Dokumentiert:
Antifaschistische Befreiung
ohne Amis und Russen

 

von Gerd Bedszent

 

Eine Freie Republik Schwarzenberg gibt es in keinem Geschichtslehrbuch. In den bundesdeutschen nicht, da die meisten Protagonisten dieses kurzlebigen politischen Gebildes einer unerwünschten Weltanschauung anhingen. Doch auch in der DDR tat man sich schwer damit, daß im Mai und Juni 1945 in einem unbesetzt gebliebenen Gebiet Kommunisten gemeinsam mit anderen Antifaschisten ohne Weisung ihrer Parteiführung mit den Resten der Naziherrschaft aufgeräumt und ihre Geschicke in die eigenen Hände genommen hatten. Lediglich in Fachpublikationen der Historiker und in lokalen Blättern der südlichen DDR-Bezirke fanden sich gelegentlich Hinweise auf das damalige Geschehen. Was in der Geschichtsschreibung weitgehend verschwiegen wurde, fand sich wie so oft in der Literatur wieder.

 

Johannes Arnold beschrieb in seinem im Jahre 1969 erschienenen Roman Aufstand der Totgesagten, wie in der unbesetzt gebliebenen Kleinstadt Waldenberg eine Handvoll Kommunisten, gestützt auf die bewaffnete Arbeiterschaft, die Naziherrschaft stürzte, und gegen den Widerstand von Landrat und Pfarrer durchsetzte, daß die Stadt nicht von US-amerikanischen, sondern von sowjetischen Truppen besetzt wurde. Ein weiterer Hinweis findet sich in Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W., dessen jugendlicher Held Edgar Wibeau gewiß nicht zufällig aus einer Stadt Mittenberg stammt, die doch General Brussilow oder wer beinah vergessen (hätte) einzunehmen. Offen in die Historie gestellt hat Stefan Heym seinen 1984 in der Bundesrepublik erschienenen Roman Schwarzenberg. Von Heym stammt auch die Bezeichnung Freie Republik Schwarzenberg. Der literarische Erfolg von Stefan Heyms Entwurf einer Utopie die hier im wahren und bösesten, nämlich militärischen Sinne ein Niemands-Land ist rief endlich linke Historiker auf den Plan, die sich im Mai 1995 auf einer Fachtagung vor Ort mit der Geschichte des Landkreises Schwarzenberg im Frühjahr 1945 auseinandersetzten. Und noch immer ist wie die im Jahre 2004 erschienene Erzählung Das unbesetzte Gebiet von Volker Braun belegt die literarische Aufarbeitung dieser kurzen Episode am Ende des Zweiten Weltkrieges noch nicht abgeschlossen.

 

 

Strategische Pufferzone

 

Warum das Gebiet von Schwarzenberg sechs Wochen lang von keiner der Siegermächte besetzt wurde, schien lange Zeit ein Rätsel. Gemäß Vereinbarung zwischen den Alliierten sollte Schwarzenberg von US-Truppen besetzt werden. Diese hatten zunächst einige Vorausabteilungen in das Gebiet geschickt, sie dann aber wieder zurückgezogen. Einheimische vermuteten damals einen geographischen Irrtum im Landkreis Schwarzenberg tragen mehrere Flüsse den Namen Mulde. Stefan Heym ließ daher in seinem Roman einen US-Lieutenant und einen Sergeanten mittels Münzwurf Schicksal spielen. Neueste historische Untersuchungen belegen jedoch, daß es sich keineswegs um ein Versehen oder eine Verwechslung gehandelt hatte.

 

Am 12. April 1945 traf sich der spätere Hitler-Nachfolger Großadmiral Karl Dönitz in Bern mit dem Beauftragten der US-Regierung, Allen Dulles. Es wurde vereinbart, daß im westlichen Erzgebirge ein Bereich unbesetzt bleiben sollte, damit sich dort die aus der Tschechoslowakei in Richtung Norden flüchtenden Wehrmachtseinheiten sammeln konnten. Hintergrund dieser Vereinbarung war, daß bestimmte Kreise in Großbritannien und den USA offenbar anstrebten, den Zweiten Weltkrieg nach der Niederlage Deutschlands nahtlos gegen die Sowjetunion weiterzuführen. Zwei Pufferzonen im Erzgebirge und im Norden Schleswig-Holsteins sollten offenbar den sich aus der Tschechoslowakei und Dänemark zurückziehenden deutschen Truppen als vorläufiges Refugium bleiben, damit sie gegebenenfalls auf seiten der Westmächte gegen die Sowjetunion eingesetzt werden konnten.

 

In Norddeutschland schien dieser Plan zunächst aufzugehen mehrere Wochen hindurch konnten sich dort Wehrmachtsverbände und Marineeinheiten unter der Oberhoheit des in Flensburg residierenden Dönitz neu formieren, bis unter dem Druck der Weltöffentlichkeit am 23. Mai britische Truppen Dönitz verhafteten und dem Nazispuk auch dort endlich ein Ende bereiteten.

 

Im westlichen Erzgebirge ging dieser Plan jedoch von Anfang an nicht auf. Ein wichtiger Grund war wohl die zunehmende Demoralisierung der deutschen Truppen. Obwohl am 7. Mai in Aue ein entsprechender Befehl der Dönitz-Regierung bekanntgegeben wurde (...der Kampf gegen die Westmächte (ist) eingestellt. Der Kampf gegen den Bolschewismus geht weiter), dachten die meisten Wehrmachtsverbände nur noch daran, sich vor der Sowjetarmee in die Gefangenschaft der US-Truppen zu flüchten. Zum anderen lag dies an der Machtübernahme der Antifaschisten in der unbesetzten Zone. Die von ihnen installierte Polizei ging sofort daran, alle noch existierenden Wehrmachtsdienststellen aufzulösen und die führungslos umherziehenden Truppen zu entwaffnen.

 

 

Sturz der Naziverwaltung

 

Das unbesetzte Gebiet von Schwarzenberg umfaßte in der Zeit seiner größten Ausdehnung etwa 2000 Quadratkilometer, im wesentlichen die freie Kreisstadt Aue und die Landkreise Schwarzenberg und Stollberg mit zusammen zirka 500000 Einwohnern. Das Gebiet war eingeschlossen im Norden und Westen von General Bradleys 12. US Army, die bis Auerbach und Zwickau vorgestoßen war, nach der erwähnten Vereinbarung mit Dönitz aber ihren Vormarsch am 13. April 1945 gestoppt hatte. Im Osten war Marschall Konews 1. Ukrainische Front bis Annaberg und Chemnitz vorgerückt und dann vereinbarungsgemäß am 13. Längengrad stehengeblieben. Südlich des unbesetzten Gebietes lag die Grenze zur Tschechoslowakischen Republik, wo im April und Mai 1945 die Reste der 7. deutschen Armee unter Generalfeldmarschall Schörner zum Teil noch gegen die sowjetischen Truppen kämpften, zum Teil schon in panischer Flucht nach Norden und Westen zurückwichen.

 

Im Norden des Schwarzenberger Gebietes bei Chemnitz standen sich sowjetische Truppen und US-Verbände direkt gegenüber. Weiter nördlich davon zwischen den Kleinstädten Rochlitz und Mittweida gab es eine weitere, kleinere unbesetzte Zone, die jedoch nur kurze Zeit existierte.

 

Das westliche Erzgebirge war bis April 1945 von direkten Kriegseinwirkungen weitgehend verschont geblieben. Dann kehrte der Krieg auch hier an seinen Ursprungsort zurück. Wehrmachtseinheiten marschierten von Ost nach West, von Süd nach Nord. Kolonnen mit KZ-Häftlingen wurden hin- und hergetrieben, viele unterwegs von den Wachen ermordet. Örtliche Nazis erließen Durchhaltebefehle, zwangen Jugendliche und Invaliden in den sogenannten Volkssturm. Standgerichte vollstreckten Todesurteile gegen kriegsmüde Soldaten. SS-Leute ermordeten ausländische Zwangsarbeiter und gingen mit Waffengewalt gegen jeden vor, der eine weiße Fahne zeigte.

 

Am 8. Mai 1945 kapitulierte das Deutsche Reich. Das Gebiet um Schwarzenberg blieb weiter unbesetzt. Marodeure zogen plündernd von Ort zu Ort, terrorisierten die Bevölkerung. Die staatlichen Strukturen begannen zu zerfallen, die nach Oberwiesenthal geflüchtete sächsische Landesregierung löste sich auf.

 

Als am 11. Mai die Situation in dem unbesetzten Gebiet noch immer unverändert war, traf sich in Schwarzenberg eine Gruppe von fünf Männern und einer Frau vier Kommunisten und zwei Sozialdemokraten. Der ehemalige Stadtrat Willy Irmisch überzeugte seine Genossen von der Notwendigkeit schnellen Handelns, woraufhin sie einen antifaschistischen Aktionsausschuß bildeten. Der spätere Polizeichef Schwarzenbergs, Paul Korb, rückblickend: Und dann, als sich nichts tat, als weder die Amis noch die Sowjets kamen und die Stadt weiterhin von der faschistischen Verwaltung Bürgermeister, Landrat, Polizei und die Partei der Nazis beherrscht wurde, sagten wir uns: jetzt müssen wir selbst etwas tun.

 

Noch am selben Abend besetzen bewaffnete Arbeiter das Rathaus, entwaffneten Polizei und Bürgerwehr und zwangen den Bürgermeister Dr. Rietsch zum Rücktritt. Der parteilose Landrat Dr. Hänichen (ein ehemaliges Mitglied des deutschnationalen Stahlhelm, er wurde 1934 aus der SA ausgeschlossen) wurde im Amt belassen und arbeitete in der Folge mit dem Aktionsausschuß zusammen. Der Kommunist Willy Irmisch wurde zum provisorischen Bürgermeister ernannt, der Kommunist Paul Korb zum Leiter der antifaschistischen Stadtpolizei.

 

 

Hauptproblem Hunger

 

Das Beispiel Schwarzenberg machte im unbesetzten Gebiet schnell Schule. Ebenfalls am 11. Mai bildeten im benachbarten Schneeberg 13 Antifaschisten einen Aktionsausschuß und erzwangen ihren Eintritt in die Stadtverwaltung. Bereits am 7. Mai war es in Stollberg zu einer Machtübernahme durch Antifaschisten gekommen, am 9. Mai in Aue. In den Folgetagen wiederholte sich ähnliches auch in Raschau, Johanngeorgenstadt und anderen Gemeinden der Umgebung.

 

Zur Gründung einer Republik Schwarzenberg kam es jedoch nicht. Die Aktionsausschüsse der einzelnen Städte und Dörfer agierten zunächst weitgehend unabhängig voneinander. Erst am 26. Mai wurde ein gemeinsamer Bezirksaktionsausschuß gegründet, der jedoch erst nach Wochen als übergreifende Exekutive allgemein anerkannt wurde. Die in Stefan Heyms Roman dokumentierte demokratisch-sozialistische Verfassung von Schwarzenberg ist somit jedenfalls eine literarische Fiktion. In dem von Willy Irmisch unterzeichneten Aufruf vom 16. Mai 1945 heißt es nüchtern und prosaisch: Ich bin vom Landrat ab 12. Mai 1945 zum kommissarischen Bürgermeister der Stadt Schwarzenberg bestellt worden. Alle nationalsozialistischen Gesetze sind außer Kraft gesetzt. Im Moment ist jedoch keine Zeit, neue Gesetze zu erlassen und große Reden zu halten. Die vordringlichste Aufgabe ist die Sicherstellung der Ernährung für unsere Bevölkerung.

 

Und das war es in der Tat. Die Verkehrsverbindungen zu den besetzten Gebieten in Ost und West waren unterbrochen. Die Bergbauregion im westlichen Erzgebirge verfügte über nur wenig Landwirtschaft und konnte sich somit nicht selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. Die Städte und Gemeinden waren von Kriegsflüchtlingen überfüllt. In Schulen und Krankenhäusern lagen Hunderte verwundeter Wehrmachtssoldaten. Aus ganz Europa nach Deutschland verschleppte Zwangsarbeiter warteten vergeblich auf den Rücktransport in ihre Heimat. Und sie alle wollten ernährt werden. Vorräte jedoch waren kaum vorhanden. In den wenigen Wochen der Existenz des unbesetzten Gebietes war die drohende Hungerkatastrophe Hauptproblem der antifaschistischen Selbstverwaltungen.

 

Gemeinsam mit dem Landrat konnten die Aktionsausschüsse einige Erfolge erzielen. Von führenden Nazis angelegte Lebensmittellager wurden beschlagnahmt und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt, Plünderungen weitgehend unterbunden. Die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser wurde sichergestellt, ein Eisenbahnverkehr innerhalb des unbesetzten Gebietes organisiert und eine antifaschistische Zeitung herausgegeben. Die verschleppten Zwangsarbeiter und ein Großteil der Kriegsflüchtlinge konnten zurück in ihre Heimatregionen evakuiert werden. Zur Sicherung der Geldwirtschaft wurde vom Landrat eigenes Notgeld gedruckt und in Umlauf gebracht. Es gab auch eigene Briefmarken: Das Hitler-Porträt wurde kurzerhand mit der Silhouette des Schwarzenberger Schlosses überstempelt inzwischen eine philatelistische Kostbarkeit.

 

Ebenso wichtig war auch die Sicherung der antifaschistischen Ordnung: Wehrmachtsdienststellen und Werwolf-Lager der Hitlerjungen wurden gewaltsam aufgelöst, marodierende Soldatentrupps entwaffnet. In allen Orten erhielten die nach Nazi-Größen benannten Straßen und Plätze wieder ihren ursprünglichen Namen. Es gab bewaffnete Auseinandersetzungen mit SS-Leuten, die in mehreren Orten die antifaschistischen Gemeindevertretungen bedrohten. Noch Anfang Juni wurden die letzten in den Wäldern um Schwarzenberg und Sosa umherstreifenden Nazisoldaten in einer gemeinsamen Aktion von sowjetischen Truppen und Antifa-Polizei aufgespürt und festgenommen. Den spektakulärsten Erfolg erzielten die Antifaschisten jedoch am 16. Mai, als sie den sächsischen Nazi-Gauleiter Martin Mutschmann, einen persönlichen Freund Hitlers, in der Gemeinde Tellerhäuser aufspürten. Auf der Flucht wurde er von der Antifa-Polizei Oberwiesenthal festgenommen, nach Annaberg überstellt und dort auf dem Marktplatz barfuß an den Pranger gestellt. Im Annaberger Tageblatt hieß es dazu: Die Bevölkerung, die über 10 Jahre auch in unserem Bezirk von den Partei-Aposteln der NSDAP zur Anbetung dieses politisch verblödeten Nazigötzen gezwungen worden ist, atmete erleichtert auf ... Mutschmanns Spur verliert sich in einem sowjetischen Internierungslager.

 

 

Unerwünschte Basisdemokratie

 

Die Bildung antifaschistischer Aktionsausschüsse in der Phase der zusammenbrechenden Naziherrschaft war nicht auf das unbesetzte Gebiet um Schwarzenberg beschränkt. Historiker gehen davon aus, daß es deutschlandweit etwa 500 solcher Aktionsausschüsse meist bestehend aus Kommunisten, Sozialdemokraten und Anhängern kleinerer linker Gruppen gegeben hat. Ihnen allen war kein langes Dasein beschieden. Alle Besatzungsmächte wünschten eine Zusammenarbeit mit funktionierenden Verwaltungsbürokraten und hatten mit basisdemokratischen Experimenten nichts im Sinn. Vielerorts wurden die Aktionsausschüsse daher kurz nach dem Einzug der Befreier zwangsweise aufgelöst so verbot zum Beispiel die US-Militärbehörde am 4. Mai 1945 den in Zwickau gebildeten Antifa-Ausschuß. Anderenorts wird es Selbstauflösungen gegeben haben, indem sich ihre Mitglieder in die neu entstehenden Parteistrukturen integrierten. Das Besondere an dem unbesetzten Gebiet von Schwarzenberg bestand darin, daß die spontan entstandenen überparteilichen Antifa-Strukturen hier mehrere Wochen hindurch die reale Macht innehatten und somit den Beweis für ihre Funktionsfähigkeit erbrachten.

 

Schwarzenberg mußte eine Episode bleiben. Als Ergebnis der Verhandlungen zwischen der Sowjetunion und den Westalliierten kam es zu einem Gebietsaustausch: In die westlichen Bezirke von Berlin marschierten britische, französische und US-amerikanische Truppen ein. Im Gegenzug zogen sie sich aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zurück. Die so neu entstandene Abgrenzung der Interessenssphären sollte über 40 Jahre zugleich die Grenze zwischen zwei deutschen Staaten mit unterschiedlichen Wirtschaftssystemen bilden.

 

Am 15. Juni 1945 begann der schrittweise Abzug der US-Truppen aus dem Erzgebirge. Am 24. Juni 1945 teilte Landrat Hänichen wahrscheinlich auf Weisung der sowjetischen Militäradministration den Bürgermeistern der Region mit, daß die Antifa-Ausschüsse sofort aufzulösen seien. Am 25. Juni rückten sowjetische Truppen in das unbesetzte Gebiet ein und eröffneten in Schwarzenberg eine Militärkommandantur. Die Zeit der Selbstbestimmung war damit vorbei ebenso wie die Verantwortung der Antifa-Ausschüsse für die Ernährung einer halben Million Menschen bei leeren Vorratshäusern.

 

Die Träger der antifaschistischen Machtübernahme im ehemals unbesetzten Gebiet wurden binnen kurzem aus den maßgeblichen Verwaltungspositionen verdrängt gefragt waren jetzt nicht mehr Mut und Eigeninitiative, sondern zuverlässiges Funktionieren sowie kritikloses Durchstellen von Richtlinien und Weisungen. Dies umso mehr, als die sowjetische Großmacht nach den Atombombenabwürfen von Hiroshima und Nagasaki besonderes Interesse an dem kleinen Erzgebirge zeigte: jahrelang wurde hier unter der Tarnbezeichnung Wismut Uranerz für das sowjetische Atomprogramm geschürft.

 

Die Episode der herrschaftlosen Zeit geriet schnell in Vergessenheit. Die Antifaschisten der ersten Stunde galten fortan bei vielen Einwohnern des Gebietes als Wegbereiter stalinistischer Repression. Bei der Kommunalwahl im Frühjahr 1946 siegte in Schwarzenberg die Blockpartei CDU sie stellt auch heute im Rathaus die stärkste Fraktion.

 

Anfang der neunziger Jahre konstituierte sich in Schwarzenberg ein Kulturverein, der sich den programmatischen Namen Freie Republik Schwarzenberg gab.

 

Wohl war Stefan Heyms Vision einer demokratisch-sozialistischen Insel zwischen Ost und West der Entstehungszeit des Romans geschuldet. Dieser ist von Zeitzeugen und Historikern immer wieder teilweise durchaus berechtigt kritisiert worden. Heym gebührt jedoch das Verdienst, auf das utopische Potential der damaligen Ereignisse hingewiesen zu haben. Denn diese sechs Wochen antifaschistischer Selbstverwaltung in einem sächsischen Landkreis zeigen, wie nach einer Zeit der Barbarei ein Neubeginn möglich ist, nachdem die alten Herrschaftsstrukturen zerbrochen wurden. Zugleich künden sie von der Kraft der sogenannten kleinen Leute und ihrer Fähigkeit, sich und einander selbst zu helfen. Insofern ist die Episode des unbesetzten Gebietes auch ein Lehrbeispiel, aus dem sich für die Zukunft manches lernen läßt.

 

Am 4. Juni diesen Jahres wird der Kulturverein Freie Republik Schwarzenberg bei den offiziellen Feiern zum Jahrestag der Befreiung in Schwarzenberg auch jener kurzen Zeit der Utopie gedenken.

 

* Verwendete Literatur:

 

Republik im Niemandsland ein Schwarzenberg-Lesebuch, hrsg.v.d. Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen e.V. , 1997

 

Freie Republik Schwarzenberg Zeugnisse einer Legende, hrsg.v. Kunstverein Schwarzenberg e.V., 1998

 

UTOPIE kreativ, Heft 57 (Juli 1995)

 

* Weiterführende Hinweise:

 

www.Freie-Republik-Schwarzenberg.de

 

Aus: Junge Welt


--> Diskussionsforum