Bewusstsein

1. Bewusstsein ist ein Produkt der Gesellschaft

1.1. Bewusstsein ist ein gesellschaftliches

und damit historisches Produkt

Die Produktion der Ideen, Vorstellungen, des Bewusstseins ist zunächst unmittelbar verflochten in die materielle Tätigkeit und den materiellen Verkehr der Menschen, ist Sprache des wirklichen Lebens. Das Vorstellen, Denken, der geistige Verkehr der Menschen erscheinen hier noch als direkter Ausfluss ihres materiellen Verhaltens. Von der geistigen Produktion, wie sie in der Sprache der Politik, der Gesetze, der Moral, der Religion, Metaphysik usw. eines Volkes sich darstellt, gilt dasselbe. Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen usw., aber die wirklichen, wirkenden Menschen, wie sie bedingt sind durch eine bestimmte Entwicklung ihrer Produktivkräfte und des denselben entsprechenden Verkehrs bis zu seinen weitesten Formationen hinauf. Das Bewusstsein kann nie etwas anderes sein als das bewusste Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozess. Wenn in der ganzen Ideologie die Menschen und ihre Vorstellungen wie in einer Camera obscura auf den Kopf gestellt erscheinen, so geht dies Phänomen ebenso sehr aus ihrem historischen Lebensprozess hervor, wie die Umdrehung der Gegenstände auf der Netzhaut aus ihrem unmittelbar physischen. Ganz im Gegensatz zur deutschen Philosophie, welche vom Himmel auf die Erde herabsteigt, wird in der Wissenschaft von der Erde zum Himmel gestiegen. D. h., es wird nicht ausgegangen von dem, was die Menschen sagen, sich einbilden, sich vorstellen, ... ; es wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozess auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dargestellt. ... Nicht das Bewusstsein bestimmt das Leben, sondern das Leben bestimmt das Bewusstsein. ... Da, wo die Spekulation aufhört, beim wirklichen Leben, beginnt also die wirkliche, positive Wissenschaft, die Darstellung der praktischen Betätigung, des praktischen Entwicklungsprozesses der Menschen. Die Phrasen vom Bewusstsein hören auf, wirkliches Wissen muss an ihre Stelle treten. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 26f.

Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 9.

Verkehrt ist es, sowohl die heuchlerischen Phrasen wie die Illusionen der Menschen für die wirklichen Motive ihrer Handlungen anzusehen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 144.

1.2. Bewusstseinskritik statt Gesellschaftskritik?

Der Bewusstseinskritiker bildet sich ... ein, dass seine moralische Forderung an die Menschen, ihr Bewusstsein zu verändern, dies veränderte Bewusstsein zustande bringen werde, und er sieht in den durch veränderte empirische Verhältnisse veränderte Menschen, die nun auch natürlich ein anderes Bewusstsein haben, nichts anderes, als ein verändertes Bewusstsein. ... Diese ganze Trennung des Bewusstseins von den ihm zugrunde liegenden Individuen und ihren wirklichen Verhältnissen ... ist nur eine alte Philosophenmarotte. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 232f.

Die Forderung das Bewusstsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d. h. es vermittelst einer anderen Interpretation anzuerkennen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 20.

Es ist die alte Illusion, dass es nur vom guten Willen der Leute abhängt, die bestehenden Verhältnisse zu ändern ... Die Veränderung des Bewusstseins, abgetrennt von den Verhältnissen, wie sie von den Philosophen als Beruf, d. h. als Geschäft, betrieben wird, ist selbst ein Produkt der bestehenden Verhältnisse und gehört mit zu ihnen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 363.

Theoretisch betrachtet reichte die Auflösung einer bestimmten Bewusstseinsform hin, um eine ganze Epoche zu töten. Tatsächlich entspricht diese Schranke des Bewusstseins einem bestimmten Grad der Entwicklung der materiellen Produktivkräfte und daher des Reichtums. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 439.

Die wirkliche, praktische Auflösung dieser Phrasen, die Beseitigung dieser falschen Vorstellungen aus dem Bewusstsein der Menschen wird, wie schon gesagt, durch veränderte Umstände, nicht durch theoretische Deduktionen bewerkstelligt. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 40.

 

2. Klassenbewusstsein ist Teilbewusstsein

2.1. Klassenbewusstsein der Kapitalisten

als herrschendes Bewusstsein

Der Geist der großen Mehrzahl der Menschen, sagt Adam Smith, entwickelt sich notwendig aus und an ihren Alltagsverrichtungen, also auch der Fabrikantengeist. K. Marx, Antwort an Brentano, MEW 18, 109.

Der Kapitalist hat keineswegs ein Bewusstsein über die Natur seines Verwertungsprozesses ... und nur in Krisen ein Interesse ..., ein Bewusstsein darüber zu haben ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 277.

Wenn, wie der Leser zu seinem Leidwesen erkannt hat, die Analyse der wirklichen, inneren Zusammenhänge des kapitalistischen Produktionsprozesses ein sehr verwickeltes Ding und eine sehr ausführliche Arbeit ist;

wenn es ein Werk der Wissenschaft ist, die sichtbare, bloß erscheinende Bewegung auf die innere wirkliche Bewegung zu reduzieren, so versteht es sich ganz von selbst, dass in den Köpfen der kapitalistischen Produktions- und Zirkulationsagenten sich Vorstellungen über die Produktionsgesetze bilden müssen, die von diesen Gesetzen ganz abweichen, und nur der bewusste Ausdruck der scheinbaren Bewegungen sind.

Die Vorstellungen eines Kaufmanns, Börsenspekulanten, Bankiers sind notwendig ganz verkehrt. Die der Fabrikanten sind verfälscht durch die Zirkulationsakte, denen ihr Kapital unterworfen ist, und durch die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 324f.

Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken, d. h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, verfügt damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so dass ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen sind. Die herrschenden Gedanken sind weiter nichts, als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft. ... Die Teilung der Arbeit, die wir schon oben als eine der Hauptmächte der bisherigen Geschichte vorfanden, äußert sich nun auch in der herrschenden Klasse als Teilung der geistigen und materiellen Arbeit, so dass innerhalb dieser Klasse der eine Teil als die Denker dieser Klasse auftritt (die aktiven ... Ideologen derselben, welche die Ausbildung der Illusion dieser Klasse über sich selbst zu ihrem Hauptnahrungszweig machen), während die anderen sich zu diesen Gedanken und Illusionen mehr passiv und rezeptiv verhalten, weil sie in der Wirklichkeit die aktiven Mitglieder dieser Klasse sind und weniger Zeit dazu haben, sich Illusionen und Gedanken über sich selbst zu machen. Innerhalb dieser Klasse kann diese Spaltung derselben sich sogar zu einer gewissen Entgegensetzung und Feindschaft beider Teile entwickeln, die aber bei jeder praktischen Kollision, wo die Klasse selbst gefährdet ist, von selbst wegfällt, wo denn auch der Schein verschwindet, als wenn die herrschenden Gedanken nicht die Gedanken der herrschenden Klasse wären und eine von der Macht dieser Klasse unterschiedene Macht hätten. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 47.

Je mehr die normale Verkehrsform der Gesellschaft und damit die Bedingungen der herrschenden Klasse ihren Gegensatz gegen die fortgeschrittenen Produktivkräfte entwickeln, je größer daher der Zwiespalt in der herrschenden Klasse selbst und mit der beherrschten Klasse wird, desto unwahrer wird natürlich das dieser Verkehrsform ursprünglich entsprechende Bewusstsein ..., desto mehr sinken die früheren überlieferten Vorstellungen dieser Verkehrsverhältnisse ... zu bloß idealisierenden Phrasen, zur bewussten Illusion, zur absichtlichen Heuchelei herab. Je mehr sie aber durch das Leben Lügen gestraft werden, ... desto entschiedener werden sie geltend gemacht, desto heuchlerischer, moralischer und heiliger wird die Sprache dieser normalen Gesellschaft. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 274.

Dieser ganze Schein, als ob die Herrschaft einer bestimmten Klasse nur die Herrschaft gewisser Gedanken sei, hört natürlich von selbst auf, sobald die Herrschaft von Klassen überhaupt aufhört, die Form der gesellschaftlichen Ordnung zu sein, sobald es also nicht mehr nötig ist, ein besonderes Interesse als allgemeines oder das Allgemeine als herrschend darzustellen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 48.

Siehe auch den Artikel: Kapitalisten

 

2.2. Klassenbewusstsein der Kleineigentümer

Für den Kleinbürger, der in der Warenproduktion das Nonplusultra menschlicher Freiheit und individueller Unabhängigkeit erblickt, wäre es natürlich sehr wünschenswert, der mit dieser Form verbundenen Missstände enthoben zu sein, ... K. Marx, Kapital I, MEW 23, 82, Anm. 24.

In einer fortgeschrittenen Gesellschaft und durch den Zwang seiner Lage wird der Kleinbürger einesteils Sozialist, anderenteils Ökonom, d. h. er ist geblendet von der Herrlichkeit der großen Bourgeoisie und hat Mitgefühl für die Leiden des Volkes. Er ist Bourgeois und Volk zugleich. Im Innersten seines Gewissens schmeichelt er sich, unparteiisch zu sein, das rechte Gleichgewicht gefunden zu haben ... K. Marx an Annenkow (1846), MEW 4, 557.

Aber der Demokrat, weil er das Kleinbürgertum vertritt, also eine Übergangsklasse, worin die Interessen zweier Klassen sich zugleich abstumpfen, dünkt sich über den Klassengegensatz überhaupt erhaben. K. Marx, 18. Brumaire, MEW 8, 144.

Der Kleinbürger ist ... zusammengesetzt aus ein Einerseits und Andererseits ... Er ist der lebendige Widerspruch. .... Wissenschaftlicher Scharlatanismus und politische Anpassung sind von solchem Standpunkt unzertrennlich. Es bleibt nur noch ein treibendes Motiv, die Eitelkeit des Subjekts ... K. Marx, Über Proudhon, MEW 16, 31f.

Die demokratischen Kleinbürger, weit entfernt, für die revolutionären Proletarier die ganze Gesellschaft umwälzen zu wollen, erstreben eine Änderung der gesellschaftlichen Zustände, wodurch ihnen die bestehende Gesellschaft möglichst erträglich und bequem gemacht wird.

Sie verlangen daher vor allem Verminderung der Staatsausgaben durch Beschränkung der Bürokratie und Verlegung der Hauptsteuer auf die großen Grundbesitzer und Bourgeois. Sie verlangen ferner die Beseitigung des Drucks des großen Kapitals auf das kleine durch öffentliche Kreditinstitute und Gesetze gegen den Wucher ...

Um dies alles durchzuführen, bedürfen sie einer demokratischen, sei es konstitutionellen oder republikanischen Staatsverfassung, die ihnen und ihren Bundesgenossen, den Bauern, die Majorität gibt. ...

Was die Arbeiter angeht, so steht vor allem fest, dass sie Lohnarbeiter bleiben sollen wie bisher, nur wünschen die demokratischen Kleinbürger den Arbeitern besseren Lohn und eine gesicherte Existenz und hoffen dies durch teilweise Beschäftigung von Seiten des Staates und durch Wohltätigkeitsmaßregeln zu erreichen, kurz, sie hoffen die Arbeiter durch mehr oder minder versteckte Almosen zu bestechen und ihre revolutionäre Kraft durch momentane Erträglichmachung ihrer Lage zu brechen. K. Marx, Rundschreiben an den Bund der Kommunisten (1850), MEW 7, 247.

Was die Kleinbürger, Handwerksmeister und Krämer betrifft, so werden sie sich immer gleich bleiben. Sie hoffen in das Großbürgertum sich emporzuschwindeln, sie fürchten ins Proletariat hinabgestoßen zu werden. Zwischen Furcht und Hoffnung werden sie während des Kampfes ihre werte Haut schützen und nach dem Kampf sich dem Sieger anschließen. Das ist ihre Natur. F. Engels, Bauernkrieg, MEW 16, 398.

Siehe auch den Artikel:

Kleinbürger

 

2.3. Das Alltagsbewusstsein der Lohnarbeiter

2.3.1. Alle Wirkungen kapitalistischer Ausbeutung sind spürbar und sichtbar,
nicht aber die Ausbeutung selbst

Die Differenz zwischen dem Wert des Arbeitsvermögens und seiner Verwertung also der Mehrwert, den der Kauf des Arbeitsvermögens seinem Anwender verschafft erscheint am handgreiflichsten ... in der landwirtschaftlichen Urproduktion. Die Summe der Lebensmittel, die der (landwirtschaftliche) Arbeiter jahraus, jahrein verzehrt, oder die Masse Stoff, die er konsumiert, ist geringer als die Summe der Lebensmittel, die er produziert.

In der Fabrik sieht man überhaupt den Arbeiter nicht direkt weder seine Lebensmittel noch den Überschuss über seine Lebensmittel produzieren. Der Prozess ist vermittelt durch Kauf und Verkauf ... und erheischt zu seinem Verständnis Analyse des Werts überhaupt. ... Der Arbeiter in der Fabrik vermehrt den Stoff nicht; er verändert nur die Form desselben. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 1417.

Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.

Bei der Fronarbeit unterscheiden sich räumlich und zeitlich, handgreiflich sinnlich, die Arbeit des Fronbauern für sich selbst und seine Zwangsarbeit für den Grundherrn.

Bei der Sklavenarbeit erscheint selbst der Teil des Arbeitstags, worin der Sklave nur den Wert seiner eigenen Lebensmittel ersetzt, den er in der Tat also für sich selbst arbeitet, als Arbeit für seinen Meister. Alle seine Arbeit erscheint als unbezahlte Arbeit.

Bei der Lohnarbeit erscheint umgekehrt selbst die Mehrarbeit oder unbezahlte Arbeit als bezahlt. Dort verbirgt das Eigentumsverhältnis das Fürsichselbstarbeiten des Sklaven, hier das Geldverhältnis das Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters. ...

Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht und gerade sein Gegenteil zeigt, beruhen alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Selbsttäuschungen der kapitalistischen Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen, alle beschönigenden Flausen der Vulgärökonomie. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 562.

Das Material, das der Lohnarbeiter bearbeitet, ist fremdes Material; ebenso das Instrument fremdes Instrument; ... Seine eigene Arbeit ist ihm ... ebenso fremd und sie ist es auch ihrer Fremdbestimmtheit etc. nach wie das Material und Instrument. Daher ihm denn auch das Produkt als eine Kombination fremden Materials, fremden Instruments und fremder Arbeit - als fremdes Eigentum erscheint ... Die Erkennung der Produkte als seiner eigenen und die Beurteilung der Trennung von den Bedingungen seiner Verwirklichung als einer ungehörigen, zwangsweisen ist ein enormes Bewusstsein, selbst das Produkt der auf dem Kapital ruhenden Produktionsweise, und so sehr bedeutet das das Läuten seiner Totenglocke, wie mit dem Bewusstsein des Sklaven, dass er nicht das Eigentum eines Dritten sein kann, seinem Bewusstsein als Person, die Sklaverei nur noch ein künstliches Dasein fortvegetiert und aufgehört hat als Basis der Produktion fortdauern zu können. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 366f.

 

2.3.2. Revolutionäres Bewusstsein ist das Produkt von gemeinsamer Aktion und Diskussion

Bedarf es tiefer Einsicht, um zu begreifen, dass mit den Lebensverhältnissen der Menschen, mit ihren gesellschaftlichen Beziehungen, mit ihrem gesellschaft-lichen Dasein, auch ihre Vorstellungen, Anschauungen und Begriffe, mit einem Worte auch ihr Bewusstsein sich ändert? Was beweist die Geschichte der Ideen anderes, als dass die geistige Produktion sich mit der materiellen umgestaltet? ...

Man spricht von Ideen, welche eine ganze Gesellschaft revolutionieren; man spricht damit nur die Tatsache aus, dass sich innerhalb der alten Gesellschaft die Elemente einer neuen gebildet haben, dass mit der Auflösung der alten Lebensverhältnisse die Auflösung der alten Ideen gleichen Schritt hält. K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 480.

Es wird durch die Entwicklung der Produktivkräfte eine Klasse hervorgerufen ..., welche alle Lasten der Gesellschaft zu tragen hat, ohne ihre Vorteile zu genießen, welche aus der Gesellschaft herausgedrängt, in den entschiedensten Gegensatz zu allen anderen Klassen gedrängt wird; eine Klasse, die die Mehrheit aller Gesellschaftsmitglieder bildet und von der das Bewusstsein über die Notwendigkeit einer gründlichen Revolution, das kommunistische Bewusstsein, ausgeht, das sich natürlich auch unter den anderen Klassen vermittels der Analyse der Stellung dieser Klasse bilden kann. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 69.

Es handelt sich nicht darum, was dieser oder jener Proletarier oder selbst das ganze Proletariat als Ziel sich einstweilen vorstellt. Es handelt sich darum, was es ist und was es diesem Sein gemäß geschichtlich zu tun gezwungen sein wird. Sein Ziel und seine geschichtliche Aktion ist in seiner eigenen Lebenssituation wie in der ganzen Organisation der heutigen bürgerlichen Gesellschaft sinnfällig, unwiderruflich vorgezeichnet. Es bedarf hier nicht der Ausführung, dass ein großer Teil des englischen und französischen Proletariats sich seiner geschichtlichen Aufgabe schon bewusst ist und beständig daran arbeitet, diese Bewusstsein zur vollständigen Klarheit herauszubilden. K. Marx, Hl. Familie, MEW 2, 38.

Es jedoch falsch, die Proletarier als eine geschlossene Gesellschaft zu unterstellen, die nur den Beschluss des Zugreifens zu fassen haben, um am nächsten Tag der ganzen bisherigen Weltordnung insgesamt ein Ende zu machen. Die Proletarier kommen aber in der Wirklichkeit erst durch eine lange Entwicklung, zu dieser Einheit, ... zu ... einer revolutionären, verbündeten Masse ... K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 305.

Für den schließlichen Sieg der im Kommunistischen Manifest aufgestellten Sätze verließ sich Marx einzig und allein auf die intellektuelle Entwicklung der Arbeiterklasse, wie sie aus der vereinigten Aktion und der Diskussion notwendig hervorgehen musste. Die Ereignisse und Wechselfälle im Kampf gegen das Kapital, die Niederlagen noch mehr als die Erfolge, konnten nicht umhin, den Kämpfenden die Unzulänglichkeit ihrer bisherigen Allerweltsweisheiten klarzulegen und ihre Köpfe empfänglicher zu machen für eine gründlichere Einsicht in die wahren Bedingungen der Arbeiteremanzipation. Und Marx hatte recht. F. Engels, Vorwort zum Kommunistischen Manifest (1890), MEW 22, 57.

In der revolutionären Tätigkeit fällt das Sich-Verändern mit dem Verändern der Umstände zusammen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 195.

Die Klassenkämpfe waren auch hier in England heftiger während der Entwicklungsperiode der großen Industrie und versiegten gerade während der Zeit der unbestrittenen industriellen Weltherrschaft;

auch in Deutschland fällt die Entwicklung der großen Industrie seit 1850 zusammen mit dem Aufschwung der sozialistischen Bewegung, und in Amerika wird es wahrscheinlich nicht anders gehen. Es ist die Revolutionierung aller hergebrachten Verhältnisse durch die sich entwickelnde Industrie, die auch die Köpfe revolutioniert. F. Engels, Brief an Sorge (1892), MEW 38, 563.

Siehe auch den Artikel:

Lohnarbeiter

 

3. Wissenschaftliches Bewusstsein ist Gesamtbewusstsein

... und alle Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der Dinge unmittelbar zusammenfielen ... K. Marx, Kapital III, MEW 25, 825.

Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich ist, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 335.

Die Kommunisten ... haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.

Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung. K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 474f.

Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen Vertreter der Bourgeoisklasse sind, so sind die Sozialisten und Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats. ...

Aber in dem Maße, wie die Geschichte vorschreitet und mit ihr der Kampf des Proletariats sich deutlicher abzeichnet, haben sie nicht mehr nötig, die Wissenschaft in ihrem Kopfe zu suchen;

sie haben sich nur Rechenschaft abzulegen von dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu machen. ... Von diesem Augenblick an wird die Wissenschaft bewusstes Erzeugnis der historischen Bewegung, und sie hat aufgehört, doktrinär zu sein, sie ist revolutionär geworden. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 143.

Und Kommunismus hieß nun nicht mehr: Ausheckung vermittelst der Phantasie, eines möglichst vollkommenen Gesellschaftsideals, sondern: Einsicht in die Natur, die Bedingungen und die daraus sich ergebenden allgemeinen Ziele des vom Proletariat geführten Kampfes. F. Engels, Bund der Kommunisten, MEW 8, 582.

Die Kommunisten, indem sie die materielle Basis angreifen, auf der die bisher notwendige Festigkeit der Begierden oder Gedanken beruht, sind die einzigen, durch deren geschichtliche Aktion die Veränderung der fixwerdenden Begierden und Gedanken wirklich vollzogen wird und aufhört, wie bei allen bisherigen Moralisten ... ein ohnmächtiges Moralgebot zu sein. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 238.

Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten ... Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. Damit erst scheidet der Mensch, in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus tierischen Daseinsbedingungen in wirklich menschliche. Der Umkreis der die Menschen umgebenden Lebensbedingungen, der die Menschen bis jetzt beherrschte, tritt jetzt unter die Herrschaft und Kontrolle der Menschen, die nun zum ersten Male bewusste, wirkliche Herren der Natur, weil und indem sie Herren ihrer eigenen Vergesellschaftung werden. Die Gesetze ihres eigenen gesellschaftlichen Tuns, die ihnen bisher als fremde, sie beherrschende Naturgesetze gegenüberstanden, werden dann von den Menschen mit voller Sachkenntnis angewandt und damit beherrscht. Die eigene Vergesellschaftung der Menschen, die ihnen bisher als von Natur und Geschichte aufgezwungen gegenüberstand, wird jetzt ihre eigene freie Tat. Die objektiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst. Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewusstsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 264.

Siehe auch die Artikel:

Kommunisten

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.