1932
In der Wirtschaftskrise 1929 hatte die KPD ihre Mitgliederzahl auf rund 300.000 verdreifacht. Diese neuen Mitglieder waren großenteils männlich, jung und arbeitslos. Die KPD sah in ihren Mitgliedern das „proletarische Lager“, nicht in der Gesamtheit der Lohnabhängigen. Die KPD machte keinen wesentlichen Unterschied zwischen einzelnen politischen Strömungen der Weimarer Republik. Der legale Rahmen der parlamentarischen Demokratie war für die KPD nicht verteidigungswert. Ihre Taktik zielte darauf, das eigene Lager auf Kosten anderer Strömungen wachsen zu lassen. Scheinbar war die KPD zwischen 1928 und 1933 damit erfolgreich. Auf den erst parteimäßig und dann auch staatlich organisierten Terror der Nationalsozialisten waren die KPD-Mitglieder weder theoretisch noch praktisch vorbereitet. Die KPD sah nicht, dass es beim Kampf gegen den Faschismus nicht nur um Rechtsstaat und Parlament, sondern auch um alle Arbeiterrechte und nicht zuletzt um die Verhinderung eines erneuten Krieges in Europa ging. Der Holocaust war wohl nicht vorhersehbar. Den Massenmord an Juden hatten 1933 selbst die aristokratisch-antisemitischen späteren Attentäter des Juli 1944 nicht erwartet.
1933
Am 30. Januar 1933 rief die KPD ohne Absprache mit der SPD zum Generalstreik gegen die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler auf – so gut wie ohne Resonanz. Noch in der Nacht des Reichstagsbrand am 28. Februar wurden die ersten KPD- und SPD-Funktionäre verhaftet und in die Folterkeller der SA geschleppt. Im März 1933 wurden allein im Ruhgebiet 7.300 KP- und SPD-Funktionäre inhaftiert. Viele von ihnen wurden gefoltert, etliche umgebracht. Um ihre linke Anhängerschaft einzuschüchtern, wurden Folterungen und Morde nicht vertuscht, sondern die Opfer öffentlich präsentiert. „Wir haben nicht eher Ruhe, bis die letzte Zeitung vernichtet ist, die letzte Organisation erledigt ist, die letzte Bildungsstätte beseitigt ist und der letzte Marxist bekehrt oder ausgerottet ist.“ Adolf Hitler, zit. n. Broszat, M.: Anatomie des SS-Staates, Bd. 2: 16.
In dieser ersten Verfolgungswelle konnte die KPD einige führende Kader retten. Ihr Ziel war, eine geheime Kommandostruktur von oben nach unten aufzubauen. Im Ruhrgebiet war die Zahl der Mitglieder von Februar = 26.000 auf 1.000 im März 1933 geschrumpft. Alle Aktivitäten der KPD
waren auf eine nur kurze Dauer der Nazi-Herrschaft berechnet. Die KP-Führung forderte von ihren Anhängern „Massendemonstrationen“ und „Massenstreiks“. Deren Aussichts- und Erfolglosigkeit verstärkte die allgemeine Resignation unter den Nazi-Gegnern.
1934
Die KP-Führung erkannte immer noch nicht die Schwere der linken Niederlage und glaubte immer noch an einen baldigen „revolutionären Aufschwung“. Es gab vielleicht noch 30.000 illegale Beitragszahler der KPD in Deutschland. Die KPD blieb eine Funktionärspartei und die Parteibasis blieb bis zuletzt Adressat und Empfänger von Direktiven von Oben. Aber die dorfähnliche Enge der Arbeiterwohngebiete erschwerte mehr noch als staatliche Überwachung und Verfolgung das illegale Überleben der Kommunisten in Nazideutschland. Darüber hinaus erleichterten sowohl die überoptimistische Lagebeurteilung und die zentralistische und der Gestapo bekannte Organisationsstruktur der KP die Entdeckung und Zerschlagung der illegalen Organisationen.
1935
Bis 1935 wurden über ein Million Menschen in SA-Folterkeller, KZs und Zuchthäuser eingesperrt, die große Mehrzahl davon sozialdemokratische und kommunistische Linke. Die KPD wurde von den Nazis nicht „zerschlagen“, sondern im Laufe von der Jahre Stadt für Stadt allmählich aufgerieben. Ab 1935 existierte die KPD nicht mehr als einheitliche Widerstandsorganisation. Was blieb, waren zersplitterte Widerstandsnester, die von der Führung in Moskau nicht mehr zusammengefügt werden konnten. Der Widerstand der KPD wurde bis 1945 weniger durch großflächige Kollektive, als durch Einzelpersonen und lokale Widerstandsgruppen bestimmt.
Wal Buchenberg, 12.12.2017