Eigentum

 

1. Eigentum ist der juristische Ausdruck für die jeweilige Organisationsform der gesellschaftlichen Arbeit

Wo gemeinsam auf gemeinsame Rechnung gearbeitet wird, herrscht Gemeineigentum. Wo auf Rechnung einzelner Familien oder auf individuelle Rechnung gearbeitet wird, herrscht Privateigentum. Zwischen beidem steht das Staatseigentum.

„Alle Produktion ist Aneignung der Natur von Seiten des Individuums innerhalb und vermittelst einer bestimmten Gesell-schaftsform. In diesem Sinn ist es eine Binsenweisheit zu sagen, dass Eigentum (Aneignen) eine Bedingung der Produktion sei. Lächerlich aber ist es, hiervon einen Sprung auf eine bestimmte Form des Eigentums, z. B. das Privateigentum zu machen. ...

Dass ... von keiner Produktion, also auch von keiner Gesellschaft die Rede sein kann, wo keine Form des Eigentums existiert, ist eine Binsenweisheit. Eine Aneignung, die sich nichts zu eigen macht, ist ein Widerspruch in sich.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 9.

„Welches immer die gesellschaftlichen Formen der Produktion, Arbeiter und Produk-tionsmittel bleiben stets ihre Faktoren. Aber die einen und die anderen sind dies nur der Möglichkeit nach im Zustand der Trennung voneinander. Damit überhaupt produziert werde, müssen sie sich verbinden. Die besondere Art und Weise, worin diese Verbindung bewerkstelligt wird, unterscheidet die verschiedenen ökonomischen Epochen der Gesellschafts-struktur.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 42.

„Die spezifische ökonomische Form, in der unbezahlte Mehrarbeit aus den unmittelbaren Produzenten ausgepumpt wird, bestimmt das Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnis, wie es unmittelbar aus der Produktion selbst hervorwächst und seinerseits bestimmend auf sie zurückwirkt. Hierauf aber gründet sich die ganze Gestaltung des ökonomischen, aus den Produktions-verhältnissen selbst hervorwachsenden Gemeinwesens und damit zugleich seine spezifische politische Gestalt.

Es ist jedes Mal das unmittelbare Verhältnis der Eigentümer der Produktionsbedingungen zu den unmittelbaren Produzenten – ein Verhältnis, dessen jedesmalige Form stets naturgemäß einer bestimmten Entwicklungsstufe der Art und Weise der Arbeit und daher ihrer gesellschaftlichen Produktivkraft entspricht –, worin wir das innerste Geheimnis, die verborgene Grundlage der ganzen gesellschaftlichen Konstruktion und daher auch der politischen Form der Herrschafts- und Abhängigkeitsverhältnisse, kurz, der jedesmaligen spezifischen Staatsform finden.

Dies hindert nicht, dass dieselbe ökonomische Basis – dieselbe den Hauptbedingungen nach – durch zahllos verschiedene empirische Umstände, Naturbedingungen, Rassenverhältnisse, von außen wirkende geschichtliche Einflüsse usw., unendliche Variationen und Abstufungen in der Erscheinung zeigen kann, die nur durch Analyse dieser empirisch gegebenen Umstände zu begreifen sind.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 799f.

2. Bis zur Sesshaftwerdung gab es nur gemeinschaftliches Stammeseigentum in Form der Herde oder in Form des gemeinsamen Bodenbesitzes

(ca. 500000 bis 8000 v. Chr.)

„Braucht der arbeitende Produzent alle seine Zeit, um die zur Erhaltung seiner selbst und sei­ner Rasse nötigen Lebensmittel zu produzieren, so bleibt ihm keine Zeit, um un­entgeltlich für dritte Personen zu arbeiten. Ohne einen gewissen Produktivitäts­grad der Arbeit existiert keine solche frei verfügbare Zeit für den Arbeiter, ohne solche über­schüssige Zeit keine Mehrarbeit und daher keine Kapitalisten, aber auch keine Sklavenhalter, keine Feudalbarone, in einem Wort keine Großbesit­zerklasse.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 534.

„Die Geschichte zeigt ... das Gemeineigentum (z. B. bei den Indern, Slawen, alten Kelten etc.) als die ursprünglichere Form, eine Form, die unter der Gestalt des Gemeindeeigentums noch lange eine bedeutende Rolle spielt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 9.

„... Eine gründlichere Geschichtsforschung findet das Gemein-eigentum ... als Ausgangspunkt bei allen Kulturvölkern wieder.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 764.

„Da wir annehmen können, dass das Hirtenwesen, überhaupt Wanderung die erste Form der Existenzweise ist, nicht dass der Stamm sich niederlässt auf einem bestimmten Sitz, sondern dass er abweidet, was er vorfindet ..., so erscheint die Stamm-gemeinschaft, das natürliche Gemeinwesen nicht als Resultat, sondern als Voraussetzung der gemeinschaftlichen Aneig-nung (temporären) und Benutzung des Bodens. ...

Die naturwüchsige Stammgemeinschaft, ... ist die erste Voraussetzung – die Gemeinschaftlichkeit in Blut, Sprache, Sitten etc. – der Aneignung der objektiven Bedingungen ihres Lebens, und der sich reproduzierenden und vergegenständ-lichenden Tätigkeit desselben (Tätigkeit als Hirten, Jäger, Acker-bauer etc.).

Die Erde ist das große Laboratorium, das Arsenal, das sowohl das Arbeitsmittel, wie das Arbeitsmaterial liefert, wie den Sitz, die Basis des Gemeinwesens. Sie verhalten sich naiv zu derselben als dem Eigentum des Gemeinwesens und des in der ... Arbeit sich produzierenden und reproduzierenden Gemeinwesens. Jeder Einzelne verhält sich nur als Glied, als Mitglied dieses Ge-meinwesens als Eigentümer oder Besitzer.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 375f.

„Bei wandernden Hirtenstämmen – und alle Hirtenvölker sind ursprünglich wandernd – erscheint die Erde gleich den anderen Naturbedingungen in elementarischer Unbegrenztheit, z. B. in den asiatischen Steppen und der asiatischen Hochebene. Sie wird abgeweidet etc. konsumiert durch die Herden, an denen wieder die Herdenvölker existieren.

Sie verhalten sich zu ihr als ihrem Eigentum, obgleich sie dies Eigentum nie fixieren.

Der Jagdgrund so bei den wilden Indianerstämmen in Amerika; der (Indianer-)Stamm betrachtet eine gewisse Region als sein Jagdgebiet und behauptet es gewaltsam gegen andere Stämme, oder sucht andere Stämme aus dem von ihnen behaupteten zu vertreiben.

Bei den wandernden Hirtenstämmen ist die Gemeinde in der Tat stets vereinigt, Reisegesellschaft, Karawane, Horde, und die Formen der Über- und Unterordnung entwickeln sich aus den Bedingungen dieser Lebensweise.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

„Durch das Jagen der Stämme wird eine Erdregion erst zum Jagdrevier; durch den Ackerbau die Erde, der Grund und Boden erst als der verlängerte Leib des Individuums gesetzt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 393.

Eigentum meint also ursprünglich nichts als Verhalten des Menschen zu seinen natürlichen Produktionsbedingungen als ihm gehörigen, als den seinen, als mit seinem eigenen Dasein vorausgesetzten; Verhalten zu denselben als natürlichen Voraussetzungen seiner selbst, die sozusagen nur seinen ver-längerten Leib bilden. ...

Eine natürliche Produktionsbedingung für das lebendige Individuum ist sein Zugehören zu einer naturwüchsigen Gesellschaft, Stamm etc. Dieses ist z. B. schon Bedingung für seine Sprache etc. Sein eigenes produktives Dasein ist nur unter dieser Bedingung. ...

Das Eigentum meint also Gehören zu einem Stamm (Gemeinwesen) ... und vermittelst des Verhaltens dieses Gemeinwesens zum Grund und Boden, zur Erde als seinem unorganischen Leib, Verhalten des Individuums zum Grund und Boden, zur äußeren Urbedingung der Produktion – da die Erde in einem Rohmaterial, Instrument, Frucht ist – als zu seiner Individualität gehörigen Voraussetzung ... derselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 391f.

„Das Verhalten zur Erde als Eigentum ist immer vermittelt durch die Okkupation, friedliche oder gewaltsame, von Grund und Boden durch den Stamm oder die Gemeinde in irgendeiner mehr oder minder naturwüchsigen oder schon historisch entwickelteren Form.

Das Individuum kann hier nie in der Punktualität auftreten, in der es als bloßer freier Arbeiter erscheint.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 385.

„Als die erste große Produktivkraft erscheint das Gemeinwesen selbst.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 395.

„Die Abstraktion eines Gemeinwesens, worin die Mitglieder nichts gemein haben, als etwa Sprache etc. und kaum diese, ist offenbar das Produkt viel späterer historischer Zustände.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390.

„Der Mensch vereinzelt sich erst durch den historischen Prozess. Er erscheint ursprünglich als ein Gattungswesen, Stammwesen, Herdentier ...“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 395.

3. Mit der Sesshaftigkeit (seit ca. 8000 v. Chr.) entwickelt sich das Gemeineigentum entweder

zu einem patriarchalen Despotismus

(Sumerer, Ägypter, Inder, Chinesen = „asiatische Produktionsweise“) oder zur

patriarchalen antiken Demokratie

(Griechenland, Rom, Germanen)

„Die ursprüngliche Einheit zwischen Arbeiter (d. h. Produzent) und Arbeitsbedingungen ... hat zwei Hauptformen: das orientalische Gemeinwesen (naturwüchsigen Kommunismus) und die kleine Familienagrikultur (womit Hausindustrie verbunden ist) in der einen oder anderen Form.

Beide Formen sind Kinderformen und gleich wenig geeignet, die Arbeit als gesellschaftliche Arbeit und die Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit zu entwickeln. Daher die Notwendigkeit der Trennung, der Zerreißung, des Gegensatzes zwischen Arbeit und Eigentum (womit zu verstehen Eigentum an den Produk-tionsbedingun-gen). ...

Die äußerste Form dieser Zerreißung, worin zugleich die Pro-duktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit am mächtigsten entwickelt werden, ist die des Kapitals.

Auf der materiellen Basis, die es schafft, und vermittelst der Revolutionen, die im Prozess dieser Schöpfung die Arbeiterklasse und die ganze Gesellschaft durchmachen, kann erst wieder die ursprüngliche Einheit hergestellt werden.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 414f.

„Es kann ferner die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem ein-zigen Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist (= patriarchaler Despotismus) oder als die Beziehung der Familienväter aufeinander (= patriarchale Demokratie).

Danach entwickelt sich eine entweder mehr despotische oder demokratische Form dieses Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 377.

3.1. Zentral gelenkte, gemeinsame Arbeit als Basis der despotischen frühen Hochkulturen in Asien

„Da die Einheit der wirkliche Eigentümer ist und die wirkliche Voraussetzung des gemeinschaftlichen Eigentums – so kann diese selbst als ein Besonderes über den vielen wirklichen besonderen Gemeinwesen erscheinen, wo der Einzelne dann tatsächlich eigentumslos ist, oder das Eigentum ... für ihn vermittelt erscheint durch das Ablassen der Gesamteinheit – die im Despoten realisiert ist als dem Vater der vielen Gemeinwesen ...

Das Mehrprodukt – das übrigens legal bestimmt wird infolge der wirklichen Aneignung durch Arbeit – gehört damit von selbst dieser höchsten Einheit. Mitten im orientalischen Despotismus und der Eigentumslosigkeit, die juristisch in ihm zu existieren scheint, existiert daher in der Tat als Grundlage dieses Stamm- oder Gemeindeeigentum, erzeugt meist durch eine Kombination von Handwerk und Landwirtschaft innerhalb der kleinen Gemeinde, die so durchaus selbst versorgend wird und alle Bedingungen der Reproduktion und Mehrproduktion in sich selbst enthält.

Ein Teil ihrer Mehrarbeit gehört der höheren Gemeinschaft, die zuletzt als Person existiert, und diese Mehrarbeit macht sich geltend sowohl im Tribut etc. wie in gemeinsamen Arbeiten zur Verherrlichung der Einheit, teils des wirklichen Despoten, teils des gedachten Stammwesens, des Gottes.

Diese Art Gemeindeeigentum kann nun ... entweder so erscheinen, dass die kleinen Gemeinden unabhängig nebeneinander vegetieren und in sich selbst der Einzelne auf dem ihm angewiesenen Landteil unabhängig mit seiner Familie arbeitet; (eine bestimmte Arbeit dient für gemeinschaftlichen Vorrat, Versicherung sozusagen, einerseits, und für Bestreitung der Kosten des Gemeinwesens als solchen, also für Krieg, Gottesdienst etc. ...); das herrschaftliche Dominium (Herrengut) im ursprünglichsten Sinn findet sich erst hier, z. B. in den slawischen Gemeinden, in den rumänischen etc. Hierin liegt der Übergang in Frondienst etc.); oder die Einheit kann auf die Gemeinschaftlichkeit in der Arbeit selbst sich erstrecken, die ein förmliches System sein kann, wie in Mexiko, Peru besonders, bei den alten Kelten, einigen indischen Stämmen.

Es kann ferner die Gemeinschaftlichkeit innerhalb des Stammwesens mehr so erscheinen, dass die Einheit in einem Haupt der Stammfamilie repräsentiert ist ...

Die gemeinschaftlichen Bedingungen der wirklichen Aneignung durch die Arbeit, Wasserleitungen, etc. ... erscheinen dann als Werk der höheren Einheit – der über den kleinen Gemeinden schwebenden despotischen Regierung.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 376f.

„Die Notwendigkeit, eine Naturkraft gesellschaftlich zu kontrollieren, damit hauszuhalten, sie durch Werke von Menschenhand auf großem Maßstab erst anzueignen oder zu zähmen, spielt die entscheidendste Rolle in der Geschichte der Industrie. So z. B. die Wasserreglung in Ägypten, ... Oder in Indien, Mesopotamien usw., wo die Überrieslung durch künstliche Kanäle dem Boden nicht nur das unentbehrliche Wasser, sondern mit dessen Geschlämme zugleich den Mineraldünger von den Bergen zuführt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 537.

„Nur sobald die Menschen sich aus ihren ersten Tierzuständen herausgearbeitet, ihre Arbeit selbst also schon in gewissem Grad vergesellschaftet ist, treten Verhältnisse ein, worin die Mehrarbeit des einen zur Existenzbedingung des anderen wird. In den Kulturanfängen sind die erworbenen Produktivkräfte der Arbeit gering, aber so sind die Bedürfnisse, die sich mit und an den Mitteln ihrer Befriedigung entwickeln.

Ferner ist in jenen Anfängen die Proportion der Gesellschaftsteile, die von frem­der Arbeit leben, verschwindend klein gegen die Masse der unmittelbaren Produ­zenten. Mit dem Fortschritt der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit wächst diese Pro-portion absolut und relativ.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 534f.

3.2. Patriarchalisch-demokratische Form des Gemeindeeigentums bei den Griechen (bis etwa 600 v. Chr.). Das ursprüngliche Gemeindeeigentum wird vom produktiveren Privateigentum aufgesogen

„Die zweite Form ... unterstellt auch das Gemeinwesen als erste Voraussetzung, aber ... sie unterstellt nicht das Land als Basis, sondern die Stadt als schon geschaffenen Sitz (Zentrum) der Landleute (Grundeigentümer). Der Acker erscheint als Territorium der Stadt. ...

Die Schwierigkeiten, die das Gemeindewesen trifft, können nur von anderen Gemeindewesen herrühren, die entweder den Grund und Boden schon okkupiert haben, oder die Gemeinde in ihrer Okkupation beunruhigen.

Der Krieg ist daher die große Gesamtaufgabe, die große gemeinschaftliche Arbeit, die nötig ist, sei es um die objektiven Bedingungen des lebendigen Daseins zu okkupieren, sei es, um die Okkupation derselben zu beschützen und zu verewigen.

Die aus Familien bestehende Gemeinde ist daher zunächst kriegerisch organisiert – als Kriegs- und Heerwesen und dies ist eine der Bedingungen ihres Daseins als Eigentümerin. Die Konzentration der Wohnsitze in der Stadt ist Grundlage dieser kriegerischen Organisation.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

„Die einzige Schranke, die das Gemeinwesen finden kann in seinem Verhalten zu den natürlichen Produktionsbedingungen – der Erde – (wenn wir gleich zu den ansässigen Völkern überspringen) als den seinen, ist ein anderes Gemeinwesen ... Der Krieg ist daher eine der ursprünglichsten Arbeiten jedes dieser naturwüchsigen Gemeinwesen, sowohl zur Behauptung des Eigentums, als zum Neunerwerb desselben.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 390f.

„Die Gemeinde – als Staat – ist einerseits die Beziehung dieser freien und gleichen Privateigentümer aufeinander, ihre Verbindung gegen außen, und ist zugleich ihre Garantie.

Das Gemeinwesen beruht hier ebenso sehr darauf, dass seine Mitglieder aus arbeitenden Grundeigentümern, Parzellenbauern bestehen, wie die Selbständigkeit der letzteren durch ihre Beziehung als Gemeindeglieder aufeinander, Sicherung des ager publicus (Staatslandes) für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse und den gemeinschaftlichen Ruhm etc. besteht.

Voraussetzung bleibt hier für die Aneignung des Grund und Bodens Mitglied der Gemeinde zu sein, aber als Gemeindemitglied ist der Einzelne Privateigentümer. Er bezieht sich zu seinem Privateigentum als Grund und Boden, aber zugleich als seinem Sein als Gemeindemitglied, und die Erhaltung seiner als Grundbesitzer ist ebenso die Erhaltung der Gemeinde, wie umge-kehrt ...

Das Eigentum an der eigenen Arbeit ist vermittelt durch das Eigentum an der Bedingung der Arbeit – dem Hufen Land, seinerseits garantiert durch das Dasein der Gemeinde, und diese wieder durch die Mehrarbeit in Form von Kriegsdienst etc. der Gemeindemitglieder. Es ist nicht Kooperation in der reichtums-schaffenden Arbeit, wodurch sich das Gemeindemitglied reproduziert, sondern Kooperation in der Arbeit für die gemeinschaftlichen Interessen (imaginären und wirklichen) zur Aufrechterhaltung des Verbandes nach außen und innen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 379f.

3.3. Erst die relative Sicherheit der Einzelfamilie innerhalb ihrer Stammes- oder Stadtgemeinschaft gegenüber räuberischen Fremden führt zur Herausbildung von individuellem Eigentum

Was wir aus Geschichtsbüchern als klassische Blüte der Antike kennen, erwächst auf den Ruinen ursprünglichen Gemein-eigentums.

„Privateigentum ... besteht nur da, wo die Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit (z. B. Boden) Privatleuten gehören.K. Marx, Kapital I, MEW 23, 789.

„Je weniger faktisch das Eigentum des Einzelnen nur verwertet (d. h. vermehrt) werden kann durch gemeinsame Arbeit – also z. B. wie die Wasserleitungen im Orient –, je mehr der rein naturwüchsige Charakter des Stammes durch historische Bewegung, Wanderung, gebrochen; je mehr ferner der Stamm sich entfernt von seinem ursprünglichen Sitz und fremden Boden okkupiert, also in wesentlich neue Arbeitsbedingungen tritt und die Energie des Einzelnen mehr entwickelt ist ..., umso mehr sind die Bedingungen gegeben, dass der Einzelne Privateigentümer von Grund und Boden – einer besonderen Parzelle – wird, deren besondere Bearbeitung ihm und seiner Familie anheimfällt.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

„Abgesehen von allen von außen kommenden schädlichen Einflüssen trägt die Gemeinde in ihrem eigenen Innern die sie zerstörenden Elemente.

Das Privateigentum an Grund und Boden hat sich bereits dorthin eingeschlichen in Gestalt eines Hauses mit seinem Hof, es kann sich zu einem starken Bollwerk verwandeln, von wo aus der Angriff gegen das gemeinschaftliche Land vorbereitet wird. ...

Aber das Wesentliche ist die parzellierte Arbeit als Quelle der privaten Aneignung. Sie lässt der Akkumulation beweglicher Güter Raum, z. B. von Vieh, Geld, bisweilen sogar von Sklaven oder Leibeigenen. Dieses bewegliche, von der Gemeinde unkontrollierbare Eigentum – Gegenstand individuellen Tausches, wobei List und Zufall leichtes Spiel haben, – wird auf die ganze ländliche Ökonomie einen immer größeren Druck ausüben. Das ist das zersetzende Element der ursprünglichen ökonomischen und sozialen Gleichheit. Es führt heterogene Elemente ein, die im Schoße der Gemeinde Interessenkonflikte und Leidenschaften schüren, die geeignet sind, zunächst das Gemeineigentum an Ackerland, dann das an Wäldern, Weiden, Brachland etc. anzugreifen, die einmal in Gemeindeanhängsel des Privat-eigentums umgewandelt, ihm schließlich zufallen werden.“ K. Marx, Brief an Sassulitsch, Entwurf (1881), MEW 19, 404.

„Das Individuum verhält sich zu sich selbst als Eigentümer, als Herr der Bedingungen seiner Wirklichkeit. Es verhält sich ebenso zu den anderen ... als Miteigentümern, ... als selbständigen Eigentümern neben ihm, ... neben denen das früher alles absorbierende und über alle übergreifende Gemeineigentum selbst von nun als besonderer ager publicus neben den vielen Privateigentümern gesetzt ist.

In beiden Formen (im patriarchalen Despotismus wie in der patriarchalen Demokratie) verhalten sich die Individuen nicht als Arbeiter (d. h. Produzent), sondern als Eigentümer – und Mitglieder eines Gemeinwesens, die zugleich arbeiten. Der Zweck dieser Arbeit ist nicht Wertschöpfung ... sondern ihr Zweck ist Erhaltung des einzelnen Eigentümers und seiner Familie, wie des Gemeinwesens.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 375.

„Damit die Gemeinde fortexistiere in der alten Weise, als solche, ist die Reproduktion ihrer Glieder unter den vorausgesetzten objektiven Bedingungen nötig. Die Produktion selbst, Fortschritt der Bevölkerung ... hebt notwendig nach und nach diese Bedingungen auf; zerstört sie statt sie zu reproduzieren ... und damit geht das Gemeinwesen unter mit den Eigentumsverhält-nissen, auf denen es gegründet war.

Am zähesten und längsten hält sich notwendig die asiatische Form. Es liegt dies in ihrer Voraussetzung, dass der Einzelne nicht der Gemeinde gegenüber selbständig wird; dass ein selbst versorgender Kreis der Produktion, Einheit von Agrikultur und Handmanufaktur etc. besteht.

Verändert der Einzelne sein Verhältnis zur Gemeinde, so verändert er damit und wirkt zerstörend auf die Gemeinde; wie auf ihre ökonomische Voraussetzung; andererseits wird die Änderung dieser ökonomischen Voraussetzung – durch ihre eigene Dialektik hervorgebracht, Verarmung etc.

Namentlich der Einfluss des Kriegswesens und der Eroberung, der in Rom z. B. wesentlich zu den ökonomischen Bedingungen der Gemeinde selbst gehört, – hebt auf das reale Band, worauf sie beruht. ...

Die Entwicklung der Sklaverei, die Konzentration des Grundbesitzes, Austausch, Geldwesen, Eroberung etc. existierten so bei den Römern, obgleich alle diese Elemente bis zu einem gewissen Punkt verträglich zu sein schienen mit der alten gemeinwirtschaftlichen Grundlage und sie teils nur unschuldig zu erweitern scheinen, teils als bloße Missbräuche aus ihr hervor-zuwachsen scheinen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 386.

4. Eigentum und Klassenverhältnisse

„Privateigentum, als Gegensatz zum gesellschaftlichen, kollektiven Eigentum, besteht nur da, wo die Arbeitsmittel und die äußeren Bedingungen der Arbeit Privatleuten gehören. Je nachdem aber diese Privatleute die Arbeiter oder die Nichtarbeiter sind, hat auch das Privateigentum einen anderen Charakter.

Die unendlichen Schattierungen, die es auf den ersten Blick darbietet, spiegeln nur die zwischen diesen beiden Extremen liegenden Zwischenzustände wider.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 789.

„Das Recht des Privateigentums ist das ‚jus utendi et abutendi‘, das Recht der Willkür über die Sache. ... Der eigentliche Grund des Privateigentums, der Besitz, ist ein Faktum, ... kein Recht.“ K. Marx, Kritik des Hegelschen Staatsrechts, MEW 1, 315.

„... Das Privateigentum (ist) eine für gewisse Entwicklungsstufen der Produktivkräfte notwendige Verkehrsform (...), eine Verkehrsform, die nicht eher abgeschüttelt, nicht eher zur Produktion des unmittelbaren materiellen Lebens entbehrt werden kann, bis Produktivkräfte geschaffen sind, für die das Privat-eigentum eine hemmende Fessel wird.“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 338.

4.1. Eine herrschende Klasse von reichen Privateigentümern entwickelte sich aus zwei Ausgangspunkten: aus der Konkurrenz der Erfolgreichen gegenüber verarmten Gemeindemitgliedern und aus untreuen Treuhändern des Gemeineigentums

„Das Stammwesen an sich führt zu höheren und niederen Geschlechtern, ein Unterschied, der noch mehr entwickelt wird durch Mischung mit unterjochten Stämmen etc.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 378.

„Die neueren rechtsgeschichtlichen Forschungen haben ... herausgestellt, dass sowohl in Rom wie bei den germanischen, keltischen und slawischen Völkern die Eigentumsentwicklung vom Gemeindeeigentum oder Stammeigentum ausging und das eigentliche Privateigentum überall durch Usurpation entstand ...“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 348.

4.1.1. Patrizier und Plebejer (Rom)

„Da der Patrizier im höheren Grad das Gemeinwesen repräsentiert, ist er der Possessor (= Nutzer) des ager publicus und benutzt ihn durch seine Klienten etc. (eignet ihn sich auch nach und nach an).“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 382.

4.1.2. Feudalherren und Fronbauern (in Rumänien)

„Ihre ursprüngliche Produktionsweise war auf Gemeineigentum gegründet. ... Ein Teil der Ländereien wurde als freies Privateigentum von den Mitgliedern der Gemeinde selbständig bewirtschaftet, ein anderer Teil – der ager publicus – gemeinsam von ihnen bestellt.

Die Produkte dieser gemeinsamen Arbeit dienten teils als Reservefonds für Missernten und andere Zufälle, teils als Staatsschatz zur Deckung für die Kosten von Krieg, Religion und anderen Gemeindeausgaben.

Im Laufe der Zeit eigneten sich kriegerische und kirchliche Würdenträger mit dem Gemeineigentum die Leistungen für dasselbe an. Die Arbeit der freien Bauern auf ihrem Gemeindeland verwandelte sich in Fronarbeit für die Diebe des Gemeinde-landes.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 252.

4.2. Kapitalistisches Privateigentum an den nur gesellschaftlich nutzbaren Produktionsmitteln ist die Basis der Kommandogewalt von Nichtproduzenten über die Arbeit der lohnabhängigen Produzenten

„In jeder historischen Epoche hat sich das Eigentum anders und unter ganz verschiedenen gesellschaftlichen Verhältnissen entwickelt. Das bürgerliche Eigentum definieren heißt somit nichts anderes, als alle gesellschaftlichen Verhältnisse der bürgerlichen Produktion darstellen.“ K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 165.

Anmerkung: Die Eigentumsverhältnisse des Sowjetsystems zu definieren, kann daher auch nicht heißen, kapitalistische Rechtsbegriffe auf sowjetische Verhältnisse anwenden, sondern kann nur darin bestehen, alle gesellschaftlichen Verhältnisse der staatssozialistischen Produktion darstellen“, – erst dann zeigt sich, um welche Eigentumsform es sich im Sowjetsystem handelte.

(Vergleiche dazu: Wal Buchenberg: Was Marx am Sowjetsystem kritisiert hätte. Politische Ökonomie der Sowjetunion. VWF-Verlag, Berlin 2003.)

„Das Privateigentum des Arbeiters an seinen Produktionsmitteln ist die Grundlage des Kleinbetriebs, der Kleinbetrieb eine notwendige Bedingung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion und der freien Individualität des Arbeiters selbst. Allerdings existiert diese Produktionsweise auch innerhalb der Sklaverei, Leibeigenschaft und anderer Abhängigkeitsverhältnisse. Aber sie blüht nur, ... wo der Arbeiter freier Privateigentümer seiner von ihm selbst gehandhab­ten Arbeitsbedingungen ist, der Bauer des Ackers, den er bestellt, der Handwer­ker des Instru-ments, worauf er als Virtuose spielt.

Diese Produktionsweise unterstellt Zersplitterung des Bodens und der übrigen Produktionsmittel. Wie die Konzentration der letzteren, so schließt sie auch die Kooperation, Teilung der Arbeit innerhalb derselben Produktionsprozesse, gesellschaftliche Beherrschung und Regelung der Natur, freie Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte aus. ... Auf einem gewissen Höhegrad bringt sie die materiellen Mittel ihrer eigenen Ver-nichtung zur Welt. Von diesem Augenblick regen sich Kräfte und Leidenschaften im Gesellschaftsschoß, welche sich von ihr gefesselt fühlen. Sie muss vernichtet werden und sie wird ver-nichtet.

Ihre Vernichtung, die Verwandlung der individuellen und zersplitterten Produktionsmittel in gesellschaftlich konzentrierte ..., daher die Enteignung der großen Volksmasse von Grund und Boden und Lebensmitteln und Arbeitsinstrumenten, diese furchtbare und schwierige Enteignung der Volksmasse bildet die Vorge­schichte des Kapitals.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 789f.

„Das Eigentum ist jedenfalls auch eine Art von Gewalt. Die Ökonomen nennen das Kapital z. B. ‚die Gewalt über fremde Arbeit‘.“ K. Marx, Moralisierende Kritik, MEW 4, 337.

„Die Verwandlung des auf eigener Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozess, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichen Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelt es sich um die Enteignung der Volksmasse durch wenige Mächtige, hier handelt es sich um die Enteignung weniger Machthaber durch die Volksmasse.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 791.

Siehe auch die Artikel:

Bodeneigentum

Gemeineigentum

Geschichte

Gesellschaft

Klassen und Klassenkampf

-> Diskussionsforum
 
Zur Zitierweise:
Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßein-heiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberech-nungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Wäh-rungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen:

Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschrei-bung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff