Fall der Profitrate

 

Die Theorie vom tendenziellen Fall der Profitrate wurde von Karl Marx im dritten Band des „Kapitals“ entwickelt, siehe MEW 25, 221–277.

 

1. Beispielrechnung

Das Ausgangskapital unseres Beispiels sei ein nationales Kapital von 1.000 (Millionen oder Milliarden) mit einem Verhältnis des konstanten zum variablen Kapital von 50:50, also mit der Zusammensetzung 500 c + 500 v. Die Mehrwertrate (= m:v) sei 100 %. Die Mehrwertmasse ist dann m = 500. Die Profitrate (= m:C) ist p' = 50 %.

Folgende Veränderungen sollen eintreten:

- Die Mehrwertmasse soll mit jedem Umschlag wachsen.

- Die Akkumulation (der Teil des Mehrwerts, der wieder zum Gesamtkapital C geschlagen wird) soll mit jedem Umschlag steigen. („Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 605.)

- Die Revenue der Kapitalisten (der Anteil des Mehrwerts, den sie privat konsumieren) soll ansteigen. („Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue (Konsumtionsfonds) verzehrt, ein anderer Teil als Kapital angewandt und akkumuliert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 617.)

- Die Ausbeutungsrate (= Mehrwertrate) soll mit jedem Umschlag ansteigen.

- Die Zahl der beschäftigten Arbeiter soll steigen.

Für das variable Kapital (= v = Lohnsumme) gilt: „Bei gegebenem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital ... eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 221.

Sinkt die Lohnsumme bei unveränderter Lohnhöhe und Arbeitszeit, dann zeigt sie eine gesunkene Arbeiterzahl an, steigt die Lohnsumme unter dieser Voraussetzung, dann zeigt sie eine gestiegene Arbeiterzahl an.

Unter diesen Bedingungen treten z. B. folgende Veränderungen ein:

 

Akkumulation des Kapitals (in absoluten Zahlen)

 

Gesamt-kapital C =

konstantes

Kapital c

variables

Kapital v

Mehrwert

m

akkumuliert. Mehrwert

verzehrter

Mehrwert

1)

1.000

500 c

500 v

500 m

125

375

2)

1.125

620 c

505 v

525 m

150

375

3)

1.275

765 c

510 v

550 m

170

380

4)

1.445

930 c

515 v

575 m

190

385

5)

1.635

1.115 c

520 v

600 m

210

390

6)

1.845

1.320 c

525 v

625 m

230

395

7)

2.075

1.545 c

530 v

650 m

250

400

8)

2.325

1.790 c

535 v

675 m

270

405

9)

2.595

2.055 c

540 v

700 m

290

410

10)

2.885

2.340 c

545 v

725 m

310

415

Folgendes hat sich ergeben:

(vgl. die Spalten der Tabelle von links nach rechts)

1) Das Gesamtkapital hat sich fast verdreifacht (von 1.000 auf 2.885).

2) Das konstante Kapital hat sich mehr als vervierfacht (von 500 auf 2.340).

3) Die Zahl der Arbeiter hat sich um knapp 10 % erhöht. (Bei unveränderter Lohnhöhe und Arbeitszeit stieg die Lohnsumme von 500 auf 545).

4) Die Mehrwertmasse stieg um fast die Hälfte (von 500 auf 725). Gleichzeitig sank die relative Größe des Mehrwerts zum Gesamtkapital (= Profitrate) von 50 auf 25 (vgl. Tabelle 2).

5) Der akkumulierte Mehrwert hat sich mehr als verdoppelt ( von 125 auf 310).

6) Der Konsumtionsfonds (Revenue) der Kapitalisten ist um 10 % gestiegen (von 375 auf 415).

7) Die Zusammensetzung des Kapitals hat sich von 50 c + 50 v auf 81 c + 19 v erhöht.

In relativen Zahlen (jedes Gesamtkapital = 100 gesetzt) ergibt sich daraus:

 

Akkumulation des Kapitals in relativen Zahlen

Zusammensetzung

des Kapitals

Mehrwertrate

m:v

Mehrwert

m

Profitrate

m:C

1)

50 c + 50 v

100 %

50 m

50 %

2)

55 c + 45 v

104 %

47 m

47 %

3)

60 c + 40 v

108 %

43 m

43 %

4)

64 c + 36 v

111 %

40 m

40 %

5)

68 c + 32 v

115 %

37 m

37 %

6)

71 c + 29 v

119 %

35 m

35 %

7)

74 c + 26 v

122 %

32 m

32 %

8)

77 c + 23 v

126 %

29 m

29 %

9)

79 c + 21 v

129 %

27 m

27 %

10)

81 c + 19 v

133 %

25 m

25 %

 In relativen Zahlen heißt das:

8) Die Ausbeutungsrate stieg von 100 % auf 133 %.

9) Die Profitrate halbierte sich von 50 % auf 25 %.

Das alles zusammengenommen sind die Bedingungen und Umstände, die Karl Marx für den Fall der Profitrate beschrieb. Dies soll jetzt im Einzelnen belegt werden.

 

2. Theorie

2.1. Das Gesamtkapital hat sich fast verdreifacht

„Mit dem Fall der Profitrate wächst das Kapitalminimum, das in der Hand des einzelnen Kapitalisten zur produktiven Anwendung der Arbeit nötig ist.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 261.

 

2.2. Das konstante Kapital hat sich mehr als vervierfacht

„Die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit zeigt sich doppelt:

Erstens in der Größe der schon produzierten Produktivkräfte, in dem Wertumfang und Massenumfang der Produktionsbedingungen, worunter die Neuproduktion stattfindet, und in der absoluten Größe des schon akkumulierten produktiven Kapitals;

zweitens in der verhältnismäßigen Kleinheit des im Arbeitslohn ausgelegten Kapitalteils gegen das Gesamtkapital, d. h. in der verhältnismäßigen Kleinheit der lebendigen Arbeit, die zur Reproduktion und Verwertung eines gegebenen Kapitals und zur Massenproduktion nötig ist.

Es unterstellt dies zugleich Konzentration des Kapitals.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 257.

 

2.3. Die Zahl der Arbeiter hat sich erhöht

„Der Fall der Profitrate entsteht nicht aus einer absoluten, sondern aus einer nur relativen Abnahme des variablen Bestandteils des Gesamtkapitals, ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 226f.

„Das Gesetz des fortschreitenden Falls der Profitrate .... schließt in keiner Weise aus, dass die absolute Masse der vom gesellschaftlichen Kapital in Bewegung gesetzten und ausgebeuteten Arbeit, daher auch die absolute Masse der von ihm angeeigneten Mehrarbeit wächst; ebenso wenig, dass die unter dem Kommando der einzelnen Kapitalisten stehenden Kapitale eine wachsende Masse von Arbeit und daher von Mehrarbeit kommandieren, ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 226.

„Damit der variable Bestandteil des Gesamtkapitals nicht nur absolut derselbe bleibt, sondern absolut wachse, obgleich sein Prozentsatz als Teil des Gesamtkapitals fällt, muss das Gesamtkapital in stärkerem Verhältnis wachsen, als der Prozentsatz des variablen Kapitals fällt.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 232f.

Hätte aber das auf 2.885 vergrößerte Kapital noch die ursprüngliche Zusammensetzung von 50 c + 50 v, dann würde es zweieinhalbmal so viele Arbeiter beschäftigen. Arbeitskraft ist also in großem Ausmaß virtuell überflüssig gemacht worden, obwohl die absolute Zahl der Arbeiter gestiegen ist.

„Wachstum in der Anzahl der Fabrikarbeiter ist also bedingt durch proportional viel rascheres Wachstum des in den Fabriken angelegten Gesamtkapitals. Dieser Prozess vollzieht sich aber nur innerhalb der Ebbe- und Flutperioden des industriellen Zyklus.

Er wird zudem stets unterbrochen durch den technischen Fortschritt, der Arbeiter bald virtuell ersetzt, bald faktisch verdrängt. ... Die Arbeiter werden so fortwährend ausgestoßen und angesaugt, hin- und hergeschleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick der Angeworbenen.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 477.

 

2.4. Die Mehrwertmasse stieg

„Wir haben gesehen, dass, obwohl im Entwicklungsgang der kapitalistischen Produk-tion m, die Gesamtsumme des Mehrwerts, stetig wächst, dennoch m:C (= Profitrate) ebenso stetig abnimmt, weil C noch rascher wächst als m.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 252.

„... Dies widersprüchliche Gesetz der aus denselben Ursachen entspringenden Abnahme der Profitrate und gleichzeitiger Zunahme der absoluten Profitmasse ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 230.

 

2.5. Der akkumulierte Mehrwert ist kontinuierlich gewachsen

(= beschleunigte Akkumulation)

„Fall der Profitrate und beschleunigte Akkumulation sind insofern nur verschiedene Ausdrücke desselben Prozesses, als beide die Entwicklung der Produktivkraft ausdrücken.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 251.

„Im Fortschritt des Produktions- und Akkumulationsprozesses muss also die Masse der aneignungsfähigen und angeeigneten Mehrarbeit und daher die absolute Masse des vom Gesellschaftskapital angeeigneten Profits wachsen.

Aber dieselben Gesetze der Produktion und Akkumulation steigern mit der Masse den Wert des konstanten Kapitals in zunehmender Progression rascher als den des variablen... Kapitalteils. Dieselben Gesetze produzieren also für das Gesell-schaftskapital eine wachsende absolute Profitmasse und eine fallende Profitrate.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 229.

 

2.6. Die Revenue (der Privatverbrauch) der Kapitalisten ist gestiegen

„Bei gleich bleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts. Bei gleich bleibender Teilung desselben in Konsumtionsfonds und Zusatzkapital kann daher die Konsumtion des Kapitalisten wachsen ohne Abnahme des Akkumulationsfonds.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 631.

„In den historischen Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise – und jeder kapitalistische Emporkömmling macht dies historische Stadium individuell durch – herrschen Bereicherungstrieb und Geiz als absolute Leidenschaften vor. ...

Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein konventioneller Grad von Verschwendung, die zugleich Schaustellung des Reichtums und daher Kreditmittel ist, sogar zu einer Geschäftsnotwendigkeit des ‚unglücklichen‘ Kapitalisten. Der Luxus geht in die Repräsentationskosten des Kapitals ein.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 620.

 

2.7. Die Zusammensetzung des Kapitals hat sich erhöht

(Vgl. im Folgenden die zweite Tabelle.)

„Unter Zusammensetzung des Kapitals verstehen wir, wie schon in Buch I gesagt, das Verhältnis seines aktiven und seines passiven Bestandteils, des variablen und des konstanten Kapitals.

Es kommen hierbei zwei Verhältnisse in Betracht, die nicht von gleicher Wich-tigkeit sind, obgleich sie unter gewissen Umständen gleiche Wirkung hervor-bringen können.

Das erste Verhältnis beruht auf technischer Grundlage und ist auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Produktivkraft als gegeben zu betrachten.

Eine bestimmte Masse Arbeitskraft, dargestellt durch eine bestimmte Anzahl Arbeiter, ist nötig, um eine bestimmte Masse Produkt, z. B. in einem Tag, zu produzieren und daher ... eine bestimmte Masse Produktionsmittel, Maschinerie, Rohstoffe etc. in Bewegung zu setzen, ... Es kommt eine bestimmte Anzahl Arbeiter auf eine bestimmte Menge Produktionsmittel und daher eine bestimmte Menge lebendiger Arbeit auf eine bestimmte Menge von in den Produktionsmitteln bereits vergegenständlichter Arbeit. ... Dies Verhältnis bildet die technische Zusammensetzung des Kapitals und ist die eigentliche Grundlage seiner organischen Zusammensetzung.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 154.

„Die Wertzusammensetzung des Kapitals, insofern sie durch seine technische Zusammensetzung bestimmt wird und diese widerspiegelt, nennen wir die organische Zusammensetzung des Kapitals.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 155.

 

2.8. Die Ausbeutungsrate (= Mehrwertrate) stieg

„Die Profitrate fällt nicht, weil die Arbeit unproduktiver, sondern weil sie produktiver wird. Beides, Steigen der Rate des Mehrwerts und Fallen der Rate des Profits, sind nur besondere Formen, worin sich wachsende Produktivität der Arbeit kapitalistisch ausdrückt.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 250.

„Mit Bezug auf die angewandte Arbeitskraft zeigt sich die Entwicklung der Produktivkraft wieder doppelt:

Erstens in der Vermehrung der Mehrarbeit, d. h. der Abkürzung der notwendigen Arbeitszeit, die zur Reproduktion der Arbeitskraft nötig ist.

Zweitens in der Abnahme der Menge von Arbeitskraft (Arbeiterzahl), die überhaupt angewandt wird, um ein gegebenes Kapital in Bewegung zu setzen. Beide Bewegungen gehen nicht nur Hand in Hand, sondern bedingen sich wechselseitig, sind Erscheinungen, worin sich dasselbe Gesetz ausdrückt. Indes wirken sie in entgegengesetzter Richtung auf die Profitrate.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 257.

 

2.9. Die Profitrate sank

„Fall der Profitrate und beschleunigte Akkumulation sind insofern nur verschiedene Ausdrücke desselben Prozesses, als beide die Entwicklung der Produktivkraft ausdrücken.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 251

„Die zunehmende Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 223.

„Ein stets geringerer Anteil des ausgelegten Gesamtkapitals setzt sich in lebendige Arbeit um, und dies Gesamtkapital saugt daher, im Verhältnis zu seiner Größe, immer weniger Mehrarbeit auf, obgleich das Verhältnis des unbezahlten Teils der angewandten Arbeit zum bezahlten Teil derselben gleichzeitig wachsen mag.

Die verhältnismäßige Abnahme des variablen und Zunahme des konstanten Kapitals, obgleich beide Teile absolut wachsen, ist, wie gesagt, nur ein anderer Ausdruck für die vermehrte Produktivität der Arbeit.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 226.

„Also dieselbe Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit drückt sich im Fortschritt der kapitalistischen Produktionsweise aus einerseits in einer Tendenz zu fortschreitendem Fall der Profitrate und andererseits in beständigem Wachstum der absoluten Masse des angeeigneten Mehrwerts oder Profits; so dass im ganzen der relativen Abnahme des variablen Kapitals und Profits eine absolute Zunahme beider entspricht. Diese doppelseitige Wirkung kann sich, wie gezeigt, nur darstellen in einem Wachstum des Gesamtkapitals in rascherer Progression als die, worin die Profitrate fällt.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 233.

 

2.10. Gegen den Fall der Profitrate wirkende Faktoren

„Wenn man die enorme Entwicklung der Produktivkräfte der gesellschaftlichen Arbeit selbst nur in den letzten 30 Jahren, verglichen mit allen früheren Perioden, betrachtet, wenn man namentlich die enorme Masse von fixem Kapital betrachtet, das außer der eigentlichen Maschinerie in die Gesamtheit des gesellschaftlichen Produktionsprozesses eingeht, so tritt an die Stelle der Schwierigkeit, welche bis­her die Ökonomen beschäftigt hat, nämlich den Fall der Profitrate zu erklären, die umgekehrte, nämlich zu erklären, warum dieser Fall nicht größer oder rascher ist. Es müssen gegenwirkende Einflüsse im Spiel sein, welche die Wirkung des all­gemeinen Gesetzes durchkreuzen und aufheben und ihm nur den Charakter einer Tendenz geben, weshalb wir auch den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Fall bezeichnet haben.

Die allgemeinsten dieser Ursachen sind folgende: ...“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 242.

1) Erhöhung des Ausbeutungsgrades der Arbeit;

2) Herunterdrücken des Arbeitslohns unter seinen Wert;

3) Verbilligung der Elemente des konstanten Kapitals;

4) Die relative Arbeiter-Überbevölkerung ( = Massenarbeitslosigkeit);

5) Der auswärtige Handel;

6) Die Zunahme des Aktienkapitals.

Vergleiche zu diesen sechs Punkten das 14. Kapitel im dritten Buch des „Kapitals“ (K. Marx, Kapital III, MEW 25, 242–250).

Zusammenfassend über diese Mittel, den Fall der Profitrate aufzuhalten, schrieb Karl Marx: „Die kapitalistische Produktion strebt beständig, diese ihr immanenten Schranken zu überwinden, aber sie überwindet sie nur durch Mittel, die ihr diese Schranken aufs neue und auf gewaltigerem Maßstab entgegenstellen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 260.

 

 

3. Überproduktion von Kapital

Es ging hier nur um die Darstellung der Mechanismen des Profitratenfalls, ein Mechanismus der durch Steigerung der Produktivkraft gleichzeitig eine wachsende Mehrwertmasse bei fallender Profitrate hervorruft.

Eine Profitrate von 25 % im obigen Beispiel ist immer noch hoch, und das Sinken von 50 % auf 25 % würde keinem Kapitalisten als bedrohlich vorkom-men, wenn alle Konkurrenten gleichermaßen davon betroffen sind.

Fall der Profitrate heißt jedoch Produktion von Kapital, das sich weniger profitabel anlegen lässt als das bisherige Kapital. Fall der Profitrate heißt tendenzielle Überproduktion von Kapital.

Überflüssiges Kapital ist solches, das nicht mehr profitabel angelegt wer-den kann. Überproduktion von Kapital führt also einerseits zur Massenarbeits-losigkeit und zum anderen zum „Casino-Kapitalismus“, der die Spekulations-blasen an den Aktien- und Devisenmärkten aufbläht.

„Die Masse der kleinen zersplitterten Kapitale wird dadurch auf die Bahn der Abenteuer gedrängt: Spekulation, Kreditschwindel, Aktienschwindel, Krisen.

Der krankhafte Überfluss des Kapitals bezieht sich immer wesentlich auf den Überfluss von Kapital, für den der Fall der Profitrate nicht durch seine Masse aufgewogen wird – und dies sind immer die neu sich bildenden frischen Kapitalableger – oder auf den Überfluss, welche diese, für sich selbst zu eigener Aktion unfähigen Kapitale den Leitern der großen Geschäftszweige in der Form des Kredits zur Verfügung stellt.

Dieser Überfluss des Kapitals erwächst aus denselben Umständen, die eine relative Überbevölkerung (Arbeitslosigkeit) hervorrufen, und ist daher eine diese letztere ergänzende Erscheinung, obgleich beide auf entgegengesetzten Polen stehen, unbeschäftigtes Kapital auf der einen und unbeschäftigte Arbeiterbevölkerung auf der anderen Seite.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 261.

„In der Wirklichkeit würde sich die Sache so darstellen, dass ein Teil des Kapitals ganz oder teilweise brachläge (weil es erst das schon fungierende Kapital aus seiner Position verdrängen müsste, um sich überhaupt zu verwerten) und der andere Teil durch den Druck des unbeschäftigten oder halbbeschäftigten Kapitals sich zu niederer Rate des Profits verwerten würde.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 262.

„Die wahre Schranke der kapitalistischen Produktion ist das Kapital selbst, ist dies: dass das Kapital und seine Selbstverwertung als Ausgangspunkt und Endpunkt, als Motiv und Zweck der Produktion erscheint, dass die Produktion nur Produktion für das Kapital ist, und nicht umgekehrt die Produktionsmittel bloße Mittel für eine stets sich erweiternde Gestaltung des Lebensprozesses für die Gesellschaft der Produzenten sind.

Die Schranken, in denen sich die Erhaltung und Verwertung des Kapitalwerts, die auf der Enteignung und Verarmung der großen Masse der Produzenten beruht, allein bewegen kann, diese Schranken treten daher beständig in Widerspruch mit den Produk-tionsmethoden, die das Kapital zu seinem Zweck anwenden muss und die auf unbeschränkte Vermehrung der Produktion, auf die Produktion als Selbstzweck, auf unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte der Arbeit lossteuern.

Das Mittel – unbedingte Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte – gerät in fortwährenden Konflikt mit dem beschränkten Zweck, der Verwertung des vorhandenen Kapitals.

Wenn daher die kapitalistische Produktionsweise ein historisches Mittel ist, um die materielle Produktivkraft zu entwickeln und den ihr entsprechenden Weltmarkt zu schaffen, ist sie zugleich der beständige Widerspruch zwischen dieser ihrer historischen Aufgabe und den ihr entsprechenden gesellschaftlichen Produktions-verhältnissen.“ K. Marx, Kapital III, MEW 25, 260.

 

 

Siehe auch die Artikel:

Kapital

Kapitalzusammensetzung

Überproduktion von Kapital

 

-> Diskussionsforum

Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.