Spitzelbericht der preußischen
Polizei Der
Chef dieser Partei (der Kommunisten) ist Karl Marx; die Unterchefs sind
Friedrich Engels in Manchester; Freiligrath und Wolff (Lupus genannt) in
London; Reine in Paris; Weydemeyer und Cluß in Amerika; Bürgers und
Daniels waren es in Köln; Weerth war es in Harnburg. Alle außer diesen
sind nur einfache Mitglieder. Der schaffende und handelnde Geist, die
eigentliche Seele der Partei ist aber Marx; darum will ich Sie auch mit
seiner Persönlichkeit bekannt machen. Marx
ist von mittlerer Statur, 34 Jahre alt; trotz seines besten Alters werden
seine Haare schon grau; seine Gestalt ist kräftig; seine Gesichtszüge
mahnen sehr an Szenere (einen ungarischen Revolutionär), nur ist sein
Teint mehr braun, sein Haar und Bart ganz schwarz; letzteren rasiert er
gar nicht; sein großes, durchdringend feuriges Auge hat etwas dämonisch
Unheimliches; man sieht ihm übrigens auf den ersten Blick den Mann von
Genie und Energie an; seine Geistesüberlegenheit übt eine unwiderstehliche
Gewalt auf seine Umgebung aus, Im Privatleben ist er ein höchst
unordentlicher, zynischer Mensch, ein schlechter Wirt; er führt ein wahres
Zigeunerleben, Waschen, Kämmen und Wäschewechsel gehört bei ihm zu den
Seltenheiten; er berauscht sich gern. Oft faulenzt er tagelang, hat er
aber viel Arbeit, dann arbeitet er Tag und Nacht mit unermüdlicher
Ausdauer fort; eine bestimmte Zeit zum Schlafen und Wachen gibt es bei ihm
nicht; sehr oft bleibt er ganze Nächte auf, dann legt er sich wieder
mittags ganz angekleidet aufs Kanapee und schläft bis abends, unbekümmert
um die ganze Welt, die bei ihm frei aus- und eingeht.
Seine
Gattin ist die Schwester des preußischen Ministers von Westphalen, eine
gebildete und angenehme Frau, die aus Liebe zu ihrem Mann sich an dieses
Zigeunerleben gewöhnt hat und sich in diesem Elend nun ganz heimisch
fühlt. Sie hat zwei Mädchen und einen Knaben, alle drei Kinder sind recht
hübsch und haben die intelligenten Augen des Vaters.
Als
Gatte und Familienvater ist Marx, trotz seines sonst unruhigen und wilden
Charakters, der zarteste und zahmste Mensch. Marx wohnt in einem der
schlechtesten, folglich auch billigsten Quartiere von London. Er bewohnt
zwei Zimmer, das eine mit der Aussicht auf die Straße ist der Salon,
rückwärts ist das Schlafzimmer. In der ganzen Wohnung ist nicht ein reines
und gutes Stück Möbel zu finden, alles ist zerbrochen, zerfetzt und
zerlumpt, überall klebt fingerdicker Staub, überall die größte Unordnung.
In der Mitte des Salons steht ein altväterlicher großer Tisch, mit
Wachsleinwand behangen. Auf diesem liegen seine Manuskripte, Bücher,
Zeitungen, dann die Spielsachen der Kinder, das Fetzenwerk des Nähzeugs
seiner Frau, dann einige Teetassen mit abgebrochenen Rändern, schmutzige
Löffel, Messer, Gabeln, Leuchter, Tintenfaß, Trinkgläser, holländische
Tonpfeifen, Tabakasche, mit einem Wort alles drunter- und drüber gehäuft,
und alles dies auf einem einzigen Tisch. Wenn
man bei Marx eintritt, werden die Augen von dem Steinkohlen- und
Tabaksqualm derart umflort, daß man im ersten Augenblick wie in einer
Höhle herumtappt, bis sich der Blick mit den Dünsten allmählich befreundet
und man wie im Nebel einige Gegenstände ausnimmt. Alles ist schmutzig,
alles voll Staub, mit dem Niedersitzen ist es eine wahrhaft gefährliche
Sache. Da steht ein Stuhl nur auf drei Füßen, dort spielen die Kinder und
machen ihre Küche auf einem anderen Stuhl, der zufällig noch ganz ist.
Richtig, den trägt man dem Besucher an, aber die Kinderküche wird nicht
weggeputzt, setzen Sie sich, so riskieren Sie ein Paar Beinkleider. Alles
dies bringt aber Marx und seine Gattin durchaus in keine Verlegenheit. Man
empfängt auf das freundlichste, man trägt Pfeife, Tabak und was eben da
ist mit Herzlichkeit an. Eine geistreiche angenehme Konversation ersetzt
endlich die häuslichen Mängel, macht das Ungemach erst erträglich. Man
söhnt sich mit der Gesellschaft sogar aus, findet diesen Zirkel
interessant, ja originell. Das ist das getreue Bild von dem Familienleben
des Kommunistenchefs Marx.
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