Arbeitswechsel

1. Die handwerklich-individuelle Produktionsweise fesselte an einen einzigen Beruf und einen einzigen Meister

„Im Großen und Ganzen blieben der Arbeiter und seine Produktionsmittel miteinander verbunden wie die Schnecke mit dem Schneckenhaus ... K. Marx, Kapital I, MEW 23, 380.
„... Der ökonomische Charakter (der Handwerker, Zunftgenossen etc.) ... (liegt) gerade in der Bestimmtheit ihrer Arbeit und dem Verhältnis zu einem bestimmten Meister ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 204.
„Daher ging aber auch jeder mittelalterliche Handwerker ganz in seiner Arbeit auf, hatte ein gemütliches Knechtschaftsverhältnis zu ihr und war viel mehr als der moderne Arbeiter, dem seine Arbeit gleichgültig ist, ihr unterworfen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 52.
„Was von der manufakturmäßigen Teilung der Arbeit im Innern der Werkstatt, gilt von der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. Solange Handwerk und Manufaktur die allgemeine Grundlage der gesellschaftlichen Produktion bilden, ist die Unterordnung des Produzenten unter einen ausschließlichen Produktionszweig, die Zerreißung der ursprünglichen Mannigfaltigkeit seiner Beschäftigungen, ein notwendiges Entwicklungsmoment. Auf jener Grundlage findet jeder besondere Produktionsprozess empirisch die ihm entsprechende technische Gestalt, vervollkommnet sie langsam und kristallisiert sie rasch, sobald ein gewisser Reifegrad erlangt ist. ... Die

erfahrungsmäßig entsprechende Form einmal gewonnen, verknöchert auch es, wie sein oft jahrtausendlanger Übergang aus der Hand einer Generation in die der anderen beweist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 509f. 

2. Die werkstattmäߟige Produktion (Manufaktur) befreite von der Bindung an einen Meister, fesselte aber an eine einzige Teiltätigkeit

„Aus dem individuellen Produkt eines selbständigen Handwerkers, der vielerlei tut, verwandelt sich die Ware in das gesellschaftliche Produkt eines Vereins von Handwerkern, von denen jeder fortwährend nur eine und dieselbe Teiloperation verrichtet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 357f.
„Während die einfache Kooperation die Arbeitsweise der einzelnen im Großen und Ganzen unverändert lässt, revolutioniert die Manufaktur sie von Grund aus und ergreift die individuelle Arbeitskraft an ihrer Wurzel. Sie verkrüppelt den Arbeiter in eine Missbildung, indem sie sein Detailgeschick treibhausmäßig fördert durch Unterdrückung einer Welt von produktiven Trieben und Anlagen ... Die besonderen Teilarbeiten werden nicht nur unter verschiedene Individuen verteilt, sondern das Individuum selbst wird geteilt, in das automatische Triebwerk einer Teilarbeit verwandelt ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 381.
„Die Kenntnisse, die Einsicht und der Wille, die der selbständige Bauer oder Handwerker, wenn auch auf kleinem Maßstab, entwickelt ... sind jetzt nur noch für das Ganze der Werkstatt verlangt. Die geistigen Potenzen der Produktion erweitern ihren Maßstab auf der einen Seite, weil sie auf vielen Seiten verschwinden. Was die Teilarbeiter verlieren, konzentriert sich ihnen gegenüber im Kapital. Es ist ein Produkt der manufakturmäߟigen Teilung der Arbeit, ihnen die geistigen Potenzen des materiellen Produktionsprozesses als fremdes Eigentum und sie beherrschende Macht gegenüberzustellen. Dieser Scheidungsprozess beginnt in der einfachen Kooperation ... Er entwickelt sich in der Manufaktur, die den Arbeiter zum Teilarbeiter verstümmelt. Er vollendet sich in der großen Industrie, welche die Wissenschaft als selbständige Produktionspotenz von der Arbeit trennt und in den Dienst des Kapitals presst.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 382.
„Da das Handwerksgeschick die Grundlage der Manufaktur bleibt und der in ihr funktionierende Gesamtmechanismus kein von den Arbeitern selbst unabhängiges objektives Skelett besitzt, ringt das Kapital beständig mit dem Eigenwillen der Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 389.
Erst Maschinen „heben die handwerksmäßige Tätigkeit als das regelnde Prinzip der gesellschaftlichen Produktion auf. So wird einerseits der technische Grund der lebenslangen Fesselung des Arbeiters an eine Teilfunktion weggeräumt. Andererseits fallen die Schranken, welche dasselbe Prinzip der Herrschaft des Kapitals noch auferlegte.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 390.
Siehe den Artikel: Manufaktur 

3. Industrielle Groߟproduktion macht mobil
innerhalb der Fabrik wie innerhalb aller Berufe (Branchen)

„Mit dem Arbeitswerkzeug geht auch die Virtuosität in seiner Führung vom Arbeiter auf die Maschine über. Die Leistungsfähigkeit des Werkzeugs ist emanzipiert von den persönlichen Schranken menschlicher Arbeitskraft. Damit ist die technische Grundlage aufgehoben, worauf die Teilung der Arbeit in der Manufaktur beruht. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 442.
„Was die Teilung der Arbeit in der mechanischen Fabrik kennzeichnet, ist, dass sie jeden Spezialcharakter verloren hat. Aber von dem Augenblick an, wo jede besondere Entwicklung aufhört, macht sich das Bedürfnis nach Universalität, das Bestreben nach einer allseitigen Entwicklung des Individuums fühlbar. Die automatische Fabrik beseitigt die Spezialisten und den Fachidiotismus. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 157.Ihr Prinzip, jeden Produktionsprozess ... in seine konstituierenden Elemente aufzulösen, schuf die ganz moderne Wissenschaft der Technologie. ... Die Technologie entdeckte ebenso die wenigen großen Grundformen der Bewegung, worin alles produktive Tun des menschlichen Körpers, trotz aller Mannigfaltigkeit der angewandten Instrumente, notwendig vorgeht, ganz so, wie die Mechanik durch die größte Komplikation der Maschinerie sich über die beständige Wiederholung der einfachen mechanischen Potenzen nicht täuschen lässt. Die moderne Industrie betrachtet und behandelt die vorhandene Form eines Produktionsprozesses nie als definitiv. Ihre technische Basis ist daher revolutionär, während die aller früheren Produktionsweisen wesentlich konservativ war. Durch Maschinerie, chemische Prozesse und andere Methoden wälzt sie beständig mit der technischen Grundlage der Produktion die Funktionen der Arbeiter und die gesellschaftlichen Kombinationen des Arbeitsprozesses um. Sie revolutioniert damit ebenso beständig die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft und schleudert unaufhörlich Kapitalmassen und Arbeitermassen aus einem Produktionszweig in den anderen. Die Natur der großen Industrie bedingt daher Wechsel der Arbeit, Fluss der Funktion, allseitige Beweglichkeit des Arbeiters. Andererseits reproduziert sie in ihrer kapitalistischen Form die alte Teilung der Arbeit mit ihren knöchernen Einseitigkeiten. Man hat gesehen, wie dieser absolute Widerspruch alle Ruhe, Festigkeit, Sicherheit der Lebenslage des Arbeiters aufhebt, ihm mit dem Arbeitsmittel beständig das Lebensmittel aus der Hand zu schlagen und mit seiner Teilfunktion ihn selbst überflüssig zu machen droht ... Dies ist die negative Seite. Wenn aber der Wechsel der Arbeit sich jetzt nur als überwältigendes Naturgesetz und mit der blind zerstörenden Wirkung eines Naturgesetzes durchsetzt, das überall auf Hindernisse stößt, macht die große Industrie durch ihre Katastrophen selbst es zur Frage von Leben oder Tod, den Wechsel der Arbeiten und daher möglichste Vielseitigkeit der Arbeiter als allgemeines gesellschaftliches Produktionsgesetz anzuerkennen und seiner normalen Verwirklichung die Verhältnisse anzupassen. Sie macht es zu einer Frage von Leben oder Tod, die Ungeheuerlichkeit einer elenden, für das wechselnde Ausbeutungsbedürfnis des Kapitals in Reserve gehaltenen, überall einsatzbereiten Arbeiterbevölkerung zu ersetzen durch die absolute Einsatzfähigkeit des Menschen für wechselnde Arbeitserfordernisse, das Teilindividuum zu ersetzen ... durch das total entwickelte Individuum, für welches verschiedene gesellschaftliche Funktionen einander ablösende Betätigungsweisen sind.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 510ff.
 „Erstens ist die kapitalistische Produktion an und für sich gleichgültig gegen den bestimmten Gebrauchswert, überhaupt gegen die Besonderheit der Ware, die sie produziert. In jeder Produktionssphäre kommt es ihr nur darauf an, Mehrwert zu produzieren, im Produkt der Arbeit ein bestimmtes Quantum unbezahlter Arbeit sich anzueignen. Und es liegt ebenso in der Natur der dem Kapital unterworfenen Lohnarbeit, dass sie gleichgültig ist gegen den spezifischen Charakter ihrer Arbeit, sich nach den Bedürfnissen des Kapitals umwandeln und sich von einer Produktionssphäre in die andere werfen lassen muss.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 205.

 

4. Ständiger Wechsel der Arbeitist die Arbeitsorganisation einer selbstbestimmten Gesellschaft. Das Kapital schuf dafür die Voraussetzungen

„Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt der Kapitalist rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 618.
„Die universal entwickelten Individuen, deren gesellschaftliche Verhältnisse als ihre eigenen, gemeinschaftlichen Beziehungen auch ihrer eigenen gemeinschaftlichen Kontrolle unterworfen sind, sind kein Produkt der Natur, sondern der Geschichte. Der Grad und die Universalität der Entwicklung der Vermögen, worin diese Individualität möglich wird, setzt eben die Produktion auf der Basis der Tauschwerte voraus, die mit der Allgemeinheit die Entfremdung des Individuums von sich und von anderen, aber auch die Allgemeinheit und Allseitigkeit seiner Beziehungen und Fähigkeiten erst produziert. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 80.
„Die Gleichgültigkeit gegen eine bestimmte Art der Arbeit setzt eine sehr entwickelte Totalität wirklicher Arbeitsarten voraus, von denen keine mehr die alles beherrschende ist... Die Gleichgültigkeit gegen die bestimmte Arbeit entspricht einer Gesellschaftsform, worin die Individuen mit Leichtigkeit aus einer Arbeit in die andere übergehen und die bestimmte Art der Arbeit ihnen zufällig, daher gleichgültig ist. Die Arbeit ... hat aufgehört als Bestimmung mit den Individuen in einer Besonderheit verwachsen zu sein. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie 25.
„Der Kampf für die Emanzipation der Arbeiterklasse (ist) kein Kampf für Klassenvorrechte ..., sondern für gleiche Rechte und Pflichten und für die Vernichtung aller Klassenherrschaft. K. Marx, Statuten der IAA, MEW 16, 12 und MEW 17, 440.
„"In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden ist; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen sind und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen – erst dann kann ... die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“" K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 21.

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeits-zeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit ver-wendet. Dass es Karl Marx in Beispiel-rechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungs-einheiten ankam, darauf hatte er selbst einmal hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.

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