Zahlungsmittel
Im Unterschied zum Kauf- oder Zirkulationsmittel fungiert Geld als Zahlungsmittel, wenn der Kauf nicht durch das Geld vermittelt wird, sondern durch ein Zahlungsversprechen. Es treten dann nicht ein Verkäufer und ein Käufer gegenüber, sondern ein Gläubiger und ein Schuldner. Geld als Zahlungsmittel erscheint nicht zu Beginn ihrer Transaktion, sondern beendet das Schuldverhältnis.
Verhältnisse von Schuldner und Gläubiger
entwickeln sich notwendig aus der Warenproduktion und zeigen eigene
Gesetzmäßigkeiten, die sich von den einfachen Warentausch- und
Warenkaufverhältnisse unterscheiden.
1. Was heißt
Zahlungsmittel?
�Mit der
Entwicklung der Warenzirkulation entwickeln sich jedoch Verhältnisse,
wodurch die Veräußerung der Ware von der Realisierung ihres Preises
zeitlich getrennt wird. Es genügt, die einfachsten dieser Verhältnisse
hier anzudeuten. Die eine Warenart benötigt längere, die andere
kürzere Zeitdauer zu ihrer Produktion. Die Produktion verschiedener Waren
ist an verschiedene Jahreszeiten geknüpft. Die eine Ware wird auf ihrem
Marktplatz geboren, die andere muss zu entferntem Markt reisen. Der eine
Warenbesitzer kann daher als Verkäufer auftreten, bevor der andere als
Käufer auftritt. ... Andererseits wird die Benutzung gewisser
Warenarten, z. B. eines Hauses, für einen bestimmten Zeitraum verkauft.
Erst nach Ablauf des Termins hat der Käufer den Gebrauchswert der Ware
wirklich erhalten. Er kauft sie daher, bevor er sie zahlt. ... Der
Verkäufer wird Gläubiger, der Käufer Schuldner. Da ... erhält auch das
Geld eine andere Funktion. Es wird Zahlungsmittel.� MEW 23,
149.
�Das Geld funktioniert jetzt erstens als Wertmaß in der
Preisbestimmung der verkauften Ware. ... Es funktioniert zweitens als
ideelles Kaufmittel. Obgleich es nur im Geldversprechen des Käufers
existiert, bewirkt es den Händewechsel der Ware. Erst am fälligen
Zahlungstermin tritt das Zahlungsmittel wirklich in die Zirkulation, d. h.
geht aus der Hand des Käufers in die des Verkäufers über. ... Das
Zahlungsmittel tritt in die Zirkulation hinein, aber nachdem die Ware
bereits aus ihr ausgetreten ist. Das Geld vermittelt nicht mehr den
Prozess. Es schließt ihn selbstständig ab, als absolutes Dasein des
Tauschwerts oder allgemeine Ware.� MEW 23, 150.
�Die Entwicklung
des Geldes als Zahlungsmittel ernötigt Geldakkumulation für die
Verfalltermine der geschuldeten Summen. Während die Schatzbildung als
selbstständige Bereicherungsform verschwindet mit dem Fortschritt der
bürgerlichen Gesellschaft, wächst sie umgekehrt mit demselben in der Form
von Reservefonds der Zahlungsmittel.� MEW 23, 156.
�Bei gewissem
Höhegrad und Umfang der Warenproduktion greift die Funktion des Geldes als
Zahlungsmittel über die Sphäre der Warenzirkulation hinaus. Es wird die
allgemeine Ware der Kontrakte. Renten, Steuern usw. verwandeln sich aus
Naturallieferungen in Geldzahlungen.� MEW 23, 154.
2.
Zahlungsmittel und Geldmenge
�Betrachten wir nun die Gesamtsumme
des in einem gegebenen Zeitabschnitt umlaufenden Geldes, so ist sie, bei
gegebener Umlaufsgeschwindigkeit der Zirkulations- und Zahlungsmittel,
gleich der Summe der zu realisierenden Warenpreise plus der Summe der
fälligen Zahlungen, minus der sich ausgleichenden Zahlungen, minus endlich
der Anzahl der Umläufe, worin dasselbe Geldstück abwechselnd bald als
Zirkulations-, bald als Zahlungsmittel funktioniert.� MEW 23, 153.
�Das
Kreditgeld entspringt unmittelbar aus der Funktion des Geldes als
Zahlungsmittel, indem Schuldzertifikate für die verkauften Waren selbst
wieder zur Übertragung der Schuldforderungen zirkulieren.� MEW 23,
153f.
�Nach den für
die einfache Warenzirkulation entwickelten Gesetzen (Buch I, Kapitel 3,
Das Geld oder die Warenzirkulation) muss die Masse des im Lande
vorhandenen Metallgelds nicht nur hinreichen, um die Waren zu zirkulieren.
Sie muss hinreichen für die Schwankungen des Geldumlaufs, die teils
entspringen aus Fluktuationen in der Geschwindigkeit der Zirkulation,
teils aus dem Preiswechsel der Waren, teils aus den verschiedenen und
wechselnden Proportionen, worin das Geld als Zahlungsmittel oder als
eigentliches Zirkulationsmittel fungiert. Das Verhältnis, worin die
vorhandene Geldmasse sich in Schatz und umlaufendes Geld spaltet, wechselt
beständig, aber die Masse des Geldes ist stets gleich der Summe des als
Schatz und als umlaufendes Geld vorhandenen Gelds.
Diese Geldmasse
(Masse edlen Metalls) ist ein nach und nach akkumulierter Schatz der
Gesellschaft. Soweit ein Teil dieses Schatzes sich durch Verschleiß
verzehrt, muss er jährlich, wie jedes andere Produkt, neu ersetzt werden.�
MEW 24, 327.
�Ferner: Wächst die Wertsumme der jährlich
produzierten und zirkulierten Warenmasse, so muss auch die jährliche Gold-
und Silberproduktion wachsen, soweit die gewachsene Wertsumme der
zirkulierenden Waren und die für ihre Zirkulation (und entsprechende
Schatzbildung) erforderliche Geldmasse nicht kompensiert wird durch
größere Geschwindigkeit des Geldumlaufs und durch umfangreichere Funktion
des Gelds als Zahlungsmittel, d. h. durch größere gegenseitige Saldierung
der Käufe und Verkäufe ohne Dazwischentreten von wirklichem Geld.�
MEW 24, 327.
3. Zahlungsmittel und Kreditsystem
�Ich habe
früher (Buch I, Kapitel 3, 3, b, Zahlungsmittel) gezeigt, wie sich
aus der einfachen Warenzirkulation die Funktion des Geldes als
Zahlungsmittel und damit ein Verhältnis von Gläubiger und Schuldner unter
den Warenproduzenten und Warenhändlern bildet. Mit der Entwicklung des
Handels und der kapitalistischen Produktionsweise, die nur mit Rücksicht
auf die Zirkulation produziert, wird diese naturwüchsige Grundlage des
Kreditsystems erweitert, verallgemeinert, ausgearbeitet.� MEW 25,
413.
�Im Großen und Ganzen fungiert hier das Geld nur als
Zahlungsmittel, d. h. die Ware wird verkauft nicht gegen Geld, sondern
gegen ein schriftliches Versprechen der Zahlung an einem bestimmten
Termin. Diese Zahlungsversprechen können wir der Kürze halber sämtlich
unter der allgemeinen Kategorie von Wechseln zusammenfassen. Bis zu ihrem
Verfall- und Zahlungstage zirkulieren solche Wechsel selbst wieder als
Zahlungsmittel; und sie bilden das eigentliche Handelsgeld.
Soweit sie
schließlich durch Ausgleichung von Forderung und Schuld sich aufheben,
fungieren sie absolut als Geld, indem dann keine schließliche Verwandlung
in Geld stattfindet.
Wie diese wechselseitigen Vorschüsse der
Produzenten und Kaufleute untereinander die eigentliche Grundlage des
Kredits bilden, so bildet deren Zirkulationsinstrument, der Wechsel, die
Basis des eigentlichen Kreditgelds, der Banknoten usw.
Diese beruhen
nicht auf der Geldzirkulation, sei es von metallischem Geld oder von
Staatspapiergeld, sondern auf der Wechselzirkulation.� MEW 25,
413.
�Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ist ... das
eigentliche, große und eigentümliche Terrain des Wuchers. Jede an
bestimmtem Termin fällige Geldleistung, Grundzins, Tribut, Steuer etc.,
bringt die Notwendigkeit einer Geldzahlung mit sich. Daher setzt sich der
Wucher im Großen von den alten Römern bis auf die modernen Zeiten an die
Steuerpächter ... an. Dann entwickelt sich mit dem Handel und der
Verallgemeinerung der Warenproduktion die zeitliche Trennung von Kauf und
Zahlung. Das Geld ist an bestimmtem Termin zu liefern.� MEW 25,
613.
�Die andere Seite des Kreditwesens schließt sich an die
Entwicklung des Geldhandels, die natürlich in der kapitalistischen
Produktion Schritt hält mit der Entwicklung des Warenhandels.
Wir haben
im vorigen Abschnitt (Kapitel 19, Das Geldhandlungskapital)
gesehen, wie sich die Aufbewahrung der Reservefonds der Geschäftsleute,
die technischen Operationen des Geldeinnehmens und Auszahlens, der
internationalen Zahlungen, und damit der Barrenhandel, in den Händen der
Geldhändler konzentriert. Im Anschluss an diesen Geldhandel entwickelt
sich die andere Seite des Kreditwesens, die Verwaltung des zinstragenden
Kapitals oder des Geldkapitals, als besondere Funktion der Geldhändler.
Das Borgen und Verleihen des Geldes wird ihr besonderes Geschäft. Sie
treten als Vermittler zwischen den wirklichen Verleiher und den Borger von
Geldkapital.
Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach
dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen
Massen zu konzentrieren, sodass statt des einzelnen Geldverleihers die
Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und
kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen
Verwalter des Geldkapitals.
Andererseits konzentrieren sie, allen
Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt
borgen.
Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des
Geldkapitals, der Verleiher, auf der anderen die Zentralisation der Borger
dar. Ihr Profit besteht im Allgemeinen darin, dass sie zu niedrigeren
Zinsen borgt, als sie ausleiht.� MEW 25, 415f.
�Das verleihbare
Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise
zu.
Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der
industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und
Kaufmann als Reservefonds hält oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese
Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital. Dadurch wird der
Reservefonds der Handelswelt, weil als gemeinschaftlicher konzentriert,
auf das nötige Minimum beschränkt, und ein Teil des Geldkapitals, der
sonst als Reservefonds schlummern würde, wird ausgeliehen ...
Zweitens
bildet sich ihr verleihbares Kapital aus den Depositen der
Geldkapitalisten, die ihnen das Ausleihen derselben überlassen.
Mit der
Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen
zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich
unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede
für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen
vereinigt und bilden so eine Geldmacht. ...
Endlich werden auch die
Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken
deponiert.� MEW 25, 416.
1) �Einerseits sind alle
Methoden, die Zirkulationsmittel ersparen, begründet auf den Kredit.
...
Das bloße Ökonomisieren des Zirkulationsmittels erscheint am
höchsten entwickelt im Clearing House, dem bloßen Austausch von fälligen
Wechseln, und der vorwiegenden Funktion des Geldes als Zahlungsmittel zum
Ausgleich bloßer Überschüsse.
Aber das Dasein dieser Wechsel beruht
selbst wieder auf dem Kredit, den sich die Industriellen und Kaufleute
untereinander geben. Nimmt dieser Kredit ab, so nimmt die Zahl der Wechsel
ab ...
Und diese Ökonomie, die in der Beseitigung des Geldes aus den
Umsätzen besteht und die ganz auf der Funktion des Geldes als
Zahlungsmittel beruht, welche wieder auf dem Kredit beruht, kann ... nur
zweierlei Art sein: Wechselseitige Schuldforderungen, repräsentiert durch
Wechsel oder Schecks, gleichen sich aus entweder bei demselben Bankier,
der nur die Forderung vom Konto des einen auf das des anderen
überschreibt; oder die verschiedenen Bankiers gleichen untereinander aus.�
MEW 25, 536f.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich die
Rechtschreibung, veraltete Fremdwörter, Maßeinheiten und Zahlenangaben
modernisiert. Diese und alle erklärenden Textteile, die nicht wörtlich von
Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Wal Buchenberg,
13.1.2003.
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