"Finanzkapital"
Der Begriff "Finanzkapital" stammt nicht von Marx. Er wandte sich ausdrücklich dagegen, die Kritik am Kapitalismus auf eine besondere Kapitalistengruppe zu konzentrieren. Zinstragendes Kapital ist nur eine besondere Form des Geldkapitals. "Für den Arbeiter selbst ist es eine Angelegenheit von untergeordneter Bedeutung, ob jener Mehrwert, der das Resultat seiner Mehrarbeit oder unbezahlter Arbeit ist, ganz von dem industriellen Kapitalisten eingesteckt wird oder ob letzterer Teile davon unter den Namen Rente und Zins an dritte Personen weiterzuzahlen hat." Karl Marx, Lohn, Preis und Profit, MEW 16, 137. 1. Geldkapital ist
zunächst nur ein Durchgangsstadium, 1.1. Geldkapital und
Warenkapital „Kapital ist
unmittelbare Einheit von Produkt und Geld oder besser von Produktion und
Zirkulation.“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 238. „Der
unmittelbare Produktionsprozess des Kapitals ist sein Arbeits- und
Verwertungsprozess, der Prozess, dessen Resultat das Warenprodukt ist
und dessen bestimmendes Motiv die Produktion von Mehrwert ist. Der Reproduktionsprozess des
Kapitals umfasst ebenso wohl diesen unmittelbaren Produktionsprozess wie
die beiden Phasen des eigentlichen Zirkulationsprozesses, d. h. den
gesamten Kreislauf, der als periodischer Prozess ... den Umschlag des
Kapitals bildet.“ K. Marx, Kapital II,
MEW 24, 351. Geldkapital ist
zunächst jedes Kapital, das die Geldform trägt, um auf dem Markt
Produktionsmittel und Arbeitskraft zu kaufen. Damit verwandelt sich dieses
Geldkapital in Warenkapital von besonderer Gestalt, nämlich in produktives
Warenkapital. Durch den Produktionsprozess wird durch die lebendige Arbeit
aus den Produktionsmitteln eine neue Ware hergestellt von anderer Gestalt
und höherem Wert. Diese neu produzierte Ware tritt wieder auf den
Warenmarkt, um in Geld verwandelt zu werden. Das Kapital ist also
ein ständiger Prozess, der folgende Phasen
durchläuft: Geldform – Warenform 1
(= Produktionsmittel) ... Produktion ... Warenform 2 (= neu produzierte
Ware von höherem Wert) – Geldform (vermehrtes Geld). Als Formel
abgekürzt: G – W ... P ... W' –
G'.
„Jedes
einzelne Kapital bildet jedoch nur ein verselbständigtes, sozusagen mit
individuellem Leben begabtes Bruchstück des gesell-schaftlichen
Gesamtkapitals, wie jeder einzelne Kapitalist nur ein individuelles
Element der Kapitalistenklasse ist. Die Bewegung des
gesellschaftlichen Kapitals besteht aus der Totalität der Bewegungen
seiner verselbständigten Bruchstücke, der Umschläge der individuellen
Kapitale.“ K. Marx, Kapital II,
MEW 24, 351f. 1.2. Die verschiedenen
Phasen, Durch Arbeitsteilung
der Kapitalistenklasse entstehen reine Geldkapitalisten (= Rentiers) und
Geldhändler (= Bankiers), industrielle Kapitalisten und Warenhändler
(Kaufleute) etc. Nur im Zusammenwirken ihrer jeweiligen Funktionen können
sie Kapita-listen sein und bleiben. Nur im Zusammenwirken produzieren und
reproduzieren die verschiedenen Kapitalistengruppen das
Kapital. „Die
rein technischen Bewegungen, die das Geld durchmacht im
Zirkulationsprozess des industriellen Kapitals und ... des
Warenhand-lungskapitals (...) – diese Bewegungen, verselbständigt zur
Funktion eines besonderen Kapitals, das sie, und nur sie, als ihm
eigentümliche Operationen ausübt, verwandeln dies Kapital in
Geldhandlungskapital. ... Von dem
Gesamtkapital sondert sich nun ab und verselbständigt sich ein
bestimmter Teil in Form von Geldkapital, dessen kapitalistische
Funktion ausschließlich darin besteht, für die gesamte Klasse der
industriellen und kommerziellen Kapitalisten diese Operationen
auszu-führen. Wie beim
Warenhandlungskapital trennt sich ein Teil des im Zirkulationsprozess in
der Gestalt von Geldkapital vorhandenen industriellen Kapitals ab und
verrichtet diese Operationen des Reproduktionsprozesses für das
gesamte übrige Kapital. Die
Bewegungen dieses Geldkapitals sind also wiederum nur Bewegungen eines
verselbständigten Teils des in seinem Reproduktionsprozess begriffenen
industriellen Kapitals.“ K. Marx, Kapital III,
MEW 25, 327. „Es sind nicht zwei
verschiedene Kapitalien, das zinstragende und profitbringende, sondern
dasselbe Kapital, das im Prozess als Kapital funktioniert, wirft
einen Mehrwert ab, der sich zwischen zwei verschiedenen
Kapitalisten verteilt; den, der außerhalb des Prozesses steht und als
Eigentümer das Kapital an sich vertritt ... und den, der das
funktionierende Kapital, das im Prozess befindliche Kapital vertritt.“
K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 464. „Geldkapitalisten
und Industriekapitalisten (die hier auch Kaufleute einschließen)
können nur zwei besondere Klassen bilden, weil der Mehrwert
fähig ist, in zwei Zweige von Revenue (= Einkommen) auseinander zu
gehen (Profit und Zins). Die zwei Sorten von Kapitalisten drücken
nur diese Tatsache aus; ...“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 734f. „Über
der gegensätzlichen Form der beiden Teile, worin der Profit, also der
Mehrwert zerfällt, wird vergessen, dass beide bloß Teile des Mehrwerts
sind und dass seine Teilung
in Profit und Zins nichts an seiner Natur, seinem Ursprung und
seinen Existenzbedingungen ändern kann.“ K. Marx, Kapital III,
MEW 25, 393f. „Das Wichtige ist,
dass Zins und Profit beides Beziehungen des Kapitals ausdrücken.“
K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 736. 2. Im Frühkapitalismus
herrschte nicht Arbeitsteilung und Mehrwerteilung der Kapitalisten,
sondern Kampf der einen Kapitalistengruppe auf Kosten der
anderen „Das Mittelalter hatte
zwei verschiedene Formen des Kapitals überliefert, die in den
verschiedensten ökonomischen Gesellschafts-formationen reifen und, vor der
Ära der kapitalistischen Produktions-weise, als Kapital überhaupt
gelten – das Wucherkapital und das Kaufmannskapital.“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 778. Beim mittelalterlichen
Wucherkapital „findet
Ausbeutung durch das Kapital statt, ohne die Produktionsweise des
Kapitals. Der Zinsfuß erscheint sehr hoch, weil er den Profit einschließt
und selbst einen Teil des Arbeitslohns. Diese Form des Wuchers, in der
sich das Kapital nicht der Produktion bemächtigt, also nur formell Kapital
ist, setzt vorbürgerliche Produktionsformen als herrschend voraus;
reproduziert sich aber, in untergeordneten Sphären, wieder innerhalb der
bürgerlichen Ökonomie selbst.“ K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 737. 2.1. Im Kampf gegen
das mittelalterliche Wucherkapital Aus dem Wucherer, der
das industrielle und kommerzielle Kapital ruinierte, wird der
Geldverwalter und Zinsverleiher als „bloß
eine durch die Teilung der Arbeit vom industriellen Kapitalisten
getrennte, aber dem industriellen Kapital unterworfene Person“.
K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26,3, 520. „Dem
Wucherkapital gegenüber wird Gewalt (der Staat) angewandt, durch
gewaltsame Herabsetzung des Zinsfußes, so dass es dem industriellen
Kapital nicht mehr die Bedingungen diktieren kann. Dies ist
aber eine Form, die den unentwickelten Stufen der kapitalistischen
Produktion angehört. Die wahre Manier des industriellen Kapitals, es sich
zu unterwerfen, ist die Schöpfung einer ihm eigentümlichen Form – des
Kreditsystems. Das gewaltsame Herabsetzen des Zinsfußes ist eine
Form, die das industrielle Kapital selbst noch den Methoden einer früheren
Produktionsweise entlehnt und die es als nutzlos und zweckwidrig
fortwirft, sobald es erstarkt ist und sein Terrain erobert hat. Das
Kreditsystem ist seine eigene Schöpfung, selbst eine Form des
industriellen Kapitals ... Das Kreditsystem ist ursprünglich polemische
Form gegen die altmodischen Wucherer ...“ K. Marx, Theorien über
den Mehrwert III, MEW 26.3, 460f. „Die kapitalistische Produktion hat ursprünglich mit dem Wucherer zu kämpfen, soweit der Wucherer selbst nicht Produzent wird. Ist die kapitalistische Produktion eta-bliert, so hat die Herrschaft des Wuchers über die Mehrarbeit, die an die Fortdauer der alten Produktionsweise geknüpft war, schon aufgehört. ... Von diesem Augenblick an wird, namentlich sobald sich das industrielle und kommerzielle Vermögen entwickelt, der Wucherer, d. h. Zinsverleiher, bloß eine durch die Teilung der Arbeit vom industriellen Kapitalisten getrennte, aber dem industriellen Kapital unterworfene Person.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 520. 2.2. Wenn das Bankkapital als Kapitalmacht gegen Kapitalisten auftritt, dann als Macht der großen Kapitalisten gegen die kleinen Kapitalisten „Die
größeren Kapitale schlagen ... die kleineren. ... Die
kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich
die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt
hat. Die
Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten
Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit dem
Untergang vieler kleinerer Kapitalisten, deren Kapitale teils in die
Hand des Siegers übergehen, teils untergehen.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 654f. „Abgesehen
hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue
Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidene
Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die
über die Oberfläche der Gesellschaft in größeren oder kleineren Massen
zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter
Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im
Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren
sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale
verwandelt. Im Maß
wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß
entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der
Zentralisation.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 655. „Ist die
kapitalistische Produktion entwickelt in der Breite ihrer Formen, und die
herrschende Produktionsweise, so ist das zinstragende Kapital beherrscht
durch das industrielle Kapital, und das kommerzielle Kapital ist
nur eine aus dem Zirkulationsprozess abgeleitete Gestalt des industriellen
Kapitals selbst. Aber als selbständige Formen müssen beide erst gebrochen
und dem industriellen Kapital unterworfen werden.“ K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 460. 3. Die Kritik am
„Finanzkapital“ beruht auf populären, „Im
zinstragenden Kapital ist die Bewegung des Kapitals ins Kurze
zusammengezogen; der vermittelnde Prozess ist weggelassen, und so ist
ein Kapital = 1.000 fixiert als ein Ding, das ... in einer gewissen
Periode sich in 1.100 verwandelt, wie der Wein im Keller nach einer
gewissen Zeit auch seinen Gebrauchswert
verbessert. Das
Kapital ist jetzt Ding (kein
gesellschaftliches Verhältnis zwischen den Kapitalisten und den
Lohnarbeitern), aber als Ding Kapital (und nicht kraft des
gesellschaftlichen Verhältnisses). Sobald es verliehen ist ...
wächst ihm der Zins an, es mag schlafen oder wachen, sich zu Hause oder
auf Reisen befinden, bei Tag und bei Nacht.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 406. „Im
zinstragenden Kapital erreicht das Kapitalverhältnis seine äußerlichste
und fetischartigste Form. Wir haben hier G – G', Geld, das mehr Geld
erzeugt ... ohne den Prozess, der die beiden Extreme vermittelt.“
K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 404. „Im
Kaufmannskapital, G – W – G', ist wenigstens die allgemeine Form der
kapitalistischen Bewegung vorhanden, obgleich sie sich nur in der
Zirkulationssphäre hält, der Profit daher als bloßer
Veräußerungsprofit erscheint; aber immerhin stellt er sich dar als ein
Produkt eines gesellschaftlichen Verhältnisses, nicht als Produkt
eines bloßen Dings.“
K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 404. „G – G':
Wir haben hier den ursprünglichen Ausgangspunkt des Kapitals, das Geld in
der Formel G – W – G' reduziert auf die beiden Extreme G – G', ... Geld,
das mehr Geld schafft.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 404. „Das
Kapital erscheint als mysteriöse und selbstschöpferische Quelle des
Zinses, seiner eigenen Vermehrung. ... ...; das
Resultat des gesamten Reproduktionsprozesses erscheint als eine, einem
Ding von selbst zukommende Eigenschaft; ... Im
zinstragenden Kapital ist daher dieser automatische Fetisch rein
herausgearbeitet, der sich selbst verwertende Wert, Geld schaffendes Geld, und trägt es in
dieser Form keine Narben seiner Entstehung mehr. Das
gesellschaftliche Verhältnis ist vollendet als Verhältnis eines Dings, des
Geldes, zu sich selbst. Statt der wirklichen Verwandlung von Geld in
Kapital zeigt sich hier nur ihre inhaltslose Form. Wie bei
der Arbeitskraft wird der Gebrauchswert des Geldes hier der, Wert zu
schaffen, größeren Wert, als der in ihm selbst enthalten ist. ... Es wird
ganz so Eigenschaft des Geldes, Wert zu schaffen, Zins abzuwerfen,
wie die eines Birnbaums, Birnen zu tragen.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 405. „Für die
Vulgärökonomie, die das Kapital als selbständige Quelle des Werts, der
Wertschöpfung, darstellen will, ist natürlich diese Form ein gefundenes
Fressen, ...“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 405f. „In dieser seiner
wunderlichsten und zugleich populärsten Vorstellung nächsten Gestalt ist
das Kapital sowohl die ‚Grundform’ der Vulgärökonomen als der nächste
Angriffspunkt einer oberflächlichen Kritik; das erstere, teils
weil der innere Zusammenhang hier am wenigsten erscheint und das Kapital
in einer Form auftritt, worin es als selbständige Quelle von Wert
scheint; teils weil in dieser
Form sein gegensätzlicher Charakter (sein Gegensatz zur
Lohnarbeit) total vertuscht und ausgelöscht ist, kein Gegensatz zur
Arbeit mehr vorhanden ist. Andererseits Angriff,
weil es die Form ist, worin es am irrationellsten auftritt, den
leichtesten Angriffspunkt für die Vulgärsozialisten bietet.“ K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 458f. 3.1. Die Bekämpfung
oder „Begrenzung“ des „Finanzkapitals“ ändert nichts an der Ausbeutung der
Lohnarbeit „Es ist klar, dass
eine andere Verteilung des Profits zwischen verschiedenen Sorten
Kapitalisten, also Heraufsetzen des industriellen Profits durch
Herabsetzung des Zinsfußes und umgekehrt, das Wesen der kapitalistischen
Produktion in keiner Weise berührt. Der gegen das
zinstragende Kapital als die ‚Grundform‘ des Kapitals gerichtete
Sozialismus ist also nicht nur selbst bis über die Ohren in dem
bürgerlichen Horizont befangen. Soweit seine Polemik
nicht ein missverstandener, in dunklem Drang gegen das Kapital selbst
gerichteter Angriff und Kritik ist – welcher es aber identifiziert mit
einer abgeleiteten Form desselben –, ist er durchaus nichts als
sozialistisch verkleidetes Drängen nach Entwicklung des bürgerlichen
Kredits, drückt also nur die Unentwickeltheit der Verhältnisse in dem
Lande aus, worin solche Polemik sich sozialistisch gebart, ist selbst nur
ein theoretisches Symptom der kapitalistischen Entwicklung ...“
K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 459. „Hörte diese Form des
Leihens auf, statt des Kaufens und Verkaufens, so meint der
französische Sozialist Proudhon, der Mehrwert fiele weg. Nur die
Teilung dieses Mehrwerts zwischen zwei Sorten von Kapitalisten fiele
weg. Aber diese Teilung
kann und muss sich stets von neuem erzeugen, sobald Ware oder Geld sich in
Kapital verwandeln kann, und das kann es stets auf Basis der
Lohnarbeit. ... Aber die Lohnarbeit
und damit die Basis des Kapitals wollen, wie Proudhon, und zugleich die
‚Übelstände’ aufheben durch Negation einer abgeleiteten Form des Kapitals,
ist schülerhaft.“ K. Marx, Theorien über
den Mehrwert III, MEW 26.3, 513f. 3.2. Die Kritik am
„unproduktiven Finanzkapital“ („Shareholder-Kapital“) endet zwangsläufig
bei der Verteidigung des industriellen Kapitals („Stockholder-Kapital“
oder „Rheinischer Kapitalismus“) „Der
Zins an sich ... stellt das bloße Kapitaleigentum dar als Mittel, sich
Produkte fremder Arbeit anzueignen. Aber er stellt diesen Charakter des
Kapitals dar als etwas, das ihm außerhalb des Produktionsprozesses zukommt
... Er stellt es dar, nicht in direktem Gegensatz zur (Lohn-)Arbeit, sondern umgekehrt,
ohne Verhältnis zur Arbeit und als bloßes Verhältnis eines
Kapitalisten zum anderen. ... Der Zins
ist ein Verhältnis zwischen zwei Kapitalisten, nicht zwischen Kapitalist
und Arbeiter.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 395f. „Als besondere Form
steht das zinstragende Kapital nicht der Arbeit, sondern dem
profittragenden Kapital gegenüber.“ K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen
Ökonomie, 736. „Andererseits
gibt diese Form des Zinses dem anderen Teil des Profits die
qualitative Form des Unternehmergewinns, weiter des
Aufsichts-lohns. Die
besonderen Funktionen, die der Kapitalist als solcher zu verrichten hat,
und die ihm gerade im Unterschied von und im Gegensatz zu den Arbeitern
zukommen, werden als bloße Arbeitsfunktionen
dargestellt. Er
schafft Mehrwert, nicht weil er als Kapitalist arbeitet, sondern
weil er, abgesehen von seiner Eigenschaft als Kapitalist, auch
arbeitet. Dieser
Teil des Mehrwerts ist also gar nicht mehr Mehrwert, sondern sein
Gegenteil, Bezahlung für vollbrachte
Arbeit. Da der
entfremdete Charakter des Kapitals, sein Gegensatz zur Arbeit, jenseits
des wirklichen Ausbeutungsprozesses verlegt wird,
nämlich ins zinstragende Kapital, so erscheint dieser Ausbeutungsprozess selbst als ein
bloßer Arbeitsprozess, wo der fungierende Kapitalist nur andere Arbeit
verrichtet als der Arbeiter, so dass die Arbeit des Ausbeutens und die ausgebeutete Arbeit, beide als
Arbeit, identisch sind. Die Arbeit des Ausbeutens ist ebenso gut Arbeit,
wie die Arbeit, die ausgebeutet wird.“
K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 396. „Die
Vorstellung des Unternehmergewinns als Aufsichtslohns der Arbeit, die aus
seinem Gegensatz zum Zins entsteht, findet weiteren Halt darin, dass in
der Tat ein Teil des Profits als Arbeitslohn abgesondert werden kann und
sich wirklich absondert, oder vielmehr umgekehrt, dass ein Teil des
Arbeitslohns, auf Basis der kapitalistischen Produktions-weise, als
integrierender Bestandteil des Profits
erscheint. Dieser
Teil ... stellt sich rein dar, selbständig und gänzlich getrennt
einerseits vom Profit (als Summe von Zins und Unternehmergewinn),
andererseits von dem Teil des Profits, der nach Abzug des Zinses als so
genannter Unternehmergewinn übrig bleibt, in dem Gehalt des Managers in solchen
Geschäftszweigen, deren Ausdehnung usw. hinreichende Teilung der Arbeit
erlaubt, um besonderen Arbeitslohn für einen Manager zu gestatten.“
K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 396f. „Die
Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Aufsichts- oder
Verwaltungslohn entstand ursprünglich aus der gegensätzlichen Form,
die der Überschuss des Profits über den Gegensatz zum Zins
annimmt. Sie
wurde weiter entwickelt aus der apologetischen Absicht, den Profit nicht
als Mehrwert, d. h. als unbezahlte Arbeit, sondern als Arbeitslohn des
Kapitalisten selbst für verrichtete Arbeit
darzustellen. Dem
stellte sich dann von Seiten der Sozialisten die Forderung gegenüber, den
Profit faktisch auf das zu reduzieren, was er theoretisch zu sein vorgab,
nämlich auf bloßen Aufsichtslohn. Und diese Forderung trat der
theoretischen Beschönigung umso unangenehmer entgegen, je mehr dieser
Aufsichtslohn einerseits sein bestimmtes Niveau und seinen bestimmten
Marktpreis fand, wie aller andere Arbeitslohn, mit der Bildung einer
zahlreichen Klasse industrieller und kommerzieller Manager; und je mehr er
andererseits sank, wie aller Lohn für geschickte Arbeit, mit der
allgemeinen Entwicklung, die die Produktionskosten spezifisch geschulter
Arbeitskraft herabsetzt.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 402f. „Vergleicht
sich der industrielle Kapitalist mit dem Geldkapitalisten, so
unterscheidet ihn von diesem nur der Unternehmergewinn ..., der
vermöge des Zinsfußes als empirisch gegebene Größe
erscheint. Vergleicht
er sich andererseits mit dem industriellen Kapitalisten, der mit
eigenem statt geborgtem Kapital wirtschaftet, so unterscheidet dieser
sich von ihm nur als Geldkapitalist, indem er den Zins selbst einsteckt,
statt ihn wegzuzahlen.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 390. 3.3.
Resümee Der Zins
erscheint in der Vulgärökonomie zunächst „als ein
Mehrwert, den das Kapital an und für sich abwirft, und den es daher auch
abwerfen würde ohne produktive Anwendung. Für den einzelnen Kapitalisten
ist dies praktisch richtig. ... Allgemein
gefasst, d. h. auf das ganze Gesellschaftskapital angewendet, ... ist dies
natürlich verrückt. Die Verwandlung des sämtlichen Kapitals in
Geldkapital, ohne dass Leute da sind, die die Produktionsmittel
kaufen und verwerten, ... – dies ist natürlich
Unsinn. Es
steckt der noch größere Unsinn darin, dass auf Basis der kapitalistischen
Produktionsweise das Kapital Zins abwerfen würde, ohne als
produktives Kapital zu fungieren, d. h. ohne Mehrwert zu schaffen,
... Wollte
ein ungebührlich großer Teil der Kapitalisten sein Kapital in Geldkapital
verwandeln, so wäre die Folge ungeheure Entwertung des Geldkapitals und
ungeheurer Fall des Zinsfußes; viele würden sofort in die
Unmöglichkeit versetzt, von ihren Zinsen zu leben ...“. K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 390f. „Andererseits
... ist in der Form des Zinses dieser Gegensatz gegen die Lohnarbeit
ausgelöscht; denn das zinstragende Kapital hat als solches nicht die
Lohnarbeit, sondern das fungierende Kapital zu seinem Gegensatz; der
verleihende Kapitalist steht als solcher direkt dem im
Reproduktionsprozess wirklich fungierenden Kapitalisten gegenüber,
nicht aber dem Lohnarbeiter, ... Das
zinstragende Kapital ist das Kapital als Eigentum gegenüber dem
Kapital als Funktion. Aber
soweit das Kapital nicht fungiert, beutet es nicht die Arbeiter aus und tritt in keinen Gegensatz
zu Arbeit.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 392. „Andererseits
bildet der Unternehmergewinn keinen Gegensatz zur Lohnarbeit, sondern nur
zum Zins. Erstens: Den
Durchschnittsprofit als gegeben vorausgesetzt, ist die Rate des
Unternehmergewinns nicht durch den Arbeitslohn bestimmt, sondern
durch den Zinsfuß. Sie ist hoch oder niedrig im umgekehrten Verhältnis zu
diesem. Zweitens: Der
fungierende Kapitalist leitet seinen Anspruch auf den
Unternehmergewinn ... nicht von seinem Eigentum am Kapital, sondern
von der Funktion des Kapitals im Gegensatz zu der Bestimmtheit, worin es
nur als träges Eigentum existiert. ... Aber Repräsentant des fungierenden
Kapitals sein, ist kein Einkommen ohne Mühe, wie die
Repräsentation des zinstragenden Kapitals. ... Die Ausbeutung der produktiven
Arbeit kostet Anstrengung, ob er sie selbst verrichte oder in seinem Namen
von anderen verrichten lasse. Im Gegensatz zum Zins stellt sich ihm also
sein Unternehmergewinn dar als unabhängig vom Kapitaleigentum,
vielmehr als Resultat seiner Funktionen als Nichteigentümer, als – Arbeiter. Es entwickelt sich
daher notwendig in seinem Hirnkasten die Vorstellung, dass sein
Unternehmergewinn – weit entfernt, irgendeinen Gegensatz zur
Lohnarbeit zu bilden und nur unbezahlte fremde Arbeit zu sein –
vielmehr selbst Arbeitslohn ist,
Aufsichtslohn ..., und zwar
höherer Lohn als der des gewöhnlichen Lohnarbeiters, 1. weil seine Arbeit kompliziertere Arbeit
ist, 2. weil er sich selbst den
Arbeitslohn auszahlt. Dass
seine Funktion als Kapitalist darin besteht, Mehrwert, d. h. unbezahlte
Arbeit zu produzieren ..., wird vollständig vergessen über dem
Gegensatz, dass der Zins dem Kapitalisten zufällt, auch wenn er keine
Funktion als Kapitalist ausübt, sondern bloßer Eigentümer des Kapitals
ist; und dass dagegen der Unternehmergewinn dem fungierenden
Kapitalisten zufällt, auch wenn er Nichteigentümer des Kapitals ist, womit
der fungiert. Über der
gegensätzlichen Form der beiden Teile, worin der Profit, also der Mehrwert
zerfällt, wird vergessen, dass beide bloß Teile des Mehrwerts sind ...“
K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 393. „Der
industrielle Kapitalist, als unterschieden vom Kapitaleigentümer,
erscheint daher nicht als fungierendes Kapital, sondern als Funktionär
auch abgesehen vom Kapital, als einfacher Träger des Arbeitsprozesses
überhaupt, als Arbeiter, und zwar als Lohnarbeiter.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 395. „Es ist daher klar,
warum die oberflächliche Kritik, ganz wie sie die Ware will und das Geld
bekämpft, so sich jetzt mit ihrer reformierenden Weisheit gegen das
zinstragende Kapital wendet, ohne die wirkliche kapitalistische Produktion
anzutasten, nur eins ihrer Resultate angreift. Diese Polemik gegen
das zinstragende Kapital vom Standpunkt der kapitalistischen Produktion
aus, die heutzutage als ‚Sozialismus‘ sich aufbläht, findet sich übrigens
als Entwicklungsmoment des Kapitals selbst z. B. im 17. Jahrhundert,
wo der industrielle Kapitalist sich erst gegen den altmodischen Wucherer,
der ihm damals noch übermächtig war, durchzusetzen hatte.“
K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 448. „Es ist daher ganz der kleinbürgerlichen Utopisten würdig, dass sie, die die Ware wollen, aber nicht das Geld, das industrielle Kapital wollen, aber nicht das zinstragende, den Profit, aber nicht den Zins.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 464.
Siehe auch die Artikel: Zins und zinstragendes
Kapital
|
Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |