Gebrauchswert

 

1. Gebrauchswert ist die Summe der nützlichen Eigenschaften, die uns ein Ding oder eine Dienstleistung in ihrem Gebrauch leistet

Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität. Jedes solches Ding ist ein Ganzes vieler Eigenschaften und kann daher nach verschiedenen Seiten nützlich sein. Diese verschiedenen Seiten und daher die mannigfachen Gebrauchsweisen der Dinge zu entdecken ist geschichtliche Tat. ... Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. ... Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. ... Der Gebrauchs­wert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftli­che Form sei. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 49f.

Der Gebrauchswert drückt die Naturbeziehung zwischen Dingen und Menschen aus, tatsächlich das Dasein der Dinge für den Menschen. K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 291.

Man schmeckt dem Weizen nicht an, wer ihn gebaut hat, ein russischer Leibeigener, ein französischer Kleinbauer oder ein englischer Kapitalist. Obgleich Gegenstand gesellschaftlicher Bedürfnisse und daher in gesellschaftlichem Zusammenhang, drückt der Gebrauchswert jedoch kein gesellschaftliches Produktionsverhältnis aus. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 16.

Dass die Ware Gebrauchswert hat, heißt nur, dass sie irgendein ge­sell­schaft­liches Bedürfnis befriedigt. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 194.

 

2. Hervorgebracht werden Gebrauchswerte
durch nützliche Arbeit

Wo ihn das Kleidungsbedürfnis zwang, hat der Mensch jahrtausendelang geschneidert, bevor aus einem Menschen ein Schneider wurde. Aber das Dasein von Rock, Leinwand, jedem nicht von Natur vorhandenen Element des stofflichen Reichtums, musste immer vermittelt sein durch eine spezielle, zweckmäßig produktive Tätigkeit, die besondere Naturstoffe besonderen menschlichen Bedürfnissen assimiliert. ...

Die Gebrauchswerte Rock, Leinwand usw., ... sind Verbindung von zwei Elementen, Naturstoff und Arbeit. Zieht man die Gesamtsumme aller verschiedenen nützlichen Arbeiten ab, die in Rock, Leinwand usw. stecken, so bleibt stets ein materielles Substrat zurück, das ohne Zutun des Menschen von Natur vorhanden ist. Der Mensch kann in seiner Produktion nur verfahren, wie die Natur selbst, d. h. nur die Formen der Stoffe ändern. Noch mehr. In dieser Arbeit der Formung selbst wird er beständig unterstützt von Naturkräften.

Arbeit ist also nicht die einzige Quelle der von ihr produzierten Gebrauchswerte, des stofflichen Reichtums. Die Arbeit ist sein Vater, wie William Petty (engl. Ökonom) sagt, und die Erde seine Mutter. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 57f.

Arbeit, sofern sie einen Gebrauchsgegenstand schafft oder eine Dienstleistung hervorbringt, ist eine bestimmte Art produktiver Tätigkeit. Sie ist bestimmt durch ihren Zweck, Operationsweise, Gegenstand, Mittel und Resultat. Die Ar­beit, deren ... Produkt ein Gebrauchswert ist, nennen wir kurzweg nützliche Ar­beit. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 56.

Von der Arbeit, soweit sie Gebrauchswerte hervorbringt, ist es falsch zu sagen, das sie einzige Quelle des von ihr hervorgebrachten ... stofflichen Reichtums sei. Da sie die Tätigkeit ist, das Stoffliche für diesen oder jenen Zweck anzueignen, bedarf sie des Stoffes als Voraussetzung.

In verschiedenen Gebrauchswerten ist die Proportion zwischen Arbeit und Naturstoff sehr verschieden, aber stets enthält der Gebrauchswert ein natürliches Substrat.

Als zweckmäßige Tätigkeit zur Aneignung des Natürlichen in einer oder der anderen Form ist die Arbeit Naturbedingung der menschlichen Existenz, eine von allen sozialen Formen unabhängige Bedingung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13,23.

Als Bildnerin von Gebrauchswerten, als nützliche Arbeit, ist die Arbeit daher eine von allen Gesellschaftsformen unabhängige Existenzbe-dingung des Men­schen, ewige Naturnotwendigkeit, um den Stoffwechsel zwischen Mensch und Natur, also das menschliche Leben zu vermitteln. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 57.

 

3. Gebrauchswert und Tauschwert

konkret-nützliche und abstrakt-wertschaffende Arbeit

Der Arbeitsprozess, wie wir ihn in seinen einfachen und abstrakten Momenten dargestellt haben, ist zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von Gebrauchswer­ten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse, allgemeine Bedin­gung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur, ewige Naturbedingung des menschlichen Lebens und daher unabhängig von jeder Form dieses Lebens, viel­mehr allen seinen Gesellschaftsformen gleich gemeinsam. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 198.

In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform des Kapitalismus bilden die Gebrauchswerte zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 50.

Die Arbeit, damit sie Ware produziert, muss nützliche Arbeit sein, einen Gebrauchs­wert produzieren, sich in einem Gebrauchswert darstellen. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 376.

Ursprünglich erschien uns die Ware als ein Zwiespältiges, Gebrauchs-wert und Tausch­wert. Später zeigte sich, dass auch die Arbeit, soweit sie im Wert ausge­drückt ist, nicht mehr dieselben Merkmale besitzt, die ihr als Erzeugerin von Ge­brauchs­werten zukommen. Diese zwiespältige Natur der in der Ware enthalte­nen Arbeit ist zuerst von mir kritisch nachgewiesen worden. Da dieser Punkt der Springpunkt ist, um den sich das Verständnis der politischen Ökonomie dreht, soll er hier näher beleuchtet werden. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 56.

Alle Arbeit ist einerseits Verausgabung menschlicher Arbeitskraft im physiolo­gischen Sinn, und in dieser Eigenschaft gleicher menschlicher oder abstrakt menschlicher Arbeit bildet sie den Warenwert. Alle Arbeit ist andererseits Ver­aus­gabung menschlicher Arbeitskraft in besonderer zweckbestimmter Form, und in dieser Eigenschaft konkreter nützlicher Arbeit produziert sie Gebrauchswerte. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 61.

Bei der nützlichen, Gebrauchswerte schaffenden Arbeit handelt es sich um das Wie und Was der Arbeit, bei der wertbildenden Arbeit um ihr Wieviel, ihre Zeitdauer. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 60.

Der Gebrauchswert drückt die Naturbeziehung zwischen Dingen und Menschen aus, tatsächlich das Dasein der Dinge für den Menschen. Der Tauschwert ist eine später mit der gesellschaftlichen Entwicklung, die ihn schuf auf das Wort Wert = Gebrauchswert gepfropfte Bedeutung. Der Tauschwert ist das gesellschaftliche Dasein der Dinge. K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 291.

Siehe auch die Artikel: Abstrakte Arbeit, Tauschwert, Ware

 

3.1. Größe des Gebrauchswerts und Größe des Tauschwerts sind voneinander unabhängige Größen

Der Gebrauchswert der Sache ist in der Tat ihre eigene virtus (Qualität), während ihr Tauschwert ganz unabhängig von ihren sachlichen Qualitäten ist. K. Marx, Theorien über den Mehrwert III, MEW 26.3, 291.

So ist der Gebrauchswert überhaupt Träger des Tauschwerts, aber nicht seine Ursache. Derselbe Gebrauchswert, könnte er ohne Arbeit verschafft werden, hätte keinen Tauschwert, behielte aber nach wie vor seine natürliche Nützlichkeit als Gebrauchswert. Andererseits aber hat ein Ding keinen Tauschwert ohne Gebrauchswert, also ohne solchen natürlichen Träger der Arbeit. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 660.

Die Erhöhung der Arbeitsproduktivität erhöht die Größe bzw. Menge der Gebrauchswerte, nicht aber die Größe des Warenwerts:

Verglichen mit einer gleich großen Summe vereinzelter individueller Arbeitsta­ge, produziert der kombinierte Arbeitstag größere Massen von Gebrauchswert und vermindert daher die zur Produktion eines bestimmten Nutzeffekts nötige Arbeitszeit. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 348.

Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehen wir hier überhaupt eine Veränderung im Arbeitsprozess, wodurch die zur Produktion einer Ware gesell­schaftlich nötige Arbeitszeit verkürzt wird, eine kleinere Menge Arbeit also die Kraft erwirbt, eine größere Menge Gebrauchswert zu produzieren. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 333.

Siehe den Artikel: Arbeitsproduktivität

 

3.2. Abgrenzungen

3.2.1. Etwas enthält keine Arbeit, ist aber Gebrauchswert, ohne Warenwert zu sein: Ein Ding kann Gebrauchswert sein, ohne Wert zu sein. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 55. Dies ist der Fall, weil es keine Arbeit enthält wie Luft, wildwachsendes Obst etc.

3.2.2. Etwas enthält Arbeit, aber keinen Tauschwert, weil es keinen Gebrauchswert hat: Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein. Ist es nutzlos, so ist auch die in ihm enthaltene Arbeit nutzlos ... und bildet daher keinen Wert. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 55. Dies trifft z. B. auf Ausschuss zu.

Wert, von seiner nur symbolischen Darstellung im Wertzeichen abgesehen, exis­tiert nur in einem Gebrauchswert, einem Ding. ... Geht daher der Gebrauchs­wert verloren, so geht auch der Wert verloren. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 217.

Waren sind von Natur vergänglich. Gehen sie also innerhalb gewisser Frist nicht in die produktive oder individuelle Konsumtion ein ... werden sie, in anderen Worten, nicht in bestimmter Zeit verkauft, so verderben sie und verlieren mit ih­rem Gebrauchswert die Eigenschaft, Träger des Tauschwerts zu sein. Der in ih­nen enthaltene Kapitalwert ... geht verloren. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 130.

3.2.3. Etwas enthält Arbeit und hat Gebrauchswert, ist aber keine Ware: Ein Ding kann nützlich und Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 55. Dies ist der Fall, wenn es für den Eigenbedarf und nicht für den Verkauf, d. h. den Austausch gemacht worden ist.

Um Ware zu werden muss das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 55.

3.2.4. Ebenso wie die Arbeit zur Herstellung von Gegenständen schafft die Arbeit für Dienstleistungen Gebrauchswert und Tauschwert:

Es sind Dienste, die als solche Dienste einen Gebrauchswert und infolge ihrer Produktionskosten auch einen Tauschwert haben. In Konsumartikeln gerechnet besteht jeden Augenblick auf dem Markt neben den in Gegenständen existierenden Konsumartikeln eine be-stimmte Menge als Dienstleistungen existierender Konsumartikeln. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 139.

Für den Produzenten dieser Dienste sind diese Dienstleistungen Waren. Sie haben einen bestimmten Gebrauchswert (eingebildeten oder wirklichen) und einen bestimmten Tauschwert. Für den Käufer aber sind diese Dienste bloße Gebrauchswerte, Gegen­stände, worin er seine Mittel zum Lebensunterhalt konsumiert. K. Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW 26.1, 128.

 

4. Gebrauch ist produktiver oder konsumtiver Verbrauch

... Der Gebrauchswert von Dingen verwirklicht sich nur in ihrer Konsumtion ... K. Marx, Kapital II, MEW 24, 151.

Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 50.

Ob ein Produkt als Ware oder nicht als Ware produziert wird, es ist stets stoffli­che Gestalt von Reichtum, Gebrauchswert, bestimmt, in die individuelle oder pro­duktive Konsumtion einzugehen. K. Marx, Kapital II, MEW 24, 137.

Produktive Konsumtion ist der zweckgerichtete Verbrauch in der Produktion:

 ... Durch das Spinnen, Weben, Schmieden werden die Produktions-mittel, Baumwolle und Spindel, Garn und Webstuhl, Eisen und Amboss, zu Bildungselementen eines Produkts, eines neuen Gebrauchswerts.

Die alte Form ihres Gebrauchswerts vergeht, aber nur um in einer neuen Form von Gebrauchswert aufzugehen. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 215.

Wenn ein Gebrauchswert als Produkt aus dem Arbeitsprozess herauskommt, ge­hen andere Gebrauchswerte, Produkte früherer Arbeitsprozesse, als Produktions­mittel in ihn ein. Derselbe Gebrauchs-wert, der das Produkt dieser Arbeit ist, bildet das Pro­duktionsmittel jener Arbeit. Produkte sind daher nicht nur Resultat, son­dern zugleich Bedingung des Arbeitsprozesses. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 196.

Ob ein Gebrauchswert als Rohmaterial, Arbeitsmittel oder Produkt erscheint, hängt ganz und gar ab von seiner bestimmten Funktion im Arbeitsprozesse, von der Stelle, die er in ihm einnimmt, und mit dem Wechsel dieser Stelle wechseln jene Bestimmungen. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 197.

Siehe auch die Artikel:

Konsum

Produktionsmittel

 


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Zur Zitierweise:

Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396.

Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.