Gleichheit 1.
Gleichheit ist eine antifeudal-bürgerliche
Forderung Gerechtigkeit und Gleichheit der Rechte, das sind die Grundpfeiler, auf die der Bürger des 18. und 19. Jahrhunderts sein Gesellschaftsgebäude errichten möchte über den Trümmern der feudalen Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und Privilegien. F. Engels, Vorwort zu K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 21, 179. Der Satz der
Gleichheit ist aber der, dass keine Vorrechte bestehen
sollen, ist also wesentlich negativ, erklärt die ganze
bisherige Geschichte für schlecht. Wegen seines Mangels an positivem
Inhalt und wegen seiner kurzhändigen Verwerfung alles Früheren eignet er
sich ... für ... systemfabrizierende Flachköpfe. Aber Gleichheit = Gerechtigkeit als höchstes Prinzip und letzte Wahrheit hinstellen zu wollen, ist absurd. Gleichheit besteht bloß im Gegensatz zu Ungleichheit, Gerechtigkeit zu Unrecht, diese Begriffe sind also noch mit dem Gegensatz zur alten bisherigen Geschichte behaftet, also mit der alten Gesellschaft selbst. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 580. Herr Proudhon (franz. Sozialist) ... bildet sich ein, die Arbeitsteilung, der Kredit, die Maschinen etc., alles sei erfunden worden, um seiner fixen Idee, der Idee der Gleichheit, zu dienen. Seine Erklärung ist von köstlicher Naivität. Man hat diese Dinge eigens für die Gleichheit erfunden, doch leider haben sie sich gegen die Gleichheit gekehrt. Das ist seine ganze Überlegung. Das heißt, er geht von einer willkürlichen Annahme aus, und da die wirkliche Entwicklung und seine Fiktion einander auf Schritt und Tritt widersprechen, schließt er daraus, dass hier ein Widerspruch bestehe. Er verheimlicht dabei, dass es nur ein Widerspruch zwischen seinen fixen Ideen und der wirklichen Bewegung ist. K. Marx, Brief an Annenkow (1846), MEW 27, 456. Die Vorstellung, dass
alle Menschen als Menschen etwas Gemeinsames haben, und so weit dies
Gemeinsame reicht, auch gleich sind, ist selbstverständlich uralt.
... In den ältesten,
naturwüchsigen Gemeinwesen konnte von Gleich-berechtigung höchstens unter
den Gemeindemitgliedern die Rede sein; Weiber, Sklaven, Fremde waren von
selbst davon ausgeschlossen. Bei den Griechen und Römern galten die
Ungleichheiten der Menschen viel mehr als irgendwelche Gleichheit. Dass
Griechen und Barbaren, Freie und Sklaven, Staatsbürger und
Schutzverwandte, römische Bürger und römische Untertanen ... einen
Anspruch auf gleiche politische Geltung haben sollten, wäre den Alten
notwendig verrückt vorgekommen. Unter dem römischen Kaisertum lösten sich
alle diese Unterschiede allmählich auf, mit Ausnahme desjenigen von Freien
und Sklaven; es entstand damit, für die Freien wenigstens, jene Gleichheit
der Privatleute, auf deren Grundlage das römische Recht sich entwickelte,
die vollkommenste Ausbildung des auf Privateigentum beruhenden Rechts, die
wir kennen. Aber solange der Gegensatz von Freien und Sklaven bestand,
konnte von rechtlichen Folgerungen aus der allgemein
menschlichen Gleichheit keine Rede sein;
... Das Christentum kannte
nur eine Gleichheit aller Menschen, die der gleichen
Erbsündhaftigkeit, die ganz seinem Charakter als Religion der Sklaven und
Unterdrückten entsprach. ... Sehr bald machte die Festsetzung des
Gegensatzes von Priester und Laie auch diesem Ansatz von christlicher
Gleichheit ein Ende. Die Überflutung
Westeuropas durch die Germanen beseitigte für Jahrhunderte alle
Gleichheitsvorstellungen durch den allmählichen Aufbau einer sozialen und
politischen Rangordnung von so verwickelter Art, wie sie bisher noch nicht
bestanden hatte. ... Das feudale
Mittelalter entwickelte außerdem in seinem Schoß die Klasse, die berufen
war, in ihrer weiteren Ausbildung die Trägerin der modernen
Gleichheitsforderung zu werden: das Bürgertum. Anfangs selbst feudaler
Stand, hatte das Bürgertum die vorwiegend handwerks-mäßige Industrie und
den Produktentausch innerhalb der feudalen Gesellschaft auf eine
verhältnismäßig hohe Stufe entwickelt, als mit dem Ende des fünfzehnten
Jahrhunderts die großen Entdeckungen zur See ihm eine neue, umfassendere
Laufbahn eröffneten. Der außereuropäische Handel ... überflügelte bald an
Bedeutung sowohl den Austausch der einzelnen europäischen Länder unter
sich, wie den inneren Verkehr eines jeden einzelnen Landes.
... Diesem gewaltigen
Umschwung der ökonomischen Lebensbedingungen der Gesellschaft folgte indes
keineswegs sofort eine entsprechende Änderung ihrer politischen
Gliederung. Die staatliche Ordnung blieb feudal, während die Gesellschaft
mehr und mehr bürgerlich wurde. Der Handel auf großer Stufenleiter, also
namentlich der internationale, und noch mehr der Welthandel, fordert
freie, in ihren Bewegungen ungehemmte Warenbesitzer, die als solche
gleichberechtigt sind ... Der Übergang vom
Handwerk zur Manufaktur hat zur Voraussetzung die Existenz einer Anzahl
freier Arbeiter frei einerseits von Zunftfesseln und andererseits von
den Mitteln, um ihre Arbeitskraft selbst zu ver-werten , die mit dem
Fabrikanten wegen Vermietung ihrer Arbeitskraft kontrahieren können, also
ihm als Vertragspartner gleichberechtigt
gegenüberstehen. Und endlich fand die
Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller mensch-lichen Arbeiten, weil und
insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, ihren
unbewussten, aber stärksten Ausdruck im Wertgesetz der modernen
bürgerlichen Ökonomie, wonach der Wert einer Ware gemessen wird durch die
in ihr enthaltene gesellschaftlich notwendige
Arbeit. Wo aber die
ökonomischen Verhältnisse Freiheit und Gleichberechti-gung forderten,
setzte ihnen die politische Ordnung Zunftfesseln und Sonderprivilegien auf
jedem Schritt entgegen. ... Die Forderung der Befreiung von feudalen Fesseln und der Herstellung der Rechtsgleichheit durch Beseitigung der feudalen Ungleichheiten ... musste bald größere Dimensionen annehmen. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 9599. 2. Unsere kapitalistische Gesellschaft ist das Reich der
Gleichheit Wir wissen jetzt,
dass dieses Reich der Vernunft weiter nichts war, als das idealisierte
Reich der Bourgeoisie; dass die ewige Gerechtigkeit ihre Verwirklichung
fand in der Bourgeoisjustiz; dass die Gleichheit hinauslief auf die
bürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz, dass als eins der wesentlichsten
Menschenrechte proklamiert wurde das bürgerliche Eigentum; und dass der
Vernunftstaat ... nur ins Leben treten konnte als bürgerliche,
demokratische Republik. F. Engels,
Anti-Dühring, MEW 20, 17. Jedes der Subjekte
ist ein Austauschender; d. h. jedes hat dieselbe gesellschaftliche
Beziehung zu dem anderen, die das andere zu ihm hat. Als Subjekte des
Austauschs ist ihre Beziehung daher die der Gleichheit.
K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie,
153. Dass ... in der Form
der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als
gleichgeltend ausgedrückt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Wertform
herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit
beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskräfte zur
Naturbasis hatte. Das Geheimnis des Wertausdrucks (x Ware A = y Ware B), die Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurteils besitzt. Das ist aber erst möglich in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 74. ... Der Inhalt des
Austausches ..., weit entfernt die soziale Gleichheit der Individuen zu
gefährden, macht vielmehr ihre natürliche Verschiedenheit zum Grund ihrer
sozialen Gleichheit. Wenn das Individuum A
dasselbe Bedürfnis hätte wie das Individuum B und in demselben Gegenstand
seine Arbeit realisiert hätte, wie das Individuum B, so wäre gar keine
Beziehung zwischen ihnen vorhanden... Die Verschiedenheit ihres Bedürfnisses und ihrer Produktion gibt nur den Anlass zum Austausch und zu ihrer sozialen Gleichsetzung in ihm; diese natürliche Verschiedenheit ist daher die Voraussetzung ihrer sozialen Gleichheit im Akt des Austauschs und dieser Beziehung überhaupt. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 154. Obgleich das
Individuum A Bedürfnis fühlt nach der Ware des Indivi-duums B, bemächtigt
es sich derselben nicht mit Gewalt, ... sondern sie erkennen sich
wechselseitig an als Eigentümer ... Damit ist also die vollständige Freiheit des Individuums gesetzt: Freiwillige Transaktion; Gewalt von keiner Seite; ... Wenn also ... der Austausch nach allen Seiten hin die Gleichheit der Subjekte setzt, so der Inhalt, der Stoff, ... der zum Austausch treibt, die Freiheit. Gleichheit und Freiheit sind also nicht nur respektiert im Austausch, der auf Tauschwerten beruht, sondern der Austausch von Tauschwerten ist die produktive, reale Basis aller Gleichheit und Freiheit. Als reine Ideen sind sie bloß idealisierte Ausdrücke desselben; als entwickelt in juristischen, politischen, sozialen Beziehungen sind sie nur diese Basis in einer anderen Potenz. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 155f. 3. Über die
rechtliche Gleichheit der Warenbesitzer hinaus mehr Gleichheit zu
fordern, ist widersinnig Bekanntlich wird
indes die Bourgeoisie, von dem Augenblick an, wo sie sich aus dem feudalen
Bürgertum entpuppt ..., stets und unvermeidlich begleitet von ihrem
Schatten, dem Proletariat. Und ebenso werden die bürgerlichen
Gleichheitsforderungen begleitet von proletarischen
Gleichheitsforderungen. Von dem Augenblick an, wo die bürgerliche
Forderung der Abschaffung der Klassenvorrechte gestellt
wird, tritt neben sie die proletarische Forderung der Abschaffung der
Klassen selbst zuerst in religiöser Form ..., später
gestützt auf die bürgerlichen Gleichheitstheorien
selbst. Die Proletarier nehmen
die Bourgeoisie beim Wort: die Gleichheit soll nicht bloß scheinbar, nicht
bloß auf dem Gebiet des Staats, sie soll auch wirklich, auch auf dem
gesellschaftlichen, ökonomischen Gebiet durchgeführt werden. ...
Die
Gleichheitsforderung im Munde des Proletariats ... ist entstanden aus der
Reaktion gegen die bürgerliche Gleichheitsforderung, zieht mehr oder
weniger richtige, weitergehende Forderungen aus dieser, dient als
Agitationsmittel, um die Arbeiter mit den ei-genen Behauptungen der
Kapitalisten gegen die Kapitalisten aufzuregen, und ... steht und fällt
... mit der bürgerlichen Gleichheit selbst. F. Engels,
Anti-Dühring, MEW 20, 9599. 3.1.
Gleichheit der Löhne? ... Ich muss diese
Gelegenheit zu der Feststellung benutzen, dass, genauso wie die
Produktionskosten für Arbeitskräfte verschiedener Qualität nun einmal
verschieden sind, auch die Werte der in verschiedenen Geschäftszweigen
beschäftigten Arbeitskräfte ver-schieden sein müssen. Der Ruf nach
Gleichheit der Löhne beruht daher auf einem Irrtum, ist
unerfüllbarer, törichter Wunsch. K. Marx, Lohn, Preis
und Profit, MEW 16, 131. Siehe auch die
Artikel: Wert der
Arbeitskraft, Lohn 3.2. Gleichheit der Klassen? Es wird keinem
sozialistischen Proletarier oder Theoretiker einfallen, die abstrakte
Gleichheit zwischen sich und einem Buschmann (...), ja nur einem
Bauern oder halbfeudalen Landtagelöhner anerkennen zu
wollen. F. Engels,
Anti-Dühring, MEW 20, 581. Die Gleichmachung der
Klassen, wörtlich interpretiert, läuft auf die Harmonie von
Kapital und Arbeit hinaus, welche die Bourgeois-sozialisten so
aufdringlich predigen. Nicht die Gleichmachung der
Klassen ein logischer Widersinn, unmöglich zu realisieren -,
sondern vielmehr die Abschaffung der Klassen, dieses
wahre Geheimnis der proletarischen Bewegung, bildet das große Ziel der
Internationalen Arbeiterassozia-tion. K. Marx im Namen der
IAA an die Bakuninisten, MEW 16, 349. Siehe auch den
Artikel: Klassen und
Klassenkampf 3.3. Gleichheit in einer kommunistischen
Gesellschaft? Die Vorstellung der sozialistischen Gesellschaft als des Reiches der Gleichheit ist eine einseitige französische Vorstellung, anlehnend an das alte Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, eine Vorstellung, die als Entwicklungsstufe ihrer Zeit und ihres Ortes berechtigt war, die aber, wie alle die Einseitigkeiten der früheren sozialistischen Schulen, jetzt überwunden sein sollten, da sie nur Verwirrung in den Köpfen anrichten und präzisere Darstellungsweisen der Sache gefunden sind. F. Engels, Brief an Bebel (1875), MEW 34, 129. Womit wir es hier zu
tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf
ihrer eigenen Grundlage entwickelt hat, sondern
umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft
hervorgeht, also in jeder Beziehung,
ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der
alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt. Demgemäss erhält der
einzelne Produzent nach den Abzügen exakt zurück, was er ihr gibt. Was
er ihr gegeben hat, ist sein individuelles Arbeitsquantum. Z. B. der
gesellschaftliche Arbeitstag besteht aus der Summe der individuellen
Arbeitsstunden. Die individuelle Arbeitszeit des einzelnen Produzenten ist
der von ihm gelieferte Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sein
Anteil daran. Er erhält von der Gesellschaft einen Schein, dass er so und
so viel Arbeit geliefert (nach Abzug seiner Arbeit für die
gemeinschaftlichen Fonds), und zieht mit diesem Schein aus dem
gesellschaftlichen Vorrat von Konsumtionsmitteln soviel heraus, als gleich
viel Arbeit kostet. Dieselbe Menge Arbeit, das er der
Gesellschaft in einer Form gegeben hat, erhält er in der andern zurück.
Es herrscht hier
offenbar dasselbe Prinzip, das den Warenaustausch regelt, soweit er
Austausch Gleichwertiger ist. Inhalt und Form sind verändert, weil unter
den veränderten Umständen niemand etwas geben kann außer seiner Arbeit und
weil andrerseits nichts in das Eigentum der einzelnen übergehen kann außer
individuellen Konsumtionsmitteln. Was aber die Verteilung der letzteren
unter die einzelnen Produzenten betrifft, herrscht dasselbe Prinzip wie
beim Austausch von Waren-äquivalenten, es wird gleich viel Arbeit in einer
Form gegen gleich viel Arbeit in einer andern ausgetauscht.
Das gleiche
Recht ist hier daher immer noch dem Prinzip nach das
bürgerliche Recht, obgleich Prinzip und
Praxis sich nicht mehr in den Haaren liegen, während der Austausch von
Äquivalenten (gleichen Werten) beim Warenaustausch nur im
Durchschnitt, nicht für den einzelnen Fall
existiert. Trotz dieses
Fortschritts ist dieses gleiche Recht stets noch mit
einer bürgerlichen Schranke behaftet. Das Recht der Produzenten ist ihren
Arbeitslieferungen proportional; die
Gleichheit besteht darin, dass an gleichem
Maßstab, der Arbeit, gemessen
wird. Der eine ist aber
physisch oder geistig dem andern überlegen, liefert also in derselben Zeit
mehr Arbeit oder kann während mehr Zeit arbeiten; und die Arbeit, um als
Maß zu dienen, muss der Ausdehnung oder der Intensität nach bestimmt
werden, sonst hörte sie auf, Maßstab zu sein. Dies gleiche
Recht ist ungleiches Recht für ungleiche Arbeit. Es erkennt keine
Klassenunterschiede an, weil jeder nur Arbeiter ist wie der andere; aber
es erkennt stillschweigend die ungleiche individuelle Begabung und daher
Leistungsfähigkeit der Arbeiter als natürliche Privilegien an. Es
ist daher ein Recht der Ungleichheit, seinem Inhalt nach,
wie alles Recht. Das Recht kann seiner Natur nach nur in
Anwendung von gleichem Maßstab bestehen; aber die ungleichen Individuen
(und sie wären nicht verschiedene Individuen, wenn sie nicht ungleiche
wären) sind nur an gleichem Maßstab messbar, soweit man sie unter einen
gleichen Gesichtspunkt bringt, sie nur von einer bestimmten
Seite fasst, z. B. im gegebenen Fall sie nur als Arbeiter
betrachtet und weiter nichts in ihnen sieht, von allem anderen
absieht. Ferner: Ein Arbeiter
ist verheiratet, der andere nicht; einer hat mehr Kinder als der andre
etc. etc. Bei gleicher Arbeitsleistung und daher gleichem Anteil an dem
gesellschaftlichen Konsumtionsfonds erhält also der eine faktisch mehr als
der andere, ist der eine reicher als der andere etc. Um alle diese
Missstände zu vermeiden, müsste das Recht, statt gleich, vielmehr ungleich
sein. Aber diese Missstände
sind unvermeidbar in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft,
wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen
Geburtswehen hervorgegangen ist. Das Recht kann nie höher sein als die
ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte Kulturentwicklung der
Gesellschaft. In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit ver-schwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! Ich bin weitläufiger auf das ... gleiche Recht, die gerechte Verteilung ... eingegangen, um zu zeigen, wie sehr man frevelt, wenn man einerseits Vorstellungen, die zu einer gewissen Zeit einen Sinn hatten, jetzt aber zu veraltetem Phrasenkram geworden sind, unserer Partei wieder als Dogmen aufdrängen will ... K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 20f. Siehe auch die Artikel:
|
Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |