Arbeitskraft
1. Arbeitskraft ist die Fähigkeit und Fertigkeit zu
einer Arbeit, Was der Lohnarbeiter
den Kapitalisten verkauft, ist weder ein fertiges Arbeitsprodukt (fertige
Ware) noch eine definierte, selbständige Arbeitsleistung (Werkvertrag).
Der Lohnarbeiter verkauft dem Kapitalisten zum vereinbarten Lohn die freie
Verfügung über seine Arbeitsfähigkeit – begrenzt durch die vereinbarte
Arbeitszeit. „Was auf den Markt
gebracht wird, ist in der Tat nicht Arbeit, sondern der Arbeiter. Was er
dem Kapitalisten verkauft, ist nicht seine Arbeit, sondern der zeitweilige
Gebrauch seiner selbst als Arbeitskraft.“ K. Marx, Theorien über
den Mehrwert III, MEW 26.3, 109. „Was dem Geldbesitzer auf dem Warenmarkt direkt gegenüber tritt, ist in der Tat nicht die Arbeit, sondern der Arbeiter. Was letzterer verkauft, ist seine Arbeitskraft. Sobald seine Arbeit wirklich beginnt, hat sie bereits aufgehört, ihm zu gehören, kann also nicht mehr von ihm verkauft werden.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 559. „Unter
Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der
physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der
lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung
setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 181. „... Arbeitskraft, die in der Persönlichkeit des Arbeiters existiert und von ihrer Funktion, der Arbeit, ebenso verschieden ist wie eine Maschine von ihren Operationen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 561. „Wer Arbeitsvermögen sagt, sagt nicht Arbeit, so wenig als wer Verdauungsvermögen sagt, Verdauen sagt. ... Wird das Arbeitsvermögen nicht verkauft, so nützt es dem Arbeiter nichts, so empfindet er es vielmehr als eine grausame Naturnotwendigkeit, dass sein Arbeitsvermögen eine bestimmte Menge Lebensmittel zu seiner Produktion verlangt hat und stets wieder von neuem zu seiner Reproduktion verlangt. Er entdeckt dann ...: ‚Das Arbeitsvermögen ... ist nichts, wenn es nicht verkauft wird‘.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 187. „Der Austausch (Kaufvertrag) des Arbeiters mit dem Kapitalisten ist ein einfacher Austausch; jeder erhält einen Gegenwert; der eine in Geld, der andere eine Ware ...; was der Kapitalist in diesem einfachen Austausch erhält, ist ein Gebrauchswert; Verfügungsgewalt über fremde Arbeit. Von Seiten des Arbeiters erscheint dies als Dienst ... Was er verkauft ist die Verfügungsgewalt über seine Arbeit, die eine bestimmte ist, bestimmte Kunstfertigkeit etc. Es ist ganz gleichgültig, was der Kapitalist mit seiner Arbeit macht, obgleich er sie natürlich nur ihrer Bestimmtheit nach verwenden kann, und seine Verfügungsgewalt selbst sich nur auf eine bestimmte Arbeit und eine zeitlich bestimmte Verfügung über dieselbe (soundso viel Arbeitszeit) beschränkt. ... Wenn der Kapitalist sich begnügte mit der bloßen Dispositionsfähigkeit, ohne den Arbeiter wirklich arbeiten zu lassen, z. B. um seine Arbeit als Reserve zu haben etc. oder seinem Konkurrenten die Dispositions-fähigkeit zu entziehen (wie z. B. Schauspieldirektoren Sängerinnen für eine Saison kaufen, nicht um sie singen zu lassen, sondern damit sie nicht auf einem Konkurrenztheater singen), so hat der Austausch zwischen Arbeiter und Kapitalist vollständig stattgefunden. Der Gebrauchswert, den der Lohnarbeiter dem Kapitalist anbietet, existiert nur als Fähigkeit, Vermögen seiner Leiblichkeit; hat kein Dasein außerhalb derselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 192f. „Der Kapitalist zahlt
den Wert, bzw. den davon abweichenden Preis der Arbeitskraft und
erhält im Austausch die Verfügung über die lebendige Arbeitskraft selbst.
Seine Nutznießung dieser Arbeitskraft zerfällt in zwei Perioden. Während
der einen Periode produziert der Arbeiter nur einen Wert = Wert seiner
Arbeitskraft, also nur ein Äquivalent (Gegenwert). Für den
vorgeschossenen Preis der Arbeitskraft erhält so der Kapitalist ein
Produkt vom selben Preis. ... In der Periode
der Mehrarbeit ... bildet die Nutznießung der Arbeitskraft Wert für den
Kapitalisten, ohne ihm einen Wertersatz zu kosten. Er hat diese
Flüssigmachung der Arbeitskraft umsonst. In diesem Sinn kann die
Mehrarbeit unbezahlte Arbeit heißen. Das Kapital ist also nicht nur
Kommando über Arbeit, wie A. Smith sagt. Es ist wesentlich Kommando über
unbezahlte Arbeit. Aller Mehrwert in welcher besonderen Gestalt von
Profit, Zins, Rente usw. er sich später kristallisiere, ist seiner
Substanz nach Verkörperung
unbezahlter Arbeitszeit. Das Geheimnis von der Selbstverwertung des
Kapitals löst sich auf in seine Verfügung über eine bestimmte
Menge unbezahlter fremder Arbeit.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 556.
2. Wodurch wird Arbeitskraft zur Ware? „Damit
jedoch der Geldbesitzer die Arbeitskraft als Ware auf dem Markt vorfinde,
müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 181. „Damit
ihr Besitzer seine Arbeitskraft
als Ware verkaufe, muss er über sie verfügen können, also freier
Eigentümer seines Arbeitsvermögens, seiner Person sein. Er und der
Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis
zueinander als ebenbürtige Waren-besitzer, nur dadurch unterschieden, dass
der eine Käufer, der andere Verkäufer der Arbeitskraft ist, beide also
juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses juristisch gleichberechtigten
Verhältnisses verlangt, dass
der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe,
denn verkauft er sie ... ein für alle Mal, so verkauft er sich selbst,
verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer
in eine Ware.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 182. „Die zweite wesentliche Bedingung, damit der Geldbesitzer die Arbeitskraft auf dem Markt als Ware vorfinde, ist die, dass ihr Besitzer, statt Waren verkaufen zu können, worin sich seine Arbeit vergegenständlicht hat, vielmehr seine Arbeitskraft selbst ... als Ware anbieten muss.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 183. „Zur Verwandlung von Geld in Kapital muss der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, dass er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, dass er andererseits andere Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 183.
3. Arbeitskraft besitzt den Doppelcharakter jeder
Ware: Der Verkäufer (Lohnarbeiter) bekommt den Preis (=
Lohn) für seine Arbeitskraft gezahlt,
der Käufer (Kapitalist) erhält dafür den Gebrauch der Arbeitskraft für
eine vereinbarte Zeitdauer. „Bei allen Warenkäufen
und -verkäufen ... ist es vollständig gleichgültig, was in der Hand des
Verkäufers aus dem für seine Ware gelösten Geld und was in der Hand des
Käufers aus dem von ihm gekauften Ge-brauchsartikel wird.“ K. Marx, Kapital II,
MEW 24, 379. „In der Tat, der
Verkäufer der Arbeitskraft, wie der Verkäufer jeder anderen Ware,
realisiert ihren Tauschwert und veräußert ihren Gebrauchswert. Er kann den
einen nicht erhalten, ohne den anderen wegzugeben. Der Gebrauchswert der
Arbeitskraft, die Arbeit selbst, gehört ebenso wenig ihrem Verkäufer, wie
der Gebrauchswert des verkauften Öls dem Ölhändler. Der Geldbesitzer hat
den Tageswert der Arbeitskraft gezahlt; ihm gehört daher ihr
Gebrauchwährend des Tages, ...“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 208. „Der Gebrauch der Arbeitskraft ist die Arbeit selbst. Der Käufer der Arbeitskraft konsumiert sie, indem er ihren Verkäufer arbeiten lässt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 192. „Endlich ist der
‚Gebrauchswert‘, den der Arbeiter dem Kapitalisten liefert, in der Tat
nicht seine Arbeitskraft, sondern ihre Funktion, eine bestimmte nützliche
Arbeit, Schneiderarbeit, Schusterarbeit, Spinnarbeit usw.“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 563. „Der Arbeiter
entäußert sich der Arbeit als Produktivkraft des Reichtums; das
Kapital eignet sie sich also solche an. Die Trennung von Arbeit und
Eigentum am Produkt der Arbeit, von Arbeit und Reichtum ist daher in
diesem Akt des Austauschs selbst gesetzt. ... Dem Arbeiter gegenüber
wird also die Produktivität seiner Arbeit eine fremde Macht
...; das Kapital umgekehrt verwertet (= vermehrt) sich selbst
durch Aneignung fremder Arbeit.“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 214. „Der beständige Kauf und Verkauf der Arbeitskraft verewigt also einerseits die Arbeitskraft als Element des Kapitals, wodurch es als Schöpfer von Waren ... erscheint, wodurch ferner der Kapitalteil, der die Arbeitskraft kauft, durch ihr eigenes Produkt beständig hergestellt wird, der Arbeiter selbst also beständig den Kapitalfonds schafft, aus dem er bezahlt wird. Andererseits wird der beständige Verkauf der Arbeitskraft zur stets sich erneuernden Lebenserhaltungsquelle des Arbeiters, und erscheint also seine Arbeitskraft als das Vermögen, wodurch er das Einkommen bezieht, von dem er lebt.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 380f. Siehe die Artikel:
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Zur Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maß-einheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeits-zeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit ver-wendet. Dass es Karl Marx in Beispiel-rechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungs-einheiten ankam, darauf hatte er selbst einmal hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |