Differentialrente
Die Differentialrente
ist eine spezielle Form der Grundrente, d.h. des Tributs, das der
Grundbesitzer vom Nutzer des Bodens (Pächter) verlangt.
Marx
beschäftigt sich mit der Grundrente (Bodenpacht), um aufzuzeigen, dass
durch die Grundrente nur scheinbar Reichtum ohne Arbeit entsteht, in
Wirklichkeit aber die Grundrente einen Abzug vom kapitalistischen Mehrwert
darstellt.
Die Differentialrente entsteht durch einen natürlichen
Produktionsvorteil, der eine positive Differenz zum Durchschnittsprofit,
also einen Extraprofit, hervorbringt. Diese Differenz zum
Durchschnittsprofit eignet sich der Grundeigentümer als Differentialrente
an.
„Bei Analyse der Bodenrente wollen wir zunächst von der
Voraussetzung ausgehen, dass Produkte, die eine solche Rente zahlen ... -
für unseren Zweck reicht es hin, Ackerbauprodukte oder auch
Bergwerksprodukte zu berücksichtigen -, dass also Boden- oder
Bergwerksprodukte, wie alle anderen Waren zu ihren Produktionspreisen
verkauft werden. D.h. ihre Verkaufspreise sind gleich ihren Kostelementen
(dem Wert des aufgezehrten konstanten und variablen Kapitals) plus einem
Profit, bestimmt durch die allgemeine Profitrate, berechnet auf das
vorgeschossene Gesamtkapital, verbrauchtes und nicht verbrauchtes...
Es
fragt sich dann, wie unter dieser Voraussetzung sich eine Grundrente
entwickeln, d.h. ein Teil des Profits sich in Grundrente verwandeln, daher
ein Teil des Warenpreises dem Grundeigentümer anheimfallen kann.“ K. Marx,
Kapital III, 653.
„Um den allgemeinen Charakter dieser Form der
Grundrente zu zeigen, unterstellen wir, die Fabriken in einem Lande würden
in überwiegender Anzahl durch Dampfmaschinen getrieben, eine bestimmte
Minderzahl jedoch durch natürliche Wasserfälle.
Unterstellen wir, der
Produktionspreis in jenen Industriezweigen sei 115 für eine Masse von
Waren, worin ein Kapital von 100 verzehrt ist.
Die 15 % Profit sind
berechnet nicht nur auf das konsumierte Kapital von 100, sondern auf das
Gesamtkapital, das in der Produktion dieses Warenwerts angewandt ist.
Dieser Produktionspreis ... ist bestimmt, nicht durch den individuellen
Kostpreis jedes einzelnen produzierenden Industriellen, sondern durch den
Kostpreis, den die Ware durchschnittlich kostet unter den
Durchschnittsbedingungen des Kapitals in der ganzen Produktionssphäre. Es
ist in der Tat der Marktproduktionspreis.“ K. Marx, Kapital III,
654.
„Da die bestimmten Zahlenverhältnisse hier vollständig
gleichgültig sind, wollen wir ferner annehmen, dass der Kostpreis in den
Fabriken, die durch Wasserkraft getrieben werden, nur 90 statt 100
betrage.
Da der den Markt regulierende Produktionspreis der Masse
dieser Waren = 115, mit einem Profit von 15 %, so werden die Fabrikanten,
die ihre Maschinen mit Wasserkraft treiben, ebenfalls zu 115
verkaufen...
Ihr Profit betrüge dann 25 statt 15; der regulierende
Produktionspreis erlaubte ihnen einen Extraprofit von 10 % zu
machen, nicht weil sie ihre Ware über, sondern weil sie sie zu dem
Produktionspreis verkaufen, weil ihre Waren produziert werden... unter
ausnahmsweise günstigen Bedingungen....“ K. Marx, Kapital III,
654.
„Zweierlei zeigt sich sofort:
Erstens: ... Der Wert der
mit dem Wasserfall produzierten Ware ist kleiner, weil zu ihrer Produktion
ein kleineres Gesamtquantum Arbeit erforderlich ist, nämlich weniger
Arbeit, die ... als Teil des konstanten Kapitals eingeht. Die hier
angewandte Arbeit ist produktiver, ihre individuelle Produktivkraft ist
größer als die in der Masse derselben Art Fabriken angewandten Arbeit....
Diese größere individuelle Produktivkraft der angewandten Arbeit
vermindert den Wert, aber auch den Kostpreis und damit den
Produktionspreis der Ware.
Für den Industriellen stellt sich dies so
dar, dass für ihn der Kostpreis der Ware geringer ist.... Da der Kostpreis
seiner Ware geringer ist, ist auch sein individueller Produktionspreis
geringer. Der Kostpreis für ihn ist 90 statt 100. Also wäre auch sein
individueller Produktionspreis statt 115 nur 103,5...“ K. Marx, Kapital
III, 655.
„Zweitens: Bisher unterscheidet sich der
Extraprofit des Fabrikanten, der den natürlichen Wasserfall statt
des Dampfs als Triebkraft anwendet, in keiner Art von allem anderen
Extraprofit. ... Aber jetzt kommt der Unterschied.“ K. Marx,
Kapital III, 656.
„Die gesteigerte Produktivkraft der von ihm
angewandten Arbeit entspringt weder aus dem Kapital und der Arbeit selbst,
noch aus bloßer Anwendung einer von Kapital und Arbeit unterschiedenen,
aber dem Kapital einverleibten Naturkraft.
Sie entspringt aus der
größeren naturwüchsigen Produktivkraft der Arbeit, gebunden an die
Benutzung einer Naturkraft, aber nicht einer Naturkraft, die allem Kapital
in derselben Produktionssphäre zur Verfügung steht, wie z.B. die
Ausdehnungsfähigkeit des Dampfs... Sondern in einer
monopolisierbaren Naturkraft, die wie der Wasserfall nur denen zur
Verfügung steht, die über besondere Stücke des Erdbodens ... zu verfügen
haben... Sie findet sich nur lokal in der Natur vor und ist da, wo sie
sich nicht vorfindet, nicht herstellbar durch bestimmte Auslage von
Kapital...
Der Teil der Fabrikanten, der die Wasserfälle besitzt,
schließt den Teil, der sie nicht besitzt, von der Anwendung dieser
Naturkraft aus...
Der Besitz dieser Naturkraft bildet ein Monopol in
der Hand ihres Besitzers...; diese Naturkraft, die so monopolisierbar ist,
haftet immer an der Erde. Eine solche Naturkraft gehört nicht zu den
allgemeinen Bedingungen der fraglichen Produktionssphäre und nicht zu den
Bedingungen derselben, die allgemein herstellbar sind.“ K. Marx, Kapital
III, 658.
„Denken wir uns nun die Wasserfälle, mit dem Boden, zu dem
sie gehören, in der Hand von Subjekten, die als Inhaber dieser Teile des
Erdballs gelten, als Grundeigentümer, so schließen sie die Anlage des
Kapitals am Wasserfall und seine Benutzung durch das Kapital aus. Sie
können die Benutzung erlauben oder versagen...
Der Extraprofit,
der aus dieser Benutzung des Wasserfalls entspringt, entspringt daher
nicht aus dem Kapital, sondern aus der Anwendung einer monopolisierbaren
und monopolisierten Naturkraft durch das Kapital.
Unter diesen
Umständen verwandelt sich der Extraprofit in Grundrente; d.h. er
fällt dem Eigentümer des Wasserfalls zu.“ K. Marx, Kapital III,
659.
„Zahlt der Fabrikant diesem 10 Pfd. St. jährlich für seinen
Wasserfall, so beträgt sein Profit 15 Pfd. St.; 15 % auf die 100 Pfd. St.,
worauf dann seine Produktionskosten sich belaufen; und er steht sich ganz
ebenso gut, möglicherweise besser, als alle anderen Kapitalisten seiner
Produktionssphäre, die mit Dampf arbeiten.
Es würde nichts an der Sache
ändern, wenn der Kapitalist selbst den Wasserfall eignete. Er würde nach
wie vor den Extraprofit von 10 Pfd. St. nicht als Kapitalist,
sondern als Eigentümer des Wasserfalls beziehen....“ K. Marx, Kapital III,
659.
„Das Grundeigentum hat mit dem wirklichen Produktionsprozess
nichts zu schaffen. Seine Rolle beschränkt sich darauf, einen Teil des
produzierten Mehrwerts aus der Tasche des Kapitals in seine eigene
hinüberzuführen.“ K. Marx, Kapital III, 829.
„Das Grundeigentum
befähigt den Eigentümer, die Differenz zwischen dem individuellen Profit
und dem Durchschnittsprofit abzufangen;“ K. Marx, Kapital III,
661.
(Wo es dem Verständnis dient, habe ich die Rechtschreibung,
veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben modernisiert. Diese
und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg, 12.09.2001)
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