Steuern

 

1. Steuern sind

die wirtschaftliche Grundlage des Staatsapparats

„Die Steuern sind die wirtschaftliche Grundlage der Regierungs-maschinerie und von sonst nichts.“ K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 30.

 

„Die Steuern sind das Dasein des Staats, ökonomisch ausgedrückt. Beamten und Pastoren, Soldaten und Balletttänzerinnen, Lehrer und Polizeibüttel, griechische Museen und gotische Türme, ... – der gemeinschaftliche Samen, worin alle diese fabelhaften Existenzen als Embryo schlummern, sind die – Steuern.“ K. Marx, Moralisierende Kritik, MEW 4, 348.

 

„Die Steuer ist die Lebensquelle der Bürokratie, der Armee, der Pastoren und der Politiker, kurz, des ganzen Apparats der Regierungsgewalt. Starke Regierung und starke Steuer ist identisch.“ K. Marx, 18. Brumaire, MEW 8, 202.

 

Die Steuern haben „gerade ... den Zweck ..., den Bourgeois die Mittel zu verschaffen, sich als herrschende Klasse zu behaupten ...“. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 164.

 

„Da die Staatsschuld ihren Rückhalt in den Staatseinkünften hat, die die jährlichen Zins- usw. Zahlungen decken müssen, so wurde das moderne Steuersystem notwendige Ergänzung des Systems der Nationalanleihen. Die Anleihen befähigen die Regierung, außerordentliche Ausgaben zu bestreiten, ohne dass der Steuerzahler es sofort fühlt, aber sie erfordern doch für die Folge erhöhte Steuern. Andererseits zwingt die durch Anhäufung nacheinander eingegangener Schulden verursachte Steuererhöhung die Regierung, bei neuen außerordentlichen Ausgaben stets neue Anleihen aufzunehmen. Die modernen Staatsfinanzen, deren Drehungsachse die Steuern auf die notwendigsten Lebensmittel (also deren Verteuerung) bilden, trägt daher in sich selbst den Keim automatischer Progression. Die Überbesteuerung ist nicht ein Zwischenfall, sondern vielmehr Prinzip.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 784.

 





2. Steuerverweigerung ist ein legitimes,

wenn auch nicht sehr tiefgehendes Kampfmittel

„Die Steuerverweigerung ist nur ein Symptom des Zwiespalts zwischen Regierung und Volk, nur ein Beweis, dass der Konflikt zwischen Regierung und Volk schon einen hohen, gefahrdrohenden Grad erreicht hat. Sie bringt den Zwiespalt, den Konflikt nicht hervor. Sie drückt nur das Vorhandensein dieser Tatsache aus. Im schlimmsten Falle folgt auf sie der Sturz der bestehenden Regierung, der vorhandenen Staatsform. Die Grundfesten der Gesellschaft werden nicht davon berührt. Im vorliegenden Falle (1848 in Preußen) nun gar war die Steuerver-weigerung eine Notwehr eben der Gesellschaft gegen die Regierung, von der sie in ihren Grundfesten bedroht war.“ K. Marx, Verteidigungsrede, MEW 6, 256.

 

 

3. Steuerreform ist ein Steckenpferd der radikalen Demokraten

„Die Steuerreform ist das Steckenpferd aller radikalen Bourgeois, das spezifische Element aller bürgerlich-ökonomischen Reformen. Von den ältesten mittelalterlichen Spießbürgern bis zu den modernen englischen Freihändlern dreht sich der Hauptkampf um die Steuern.

Die „linke“ Steuerreform bezweckt entweder Abschaffung traditionell überkommener Steuern, die der Entwicklung der Industrie im Wege stehen, sparsameren Staatshaushalt oder gleichmäßigere Verteilung. Der Bourgeois jagt dem eingebildeten Ideal der gleichen Steuer-verteilung umso eifriger nach, je mehr es in der Praxis seinen Händen entschwindet.

Die Verteilungsverhältnisse, die unmittelbar auf der bürgerlichen Produktion beruhen, die Verhältnisse zwischen Arbeitslohn und Profit, Profit und Zins, Grundrente und Profit, können durch die Steuer höchstens in Nebenpunkten modifiziert, nie aber in ihrer Grundlage bedroht werden. Alle Untersuchungen und Debatten über die Steuer setzen den ewigen Bestand dieser bürgerlichen Verhältnisse voraus. Selbst die Aufhebung der Steuern könnte die Entwicklung des bürgerlichen Eigentums und seiner Widersprüche nur beschleunigen.

Die Steuer kann einzelne Klassen bevorzugen und andere besonders drücken. ... Sie ruiniert nur die Mittelschichten der Gesellschaft zwischen Bourgeoisie und Proletariat, deren Stellung nicht erlaubt, die Last der Steuer einer anderen Klasse zuzuwälzen.

Das Proletariat wird durch jede neue Steuer eine Stufe tiefer herabgedrückt; die Abschaffung einer alten Steuer erhöht nicht den Arbeitslohn, sondern den Profit.

In der Revolution kann die zu riesigen Proportionen geschwellte Steuer als eine Form des Angriffs gegen das Privateigentum dienen; aber selbst dann muss sie zu neuen, revolutionären Maßregeln weitertreiben oder schließlich auf die alten bürgerlichen Verhältnisse zurückführen.

Die Verminderung, die gerechtere Verteilung etc. etc. der Steuer, das ist die banale bürgerliche Reform. Die Abschaffung der Steuer, das ist der bürgerliche Sozialismus. Dieser bürgerliche Sozialismus wendet sich vor allem an die industriellen und kommerziellen Mittelstände und an die Bauern. ...

Der bürgerliche Staat ist weiter nichts als eine wechselseitige Versicherung der Bourgeoisklasse gegen ihre einzelnen Mitglieder wie gegen die ausgebeutete Klasse, eine Versicherung, die immer kostspieliger und scheinbar immer selbständiger gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft werden muss, weil die Niederhaltung der ausgebeuteten Klasse immer schwieriger wird.“ K. Marx, Rezension von „Sozialismus und die Steuer“, MEW 7, 285–288.

 

3.1. Steuererhöhungen schaden zwar auch den Lohnarbeitern, Steuersenkungen nutzen ihnen aber nichts

„Die Abschaffung solcher Steuern, die der Kapitalist zu zahlen hat (u. a. Lohnsteuer, Gewinnsteuer etc.) ändert absolut nichts an der Menge Mehrwert, das der industrielle Kapitalist in erster Hand dem Arbeiter auspumpt. Sie ändert nur die Proportion, worin er Mehrwert in seine eigene Tasche steckt oder mit dritten Personen teilen muss. Sie ändert also nichts an dem Verhältnis zwischen Wert der Arbeitskraft (Lohn) und Mehrwert.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 544 Anm. 10.

„Würden sämtliche Steuern, die auf der Arbeiterklasse ruhen, radikal abgeschafft, so wäre die notwendige Folge, dass der Arbeitslohn um den ganzen Steuerbetrag, der heutzutage in ihn eingeht, vermindert würde. Entweder würde der Profit der Arbeitgeber unmittelbar in demselben Maß steigen oder es hätte nur eine Veränderung in der Form der Steuererhebung stattgefunden. Statt dass der Kapitalist im Arbeitslohn heute zugleich die Steuern vorschießt, die der Arbeiter zahlen muss, würde er sie ... direkt an den Staat zahlen.“ K. Marx, Moralisierende Kritik, MEW 4, 348.

„Obgleich die Abschaffung einer Steuer den Arbeitern nichts nützt, so schadet ihnen dagegen das Wachstum derselben. Das Gute am Wachstum der Steuern in bürgerlich entwickelten Ländern ist, dass der kleine Bauern- und Eigentümerstand (Handwerker usw.) dadurch ruiniert und in die Arbeiterklasse geworfen wird.“ K. Marx, Arbeitslohn, MEW 6, 538.

 

3.2. Direkte Steuern sind im Zweifelsfall

den indirekten vorzuziehen

„Die direkte Besteuerung als die einfachste Art der Besteuerung ist auch zugleich der älteste und erste Steuermodus, und er entwickelt sich mit jener Gesellschaftsform, die auf dem Grundeigentum basiert. Die Städte führten später das System der indirekten Steuern ein; aber im Laufe der Zeit, mit der modernen Arbeitsteilung, mit dem System der Großindustrie und der direkten Abhängigkeit des einheimischen Gewerbes vom Außenhandel und vom Weltmarkt, gerät dieses System der indirekten Besteuerung in einen zweifachen Konflikt mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen. An den Grenzen des Landes nimmt es die Form des Schutzzolls an und stört oder verhindert den freien Verkehr mit anderen Ländern. Im Innern deckt es sich mit dem Eingreifen des Fiskus in die Produktion, verwirrt es die Wertrelation der Waren und stört es die freie Konkurrenz und den Austausch. Aus beiden Gründen wird daher seine Abschaffung zur Notwendigkeit, und das System der direkten Besteuerung muss wieder eingeführt werden. Diese allein lässt aber keine Täuschung zu, so dass jede Klasse genau merkt, welchen Anteil sie trägt an den Kontributionen für die öffentlichen Ausgaben. Darum gibt es in England nichts Unpopuläreres als die direkte Besteuerung – Einkommensteuer, Vermögenssteuer, Haussteuer usw.“ K. Marx, Parlamentsbericht, MEW 8, 476f.

 

„a) Keine Änderung der Form der Besteuerung kann zu einer wesentlichen Veränderung in den Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital führen.

b) Wenn man nichtsdestoweniger zwischen zwei Steuersystem zu wählen hat, empfehlen wir die völlige Abschaffung der indirekten Steuern und ihre allgemeine Ersetzung durch direkte Steuern;

weil indirekte Steuern die Warenpreise erhöhen, schlagen die Händler auf diese Preise nicht nur den Betrag der indirekten Steuer auf, sondern auch die Zinsen und den Profit auf das von ihnen vorgeschossene Kapital;

weil indirekte Steuern dem einzelnen verbergen, was er an den Staat zahlt, während eine direkte Steuer unverhüllt und einfach ist und auch vom Ungebildetsten verstanden werden kann. Die direkte Steuer regt deshalb jeden dazu an, die Regierung zu kontrollieren, während die indirekte Steuer jede Tendenz zur Selbstverwaltung zerstört.“ K. Marx, Brief an die Delegierten der IAA, MEW 16, 198.

„... Wir (verlangen) ja überhaupt nur direkte Steuern ... und (verwerfen) alle indirekten ..., damit das Volk weiß und fühlt, was es zahlt, und so dem Kapital beizukommen ist.“ F. Engels an E. Bernstein (1883), MEW 35, 428.

Siehe auch die Artikel:

Beamte

Bürokratie

Staat

Staatsschulden

 

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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.