Die Wirtschaftskrise, Update 1. Quartal 2010

verfasst von Wal Buchenberg(R), 29.07.2010, 09:14

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In der Lagerhaltung werden Rohstoffe und Vorprodukte erfasst, die die in den Fabriken vorrätig sind, um einen stockungsfreien Produktionsablauf zu ermöglichen. Je nach Branche werden Materialien im Wert von 10 bis 20 Prozent des Umsatzes bevorratet. Mit Zu- und Abflüssen der Lagerhaltung reagieren Unternehmen innerhalb von Tagen und Wochen auf konjunkturelle Änderungen. Der Rückgang der Lagerhaltung reduzierte im Jahr 2009 die Gesamtwirtschaft (Bruttoinlandsprodukt = BIP) in Deutschland um 2,2 Mrd. Euro oder minus 0,9 Prozent.

Anlageinvestitionen tätigen Kapitalisten in Erwartung künftiger Profite. Wenn die Profiterwartungen steigen, steigen auch die Investitionen. Im Jahr 2009 gingen die Anlageinvestitionen im Inland um 42,3 Mrd. Euro oder minus 1,7 Prozent zurück.

Der Konsum der Gesamtgesellschaft (privater und öffentlicher Konsum) ist aus Sicht der Gesellschaft (nicht aus Sicht der Kapitalisten!) der eigentliche Zweck der Produktion. Im Jahr 2009 stagnierte der Privatkonsum, der Staatskonsum stieg um 1,5 Mrd. Euro oder plus 0,6 Prozent. Man sieht, die Wirtschaftskrise nahm ihren Ausgangspunkt nicht bei einem rückläufigen Konsum.
Im ersten Quartal 2010 war der gesellschaftliche Konsum (privat: -0,7, öffentlich: +0,5) mit minus 0,2 leicht rückläufig. Aus Sicht der privaten Verbraucher (Lohnarbeiter, Kapitalisten und alle anderen Gesellschaftsmitglieder) hat sich die Krise im Jahr 2010 durch abnehmende Einkommen vertieft. Verantwortlich dürfte dafür vor allem die immer noch hohe Zahl der Kurzarbeiter sein. Im März 2010 waren noch 830.000 Lohnarbeiter als Kurzarbeiter gemeldet.

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Der starke Rückgang der Exporte (minus 72 Mrd. Euro) im Jahr 2009 vertiefte und verschärfte die Lage im Krisenjahr 2009. Die rasche Zunahme der Exporte im Jahr 2010 beflügelt seither den offiziellen Optimismus der Politikern und Wirtschaftsjournalisten.

Tatsächlich hat sich nichts Grundlegendes geändert. Das zeigt sich, sobald man den gesamten Zeitraum betrachtet.

Die Lagerhaltung ist immer noch unter dem Vorkrisenstand (-0,9 + 0,5 = - 0,4).
Die Investitionen sind von einem tiefen Niveau noch tiefer gerutscht (-1,7 – 0,2 = - 1,9)
Der Inlandsverbrauch ist gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen: 2009 = + 0,6 Prozent des BIP, 2010 – 0,2 Prozent des BIP.
Allein die Exporte sind angezogen. Aber sie haben die kapitalistische Wirtschaft noch nicht aus ihrem Krisental gezogen. 2009 schrumpfte das BIP um minus 4,9 Prozent. Nach dem Anstieg von plus 1,7 Prozent im ersten Quartal 2010 bleibt die Wirtschaft in Zweijahressicht im Minusbereich: -4,9 + 1,7 = - 3,2.
Hinzu kommt: Jede Exportoffensive eines Landes verschlimmert die Probleme in anderen Regionen und Ländern. Das nennen die Universitätsökonomen wirtschaftliche "Ungleichgewichte". Jede Krisennation hofft jedoch, sich durch beschleunigte Exportzahlen auf Kosten der Konkurrenz aus dem Krisental katapultieren zu können. Alle Kapitalnationen zusammen betrachtet ist und bleibt das eine Illusion. Beim Export kann der eine nur gewinnen, was der andere verliert.

Die Krise ist in Deutschland nicht vorüber und sie ist in der Welt nicht vorüber. Die Krisenursachen sind keineswegs beseitigt. Diese Krisenursachen sind:
- stagnierende oder rückläufige Profitraten in den „reifen“ Industrien der traditionellen Kapitalmächte;
- vagabundierende (fiktive) Geldmassen und Finanzprodukte in aller Welt auf der Suche nach Verzinsung und spekulativen Gewinnen;
- Überschuldung von Privatpersonen und Regierungen in den Kapitalzentren des Westens;
- Überschuldung von Banken und Industrieunternehmen in den Kapitalzentren des Westens;

Mein Resümee: Das dicke Ende kommt noch.

Wal Buchenberg, 29.07.2010