Arbeitsgeld

(Gray, Rodbertus, Proudhon)

„Die Lehre von der Arbeitszeit als unmittelbarer Maßeinheit des Geldes ist zuerst systematisch entwickelt worden von John Gray (engl. Schriftsteller, Ende 18. Jh.). Er lässt eine nationale Zentralbank vermittelst ihrer Zweigbanken die Arbeitszeit feststellen, die in der Produktion der verschiedenen Waren verbraucht wird. Im Austausch für die Ware erhält der Produzent ein offizielles Zertifikat des Werts, d. h. einen Empfangsschein für so viel Arbeitszeit, als seine Ware enthält, und diese Banknoten von 1 Arbeitswoche, 1 Arbeitstag, 1 Arbeitsstunde usw. dienen zugleich als Anweisung auf ein Äquivalent (den entsprechenden Gegenwert) in allen anderen in den Bankdocks gelagerten Waren. Das ist das Grundprinzip ... Die Produkte sollen als Waren produziert, aber nicht als Waren ausgetauscht werden. Gray überträgt einer Nationalbank die Ausführung dieses frommen Wunsches. Einerseits macht die Gesellschaft in der Form der Bank die Individuen unabhängig von den Bedingungen des Privattausches und andererseits lässt sie dieselben fortproduzieren auf der Grundlage des Privattausches. ... Die innere Konsequenz indes treibt Gray, eine bürgerliche Produktionsbedingung nach der anderen wegzuleugnen, obgleich er bloß das aus dem Waren-austausch hervorgehende Geld ‚reformieren‘ will. So verwandelt er Kapital in Nationalkapital, das Grundeigentum in National-eigentum, und wenn seiner Bank auf die Finger gesehen wird, findet sich, dass sie nicht bloß mit der einen Hand Waren empfängt und mit der anderen Zertifikate gelieferter Arbeit ausgibt, sondern die Produktion selbst reguliert. ... Was bei Gray versteckt und vor allem ihm selbst verborgen bleibt, nämlich dass das Arbeitsgeld eine ökonomisch klingende Phrase ist für den frommen Wunsch, das Geld, mit dem Geld den Tauschwert, mit dem Tauschwert die Ware, und mit der Ware die kapitalistische Form der Produktion loszuwerden, wird geradezu herausgesagt von einigen englischen Sozialisten, die teils vor, teils nach Gray schrieben.“ K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 66ff.

 

„Und wenn wir dann fragen, welche Garantie wir haben, dass von jedem Produkt die nötige Quantität und nicht mehr produziert wird, dass wir nicht an Korn und Fleisch Hunger leiden, während wir im Rübenzucker ersticken und im Kartoffelschnaps ersaufen, dass wir nicht Hosen genug haben, um unsere Blöße zu bedecken, während die Hosenknöpfe millionenweise umherwimmeln – so zeigt uns Rodbertus (dt. Ökonom, 19. Jh.) triumphierend seine famose Rechnung, wonach für jedes überflüssige Pfund Zucker, für jedes unverkaufte Fass Schnaps, für jeden unannähbaren Hosenknopf der richtige Schein ausgestellt worden ist, eine Rechnung, die genau ,aufgeht‘, nach der ,alle Ansprüche befriedigt werden und die Liquidation richtig vermittelt‘ ist.“ F. Engels, Vorwort zu Marx’ Schrift, „Elend der Philosophie“, MEW 21, 182.

 

„Man mag sich daher einbilden, man könne allen Waren zugleich den Stempel unmittelbarer Austauschbarkeit aufdrücken, wie man sich einbilden mag, man könne alle Katholiken zu Päpsten mache. Für den Kleinbürger, der in der Warenproduktion den Gipfel menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es natürlich sehr wünschenswert, der mit dieser Warenform verbundenen Missstände enthoben zu sein, namentlich auch der nicht unmittelbaren Austauschbarkeit der Waren. Die Ausmalung dieser Philisterutopie bildet Proudhons Sozialismus, der, wie ich anderswo gezeigt(Karl Marx, Elend der Philosophie, Kap. 1. Siehe MEW 4, 67–124) nicht einmal das Verdienst der Originalität besitzt, vielmehr lange vor ihm von Gray, Bray und anderen weit besser entwickelt wurde. Dies verhindert solche Weisheit nicht, heut-zutage, in gewissen Kreisen, unter dem Namen der ‚Wissenschaft‘ zu grassieren.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 82, Anm. 24.

 

„Der bürgerliche Sozialismus unterstellt ja überall, dass die Gesellschaft aus lauter Kapitalisten besteht, um nachher, von diesem Standpunkt aus, die Frage zwischen Kapital und Lohnarbeit lösen zu können.“ K. Marx, Rezensionen, MEW 7, 291.

 

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maß-einheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeits-zeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit ver-wendet. Dass es Karl Marx in Beispiel-rechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungs-einheiten ankam, darauf hatte er selbst einmal hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.

-> Diskussionsforum