1. Das bewusst beschädigte Ansehen der Wissenschaft ist wieder hergestellt.
Mindestens seit dem pessimistischen Gutachten „Global 2000“ aus dem Jahr 1980 und erst recht in der Diskussion um den Klimawandel wurde viel Kapital und viel Hirn eingesetzt, um das Ansehen von Wissenschaftlern zu untergraben, deren Erkenntnisse die Freiheit des kapitalistischen Eigentums indirekt in Frage stellten.
In der Corona-Krise folgen mittlerweile alle Regierungen mehr und minder dem Rat der Mediziner, Virologen und Epidemologen. Wo Regierungen das zunächst nicht und nur sehr zögerlich taten, beschädigte das das Vertrauen in die herrschende Klasse.
Alle Leute hoffen nun auf die schnelle Entwicklung eines Impfstoffs. Das ist die Aufgabe des Kollektivs der Wissenschaftler. Die Politikerklasse ist dabei ebenso hilfloser Zuschauer wie wir alle.
2. Der Kapitalismus stellt sich als Schön-Wetter-Picknick heraus.
Die Kapitalisten sind Kaiser ohne Kleider. Angeblich werden im Kapitalismus alle immer reicher, leben immer länger und immer gesünder. Das traf selbst in der kapitalistischen Kernzone allenfalls für eine Minderheit zu.
Angeblich sorgen die Kapitalisten, indem sie nach Profit jagen, für unser aller Lebensunterhalt und unser Wohl. R@iner hat diese Lüge im Feynsinn-Blog treffend auf die Formel gebracht: Der Kapitalismus bietet „den Leuten fußballfeldgroße Fernseher an..., obwohl gerade Atemmasken gebraucht würden. Warum gibt es die nicht? Die Herstellung hat sich nicht ‚gelohnt‘.“
Es fehlen aber nicht nur Atemschutzmasken, Testmaterial und Testkapazitäten, sondern auch Krankenhausbetten, Intensivstationen, Beatmungsgeräte, Ärzte, Krankenpfleger. Die Krise des Gesundheitswesens kommt nicht einfach von Privatisierungen. Egal ob die Krankenhäuser private oder öffentliche Träger haben, sobald sie der kapitalistischen Effektivität und Profitlogik unterworfen werden, bleiben für Notfälle kein Geld und keine Kapazitäten. Auch unser Gesundheitswesen ist eine Schön-Wetter-Veranstaltung.
3. Die Kapitalisten präsentieren sich jetzt als Opfer unverschuldeter Umstände.
Die ökonomische Krise des Kapitalismus hat jedoch eine lange Vorgeschichte. Kritische Ökonomen schätzen, dass gegenwärtig rund 30 Prozent aller Unternehmen und Unternehmer nur durch die extrem niedrige Zinspolitik der Notenbanken künstlich am Leben erhalten werden. Das ist ablesbar an einer Unternehmensverschuldung, die inzwischen höher ist, als vor der Krise von 2008. Die überschuldeten Unternehmen und Unternehmer können – genau wie der Staat – nur noch die Zinsen bedienen. An eine Rückzahlung der Schuldensumme ist nicht zu denken.
Diese künstliche Schuldenblase soll durch öffentliche Gelder noch weiter aufgeblasen werden. Das wird in dem kommenden wirtschaftlichen Einbruch nicht mehr viel helfen. Die Kapitalisten nutzen aber die Corona-Krise um sich als Opfer unverschuldeter Umstände darzustellen. In Hannover hatte der Großbäckerei-Kapitalist Bosselmann vor laufender Kamera sogar ein paar Tränen verdrückt. Intern drohte er anschließend seinen Angestellten mit Kündigung, falls sie sich „leichtsinnig“ mit dem Corona-Virus ansteckten.
4. Bisher tun unsere Politiker noch so, als könnten sie beides tun: Unternehmen retten und Menschenleben retten.
Ich bin sicher, je mehr sich die Krise zuspitzt, desto mehr tritt die Rettung des Kapitals in den Vordergrund. Für die Sterbenden und ihre Angehörigen bleiben dann noch Krokodilstränen und mitfühlende Worte.
Wal Buchenberg, 23. März 2020
Meine Ergänzung im Jahr 2021:
Spätestens mit dem zweiten Lockdown über Weihnachten ist klar: Die "Wirtschaft" soll um jeden Preis gerettet werden. Der Lockdown trifft nur die Erholungszeit und die Erholungsindustrie der Lohnabhängigen. Die Rettung von Menschenleben steht nicht im Vordergrund. Im Vordergrund stehen die Kapazitäten der Intensivstationen.