Da dieser neue, regulierende Produktionspreis über den Produktionskosten des Bodens A liegt, macht auch Boden A einen Extraprofit und wirft eine Rente ab.)

45. Kapitel
Die absolute Grundrente
„Bei Analyse der Differentialrente wurde ausgegangen von der Voraussetzung, dass der schlechteste Boden keine Grundrente zahlt oder, um es allgemeiner auszudrücken, dass nur der Boden Grundrente zahlt, für dessen Produkt der individuelle Produktionspreis unter dem den Markt regulierenden Produktionspreis steht, so dass in dieser Weise ein Extraprofit entspringt, der sich in Rente verwandelt.“ K. Marx, Kapital 3. : 756.
„Nennen wir den allgemeinen, den Markt regulierenden Produktionspreis P, so fällt P für das Produkt der schlechtesten Bodenart A mit ihrem individuellen Produktionspreis zusammen; d.h. es zahlt der Preis das in der Produktion verzehrte konstante und variable Kapital plus dem Durchschnittsprofit (= Unternehmergewinn plus Zins). Die Rente ist hier gleich Null.“ K. Marx, Kapital 3. : 756.
„Der individuelle Produktionspreis der nächstbesseren Bodenart B = P‘, und P ist größer als P‘, d.h. P zahlt mehr als den wirklichen Produktionspreis des Produkts der Bodenklasse B.
Es sei nun P - P‘ = d; d, der Überschuss von P über P‘, ist daher der Extraprofit, den der Pächter dieser Klasse B macht. Dies d verwandelt sich in Rente, die dem Grundeigentümer zu zahlen ist.“ K. Marx, Kapital 3. : 756.
„Gesetzt nun, für die Bodenklasse A sei die Voraussetzung falsch, dass die Rente = 0  und daher der Preis ihres Produkts = P + 0. Sie zahle vielmehr auch eine Rente = r.
In diesem Fall folgt zweierlei.
Erstens: der Preis des Bodenprodukts der Klasse A wäre nicht reguliert durch seinen Produktionspreis, sondern enthielte einen Überschuss über diesen, wäre = P + r. ...
Der regulierende Marktpreis des gesamten, auf dem Markt befindlichen Produkts aller Bodenarten wäre dann nicht der Produktionspreis, den das Kapital überhaupt in allen Produktionssphären abwirft, d.h. ein Preis gleich den Auslagen plus dem Durchschnittsprofit, sondern er wäre der Produktionspreis plus der Rente, P + r.“ K. Marx, Kapital 3. : 756.
„Dennoch wäre aber zweitens in diesem Fall, obgleich der allgemeine Preis des Bodenprodukts wesentlich modifiziert würde, das Gesetz der Differentialrente in keiner Weise hierdurch aufgehoben.
Denn wenn der Preis des Produkts der Klasse A, und damit der allgemeine Marktpreis, = P + r, so wäre der Preis der Klassen B, C, D etc. ebenfalls = P + r.
Aber da für Klasse B P - P‘ = d, so wäre (P + r) - (P‘ + r) ebenfalls = d ....
Die Differentialrente wäre also nach wie vor dieselbe und wäre durch dasselbe Gesetz geregelt, obgleich die Rente ein von diesem Gesetz unabhängiges Element enthielte und gleichzeitig mit dem Preis des Bodenprodukts einen allgemeinen Zuwachs erführe.“ K. Marx, Kapital 3. : 757.
„Das Gesetz der Differentialrente ist also von dem Ergebnis der folgenden Untersuchung unabhängig.“ K. Marx, Kapital 3. : 757.
„Der Umstand, dass der Pächter (von Boden A) sein Kapital zum gewöhnlichen Profit verwerten könnte, wenn er keine Rente zahlt, ist durchaus kein Grund für den Grundeigentümer, dass er seinen Boden dem Pächter umsonst leiht.“ K. Marx, Kapital 3. : 758.
„... der Umstand, dass der schlechteste Boden Rente abwerfen muss, damit seine Bebauung überhaupt erlaubt wird, wäre die Ursache des Steigens der Getreidepreise bis zu dem Punkt, wo diese Bedingung erfüllt werden kann.“ K. Marx, Kapital 3. : 763.
„Das bloße juristische Eigentum am Boden schafft dem Eigentümer keine Grundrente. Wohl aber gibt es ihm die Macht, seinen Boden solange der Ausbeutung zu entziehen, bis die ökonomischen Verhältnisse eine Verwertung desselben erlauben, die ihm einen Überschuss abwirft, sei es, dass der Boden zur eigentlichen Agrikultur verwandt werde, sei es zu anderen Produktionszweigen, wie Bauten etc.... Er verpachtet erst, sobald ihm ein Pachtgeld gezahlt werden kann. Der Marktpreis muss also über den Produktionspreis gestiegen sein zu P + r, so dass dem Grundeigentümer eine Rente gezahlt werden kann.“ K. Marx, Kapital 3. : 765f.
„Es folgt endlich, dass in diesem Fall nicht die Verteuerung des Produkts Ursache der Rente, sondern die Rente Ursache der Verteuerung des Produkts ist.
Wenn der Preis des Produkts der Flächeneinheit des schlechtesten Bodens = P + r, so steigen alle Differentialrenten um das entsprechende Mehrfache von r, da nach der Voraussetzung P + r der regulierende Marktpreis wird.“ K. Marx, Kapital 3. : 771.
„Die Differentialrente hat das Eigentümliche, dass das Grundeigentum hier nur den Extraprofit abfängt, den sonst der Pächter einstecken würde... Das Grundeigentum ist hier nur die Ursache der Übertragung eines ohne sein Zutun... erwachsenden Teils des Warenpreises, der sich in Extraprofit auflöst - der Übertragung dieses Preisteils ... vom Kapitalisten auf den Grundeigentümer. Aber das Grundeigentum ist hier nicht die Ursache, welche dieses Bestandteil des Preises schafft oder die Preissteigerung, die er voraussetzt.
Dagegen, wenn die schlechteste Bodenart A nicht bebaut werden kann - obgleich ihre Bebauung den Produktionspreis abwerfen würde -, bis sie einen Überschuss über diesen Produktionspreis abwirft, so ist das Grundeigentum der schöpferische Grund dieser Preissteigerung. Das Grundeigentum selbst hat Rente erzeugt.“ K. Marx, Kapital 3. : 763.
„Das Grundeigentum ist hier die Barriere, die keine neue Kapitalanlage auf bisher unbebautem oder unverpachteten Boden erlaubt, ohne Zoll zu erheben, d.h. ohne eine Rente zu verlangen... Infolge der Schranke..., die das Grundeigentum setzt, muss der Marktpreis bis zu einem Punkt steigen, wo der Boden einen Überschuss über den Produktionspreis, d.h. eine Rente zahlen kann.“ K. Marx, Kapital 3. : 770.
„Das Wesen der absoluten Rente besteht also darin: gleich große Kapitale in verschiedenen Produktionssphären produzieren, je nach ihrer verschiedenen Durchschnittszusammensetzung, bei gleicher Rate des Mehrwerts oder gleicher Ausbeutung der Arbeit verschiedene Massen von Mehrwert.
In der Industrie gleichen sich diese verschiedenen Massen von Mehrwert zum Durchschnittsprofit uns und verteilen sich auf die einzelnen Kapitale gleichmäßig als auf aliquote Teile des Gesellschaftskapitals.
Das Grundeigentum ... hindert diese Ausgleichung für die im Boden angelegten Kapitale und fängt einen Teil des Mehrwerts ab, der sonst in die Ausgleichung zur allgemeinen Profitrate eingehen würde.
Die Rente bildet dann einen Teil des Werts, spezieller des Mehrwerts der Waren, der nur statt der Kapitalistenklasse, die ihn aus den Arbeitern extrahiert hat, den Grundeigentümern zufällt, die ihn aus den Kapitalisten extrahieren.“ K. Marx, Kapital 3. : 779f.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg