Wolfgang Abendroth
Von Andreas Diers und Henning Tegeler (aus: Junge Welt; 2.5.2006)

Der Jurist und Politikwissenschaftler Wolfgang Abendroth wurde vor 100 Jahren, am 2. Mai 1906, in Elberfeld (heute Wuppertal) als Sohn eines überzeugten sozialdemokratischen Lehrerehepaares geboren. Seine Großeltern mütterlicherseits hatten schon zur Zeit des »Sozialistengesetzes« (1878–1890) in der illegalen Sozialdemokratie mitgearbeitet. Seine Mutter und deren Vater gehörten dem linken Flügel an und schlossen sich nach der Parteispaltung 1918 der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei (USPD) an.

Abendroth besucht in Frankfurt/Main das Real-gymnasium und studiert anschließend Rechts-wissenschaften in Frankfurt/Main, Tübingen und Münster. Durch das Erlebnis des Ersten Weltkrieges, der Novemberrevolution und der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht – die beide in der Familie Abendroth stets hoch angesehen waren – wird Abendroth schon früh in der Arbeiterjugendbewegung tätig. 1920 wird er Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes (KJVD), später auch der Kommu-nistischen Partei Deutschlands (KPD), außerdem schließt er sich der Roten Hilfe an. Zugleich ist Abendroth in Frankfurt am Main im Deutschen Freidenkerverband aktiv. Ab Mitte der 1920er Jahre arbeitet er in der parteiunabhängigen Freien Sozialistischen Jugend (FSJ) mit und veröffentlicht zahlreiche Artikel zu politischen und wirtschaftlichen Fragen in deren gleichnamiger Zeitschrift. In der Bundesleitung der FSJ ist Abendroth zuständig für die politische Bildung und organisiert die Zusammenarbeit mit bündischen und national-revolutionären Jugendorganisationen.1

Nachdem Abendroth 1928 aus der KPD ausgeschlossen wird, weil er, beeinflußt durch die Faschismustheorie Clara Zetkins und vor allem August Thalheimers, den »ultralinken« Kurs der KPD und die damit verbundene Sozialfaschismusthese kritisiert, schließt er sich der KPD-Opposition (KPO) an. 1932 tritt er im Zusammenhang mit seinem Wirken in der Organisation »Neu Beginnen« – die angesichts des immer stärker werdenden Faschismus eine Zusammenarbeit von SPD und KPD erreichen wollte – wieder in die KPD ein. In Hechingen (Baden) wirkt er Anfang der 1930er Jahre an einem lokal sehr erfolgreichen »Arbeiterkartell« mit, das eine Einheitsfront gegen das Erstarken der Nazis anstrebte.

Im Jahr 1930 besteht Abendroth die erste juristische Staatsprüfung. Von 1930 bis 1933 arbeitet er als Gerichtsreferendar in Frankfurt am Main und Hechingen.

Nach der Machtübergabe an die Nazis am 30. Januar 1933 in Deutschland wird Abendroth die weitere juristische Ausbildung und Arbeit verboten. Deshalb kann er seine arbeitsrechtliche Promotion bei Hugo Sinzheimer über das Betriebsrätegesetz nicht mehr vollenden. Politisch ist Abendroth nach 1933 in verschiedenen illegalen Organisationen (KPD-Opposition, Neu Beginnen, usw.) aktiv. 1935 promoviert er summa cum laude mit einer Dissertation über das Völkerrecht an der juristischen Fakultät Bern. Seine Dissertation, »Die völkerrechtliche Stellung der B-und C-Mandate«, wird Ende 1936 in Deutschland veröffentlicht, jedoch schon kurz darauf von der Gestapo beschlagnahmt.

Im Oktober 1936 gelingt es ihm über Beziehungen, eine Anstellung in einem Berliner Bankhaus zu erhalten. Am 22. Februar 1937 wird Wolfgang Abendroth an seinem Arbeitsplatz von der Gestapo verhaftet. Gleichzeitig werden zwölf weitere KPO-Funktionäre in Berlin festgenommen. Am 14. Oktober 1937 wird Abendroth vom Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Kassel des Hochverrats angeklagt. Im Prozeß versucht der zuständige Strafsenat, diesen Vorwurf zu erhärten. Das gelingt dem Gericht letztlich jedoch nur zu einem geringen Teil. Die Gestapo konnte bei weitem nicht alle illegalen Aktivitäten Abendroths aufdecken. Am 30. November 1937 wird er zu einer Zuchthausstrafe von vier Jahren verurteilt und in das Zuchthaus Luckau (Brandenburg) überstellt.

In der Haft führt Abendroth marxistische Schulungszirkel durch und wirbt in politischen Diskussionen für die Aktionseinheit von Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten. Er organisiert solidarische Hilfe, bleibt stets offen gegenüber seinen Mitgefangenen und lernt von ihnen, auch von den Häftlingen, die nicht aus politischen Gründen inhaftiert sind.

Ein wichtiger Diskussions- und Streitpunkt unter den politischen Gefangenen im Zuchthaus Luckau ist ihre Einschätzung der Entwicklungen in der UdSSR.

Abendroth hat vor seiner Verhaftung nicht nur vom Beginn der Moskauer Prozesse erfahren, sondern auch deren katastrophale Folgen für den antifaschistischen Kampf miterlebt. Eine von ihm befürwortete Wendung zur Volksfrontpolitik wurde in der Emigration durch die inneren Auseinandersetzungen in der KPdSU und den stalinistischen Terror enorm erschwert.2

Im Widerstand

Abendroth wird am 30. Mai 1941 aus dem Zuchthaus Luckau entlassen. Nur durch das Engagement seiner Mutter bleibt ihm die Deportation in ein KZ erspart.

Nach seiner Entlassung im Juni 1941 zieht Abendroth zu seinen Eltern nach Potsdam-Babelsberg. Dort arbeitet er zunächst als Revisions-assistent bei einem Wirtschafts-treuhänder und Steuerberater, dann als Wirtschaftsjurist einer Außenhandelsfirma in Berlin. Seine Heirat mit der aus Bremen stammenden Lisa Hörmeyer, die Abendroth unmittelbar nach seiner Entlassung in Studentenkreisen in Marburg kennengelernt hat, kann vorerst nicht stattfinden, weil Abendroth Anfang 1943 als »Bewährungssoldat« zur Strafdivision 999 eingezogen wird. Nach einer kurzen militärischen Ausbildung wird er in Griechenland auf der Insel Lemnós eingesetzt.

Er desertiert dort 1944 zur griechischen Widerstandsorganisation ELAS. Im Oktober 1944 wird Abendroth von Lesbos aus als britischer Kriegs-gefangener nach Ägypten überführt. In Gefangenen-lagern in der ägyptischen Wüste beginnt er mit politischer Schulungsarbeit, in der Absicht, demokratische Kader auszubilden und sie auf eine Verwaltungsarbeit vorzubereiten, wie sie nach der Niederlage des Faschismus in Deutschland bevorstehen würde. Später wird Abendroth in das Umerziehungslager Wilton Park Training Centre nahe London gebracht, wo geeignet erscheinende Kriegsgefangene auf ihre Rückkehr nach Deutschland und die Mitarbeit am Aufbau der Demokratie vorbereitet wurden. Bereits die Art und Weise der dort stattfindenden »Erziehung zur Demokratie« erzeugen bei Abendroth erste ernsthafte Zweifel bezüglich einer konsequenten Entnazifizierung des »deutschen Volkes«.

Ende November 1946 wird er aus der Kriegs-gefangenschaft entlassen und kehrt zu seinem letzten Wohnsitz in Potsdam-Babelsberg, zurück. Dort heiratet er noch im gleichem Jahr Lisa Hörmeyer. Kurze Zeit später wird Abendroth zum ersten Mal Vater.

In der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) ist Abendroth (geheimes) Mitglied der SPD, in die er 1946 in London eingetreten war.

Im Januar 1947 wird Abendroth zum Richter beim Landgericht in Potsdam bestellt. Gleichzeitig tritt er in den Dienst des Justizministeriums des Landes Mark Brandenburg, am 1. April wird er Regierungsrat. Nach seiner Assessorprüfung wird Abendroth im Sommer 1947 von der Deutschen Justizverwaltung der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland als Oberjustizrat angestellt. Im September 1947 erfolgt dann die Ernennung zum Dozenten an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Ende 1947 wird er an die Universität Leipzig berufen und mit Wirkung vom 1. April 1948 zum Professor für Völkerrecht ernannt. Im Oktober erfolgt die Ernennung zum Professor für öffentliches Recht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Seine Professur dort dauert jedoch nur wenige Monate. Da er immer weniger mit den politischen Entwicklungen in der Sowjetischen Besatzungszone einverstanden ist und zudem seine Verhaftung durch den sowjetischen Geheimdienst NKWD befürchtet, verläßt er im Dezember 1948, zusammen mit Frau und Tochter, fluchtartig Jena.

Zunächst zieht die Familie zu den Eltern seiner Frau nach Bremen. Von dort schickt er der Thüringer Ministerin für Volksbildung eine Rücktrittserklärung und eine unfangreiche politische Begründung für seine Flucht.

An der Hochschule

Im Dezember 1948 wird Abendroth zum ordentlichen Professor für öffentliches Recht und Politik an der Hochschule für Arbeit, Politik und Wirtschaft – einer gerade neu gegründeten Reformuniversität mit gewerkschaftlicher Orientierung in Wilhelmshaven – ernannt.

Im Jahr 1949 wird Abendroth zum ordentlichen Mitglied des Staatsgerichtshofs des Landes Bremen gewählt. Im Jahr 1951 kandidiert er erfolglos zum Richter am Bundesverfassungsgericht.

Von 1959 bis 1963 ist er Mitglied des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen.

Kaum zwei Jahre nach der Ernennung in Wilhelmshaven erfolgt am 15. November 1950 seine Ernennung zum Professor für wissenschaftliche Politik an der Philoso-phischen Fakultät der Philipps-Universität in Marburg. Dort ist er bis zu seiner Emeritierung 1972 wissen-schaftlich und politisch tätig. Gleichzeitig ist Abendroth mehrere Jahre lang Vorstandsmitglied der »Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer« und der »Deutschen Vereinigung für politische Wissenschaft«.

Abendroth ist nach dem KPD-Verbot 1956 eng in den Versuch einer linkssozialistischen Plattform in der SPD rund um die Zeitschrift Funken eingebunden. Ebenso wie ein Alternativentwurf Abendroths zum Godesberger Programm der SPD (1959) erreicht dieser Versuch nur einen sehr kleinen Personenkreis.3

Abendroth gehört dem Förderverein des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) an, der Studenten-organisation der SPD. Diese guten Beziehungen bestehen auch dann noch fort, als sich der SDS immer stärker am Marxismus orientiert und die SPD deshalb jede Verbindung mit der Organisation abbricht. Daraufhin werden Abendroth und andere Professoren vom Parteivorstand der SPD aufgefordert, ihre Unterstützung für den SDS aufzugeben. Abendroths Ablehnung dieser Forderung führt 1961 zum Ausschluß aus der SPD.

Abendroth gehört in den 1960er Jahren zu den Gründern des Sozialistischen Bundes. In dessen geschäfts-führendem Vorstand ist er der erste Vorsitzende. Zusammen mit Ernst Bloch, Ossip Flechtheim und Erich Kästner ist Abendroth Ende der 1960er Jahre Mitglied des Kuratoriums der Kampagne für Demokratie und Abrüstung – Ostermarsch. Abendroth gilt als ein wichtiger Fürsprecher der studentischen Protestbewegung in den 1960er Jahren, er ist allerdings nie mit revolutionären Bestrebungen einer intellektuellen Minderheit – ohne die Einbindung in die Arbeiter-bewegung – einverstanden.

Im Vorfeld der Bundestagswahlen 1969 bildet sich – ausgehend vom »Gießener Kreis« um Abendroth und Werner Hofmann – als Reaktion auf die Brandtschen Notstandsgesetze die Aktion Demokratischer Fortschritt, die allerdings nur 0,6 Prozent der Stimmen erhält.

1976 ruft Abendroth öffentlich zur Wahl der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) auf – allerdings weniger wegen deren inhaltlicher Ausrichtung, sondern aus Gründen einer »notwendigen Wahrung des verfassungs-politischen Klassengleichgewichts«.

Abendroth hält wegen seiner persönlichen Erfahrungen stets starke und kampfbereite Gewerkschaften, sowie auch eine Partei links von der SPD für die Abwehr reaktionärer Entwicklungen – und erst recht für den politischen und sozialen Fortschritt in der BRD – für notwendig und sinnvoll.4 Dem in der SPD weit verbreiteten »integrationistischen Reformismus« sollte durch Kräfte wie der DKP ein »sozialistischer Reformismus« entgegengesetzt werden.5 Als Anfang der 1980er Jahre einige sozialdemokratische Bundestags-abgeordnete aus Protest gegen die Politik der SPD aus der Partei austreten und die neue Partei Demokratische Sozialisten gründen, unterstützt Abendroth deren Wahlkampf für die Bundestagswahl im März 1983, ebenso die etwas später gegründete Partei Die Friedensliste, die bei den Europawahlen 1984 kandidiert. Auch in den Grünen sieht Abendroth Anfang der 1980er Jahre einen potentiellen Druckpartner von links auf die SPD – und beginnt sich seinerseits in ökologische Fragestellungen zu vertiefen.

1985 stirbt Wolfgang Abendroth im Alter von 79 Jahren in Frankfurt/Main – wenige Jahre vor dem Ende der von ihm stets kritisch betrachteten DDR und der seither zu konstatierenden Bedeutungslosigkeit der bestehenden sozialistischen und kommunistischen Kräfte links von der SPD.

Im Klassenkampf

Wolfgang Abendroth war als politischer Wissenschaftler und wegen seiner Positionen in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik und im internationalen Rahmen (z.B. seine Stellungnahmen gegen die Wiederbewaffnung, gegen das KPD-Verbot, gegen den »Abtreibungsparagraphen« § 218 StGB, gegen den Vietnam-Krieg, gegen den faschistischen Putsch in Chile 1973) immer umstritten, da der von ihm vertretene Marxismus in den Jahren des kalten Krieges als unvereinbar mit dem Grundgesetz und der parlamentarischen Demokratie galt. Für Abendroth war jedoch das Grundgesetz der BRD eine zum Sozialismus hin offene Verfassung. Er hat sich stets gegen konservative und reaktionäre politische und juristische Interpretationen des Grundgesetzes gewandt, die diese Möglichkeit generell verneinten. Dabei sind für Abendroth die rechtsstaatlichen Grundrechte immer Voraussetzung für die Realisierung einer sozialistischen Gesellschaft gewesen.

Abendroth zufolge ist die Verfassungsordnung der BRD wegen der antagonistischen Gesellschaftsstruktur, auf der sie basiert, durch einen fundamentalen Widerspruch geprägt: Sie ist einerseits eines der wichtigsten Mittel zur Stabilisierung der diese Gesellschaft bestimmenden Machtverhältnisse, andererseits ist sie jedoch auch ein Instrument zu ihrer Transformation. Mit anderen Worten: »Die Verfassungsordnung ist weder mit dem kapitalistischen Gesellschaftssystem noch mit dem Staatsapparat unmittelbar identisch. Diese Differenz macht die Substanz einer funktionierenden politischen Demokratie aus.«6 Dieser Einschätzung folgend, wird von Abendroth die rechtstaatlich verfaßte politische Demokratie in der BRD nach 1949 als eine Herrschafts-form verteidigt, die das Transforma-tionsfeld zum Sozialismus offenhält.

Diese Auffassung beruht auf seiner Einschätzung, daß durch den Aufstieg der UdSSR zur Weltmacht nach dem Zweiten Weltkrieg eine völlig neue Situation innerhalb des Systems der internationalen Beziehungen entstanden ist. Die seit Ende des Zweiten Weltkriegs veränderten Bedingungen des Klassenkampfes charakterisiert Abendroth in einem 1981 veröffentlichten Interview folgendermaßen: »Im Jahre 1919 ist aus der Sicht der Arbeiterbewegung die Verwertung von Möglichkeiten, die die bürgerliche Rechtsordnung gewährt, von Fall zu Fall sehr wichtig, aber der Gesamtprozeß einer Transformation in eine spätere sozialistische Gesellschaft ist noch nicht innerhalb dieses Gefüges definierbar. Das ist nach 1945 bei Veränderungen auch der internationalen Gleichgewichts-lage schlicht anders. Die rechtsinterpretative und die rechtswissenschaftliche Betrachtungsweise erhält für die Arbeiterbewegung nun eine neue Dimension. Es geht für die Juristen der Arbeiterbewegung vor 1914, grob formuliert, im wesentlichen nur darum, die Rechtsnormen der bürgerlichen Gesellschaft zu stärken und auszunützen, die für die Arbeiterbewegung als gewährte Konzessionen brauchbar sind, ohne freilich der Illusion zu erliegen, daß von hier aus eine Transformation der gesamten bürgerlichen Gesellschaft überhaupt erreichbar sein könnte; rechtswissenschaftliches Auftreten von Marxisten war hier im wesentlichen praktische Aufgabe des Tages, nicht strategische. In der Gleichgewichtslage nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Situation eine vollständig andere. Man kann jetzt an ein systematisch in sich geschlossenes System rechtswissenschaftlichen Denkens herangehen als strategisches Anleitungsmittel, und das heißt natürlich auf der Basis und in Anerkennung der inzwischen geschaffenen verfassungs-rechtlichen Normen. Typisch dafür ist: Der beste marxistische Rechtswissenschaftstheoretiker der Weimarer Republik, der frühe Karl Korsch, schreibt ein System des Arbeitsrechts und gibt Anleitungen für arbeitsrechtlich richtiges Auftreten von Vertretern der Gewerkschaftsbewegung und auch der politischen Arbeiterbewegung. Aber er kann gar nicht daran denken, etwa ein generelles strategisches Konzept rechts-wissenschaftlichen Denkens bis in das verfassungs-rechtliche Denken hinein zu liefern, weil die realen Voraussetzungen dafür fehlen. Das ändert sich ab 1945, denn jetzt sind die Rechtswissenschaft und das Rechtssystem potentiell transformatorischen Charakters. Es ist vor allem das relative Gleichgewicht zwischen einer (bei allen Mängeln) sozialistischen Weltmacht und den kapitalistischen Staaten, das die Basis dafür bietet.«7

Anmerkungen:

1 Werner Kindt: Dokumentation der Jugendbewegung. Band III: Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933. Die Bündische Zeit. Diederichs, Düsseldorf 1974

2 Wolfgang Abendroth: Historische Funktion und Umfang des Widerstandes der Arbeiterbewegung gegen das Dritte Reich; in: Peter von Oertzen (Hrsg.), Festschrift für Otto Brenner zum 60. Geburtstag, (Europäische Verlagsanstalt), Frankfurt am Main 1967, S. 303–321, S. 316

3 Karljo Kreter: Sozialisten in der Adenauer-Zeit. Die Zeitschrift »Funken«. Von der heimatlosen Linken zur innerparteilichen Opposition in der SPD; Hamburg 1986

4 Vgl. dazu z.B.: Wolfgang Abendroth: Ein Leben in der Arbeiterbewegung: S. 266–269, S. 277–278.

5 Wolfgang Abendroth: Die Europa-Wahlen und das Problem der gegenwärtigen innenpolitischen und weltpolitischen Funktion der westdeutschen Sozialdemokratie, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 1979, Heft 4, S. 407

6 Joachim Perels: Arbeiterklasse, Staat und Verfassung. Materialien zur Verfassungsgeschichte und Verfassungstheorie der Bundesrepublik/Wolfgang Abendroth (Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt/Main 1977, S. 8–9

7 Gespräch mit Wolfgang Abendroth; in: Dialektik, Beiträge zu Philosophie und Wissenschaften [Hrsg. von Bernhard Heidtmann, Hans Heinz Holz und Hans-Jörg Sandkühler], Bd.3, Köln 1981, S. 152–153

Wichtigste Veröffentlichungen von Wolfgang Abendroth:

– Die deutsche Gewerkschaften (1954);

– Bürokratischer Verwaltungsstaat und soziale Demokratie (1955);

– Aufstieg und Krise der deutschen Sozialdemokratie (1964);

– Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung (1965);

– Wirtschaft, Gesellschaft und Demokratie in der Bundesrepublik (1965);

– Das Grundgesetz. Eine Einführung in seine politischen Probleme (1966);

– Ein Leben in der Arbeiterbewegung (1976);

– Geschichte der Arbeiterbewegung (1985).

Im Mai 2006 erscheint der erste Band der Werkausgabe Wolfgang Abendroths: Gesammelte Schriften. Band 1: 1926-1948 (Herausgegeben von Michael Buckmiller, Joachim Perels und Uli Schöler). Offizin-Verlag Hannover, ISBN 3-930345-41-1.

Veröffentlichungen zum Leben und Werk Wolfgang Abendroths:

– Friedrich-Martin Balzer, Hans Manfred Bock, Uli Schöler (Hrsg.): Wolfgang Abendroth. Wissenschaftlicher Politiker. Bio-bibliographische Beiträge, Leske + Budrich, Opladen 2001

– Andreas Diers: Arbeiterbewegung – Demokratie – Staat, Wolfgang Abendroth – Leben und Werk 1906-1948, VSA-Verlag Hamburg 2006

– Peter Römer: Recht und Demokratie bei Wolfgang Abendroth; VAG, Marburg 1986

Aus: Junge Welt, 2.5.2006

 

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