Bewusstsein 1. Bewusstsein ist ein
gesellschaftliches und damit historisches Produkt: “Das Bewusstsein
kann nie etwas Anderes sein als das bewusste Sein, und das Sein der
Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozess.“ K. Marx, Dt. Ideologie, 3,
26. „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern
umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“ K.
Marx, Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 9. Die „Forderung
das Bewusstsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das
Bestehende anders zu interpretieren, d.h. es vermittelst einer anderen
Interpretation anzuerkennen.“ K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3,
20. „Bedarf es tiefer Einsicht, um zu begreifen, dass mit den
Lebensverhältnissen der Menschen, mit ihren gesellschaftlichen
Beziehungen, mit ihrem gesellschaftlichen Dasein, auch ihre Vorstellungen,
Anschauungen und Begriffe, mit einem Worte auch ihr Bewusstsein sich
ändert? Was beweist die Geschichte der Ideen anderes, als dass die
geistige Produktion sich mit der materiellen umgestaltet? ... Man
spricht von Ideen, welche eine ganze Gesellschaft revolutionieren; man
spricht damit nur die Tatsache aus, dass sich innerhalb der alten
Gesellschaft die Elemente einer neuen gebildet haben, dass mit der
Auflösung der alten Lebensverhältnisse die Auflösung der alten Ideen
gleichen Schritt hält.“ K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4,
480. „Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie
lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, dass die
Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung
schon vorhanden oder wenigstens im Prozess ihres Werdens begriffen sind.“
K. Marx, Kritik der Politischen Ökonomie, MEW 13, 9.
2. Das
Teilbewusstsein oder Klassenbewusstsein ... 2.1 ... der
Kapitalisten: „’Der Geist der großen Mehrzahl der Menschen’, sagt
Adam Smith, ‚entwickelt sich notwendig aus und an ihren
Alltagsverrichtungen’, also auch der Fabrikantengeist.“ K. Marx, MEW 18,
109. Das Kapital hat „keineswegs ein Bewusstsein über die Natur
seines Verwertungsprozesses ... und nur in Krisen ein Interesse ..., ein
Bewusstsein darüber zu haben....“ K. Marx, Grundrisse, 277. „Wenn, wie
der Leser zu seinem Leidwesen erkannt hat, die Analyse der wirklichen,
inneren Zusammenhänge des kapitalistischen Produktionsprozesses ein sehr
verwickeltes Ding und eine sehr ausführliche Arbeit ist; wenn es ein Werk
der Wissenschaft ist, die sichtbare, bloß erscheinende Bewegung auf die
innere wirkliche Bewegung zu reduzieren, so versteht es sich ganz von
selbst, dass in den Köpfen der kapitalistischen Produktions- und
Zirkulationsagenten sich Vorstellungen über die Produktionsgesetze bilden
müssen, die von diesen Gesetzen ganz abweichen, und nur der bewusste
Ausdruck der scheinbaren Bewegungen sind.“ K. Marx, Kapital III. S. 324f.
„Das Spezialinteresse, welches das Kapital einer
Sphäre, im Unterschied vom Gesamtkapital, an der Ausbeutung der von ihm
speziell beschäftigten Arbeiter hat, hat der einzelne Kapitalist,
im Unterschied von seiner Sphäre, an der Ausbeutung der persönlich von ihm
ausgebeuteten Arbeiter. Andererseits hat jede besondere Sphäre des
Kapitals und jeder einzelne Kapitalist dasselbe Interesse an der
Produktivität der vom Gesamtkapital angewandten gesellschaftlichen Arbeit.
Denn davon hängt zweierlei ab: Erstens die Masse der Gebrauchswerte,
worin sich der Durchschnittsprofit ausdrückt; und dies ist doppelt
wichtig, soweit dieser sowohl als Akkumulationsfonds von neuem Kapital wie
als Reservefonds zum Genuss dient. Zweitens die Werthöhe des
vorgeschossenen Gesamtkapitals (konstanten und variablen), die, bei
gegebener Größe des Mehrwerts oder Profits der ganzen Kapitalistenklasse,
die Profitrate oder den Profit auf ein bestimmtes Quantum Kapital
bestimmt. ... Man hat also hier den mathematisch exakten Nachweis,
warum die Kapitalisten, sosehr sie in ihrer Konkurrenz untereinander sich
als falsche Brüder bewähren, doch einen wahren Freimaurerbund bilden
gegenüber der Gesamtheit der Arbeiterklasse.“ K. Marx, Kapital III. S.
207f.
2.2 ... der Kleinbürger: [Der Kleinbürger
ist „ein Arbeiter, der sich vom modernen Proletarier dadurch
unterscheidet, dass er noch im Besitz seiner Arbeitsmittel ist; also ein
Überbleibsel einer vergangenen Produktionsweise.“ F. Engels, Bauernfrage,
MEW 22, 488. „Der Besitz der Produktionsmittel durch die einzelnen
Produzenten verleiht heutzutage diesen Produzenten keine wirkliche
Freiheit mehr... Seine Existenz ist unsicherer als die des Proletariers,
der wenigstens dann und wann ruhige Tage erlebt....“ F. Engels,
Bauernfrage, MEW 22, 492.] „Für den Kleinbürger, der in der
Warenproduktion das Nonplusultra menschlicher Freiheit und individueller
Unabhängigkeit erblickt, wäre es natürlich sehr wünschenswert, der mit
dieser Form verbundenen Missstände enthoben zu sein...“ K. Marx,
Kapital I., 82, Anm. 24. „In einer fortgeschrittenen Gesellschaft und
durch den Zwang seiner Lage wird der Kleinbürger einesteils
Sozialist, anderenteils Ökonom, d.h. er ist geblendet von der Herrlichkeit
der großen Bourgeoisie und hat Mitgefühl für die Leiden des Volkes. Er ist
Bourgeois und Volk zugleich. Im Innersten seines Gewissens schmeichelt er
sich, unparteiisch zu sein, das rechte Gleichgewicht gefunden zu
haben....“ K. Marx an Annenkow, 1846, MEW 4, 557. „Aber der Demokrat,
weil er das Kleinbürgertum vertritt, also eine Übergangsklasse, worin die
Interessen zweier Klassen sich zugleich abstumpfen, dünkt sich über den
Klassengegensatz überhaupt erhaben.“ K. Marx, 18. Brumaire, MEW 8,
144. „Der Kleinbürger ist ... zusammengesetzt aus ein Einerseits und
Andererseits ... Er ist der lebendige Widerspruch. .... Wissenschaftlicher
Scharlatanismus und politische Anpassung sind von solchem
Standpunkt unzertrennlich. Es bleibt nur noch ein treibendes Motiv, die
Eitelkeit des Subjekts ...“ K. Marx, Über Proudhon, MEW 16,
31f. „Die demokratischen Kleinbürger, weit entfernt, für die
revolutionären Proletarier die ganze Gesellschaft umwälzen zu wollen,
erstreben eine Änderung der gesellschaftlichen Zustände, wodurch ihnen die
bestehende Gesellschaft möglichst erträglich und bequem gemacht
wird. Sie verlangen daher vor allem Verminderung der Staatsausgaben
durch Beschränkung der Bürokratie und Verlegung der Hauptsteuer auf die
großen Grundbesitzer und Bourgeois. Sie verlangen ferner die Beseitigung
des Drucks des großen Kapitals auf das kleine durch öffentliche
Kreditinstitute und Gesetze gegen den Wucher... Um dies alles
durchzuführen, bedürfen sie einer demokratischen, sei es konstitutionellen
oder republikanischen Staatsverfassung, die ihnen und ihren
Bundesgenossen, den Bauern, die Majorität gibt. ... Was die Arbeiter
angeht, so steht vor allem fest, dass sie Lohnarbeiter bleiben sollen wie
bisher, nur wünschen die demokratischen Kleinbürger den Arbeitern besseren
Lohn und eine gesicherte Existenz und hoffen dies durch teilweise
Beschäftigung von Seiten des Staates und durch Wohltätigkeitsmaßregeln zu
erreichen, kurz, sie hoffen die Arbeiter durch mehr oder minder versteckte
Almosen zu bestechen und ihre revolutionäre Kraft durch momentane
Erträglichmachung ihrer Lage zu brechen.“ K. Marx, Rundschreiben an den
Bund der Kommunisten, 1850, MEW 7, 247. „Was die Kleinbürger,
Handwerksmeister und Krämer betrifft, so werden sie sich immer gleich
bleiben. Sie hoffen in das Großbürgertum sich emporzuschwindeln, sie
fürchten ins Proletariat hinabgestoßen zu werden. Zwischen Furcht und
Hoffnung werden sie während des Kampfes ihre werte Haut schützen
und nach dem Kampf sich dem Sieger anschließen. Das ist ihre Natur.“ F.
Engels, Bauernkrieg, MEW 16, 398. „Es sind die Repräsentanten des
Kleinbürgertums, die sich anmelden, voll Angst, das Proletariat, durch
seine revolutionäre Lage gedrängt, möge ‚zu weit gehen’. Statt
entschiedener politischer Opposition - allgemeine Vermittlung; statt des
Kampfs gegen Regierung und Bourgeoisie - der Versuch sie zu gewinnen und
zu überreden; ... Alle historisch notwendigen Konflikte werden umgedeutet
in Missverständnisse und alle Diskussion beendigt mit der Beteuerung: in
der Hauptsache sind wir ja alle einig ...; der Sturz der kapitalistischen
Ordnung (liegt) in unerreichbarer Ferne, hat also absolut keine Bedeutung
für die politische Praxis der Gegenwart...“ K. Marx/ F. Engels,
Rundschreiben an die SPD-Führung, 1879, MEW 19, 163.
2.3 ... und
der Lohnarbeiter: „Die Differenz zwischen dem Wert des
Arbeitsvermögens und seiner Verwertung - also der Mehrwert, den der Kauf
des Arbeitsvermögens seinem Anwender verschafft - erscheint am
handgreiflichsten ... in der Urproduktion. Die Summe der Lebensmittel, die
der (landwirtschaftliche) Arbeiter jahraus, jahrein verzehrt, oder
die Masse Stoff, die er konsumiert, ist geringer als die Summe der
Lebensmittel, die er produziert. In der Fabrik sieht man
überhaupt den Arbeiter nicht direkt weder seine Lebensmittel noch den
Überschuss über seine Lebensmittel produzieren. Der Prozess ist vermittelt
durch Kauf und Verkauf ... und erheischt zu seinem Verständnis Analyse des
Werts überhaupt. ... Der Arbeiter in der Fabrik vermehrt den Stoff nicht;
er verändert nur die Form desselben.“ K. Marx, Theorien über den
Mehrwert I., MEW 26.1, 14-17. „Die Form des Arbeitslohns löscht also
jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit,
in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte
Arbeit. ... Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis
unsichtbar macht und grade sein Gegenteil zeigt, beruhen alle
Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle
Mystifikationen der kapitalistischen Produktionsweise, alle ihre
Freiheitsillusionen...“ K. Marx, Kapital I, 562. „der
Eigentumslosigkeit der Arbeiter konnte nur die Illusionslosigkeit ihrer
Köpfe entsprechen.“ F. Engels, 1886, MEW 21, 494. „Für den
schließlichen Sieg der im ‚Manifest’ aufgestellten Sätze verließ sich Marx
einzig und allein auf die intellektuelle Entwicklung der Arbeiterklasse,
wie sie aus der vereinigten Aktion und der Diskussion notwendig
hervorgehen musste. Die Ereignisse und Wechselfälle im Kampf gegen das
Kapital, die Niederlagen noch mehr als die Erfolge, konnten nicht umhin,
den Kämpfenden die Unzulänglichkeit ihrer bisherigen Allerweltsweisheiten
klarzulegen und ihre Köpfe empfänglicher zu machen für eine gründlichere
Einsicht in die wahren Bedingungen der Arbeiteremanzipation. Und Marx
hatte recht.“ F. Engels, Vorwort zum Kommunistischen Manifest, 1890, MEW
22, 57. „Die Klassenkämpfe waren auch hier in England heftiger während
der Entwicklungsperiode der großen Industrie und versiegten grade
während der Zeit der unbestrittenen industriellen Weltherrschaft; auch
in Deutschland fällt die Entwicklung der großen Industrie seit 1850
zusammen mit dem Aufschwung der sozialistischen Bewegung, und in Amerika
wird es wahrscheinlich nicht anders gehen. Es ist die Revolutionierung
aller hergebrachten Verhältnisse durch die sich entwickelnde Industrie,
die auch die Köpfe revolutioniert.“ F. Engels an Sorge, 1892, MEW 38,
563. „Die kommunistische Revolution ist das radikalste Brechen mit den
überlieferten Eigentumsverhältnissen; kein Wunder, dass in ihrem
Entwicklungsgange am radikalsten mit den überlieferten Ideen gebrochen
wird.“ K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 481.
3. Das
Gesamtbewusstsein oder das wissenschaftliche Bewusstsein: „alle
Wissenschaft wäre überflüssig, wenn die Erscheinungsform und das Wesen der
Dinge unmittelbar zusammenfielen...“ K. Marx, Kapital III., S. 825.
„Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur
möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die
scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich ist, der
ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt.“ K. Marx,
Kapital I, MEW 23, S. 335.
„Die Existenz revolutionärer Gedanken in einer
bestimmten Epoche setzt bereits die Existenz einer revolutionären Klasse
voraus...“ K. Marx, Dt. Ideologie, MEW 3, 47. „Die Kommunisten ...
haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in
die Bedingungen, den Gang und die allgemeine Resultate der proletarischen
Bewegung voraus. Die theoretischen Sätze der Kommunisten beruhen
keineswegs auf Ideen, Prinzipien, die von diesem oder jenem
Weltverbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine
Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes,
einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung.“ K.
Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 474f.
„Wie die Ökonomen die wissenschaftlichen
Vertreter der Bourgeoisklasse sind, so sind die Sozialisten und
Kommunisten die Theoretiker der Klasse des Proletariats. Solange
das Proletariat noch nicht genügend entwickelt ist, um sich als Klasse zu
konstituieren, und daher der Kampf des Proletariats mit der Bourgeoisie
noch keinen politischen Charakter trägt; solange die Produktivkräfte noch
im Schoß der Bourgeoisie selbst nicht genügend entwickelt sind, um die
materiellen Bedingungen durchscheinen zu lassen, die notwendig sind zur
Befreiung des Proletariats und zur Bildung einer neuen Gesellschaft –
solange sind diese Theoretiker nur Utopisten, die, um den Bedürfnissen der
unterdrückten Klassen abzuhelfen, Systeme ausdenken und nach einer
erneuernden Wissenschaft suchen. Aber in dem Maße, wie die
Geschichte vorschreitet und mit ihr der Kampf des Proletariats sich
deutlicher abzeichnet, haben sie nicht mehr nötig, die Wissenschaft in
ihrem Kopfe zu suchen; sie haben sich nur Rechenschaft abzulegen von
dem, was sich vor ihren Augen abspielt, und sich zum Organ desselben zu
machen. ... Von diesem Augenblick an wird die Wissenschaft bewusstes
Erzeugnis der historischen Bewegung, und sie hat aufgehört, doktrinär zu
sein, sie ist revolutionär geworden.“ K. Marx, Elend der Philosophie, MEW
4, 143.
„Und Kommunismus hieß nun nicht mehr: Ausheckung
vermittelst der Phantasie, eines möglichst vollkommenen
Gesellschaftsideals, sondern: Einsicht in die Natur, die Bedingungen und
die daraus sich ergebenden allgemeinen Ziele des vom Proletariat geführten
Kampfes.“ F. Engels, Bund der Kommunisten, MEW 8, 582.
„die materialistische Basis (des Sozialismus)
erfordert ernstes, objektives Studium ..., wenn man auf ihr
operieren will.“ K. Marx an Sorge, 1877, MEW 34, 303.
„Herr Heinzen bildet sich ein, der Kommunismus sei eine
gewisse Doktrin, die von einem bestimmten theoretischen Prinzip als
Kern ausgehe und daraus weitere Konsequenzen ziehe. Herr Heinzen
irrt sich sehr. Der Kommunismus ist keine Doktrin, sondern eine
Bewegung; er geht nicht von Prinzipien, sondern von
Tatsachen aus. Die Kommunisten haben nicht diese oder jene
Philosophie, sondern die ganze bisherige Geschichte und speziell ihre
gegenwärtigen tatsächlichen Resultate in den zivilisierten Ländern zur
Voraussetzung.“ F. Engels, Karl Heinzen, 1847, MEW 4, 321f.
„Das Wort ... ‚wissenschaftlicher Sozialismus’
ist gebraucht worden nur im Gegensatz zum utopischen Sozialismus,
der neue Hirngespinste dem Volk aufheften will, statt seine Wissenschaft
auf die Erkenntnis der vom Volk selbst gemachten sozialen Bewegung
zu beschränken;“ K. Marx, Konspekt über Bakunin, 1874, MEW 18,
635f. Wal Buchenberg, 18.7.2001 |