Maschinerie

 

1. Maschinerie und Industrialisierung

1.1. Entwicklung der Maschinerie

„Die Umwälzung der Produktionsweise nimmt in der Manufaktur die Arbeitskraft zum Ausgangspunkt, in der großen Industrie das Arbeits-mittel. Es ist also zunächst zu untersuchen, wodurch das Arbeitsmittel aus einem Werkzeug in eine Maschine verwandelt wird oder wodurch sich die Maschine vom Handwerksinstrument unterscheidet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 391.

 

„Alle entwickelte Maschinerie besteht aus drei wesentlich verschiedenen Teilen, der Bewegungs-maschine, dem Transmissionsmecha-nismus, endlich der Werkzeugmaschine oder Arbeitsmaschine. ... Dieser Teil der Maschinerie, die Werkzeugmaschine, ist es, wovon die industrielle Revolution im 18. Jahrhundert ausgeht.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 393.

 

„Die Dampfmaschine selbst, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts während der Manufakturperiode erfunden ward und bis zum Anfang der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts fortexistierte, rief keine industrielle Revolution hervor. Es war vielmehr umgekehrt die Schöpfung der Werk-zeugmaschinen, welche die revolutionierte Dampfmaschine notwendig machte.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 395f.

„Die Maschine, wovon die industrielle Revolution ausgeht, ersetzt den Arbeiter, der ein einzelnes Werkzeug handhabt, durch einen Mechanis-mus, der mit einer Masse derselben oder gleichartiger Werkzeuge auf einmal operiert und von einer einzigen Triebkraft ... bewegt wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 396.

 

„Die Erweiterung des Umfangs der Arbeitsmaschine und der Zahl ihrer gleichzeitig operierenden Werkzeuge bedingt einen massenhafteren Bewegungsmechanismus, und dieser Mechanismus erfordert zur Überwältigung seines eigenen Widerstands eine mächtigere Triebkraft als die menschliche, abgesehen davon, dass der Mensch ein sehr unvollkommenes Produktionsinstrument gleichförmiger und kontinuier-licher Bewegung ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 396.

 

„Der Wind war zu unstet und unkontrollierbar, und die Anwendung der Wasserkraft überwog ... in England, dem Geburtsort der großen Industrie, schon während der Manufakturperiode. ... Indes war auch der Gebrauch der Wasserkraft als herrschender Triebkraft mit erschwerenden Umständen verbunden. Sie konnte nicht beliebig erhöht und ihrem Mangel nicht abgeholfen werden, sie versagte zuweilen und war vor allem rein lokaler Natur.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 397f.

 

„Erst mit Watts zweiter, sog. doppelt wirkender Dampfmaschine war ein erster Motor gefunden, der seine Bewegungskraft selbst erzeugt aus der Verspeisung von Kohlen und Wasser, dessen Kraftpotenz ganz unter menschlicher Kontrolle steht, der mobil und ..., städtisch und nicht gleich dem Wasserrad ländlich war, die Konzentration der Produktion in den Städten erlaubt, statt sie wie das Wasserrad über das Land zu zerstreuen, und universell in seiner technologischen Anwendung ist.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 398.

 

„Nachdem erst die Werkzeuge aus Werkzeugen des menschlichen Organismus in Werkzeuge eines mechanischen Apparats, der Werk-zeugmaschine verwandelt waren, erhielt nun auch die Bewegungs-maschine eine selbständige, von den Schranken menschlicher Kraft völlig emanzipierte Form. Damit sinkt die einzelne Werkzeugmaschine, die wir bisher betrachteten, zu einem bloßen Element der maschinenmäßigen Produktion herab. Eine Bewegungsmaschine konnte jetzt viele Arbeitsmaschinen gleichzeitig treiben.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 398.

 

„Es ist nun zweierlei zu unterscheiden, Kooperation vieler gleichartiger Maschinen und Maschinensystem.

In dem einen Fall wird das ganze Machwerk von derselben Arbeits-maschine verrichtet. Sie führt alle die verschiedenen Operationen aus, welche ein Handwerker mit seinem Werkzeug, z. B. der Weber mit seinem Webstuhl, verrichtete oder welche Handwerker mit verschie-denen Werkzeugen ... der Reihe nach ausführten. Z. B. in der modernen Manufaktur von Briefkuverts faltete ein Arbeiter das Papier mit dem Falzbein, ein anderer legte den Gummi auf, ein dritter schlug die Klappe um, ..., und bei jeder dieser Teiloperationen musste jedes einzelne Kuvert die Hände wechseln.

Eine einzige Kuvertmaschine verrichtet alle diese Operationen auf einen Schlag und macht 3.000 und mehr Briefkuverts in einer Stunde.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 399.

 

„... In der Fabrik, d. h. in der auf Maschinenbetrieb gegründeten Werk-statt, erscheint ... die einfache Kooperation wieder, und zwar zunächst, (wir sehen hier vom Arbeiter ab) als räumliche Zusammenballung gleichartiger und gleichzeitig zusammenwirkender Arbeitsmaschinen. So wird eine Webfabrik durch das Nebeneinander vieler mechanischer Webstühle und eine Nähfabrik durch das Nebeneinander vieler Nähmaschinen in demselben Arbeitsgebäude gebildet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 399f.

 

„Ein eigentliches Maschinensystem tritt aber erst an die Stelle der einzelnen selbständigen Maschine, wo der Arbeitsgegenstand eine zusammenhängende Reihe verschiedener Stufenprozesse durchläuft, die von einer Kette verschiedenartiger, aber einander ergänzender Werk-zeugmaschinen ausgeführt werden.

Hier erscheint die der Manufaktur eigentümliche Kooperation durch Teilung der Arbeit wieder, aber jetzt als Kombination von Teilarbeits-maschinen. Die spezifischen Werkzeuge der verschiedenen Teilarbeiter, in der Wollmanufaktur z. B. der Wollschläger, Wollkämmer, Wollscherer, Wollspinner usw., verwandeln sich jetzt in die Werkzeuge spezifizierter Arbeitsmaschinen, von denen jede ein besonderes Organ für eine besondere Funktion im System des kombinierten Werkzeugmechanismus bildet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 400.

 

„Die kombinierte Arbeitsmaschine ... ist umso vollkommener, je kontinuierlicher ihr Gesamtprozess ist, d. h. mit je weniger Unterbrechung das Rohmaterial von seiner ersten Phase zu seiner letzten übergeht, je mehr also statt der Menschenhand der Mechanismus selbst es von einer Produktionsphase in die andere fördert.

Wenn in der Manufaktur die Isolierung der Sonderprozesse ein durch die Teilung der Arbeit selbst gegebenes Prinzip ist, so herrscht dagegen in der entwickelten Fabrik die Kontinuität der Sonderprozesse.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 401.

 

1.2. Emanzipation der Maschinen vom Manufakturbetrieb

„Die Erfindung von Vaucanson (mechanischer Webstuhl), Arkwright (Spinnmaschine), Watt (Dampfmaschine) usw. waren ... nur ausführbar, weil jene Erfinder ein von der Manufakturperiode fertig geliefertes und beträchtliches Quantum geschickter mechanischer Arbeiter vorfanden.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 402f.

„Wir erblicken hier also in der Manufaktur die unmittelbare technische Grundlage der großen Industrie. Jene produzierte die Maschinerie, womit diese in den Produktionssphären, die sie zunächst ergriff, den handwerks- und manufakturmäßigen Betrieb aufhob. Der Maschinen-betrieb erhob sich also naturwüchsig auf einer ihm unangemessenen materiellen Grundlage. Auf einem gewissen Entwicklungsgrad musste er diese erst fertig vorgefundene und dann in ihrer alten Form weiter ausgearbeitete Grundlage selbst umwälzen und sich eine seiner eigenen Produktionsweise entsprechende neue Basis schaffen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 403.

 

„Aber auf einer gewissen Entwicklungsstufe geriet die große Industrie auch technisch in Widerstreit mit ihrer handwerks- und manufaktur-mäßigen Unterlage. ... Maschinen z. B. wie die moderne Druckerpresse, der moderne Dampfwebstuhl und die moderne Kadiermaschine, konnten nicht von der Manufaktur geliefert werden.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 403f.

 

„Die große Industrie musste sich also ihres charakteristischen Produktionsmittels der Maschine selbst, bemächtigen und Maschinen durch Maschinen produzieren. So erst schuf sie ihre adäquate technische Unterlage und stellte sich auf ihre eigenen Füße.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 405.

 

„Die wesentlichste Produktionsbedingung für die Fabrikation von Maschinen durch Maschinen war eine jeder Kraftpotenz fähige und doch zugleich ganz kontrollierbare Bewegungsmaschine. Sie existierte bereits in der Dampfmaschine. Aber es galt zugleich die für die einzelnen Maschinenteile nötigen streng geometrischen Formen wir Linie, Ebene, Kreis, Zylinder, Kegel und Kugel maschinenmäßig zu produzieren. Dies Problem löste Henry Maudslay im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts durch die Erfindung der Drehbank, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 405.

 

„Diese mechanische Vorrichtung ersetzt nicht irgendein besonderes Werkzeug, sondern die menschliche Hand selbst, die eine bestimmte Form hervorbringt, durch Vorhalten, Anpassen und Richtung der Schärfe von Schneidinstrumenten usw. gegen oder über das Arbeitsmaterial ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 406.

 

„Betrachten wir nun den Teil der zum Maschinenbau angewandten Maschinerie, der die eigentliche Werkzeugmaschine bildet, so erscheint das handwerksmäßige Werkzeug wieder, aber in riesenhaftem Umfang.

Der Operateur der Bohrmaschine z. B. ist ein ungeheurer Bohrer, der durch eine Dampfmaschine getrieben wird und ohne den umgekehrt die Zylinder großer Dampfmaschinen und hydraulischen Pressen nicht produziert werden könnten.

Die mechanische Drechselbank ist die riesenhafte Wiedergeburt der gewöhnlichen Fußdrechselbank, die Hobelmaschine ein eiserner Zimmermann, der mit denselben Werkzeugen in Eisen arbeitet, womit der Zimmermann in Holz arbeitet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 406.

 

„Die Umwälzung der Produktionsweise in einer Sphäre der Industrie bedingt ihre Umwälzung in der anderen. ... So machte die Maschinen-spinnerei Maschinenweberei nötig und beide zusammen die mechanisch-chemische Revolution in der Bleicherei, Druckerei und Färberei. So rief andererseits die Revolution in der Baumwollspinnerei die Erfindung der maschinellen ... Trennung der Baumwollfaser vom Samen hervor, womit erst die Baumwollproduktion auf dem nun notwendig großen Maßstab möglich wurde.

Die Revolution in der Produktionsweise der Industrie und Agrikultur ernötigte namentlich aber auch eine Revolution in den allgemeinen Bedingungen des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, d. h. den Kommunikations- und Transportmitteln.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 404f.

 

„... Für die große Industrie mit ihrer fieberhaften Geschwindigkeit der Produktion, ihrer massenhaften Stufenleiter, ihrem beständigen Werfen von Kapital- und Arbeitermassen aus einer Produktionssphäre in die andere und ihren neu geschaffenen weltmarktlichen Zusammenhängen ... wurde das Kommunikations- und Transportwesen daher allmählich durch ein System von Flussdampfschiffen, Eisenbahnen, ozeanischen Dampfschiffen und Telegrafen ... angepasst.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 405.

 

„Als Maschinerie erhält das Arbeitsmittel eine materielle Existenz-weise, welche Ersetzung der Menschenkraft durch Naturkräfte und erfahrungsmäßiger Routine durch bewusste Anwendung der Natur-wissenschaft bedingt. In der Manufaktur ist die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses rein subjektiv, ist eine Kombination von Teilarbeitern; im Maschinensystem besitzt die große Industrie einen ganz objektiven Produktionsorganismus, den der Arbeiter als fertige materielle Produktionsbedingung vorfindet. ...

Die Maschinerie mit einigen später zu erwähnenden Ausnahmen, funktioniert nur in der Hand unmittelbar vergesellschafteter oder gemeinsamer Arbeit. Der kooperative Charakter des Arbeitsprozesses wird jetzt also durch die Natur des Arbeitsmittels selbst diktierte technische Notwendigkeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 407.

 

2. Maschinerie und Profit.

Wertabgabe der Maschinerie an das Produkt

„Man sah, dass die aus Kooperation und Teilung der Arbeit entspringenden Produktivkräfte dem Kapital nichts kosten. Sie sind Naturkräfte der gesellschaftlichen Arbeit. Naturkräfte, wie Dampf, Wasser usw., die zu produktiven Prozessen angeeignet werden, kosten ebenfalls nichts. Wie aber der Mensch eine Lunge zum Atmen braucht, braucht er ein ‚Gebilde von Menschenhand‘, um Naturkräfte produktiv zu konsumieren. Ein Wasserrad ist nötig, um die Bewegungskraft des Wassers, eine Dampfmaschine, um die Elastizität des Dampfs auszubeuten.

Wie mit den Naturkräften verhält es sich mit der Wissenschaft. Einmal entdeckt, kostet das Gesetz über die Abweichung der Magnetnadel im Wirkungskreise eines elektrischen Stroms oder über Erzeugung von Magnetismus um Eisen, um das ein elektrischer Strom kreist, keinen Deut.

Aber zu Ausbeutung dieser Gesetze für Telegrafie usw. bedarf es eines sehr kostspieligen und weitläufigen Apparats.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 407f.

 

„Wenn es daher auf den ersten Blick klar ist, dass die große Industrie durch Einverleibung ungeheurer Naturkräfte und der Naturwissenschaft in den Produktionsprozess die Produktivität der Arbeit außerordentlich steigern muss, ist es keineswegs ebenso klar, dass diese gesteigerte Produktivkraft nicht durch vermehrte Arbeitsausgabe auf der anderen Seite erkauft wird.

Gleich jedem anderen Bestandteil des konstanten Kapitals schafft die Maschinerie keinen Wert, gibt aber ihren eigenen Wert an das Produkt ab, zu dessen Erzeugung sie dient. Soweit sie Wert hat und daher Wert auf das Produkt überträgt, bildet sie einen Wertbestandteil desselben. Statt es zu verbilligen, verteuert sie es im Verhältnis zu ihrem eigenen Wert.

Und es ist handgreiflich, dass Maschine und systematisch entwickelte Maschinerie, das charakteristische Arbeitsmittel der großen Industrie, unverhältnismäßig an Wert schwillt, verglichen mit den Arbeitsmitteln des Handwerks- und Manufakturbetriebs.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 408.

„Es ist nun zunächst zu bemerken, dass die Maschinerie stets ganz in den Arbeitsprozess und immer nur teilweise in den Verwertungsprozess eingeht. Sie setzt nie mehr Wert zu, als sie im Durchschnitt durch ihre Abnutzung verliert. Es findet also große Differenz statt zwischen dem Wert der Maschine und dem periodisch von ihr auf das Produkt übertragenen Wertteil. Es findet eine große Differenz statt zwischen der Maschine als wertbildendem und als produktbildendem Element. Je größer die Periode, während welcher dieselbe Maschine wiederholt in demselben Arbeitsprozess dient, desto größer jene Differenz.

Allerdings haben wir gesehen, dass jedes eigentliche Arbeitsmittel oder Produktionsinstrument immer ganz in den Arbeitsprozess und stets nur stückweise, im Verhältnis zu seinem täglichen Durchschnittsverschleiß, in den Verwertungsprozess eingeht.

Diese Differenz jedoch zwischen Benutzung und Abnutzung ist viel größer bei der Maschinerie als bei dem Werkzeug, weil sie, aus dauerhafterem Material gebaut, länger lebt, weil ihre Anwendung, durch streng wissenschaftliche Gesetze geregelt, größere Ökonomie in der Verausgabung ihrer Bestandteile und ihrer Konsumtionsmittel ermöglicht, und endlich, weil ihr Produktionsfeld unverhältnismäßig größer ist als das des Werkzeugs.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 408f.

Mit Maschinen wird also eine unverhältnismäßig größere Stückzahl an Produkten produziert als mit dem Handwerkerwerkzeug.

 

„Wo die alte Methode ... der Handkattundruckerei durch Maschinen-druck verdrängt ist, druckt eine einzige Maschine mit dem Beistand eines Mannes oder Jungen so viel vierfarbigen Kattun in einer Stunde wie früher 200 Männer.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 413.

„Die Produktivität der Maschinerie steht, wie wir sahen, in umgekehrtem Verhältnis zur Größe des von ihr auf das Machwerk übertragenen Wertbestandteils. Je länger die Periode, worin sie funktioniert, desto größer die Produktenmasse, worüber der von ihr zugesetzte Wert verteilt, und desto kleiner der Wertteil, den sie der einzelnen Ware zufügt. Die aktive Lebensperiode der Maschinerie ist aber offenbar bestimmt durch die ... Dauer des täglichen Arbeitsprozesses, multipliziert mit der Anzahl Tage, worin er sich wiederholt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 426.

 

„Je weniger Wert abgebend, desto produktiver ist die Maschinerie und desto mehr nähert sich ihr Dienst dem der Naturkräfte.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 411.

 

„Der materielle Verschleiß der Maschine ist doppelt. Der eine ent-springt aus ihrem Gebrauch, wie Geldstücke durch Zirkulation verschleißen, der andere aus ihrem Nichtgebrauch, wie ein untätig Schwert in der Scheide verrostet. Es ist dies ihr Verzehr durch die Elemente. ... Neben dem materiellen unterliegt die Maschine aber auch einem sozusagen moralischen Verschleiß. Sie verliert Tauschwert im Maße, worin entweder Maschinen derselben Konstruktion billiger reproduziert werden können oder bessere Maschinen konkurrierend neben sie treten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 426.

 

3. Wirkungen der Maschinerie auf die Arbeiter im 19. Jahrhundert

„Den Ausgangspunkt der großen Industrie bildet, wie gezeigt, die Revolution des Arbeitsmittels, ... Bevor wir zusehen, wie diesem objektiven Organismus Menschenmaterial einverleibt wird, betrachten wir einige allgemeine Rückwirkungen jener Revolution auf den Arbeiter selbst.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 416.

1) Senkung der Lohnkosten durch Anwendung billigerer Arbeitskraft von Frauen und Kindern

2) Senkung der Lohnkosten durch Verbilligung der notwendigen Lebensmittel der Lohnarbeiter

3) Senkung des individuellen Produktenwerts unter den gesellschaftlichen Durchschnitt, bzw. Senkung der individuellen Produktionskosten unter den gesellschaftlichen Durchschnitt. Das ergibt bei marktüblichem Verkaufspreis einen Monopolprofit. Diese Wirkung hat auch heute noch jede technische Verbesserung, die ein Kapitalist den anderen voraus hat. Vgl. auch Kapital I, MEW 23, 584 ff.

 

3.1. Industriearbeit verliert ihren männlichen Charakter

„Sofern die Maschinerie Muskelkraft entbehrlich macht, wird sie zum Mittel, Arbeiter ohne Muskelkraft oder von unreifer Körperentwicklung, aber größerer Geschmeidigkeit der Glieder anzuwenden. Frauen- und Kinderarbeit war daher das erste Wort der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie!“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 416.

„Indem die Maschinerie alle Glieder der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über seine ganze Familie. Sie entwertet daher seine Arbeitskraft. Der Ankauf der in 4 Arbeitskräften z. B. aufgeteilten Familie kostet vielleicht mehr als früher der Ankauf der Arbeitskraft des Familienoberhaupts, aber dafür treten 4 Arbeitstage an die Stelle von einem, und ihr Preis fällt im Verhältnis zum Überschuss der Mehrarbeit der vier über die Mehrarbeit des einen. Vier müssen nun nicht nur Arbeit, sondern Mehrarbeit für das Kapital liefern, damit eine Familie lebe.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 417.

„Durch den überwiegenden Zusatz von Kindern und Weibern zum kombinierten Arbeitspersonal bricht die Maschinerie endlich den Widerstand, den der männliche Arbeiter in der Manufaktur der Despotie des Kapitals noch entgegensetzte.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 424.

 

3.2. Verlängerung des Arbeitstags

„Wenn die Maschinerie das gewaltigste Mittel ist, die Produktivität der Arbeit zu steigern, d. h. die zur Produktion einer Ware nötige Arbeitszeit zu verkürzen, wird sie als Träger des Kapitals zunächst ... zum gewaltigsten Mittel, den Arbeitstag über jede naturgemäße Schranke hinaus zu verlängern. ...

Zunächst verselbständigt sich in der Maschinerie die Bewegung und Werktätigkeit des Arbeitsmitteln gegenüber dem Arbeiter. Es wird an und für sich in industrielles Perpetuum mobile, das ununterbrochen fortproduzieren würde, stieße es nicht auf gewisse Naturschranken in seinen menschlichen Gehilfen: ihre Körperschwäche und ihren Eigenwillen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 425.

 

„Mit verlängertem Arbeitstag dehnt sich die Stufenleiter der Produktion, während der in Maschinerie und Baulichkeiten ausgelegte Kapitalteil unverändert bleibt. Nicht nur der Mehrwert wächst daher, sondern die zur Ausbeutung desselben notwendigen Auslagen nehmen ab.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 427.

 

„Die Maschine produziert relativen Mehrwert, nicht nur, indem sie die Arbeitskraft direkt entwertet und dieselbe indirekt durch Verbilligung der in ihre Reproduktion eingehenden Waren verbilligt, sondern auch, indem sie bei ihrer ersten sporadischen Einführung die vom Maschinenbesitzer verwandte Arbeit in potenzierte Arbeit verwandelt, den gesellschaftlichen Wert des Maschinenprodukts über seinen individuellen Wert erhöht und den Kapitalisten so befähigt, mit geringerem Wertteil des Tagesprodukts den Tageswert der Arbeitskraft zu ersetzen. Während dieser Übergangsperiode, worin der Maschinen-betrieb eine Art Monopol bleibt, sind daher die Gewinne außer-ordentlich, und der Kapitalist sucht diese ‚erste Zeit der jungen Liebe‘ gründlichst auszubeuten durch möglichste Verlängerung des Arbeits-tags.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 428f.

 

3.3. Intensivierung der Arbeit

„Es ist selbstverständlich, dass mit dem Fortschritt des Maschinen-wesens und der gehäuften Erfahrung einer eigenen Klasse von Maschinenarbeitern die Geschwindigkeit und damit die Intensität der Arbeit naturwüchsig zunehmen.

So geht in England während eines halben Jahrhunderts die Verlängerung des Arbeitstags Hand in Hand mit der wachsenden Intensität der Fabrikarbeit. Indes begreift man, dass ... ein Knotenpunkt eintreten muss, wo Ausdehnung des Arbeitstags und Intensität der Arbeit einander ausschließen, so dass die Verlängerung des Arbeitstags nur mit schwächerem Intensitätsgrad der Arbeit und umgekehrt ein erhöhter Intensitätsgrad nur mit Verkürzung des Arbeitstags verträglich bleibt.

Sobald die allmählich anschwellende Empörung der Arbeiterklasse den Staat zwang, die Arbeitszeit gewaltsam zu verkürzen und zunächst der eigentlichen Fabrik einen Normalarbeitstag zu diktieren, von diesem Augenblick also, wo gesteigerte Produktion von Mehrwert durch Verlängerung des Arbeitstags ein für allemal abgeschnitten war, warf sich das Kapital mit aller Macht und vollem Bewusstsein auf die Produktion von relativem Mehrwert durch beschleunigte Entwicklung des Maschinensystems.

Gleichzeitig tritt eine Änderung in dem Charakter des relativen Mehrwerts ein. Im Allgemeinen besteht die Produktionsmethode des relativen Mehrwerts darin, durch gesteigerte Produktivkraft der Arbeit den Arbeiter zu befähigen, mit derselben Arbeitsausgabe in derselben Zeit mehr zu produzieren. Dieselbe Arbeitszeit setzt nach wie vor dem Gesamtprodukt denselben Wert zu, obgleich dieser unveränderte Tauschwert sich jetzt in mehr Gebrauchswerten darstellt und daher den Wert der einzelnen Ware senkt.

Anders jedoch, sobald die ... Verkürzung des Arbeitstags ... zugleich vergrößerte Arbeitsausgabe in derselben Zeit, erhöhte Anspannung der Arbeitskraft, dichtere Ausfüllung der Poren der Arbeitszeit, d. h. Kondensation der Arbeit dem Arbeiter zu einem Grad aufzwingt, der nur innerhalb des verkürzten Arbeitstags erreichbar ist.

Diese Zusammenpressung einer größeren Masse Arbeit in eine gegebene Zeitperiode zählt jetzt als was sie ist, als größres Arbeitsquantum. Neben das Maß der Arbeitszeit als ‚ausgedehnte Größe‘ tritt jetzt das Maß ihres Verdichtungsgrads.

Die intensivere Stunde des zehnstündigen Arbeitstags enthält jetzt so viel oder mehr Arbeit, d. h. verausgabte Arbeitskraft, als die porösere Stunde des zwölfstündigen Arbeitstags. Ihr Produkt hat daher so viel oder mehr Wert als das der poröseren 1 1/5 Stunden. Abgesehen von der Erhöhung des relativen Mehrwerts durch die gesteigerte Produktivkraft der Arbeit, liefern jetzt z. B. 3 1/3 Stunden Mehrarbeit auf 6 2/3 Stunden notwendiger Arbeit dem Kapitalisten dieselbe Wertmasse wie vorher 4 Stunden Mehrarbeit auf 8 Stunden notwendiger Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 432f.

 

„Es fragt sich nun, wie wird die Arbeit intensiviert?“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 433.

„Die erste Wirkung des verkürzten Arbeitstags beruht auf dem selbstverständlichen Gesetz, dass die Wirkungsfähigkeit der Arbeitskraft im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Wirkungszeit steht. Es wird daher, innerhalb gewisser Grenzen, am Grad der Kraftäußerung gewonnen, was an ihrer Dauer verloren geht.

Dass der Arbeiter aber auch wirklich mehr Arbeitskraft flüssig macht, dafür sorgt das Kapital durch die Methode der Zahlung. (Anm.: Namentlich durch den Stücklohn ...)“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 433.

 

Sobald die Verkürzung des Arbeitstags, welche zunächst die ... Fähigkeit des Arbeiters schafft, mehr Kraft in gegebener Zeit flüssig zu machen, zwangsgesetzlich wird, wird die Maschine in der Hand des Kapitals zum objektiven und systematisch angewandten Mittel, mehr Arbeit in derselben Zeit zu erpressen. Es geschieht dies in doppelter Weise: durch erhöhte Geschwindigkeit der Maschinen und erweiterten Umfang der von demselben Arbeiter zu überwachenden Maschinerie oder seines Arbeitsfeldes.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 434.

 

„Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, dass die Tendenz des Kapitals, sobald ihm Verlängerung des Arbeitstags ein für allemal durch das Gesetz abgeschnitten ist, sich durch systematische Steigerung des Intensitätsgrads der Arbeit gütlich zu tun und jede Verbesserung der Maschinerie in ein Mittel zu größerer Aussaugung der Arbeitskraft zu verkehren, bald wieder zu einem Wendepunkt treiben muss, wo abermalige Abnahme der Arbeitsstunden unvermeidlich wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 440.

 

3.4. Kampf der Arbeiter gegen das Maschinensystem

„Der Kampf zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter beginnt mit dem Kapitalverhältnis selbst. Er tobt fort während der ganzen Manufaktur-periode.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 451.

„Es bedarf Zeit und Erfahrung, bevor der Arbeiter die Maschinerie von ihrer kapitalistischen Anwendung unterscheiden und daher seine An-griffe vom materiellen Produktionsmittel selbst auf dessen gesellschaft-liche Ausbeutungsform übertragen lernt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 452.

 

„Als Maschine wird das Arbeitsmittel sofort zum Konkurrenten des Arbeiters selbst. Die Selbstverwertung des Kapitals durch die Maschine steht im direkten Verhältnis zur Arbeiterzahl, deren Existenzbe-dingungen sie vernichtet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 454.

„Das Arbeitsmittel erschlägt den Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 455.

 

„Der Teil der Arbeiterklasse, den die Maschinerie so in überflüssige, d. h. nicht länger zur Selbstverwertung des Kapitals unmittelbar notwendige Bevölkerung verwandelt, geht einerseits unter..., überflutet andererseits alle leichter zugänglichen Industriezweige, überfüllt den Arbeitsmarkt und senkt daher den Preis der Arbeitskraft unter ihren Wert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 454.

 

„Die Maschinerie wirkt jedoch nicht nur als übermächtiger Konkurrent, stets auf dem Sprung, den Lohnarbeiter ‚überflüssig‘ zu machen. Als ihm feindliche Potenz wird sie laut ... vom Kapital proklamiert und gehandhabt. Sie wird das machtvollste Kriegsmittel zur Niederschlagung der periodischen Arbeiteraufstände, Streiks usw. wider die Autokratie des Kapitals. ... Man könnte eine ganze Geschichte der Erfindungen seit 1830 schreiben, die bloß als Kriegsmittel des Kapitals wider Arbeiterproteste ins Leben traten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 459.

In ihren Anfängen griffen die selbständigen und lohnabhängigen Arbeiter die neuen Maschinen an, nicht das Lohnverhältnis, in dem die Maschinen verwendet werden. Die Maschinerie bleibt aber im Kapitalismus eine Konkurrenz für die Arbeiter, weil verbesserte Maschinen nicht nur mehr Produkte, sondern auch mehr Arbeitslose produzieren.

 

4. Maschinensystem und moderne Lohnarbeit

„Wir betrachteten im Beginn dieses Kapitels den Leib der Fabrik, die Gliederung des Maschinensystems. Wir sahen dann, wie die Maschinerie das menschliche Ausbeutungsmaterial des Kapitals vermehrt durch Aneignung der Frauen- und Kinderarbeit, wie sie die ganze Lebenszeit des Arbeiters konfisziert durch maßlose Ausdehnung des Arbeitstags und wie ihr Fortschritt, der ein ungeheuer wachsendes Produkt in stets kürzerer Zeit zu liefern erlaubt, endlich als systematisches Mittel dient, in jedem Zeitmoment mehr Arbeit flüssig zu machen oder die Arbeitskraft stets intensiver auszubeuten. Wir wenden uns nun zum Fabrikganzen, und zwar in seiner ausgebildetsten Gestalt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 441.

 

„Mit dem Arbeitswerkzeug geht auch die Virtuosität in seiner Führung vom Arbeiter auf die Maschine über. Die Leistungsfähigkeit des Werkzeugs ist emanzipiert von den persönlichen Schranken mensch-licher Arbeitskraft. Damit ist die technische Grundlage aufgehoben, worauf die Teilung der Arbeit in der Manufaktur beruht.

An die Stelle der sie charakterisierenden Hierarchie der spezialisierten Arbeiter tritt daher in der automatischen Fabrik die Tendenz der Gleichmachung oder Nivellierung der Arbeiten, welche die Gehilfen der Maschinerie zu verrichten haben, ...

Die gegliederte Gruppe der Manufaktur ist ersetzt durch den Zusammenhang des Hauptarbeiters mit wenigen Gehilfen. Die wesent-liche Scheidung ist die von Arbeitern, die wirklich an den Werkzeug-maschinen beschäftigt sind (...) und von bloßen Handlangern (...) dieser Maschinenarbeiter. ... Neben diese Hauptklassen tritt ein numerisch unbedeutendes Personal, das mit der Kontrolle der gesamten Maschi-nerie und ihrer beständigen Reparatur beschäftigt ist, wie Ingenieure, Mechaniker, Schreiner usw. Es ist eine höhere, teils wissenschaftlich gebildete, teils handwerksmäßige Arbeiterklasse, außerhalb des Kreises der Fabrikarbeiter und ihnen nur beigefügt. Diese Teilung der Arbeit ist rein technisch.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 442f.

 

„Es ist charakteristisch für die Absicht des statistischen Betrugs, ..., wenn die englische Fabrikgesetzgebung die zuletzt im Text erwähnten Arbeiter ausdrücklich als Nicht-Fabrikarbeiter von ihrem Wirkungskreis ausschließt ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 442 Anm. 181.

Heute wird dieser Betrug fortgesetzt, indem Ingenieure, Program-mierer etc. NICHT mit zur Lohnarbeiterklasse, sondern zu den „Angestellten“ gerechnet werden. "Angestellter" ist aber nur eine juristische Kategorie, keine ökonomische.

 

„Aber der Maschinenbetrieb hebt die Notwendigkeit auf, diese Ver-teilung manufakturmäßig zu befestigen durch fortwährende Aneignung derselben Arbeiter an dieselbe Funktion. Da die Gesamt-bewegung der Fabrik nicht vom Arbeiter ausgeht, sondern von der Maschine, kann fortwährender Personenwechsel stattfinden ohne Unterbrechung des Arbeitsprozesses.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 443f.

 

„Obgleich nun die Maschinerie das alte System der Teilung der Arbeit technisch über den Haufen wirft, schleppt es sich zunächst als Tradition der Manufaktur gewohnheitsmäßig in der Fabrik fort, um dann systematisch vom Kapital als Ausbeutungsmittel der Arbeitskraft in noch ekelhafterer Form reproduziert und befestigt zu werden.

Aus der lebenslangen Spezialität ein Teilwerkzeug zu führen, wird die lebenslange Spezialität, einer Teilmaschine zu dienen. Die Maschinerie wird missbraucht, um den Arbeiter selbst von Kindesbeinen in den Teil einer Teilmaschine zu verwandeln.

Nicht nur werden so die zu seiner eigenen Reproduktion nötigen Kosten bedeutend vermindert, sondern zugleich seine hilflose Abhängigkeit vom Fabrikganzen, also vom Kapitalisten, vollendet.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 444f.

 

„In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeugs, in der Fabrik dient er der Maschine. Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung er hier zu folgen hat.

In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig von ihnen, und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 445.

 

„Selbst die Erleichterung der Arbeit wird zum Mittel der Tortur, indem die Maschine nicht den Arbeiter von der Arbeit befreit, sondern seine Arbeit vom Inhalt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 446.

 

„Durch seine Verwandlung in einen Automaten tritt das Arbeitsmittel während des Arbeitsprozesses selbst dem Arbeiter als Kapital gegenüber, als tote Arbeit, welche die lebendige Arbeitskraft beherrscht und aussaugt.

Die Scheidung der geistigen Potenzen des Produktionsprozesses von der Handarbeit und die Verwandlung derselben in Mächte des Kapitals über die Arbeit vollendet sich, wie bereits früher angedeutet, in der auf Grundlage der Maschinerie aufgebauten großen Industrie. Das Detailgeschick des individuellen, entleerten Maschinenarbeiters verschwindet als ein winzig Nebending vor der Wissenschaft, den ungeheuren Naturkräften und der gesellschaftlichen Massenarbeit, die im Maschinensystem verkörpert sind und mit ihm die Macht des Kapitalisten bilden.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 446.

 

4.1. Kapitalisten produzieren mithilfe der Maschinerie Arbeitslosigkeit

„Eine ganze Reihe bürgerlicher Ökonomen ... behauptet, dass alle Maschinerie, die Arbeiter verdrängt, stets gleichzeitig und notwendig ein adäquates Kapital zur Beschäftigung derselben identischen Arbeiter freisetzt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 461.

Dazu ein Beispiel einer Fabrik mit 100 Arbeitern für 3 Millionen Euro Jahreslohnsumme und Produktionsanlagen für ebenfalls 3 Millionen Euro.

Also: 6 Mio. C (Kapital) = 3 Mio. c (konstantes Kapital) + 3 Mio. v (variables Kapital).

Der Kapitalist kauft eine Maschine, die 1,5 Mio. kostet und die 50 Arbeiter mit einem Lohn von insgesamt 1,5 Mio. Jahreslohn ersetzt. Sein Kapital bleibt dasselbe, nur die Zusammensetzung seines Kapitals hat sich geändert.

Also: 6 Mio. C = 4,5 Mio. c + 1,5 Mio. v.

„Ist durch diese Metamorphose irgendein Kapital ‚freigesetzt‘? ... Statt der Freisetzung findet hier Bindung von Kapital in einer Form statt, worin es aufhört, sich gegen Arbeitskraft auszutauschen, d. h. Verwandlung von variablem in konstantes Kapital. ...

Kostete die neue eingeführte Maschinerie weniger als die Summe der von ihr verdrängten Arbeitskraft und Arbeitswerkzeuge, also z. B. statt 1,5 Mio. nur 1 Mio., so würde ein variables Kapital von 1 Mio. Euro in konstantes verwandelt oder gebunden, während ein Kapital von 0,5 Mio. Euro freigesetzt würde.

Letzteres, denselben Jahreslohn unterstellt, bildet einen Beschäftigungs-fonds für ungefähr 16 Arbeiter, während 50 entlassen sind, ja für viel weniger als 16 Arbeiter, da die 0,5 Mio. Euro zu ihrer Verwandlung in Kapital wieder zum Teil in konstantes Kapital verwandelt werden müssen, also auch nur zum Teil in Arbeitskraft umgesetzt werden können.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 461f.

 

„Indes, gesetzt auch, die Anfertigung der neuen Maschine beschäftige eine größere Anzahl Mechaniker; soll das eine Kompensation sein für die aufs Pflaster geworfenen Arbeiter der Fabrik, die die Maschine kauft? Im besten Fall beschäftigt ihre Anfertigung weniger Arbeiter, als ihre Anwendung verdrängt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 462.

Warum? Im obigen Beispiel kostete die neue Maschine 1,5 Mio. Euro. Dieser Wert setzt sich zusammen aus:

„1. dem Wert der zu ihrer Herstellung erforderlichen Produktionsmittel, 2. dem Arbeitslohn der sie anfertigenden Mechaniker, 3. dem dem Kapitalisten der Maschinenfabrik zufallenden Mehrwert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 462.

Ganz gleich, wie groß jeweils diese drei Wertbestandteile sind, der Lohnbestandteil der angeschafften Maschine ist immer kleiner als die Lohnsumme der Arbeiter, die die Maschine arbeitslos macht. Also sind in der Herstellung der Maschine weniger Arbeiter beschäftigt als die Maschine in ihrer Anwendung verdrängt.

 

„Da also die Maschinerie an sich betrachtet die Arbeitszeit verkürzt, während sie kapitalistisch angewandt den Arbeitstag verlängert, an sich die Arbeit erleichtert, kapitalistisch angewandt ihre Intensität steigert, an sich ein Sieg des Menschen über die Naturkraft ist, kapitalistisch angewandt den Menschen durch die Naturkraft unterjocht, an sich den Reichtum des Produzenten vermehrt, kapitalistisch angewandt ihn verarmt usw. erklärt der bürgerliche Ökonom einfach, das Ansich-betrachten der Maschinerie beweise haarscharf, dass alle jene handgreiflichen Widersprüche bloßer Schein der gemeinen Wirklich-keit, aber an sich, also auch in der Theorie gar nicht vorhanden sind.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 465.

 

„Die wirklichen ... Tatsachen sind diese: Die von der Maschinerie verdrängten Arbeiter werden aus der Werkstatt hinaus auf den Arbeitsmarkt geworfen und vermehren dort die Zahl der schon für kapitalistische Ausbeutung verfügbaren Arbeitskräfte.

Es ... wird sich zeigen, dass diese Wirkung der Maschinerie ... den Arbeiter ... als furchtbarste Geißel trifft.

Hier nur dies: Die aus einem Industriezweig hinausgeworfenen Arbeiter können allerdings in irgendeinem anderen Beschäftigung suchen.

Finden sie solche ... so geschieht dies vermittelst eines neuen, zuschüs-sigen Kapitals, das nach Anlage drängt, keineswegs aber vermittelst des schon früher funktionierenden und jetzt in Maschinerie verwandelten Kapitals.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 464.

 

„Obwohl die Maschinerie notwendig Arbeiter verdrängt in den Arbeits-zweigen, wo sie eingeführt wird, so kann sie dennoch eine Zunahme von Beschäftigung in anderen Arbeitszweigen hervorrufen. Diese Wirkung hat aber nichts gemein mit der so genannten Kompensationstheorie. ...

Die etwa zur Produktion der Arbeitsmittel selbst, der Maschinerie, Kohle usw. erforderliche Arbeitszunahme muss kleiner sein als die durch Anwendung der Maschinerie bewirkte Arbeitsabnahme. Das Maschinenprodukt wäre sonst ebenso teuer oder teurer als das Handprodukt.

Statt aber gleich zu bleiben, wächst tatsächlich die Gesamtmasse des von einer verminderten Arbeiteranzahl produzierten Maschinenartikels weit über die Gesamtmasse des verdrängten Handwerksartikels.

Gesetzt, 4 Millionen Ballen Maschinengewebe würden von weniger Arbeitern produziert als 1 Million Ballen Handgewebe. In dem vervier-fachten Produkt steckt viermal mehr Rohmaterial. Die Produktion des Rohmaterials muss also vervierfacht werden. ...

Mit der Ausdehnung des Maschinenbetriebs in einem Industriezweig steigert sich also zunächst die Produktion in anderen Zweigen, die ihm seine Produktionsmittel liefern. Wieweit dadurch die beschäftigte Arbeitermasse wächst, hängt ... von der Zusammensetzung der verwandten Kapitale ab, d. h. vom Verhältnis ihrer konstanten und variab-len Bestandteile. ...

Die Anzahl zu Kohlen- und Metallbergwerken verurteilter Menschen schwoll ungeheuer mit dem Fortschritt des englischen Maschinen-wesens, obgleich ihr Anwachs in den letzten Jahrzehnten durch Gebrauch neuer Maschinerie für den Bergbau verlangsamt wird.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 466f.

 

„Entsprechend der steigenden Masse von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Arbeitsinstrumenten usw., die der Maschinenbetrieb mit relativ geringer Arbeiterzahl liefert, sondert sich die Bearbeitung dieser Rohstoffe und Halbfabrikate in zahllose Unterarten, wächst also die Mannigfaltigkeit der gesellschaftlichen Produktionszweige.

Der Maschinenbetrieb treibt die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ungleich weiter als die Manufaktur, weil er die Produktivkraft der von ihm ergriffenen Gewerbe in ungleich höherem Grad vermehrt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 468.

 

„Das nächste Resultat der Maschinerie ist, den Mehrwert und zugleich die Produktenmasse, worin er sich darstellt, also mit der Substanz, wovon die Kapitalistenklasse samt Anhang zehrt, diese Gesellschafts-schichten zu vergrößern.

Ihr wachsender Reichtum ... erzeugt mit neuem Luxusbedürfnis zugleich neue Mittel seiner Befriedigung. Ein größerer Teil des gesellschaft-lichen Produkts verwandelt sich in Mehrprodukt und ein größerer Teil des Mehrprodukts wird in verfeinerten und vermannigfachten Formen reproduziert und verzehrt. In anderen Worten: Die Luxusproduktion wächst.

Die Verfeinerung und Vermannigfachung der Produkte entspringt ebenso aus den neuen weltmarktlichen Beziehungen, welche die große Industrie schafft. Es werden nicht nur mehr ausländische Genussmittel gegen das heimische Produkt ausgetauscht, sondern es geht auch eine größere Masse fremder Rohstoffe, Ingredienzien, Halbfabrikate usw. als Produktionsmittel in die heimische Industrie ein.

Mit diesen weltmarktlichen Beziehungen steigt die Arbeitsnachfrage in der Transportindustrie und spaltet sich letztere in zahlreiche neue Unterarten.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 468f.

 

„Die Vermehrung von Produktions- und Lebensmitteln bei relativ abneh-mender Arbeiterzahl treibt zur Ausdehnung der Arbeit in Industrie-zweigen, deren Produkte, wie Kanäle, Warendocks, Tunnels, Brücken usw. nur in fernerer Zukunft Früchte tragen. Es bilden sich, entweder direkt auf der Grundlage der Maschinerie, oder doch der ihr entsprechenden allgemeinen industriellen Umwälzung, ganz neue Produktionszweige und daher neue Arbeitsfelder.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 469.

 

„Mit der Verallgemeinerung der Maschinerie im selben Produktions-zweig sinkt der gesellschaftliche Wert des Maschinenprodukts auf seinen individuellen Wert und macht sich das Gesetz geltend, dass der Mehrwert nicht aus den Arbeitskräften entspringt, welche der Kapitalist durch die Maschine ersetzt hat, sondern umgekehrt aus den Arbeitskräften, welche er an ihr beschäftigt.

Der Mehrwert entspringt nur aus dem variablen Teil des Kapitals, und wir sahen, dass die Masse des Mehrwerts durch zwei Faktoren bestimmt ist, die Rate des Mehrwerts und die Anzahl der gleichzeitig beschäftig-ten Arbeiter.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 429.

 

„Es ist nun klar, dass der Maschinenbetrieb, wie er immer durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit die Mehrarbeit auf Kosten der notwendigen Arbeit ausdehne, dies Resultat nur hervorbringt, indem er die Anzahl der von einem gegebnen Kapital beschäftigten Arbeiter vermindert. Er verwandelt einen Teil des Kapitals, der früher variabel war, d. h. sich in lebendige Arbeitskraft umsetzte, in Maschinerie, also in konstantes Kapital, das keinen Mehrwert produziert.

Es ist unmöglich, z. B. aus zwei Arbeitern soviel Mehrwert auszupressen als aus 24. Wenn jeder der 24 Arbeiter auf 12 Stunden nur eine Stunde Mehrarbeit liefert, liefern sie zusammen 24 Stunden Mehrarbeit, während die Gesamtarbeit der zwei Arbeiter nur 24 Stunden beträgt.

Es liegt also in der Anwendung der Maschinerie zur Produktion ein innerer Widerspruch, indem sie von den beiden Faktoren des Mehrwerts, den ein Kapital von gegebner Größe liefert, den einen Faktor, die Rate des Mehrwerts, nur dadurch vergrößert, dass sie den anderen Faktor, die Arbeiterzahl, verkleinert. Dieser innere Widerspruch tritt hervor, sobald mit der Verallgemeinerung der Maschinerie in einem Industriezweig der Wert der maschinenmäßig produzierten Ware zum regelnden gesellschaftlichen Wert aller Waren derselben Art wird, ...“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 429f.

 

4.2. Fabrikdisziplin ist kein Sozialismusmodell

„Die technische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichförmigen Gang des Arbeitsmittels und die eigentümliche Zusammensetzung des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und verschiedenster Altersstufen schaffen eine kasernenmäßige Disziplin, die sich zum vollständigen Fabrikregime ausbildet und die schon früher erwähnte Arbeit der Oberaufsicht, also zugleich die Teilung der Arbeiter in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, in gemeine Industriesoldaten und Industrieunteroffiziere, völlig entwickelt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 446f.

„Die Sklaverei, in der die Bourgeoisie das Proletariat gefesselt hält, kommt nirgends deutlicher ans Tageslicht als im Fabriksystem. Hier hört alle Freiheit rechtlich und faktisch auf. Der Arbeiter muss morgens um halb 6 in der Fabrik sein; ... Er muss auf Kommando essen, trinken und schlafen... Die despotische Glocke ruft ihn vom Bette, ruft ihn vom Frühstück und Mittagstisch. Und wie geht es nun gar erst in der Fabrik? Hier ist der Fabrikant absoluter Gesetzgeber. Er erlässt Fabrikregu-lationen, wie er Lust hat; er ändert und macht Zusätze zu seinem Kodex, wie es ihm beliebt;“ F. Engels, Zur Lage der Arbeiterklasse...“ zit. Nach K. Marx, Kapital I, MEW 23, 447f. Anm. 190.

 

„Der Fabrikkodex, worin das Kapital seine Autokratie über seine Arbeiter, ohne die sonst vom Bürgertum so beliebte Teilung der Gewalten und das noch beliebtere Repräsentativsystem, privatgesetzlich und eigenherrlich formuliert, ist nur die kapitalistische Karikatur der gesellschaftlichen Regelung des Arbeitsprozesses, welche nötig wird mit der Kooperation auf großer Stufenleiter und der Anwendung gemeinsamer Arbeitsmittel, namentlich der Maschinerie.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 447.

Die Gewöhnung der Lohnarbeiter an Fabrikdisziplin ist zwar eine historische Voraussetzung des Sozialismus, aber der Despotismus der Fabrik kann nicht das Modell abgeben für eine emanzipierte Gesellschaft, die ihre Arbeitsmittel genossenschaftlich und selbstbestimmt anwendet. Vergleiche dazu: Wal Buchenberg: Was Marx am Sowjetsystem kritisiert hätte. Politische Ökonomie der Sowjetunion. Verlag für Wissenschaft und Forschung Berlin, 2003. (Euro 9,90) 

„Die Ökonomisierung der gesellschaftlichen Produktionsmittel, erst im Fabriksystem treibhausmäßig gereift, wird in der Hand des Kapitals zugleich zum systematischen Raub an den Lebensbedingungen des Arbeiters während der Arbeit, an Raum, Luft, Licht, und an persönlichen Schutzmitteln wieder lebensgefährliche oder gesundheitswidrige Umstände des Produktionsprozesses, von Vorrichtungen zur Bequem-lichkeit des Arbeiters gar nicht zu sprechen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 449f.

Siehe auch die Artikel:

Arbeitslosigkeit

Arbeitsmittel

Arbeitsproduktivität

Industrie und Industrialisierung

Kapitalzusammensetzung

Manufaktur

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.