Reichtum 1. Entwicklung
des Reichtums heißt Entwicklung der
Produktivkräfte Während das Kapital
also einerseits dahin streben muss, jede örtliche Schranke des Verkehrs
... niederzureißen, die ganze Erde als seinen Markt zu erobern, strebt es
andererseits danach, den Raum zu vernichten durch die Zeit; d. h. die
Zeit, die die Bewegung von einem Ort zum anderen kostet, auf ein Minimum
zu reduzieren. ... Die universelle Tendenz des Kapitals erscheint hier,
die es von allen früheren Produk-tionsweisen
unterscheidet. Obgleich seiner Natur
nach selbst borniert, strebt es nach universeller Entwicklung der
Produktivkräfte und wird so die Voraussetzung einer neuen Produktionsweise
... Diese Tendenz ... unterscheidet das Kapital von allen früheren
Produktionsweisen ... Alle bisherigen Gesellschaftsformen gingen unter an
der Entwicklung des Reichtums oder, was dasselbe ist, der
gesellschaftlichen Produktivkräfte. ... Das Kapital setzt die
Produktion des Reichtums selbst und daher die universelle
Entwicklung der Produktivkräfte, die beständige Umwälzung seiner
vorhandenen Voraussetzungen, als Voraussetzung seiner Reproduktion.
K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie,
438f. 1.1. Kapitalistischer Reichtum ist Kommandogewalt
über Menschen Reichtum als Sache (Sachwert oder Geld) verbraucht sich.
Kapital ist aber Reichtum als Kommando über fremde Arbeit und schafft sich
wie von selbst immer wieder neu. ...; es ist nicht der
Besitz von Land oder Geld, sondern das Kommando über Arbeit (...), das die
Reichen von den Armen unterscheidet ... Sir F. M. Eden: The
State of the Poor. London 1797. Zit. n. K. Marx, Kapital I, MEW 23,
644. Nun ist der Reichtum einerseits Sache, verwirklicht in Sachen, mate-riellen Produkten, denen der Mensch als Subjekt gegenübersteht; andererseits als Wert ist er bloßes Kommando über fremde Arbeit ... K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Öko-nomie, 387. Ein produktiver Arbeiter ist ein Arbeiter, der fremden Reichtum produziert. Nur als solches Produktionsinstrument für fremden Reich-tum hat seine Existenz einen Sinn. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 196. Ein Land ist umso
reicher, je geringer seine produktive Bevölkerung verhältnismäßig
zum Gesamtprodukt ist; ganz wie für den einzelnen Kapitalisten, je
weniger Arbeiter er braucht, um denselben Mehrwert zu erzeugen, umso
besser für ihn. Das Land ist umso
reicher, je geringer die produktive Bevölkerung im Verhältnis zur
unproduktiven, bei derselben Quantität von Produkten. Denn die
verhältnismäßige Geringheit der produktiven Bevölkerung wäre ja nur eine
anderer Ausdruck für den verhältnismäßigen Grad der Produktivität der
Arbeit. K. Marx, Theorien über
den Mehrwert I, MEW 26.1, 199. 1.2. Notwendiger
Konsum und Luxus? Um
uns mit der derzeitigen Spaltung von Armen und Reichen auszusöhnen,
möchten die Herrschenden uns vorschreiben, was notwendiger Konsum und
was überflüssiger Luxus ist. Luxus ist Fortschritt. Am Luxus ist nicht
zu kritisieren, dass es ihn gibt, sondern, dass es ihn nur für Wenige
gibt. Luxus ist
Gegensatz zum Naturnotwendigen. Notwendige Bedürfnisse sind die des Individuums, reduziert selbst auf ein Natursubjekt. Die Entwicklung der Industrie hebt diese Naturnotwendigkeit, wie jenen Luxus auf in der bürgerlichen Gesellschaft allerdings nur gegensätzlich, indem sie selbst wieder nur bestimmten gesellschaftlichen Maßstab als den notwendigen gegenüber dem Luxus setzt. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. Mit der Entwicklung
der Produktivität der Arbeit entwickelt sich der Reichtum, so
dass
was früher als Luxus erschien, nun notwendig ist und so genannte
Luxusbedürfnisse z. B. als Notwendigkeit ... erscheinen.
K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. 2. Emanzipation heißt nicht Abschaffung des Reichtums, sondern Reichtum für alle 2.1. Reichtum ist Mannigfaltigkeit der
Bedürfnisse und Fähigkeiten Je mehr die selbst geschichtlich durch die Produktion selbst erzeugten Bedürfnisse ... als notwendig gesetzt sind, umso höher ist der wirkliche Reichtum entwickelt. Der Reichtum besteht stofflich betrachtet nur in der Mannigfaltigkeit der Bedürf-nisse. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. In der Tat aber, wenn die enge bürgerliche Form abgestreift wird, was ist der Reichtum anders, als die im universellen Austausch erzeugte Universalität der Bedürfnisse, Fähigkeiten, Genüsse, Produktivkräfte etc. der Individuen? Die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der so genannten Natur sowohl, wie seiner eigenen Natur? Das absolute Herausarbeiten seiner schöpferischen Anlagen, ohne andere Voraussetzung als die vorhergegangene histo-rische Entwicklung, die diese Totalität der Einwicklung, d. h. die Entwicklung aller menschlichen Kräfte als solcher ... zum Selbstzweck macht? K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 387. Die Entwicklung der
Wissenschaft ... ist die solideste Form des Reich-tums, sowohl
Produkt wie Produzent desselben ... K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 439. 2.2.
Reichtum ist freie Zeit wahrer Reichtum ...
ist Zeit, die nicht durch unmittelbar produktive Arbeit absorbiert
wird, sondern zum Genuss, zur Muße, so dass sie zur freien Tätigkeit und
Entwicklung Raum gibt. K. Marx, Theorien über
den Mehrwert III, MEW 26.3, 252. Auf Schaffen
verfügbarer Zeit beruht die ganze Entwicklung des Reichtums.
K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 301. Denn der wirkliche
Reichtum ist die entwickelte Produktivkraft aller Individuen. Es ist dann
keineswegs mehr die Arbeitszeit, sondern die verfügbare Zeit das Maß des
Reichtums. K. Marx, Grundrisse
der Kritik der politischen Ökonomie, 596. Aber freie Zeit,
verfügbare Zeit, ist der Reichtum selbst teils zum Genuss der Produkte,
teils zur freien Tätigkeit, die nicht wie die Arbeit durch den Zwang eines
äußeren Zwecks bestimmt ist, der erfüllt werden muss, dessen Erfüllung
Naturnotwendigkeit oder soziale Pflicht ist, wie man will.
K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 253. 2.3. Reichtum ist Ausbildung allseitiger Fähigkeiten und
Bedürfnisse Die Zeit ist der
Raum für die Entwicklung der Fähigkeiten etc. K. Marx,
Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 252. Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt der Kapitalist rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 618. Die universal entwickelten Individuen, deren gesellschaftliche Verhältnisse als ihre eigenen, gemeinschaftlichen Beziehungen auch ihrer eigenen gemeinschaftlichen Kontrolle unterworfen sind, sind kein Produkt der Natur, sondern der Geschichte. Der Grad und die Universalität der Entwicklung der Vermögen, worin diese Individualität möglich wird, setzt eben die Produktion auf der Basis der Tauschwerte voraus, die mit der Allgemeinheit die Entfremdung des Individuums von sich und von anderen, aber auch die Allgemeinheit und Allseitigkeit seiner Beziehungen und Fähigkeiten erst produziert. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 80. Die Gleichgültigkeit gegen eine bestimmte Art der Arbeit setzt eine sehr entwickelte Totalität wirklicher Arbeitsarten voraus, von denen keine mehr die alles beherrschende ist ... Die Gleichgültigkeit gegen die bestimmte Arbeit entspricht einer Gesellschaftsform, worin die Individuen mit Leichtigkeit aus einer Arbeit in die andere übergehen und die bestimmte Art der Arbeit ihnen zufällig, daher gleichgültig ist. Die Arbeit ... hat aufgehört als Bestimmung mit den Individuen in einer Besonderheit verwachsen zu sein. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 25. In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkräfte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen! K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 21. Siehe auch die Artikel:
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |