Konsum
„... Wie am ersten Tag
seiner Erscheinung auf der Erdbühne, muss der Mensch noch jeden Tag
konsumieren, bevor und während er produziert.“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 183. 1. Produktive und
individuelle Konsumtion der Lohnarbeiter „Die
Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst
konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie
in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschossenen Kapitals. Dies
ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion
seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat.
Andererseits
verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in
Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und
die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In
der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem
Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet
Lebensfunktionen außerhalb des Produktions-prozesses. Das Resultat der
einen ist das Leben des Kapitalisten, das der anderen ist das Leben des
Arbeiters selbst. Bei Betrachtung des ‚Arbeitstags‘ usw. zeigte sich ..., dass der Arbeiter oft gezwungen ist, seine individuelle Konsumtion zu einem bloßen Zusatz des Produktionsprozesses zu machen. In diesem Fall setzt er sich Lebensmittel zu, um seine Arbeitskraft im Gang zu halten, wie der Dampfmaschine Kohle und Wasser, dem Rad Öl zugesetzt wird. Seine Konsumtionsmittel sind dann bloße Konsumtionsmittel eines Produk-tionsmittels, seine individuelle Konsumtion direkt produktive Konsum-tion.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 596f. „Die
Arbeit verbraucht ihre stofflichen Elemente, ihren Gegenstand und ihr
Mittel, verspeist dieselben und ist also
Konsumtionsprozess. Diese
produktive Konsumtion unterscheidet sich dadurch von der individuellen
Konsumtion, dass letztere die Produkte als Lebensmittel des lebendigen
Individuums, erstere sie als Lebensmittel der Arbeit, seiner sich
betätigenden Arbeitskraft, verzehrt. Das Produkt der individuellen Konsumtion ist daher der Konsument selbst, das Resultat der produktiven Konsumtion ein vom Konsumenten unterschiedenes Produkt.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 198. „Wenn
der Kapitalist einen Teil seines Kapitals in Arbeitskraft umsetzt,
verwertet er damit sein Gesamtkapital. Er schlägt zwei Fliegen mit einer
Klappe. Er profitiert nicht nur von dem, was er vom Arbeiter
empfängt, sondern auch von dem, was er ihm gibt. Das im Austausch gegen
Arbeitskraft veräußerte Kapital wird in Lebensmittel verwandelt, deren
Konsumtion dazu dient, Muskel, Nerven, Knochen, Hirn vorhandener
Arbeiter zu reproduzieren und neue Arbeiter zu zeugen. Innerhalb der
Grenzen des absolut Notwendigen ist daher die individuelle Konsumtion der
Arbeiterklasse Rückverwandlung der vom Kapital gegen Arbeitskraft
veräußerten Lebensmittel in vom Kapital neu ausbeutbare Arbeitskraft. Sie ist
Produktion und Reproduktion des dem Kapitalisten unentbehr-lichsten
Produktionsmittels, des Arbeiters selbst. Die
individuelle Konsumtion des Arbeiters bleibt also ein Moment der
Produktion und Reproduktion des Kapitals, ob sie innerhalb oder
außerhalb der Werkstatt, Fabrik usw., innerhalb oder außerhalb des
Arbeitsprozesses vorgeht, ganz wie die Reinigung der Maschine ein Moment der Produktion und
Reproduktion des Kapitals bleibt, ob sie während des Arbeitsprozesses
oder bestimmter Pausen desselben geschieht. Es tut nichts zur Sache, dass der Arbeiter seine individuelle Konsumtion sich selbst und nicht dem Kapitalisten zuliebe vollzieht. So bleibt der Konsum des Lastviehs nicht minder ein notwendiges Moment des Produktionsprozesses, weil das Vieh selbst genießt, was es frisst.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 597. „Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideologe, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse nötig ist, also in der Tat verzehrt werden muss, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 598. „Würde
die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und
daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verur-sachen
ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das
zusätzliche Kapital unproduktiv
konsumiert. In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 598. „Von
gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb
des unmittelbaren Produktionsprozesses, ebenso sehr Zube-hör des Kapitals
als das tote Arbeitsinstrument. ... Der
römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare
Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird
durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und den rechtlichen Schein des Kontrakts
aufrechterhalten. Früher
machte das Kapital, wo es ihm nötig erschien, sein Eigentums-recht auf den
freien Arbeiter durch Zwangsgesetz geltend. So war z. B. die Emigration
der Maschinenarbeiter in England bis 1815 bei schwerer Strafe verboten.“
K. Marx,
Kapital I, MEW 23, 599. Anmerkung: In den Ländern des Sowjetsystems wurde durch Ausreiseverbote etc. sichergestellt, dass die Arbeiter auch im Sowjetsystem nicht sich selbst, sondern den Planungsbürokraten und dem Staat gehörten. 2. Privater Konsum
aller Gesellschaftsklassen 2.1. Notwendiger
Konsum und Luxuskonsum „Was den Fonds
angeht, woraus die Kapitalisten und Grundbesitzer ihren
Lebensunterhalt ziehen, andererseits der Fonds, woraus die
Arbeiter ihn ziehen, so ist zunächst das Gesamtprodukt der
Konsum-güterindustrie dieser gemeinsame Fonds. Ein großer Teil der
Produkte, die in die Konsumtion der Kapitalisten und Grundbesitzer
eingehen, geht nicht in die Konsumtion der Arbeiter
ein. Andererseits gehen ...
tatsächlich mehr oder minder alle Produkte, die in die Konsumtion der
Arbeiter eingehen, auch in die der Grundbesitzer und Kapitalisten, ihre
Dienstleute, Schmarotzer, Hunde und Katzen eingerechnet, ein.
... Das Wichtige ist,
welche jeweiligen Anteile jede der Partien aus diesem gemeinschaftlichen
Fonds ziehen. ... Es folgt daraus nicht, dass der Fonds, woraus die
Arbeiter ihre Revenue ziehen, absolut vermindert wird, sondern nur
relativ im Verhältnis zum Gesamtergebnis ihrer Produktion. Und das
ist das einzige Wichtige zur Bestimmung des Anteils, den sie von
dem von ihnen selbst geschaffenen Reichtum sich aneignen.“ K. Marx,
Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 567. „Die
Konsumgüterindustrie besteht aus den
mannigfaltigsten Industrie-zweigen, die aber – mit Bezug auf
ihre Produkte – in zwei große Unterabteilungen zerfällt werden
können: a)
Konsumtionsmittel, die in den Konsum der Arbeiterklasse eingehen und,
soweit sie notwendige Lebensmittel, wenn auch oft der Qualität und
dem Wert nach verschieden von denen der Arbeiter, auch einen Teil der
Konsumtion der Kapitalistenklasse bilden. Diese ganze Unterabteilung
können wir für unseren Zweck zusammenfassen unter der Rubrik: Notwendige Konsumtionsmittel,
wobei es ganz gleichgültig, ob ein solches Produkt, wie z. B. Tabak, vom
physiologischen Standpunkt aus ein notwendiges Konsumtionsmittel ist oder
nicht; genug, dass es gewohnheitsmäßig ein solches ist. b) Luxus-Konsumtionsmittel, die nur
in den Konsum der Kapitalistenklasse eingehen, also nur gegen
verausgabten Mehrwert umgesetzt werden können, der dem Arbeiter nie
zufällt.“ K. Marx,
Kapital II, MEW 24, 402. „… unter Luxusprodukt
ist hier alle Produktion zu verstehen, die nicht zur Reproduktion der
Arbeitskraft nötig ist.“ K. Marx,
Kapital III, MEW 25, 116. „Luxus ist
Gegensatz zum Naturnotwendigen. Notwendige Bedürfnis-se sind die
des Individuums, reduziert selbst auf ein Natursubjekt. Die Entwicklung
der Industrie hebt diese Naturnotwendigkeit, wie jenen Luxus auf – in der
bürgerlichen Gesellschaft allerdings nur gegen-sätzlich, indem sie
selbst wieder nur bestimmten gesellschaftlichen Maßstab als den
notwendigen gegenüber dem Luxus setzt.“ K. Marx,
Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. Das „was früher als Luxus erschien, (ist) nun notwendig ... und so genannte Luxusbedürfnisse z. B. (erscheinen) als Notwendigkeit ...“. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. „Unsere Bedürfnisse und Genüsse entspringen aus der Gesellschaft; wir messen sie daher an der Gesellschaft; wir messen sie nicht an den Gegenständen ihrer Befriedigung. Weil sie gesellschaftlicher Natur sind, sind sie relativer Natur.“ K. Marx, Lohnarbeit und Kapital, MEW 6, 412. „Die verschiedene Gestaltung des materiellen Lebens ist natürlich jedes Mal abhängig von den schon entwickelten Bedürfnissen, und sowohl die Erzeugung wie die Befriedigung dieser Bedürfnisse ist selbst ein historischer Prozess ...“ K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 71. „Je mehr die selbst geschichtlich – durch die Produktion selbst erzeugten Bedürfnisse, die gesellschaftlichen Bedürfnisse – ... als notwendig gesetzt sind, umso höher ist der wirkliche Reichtum entwickelt. Der Reichtum besteht stofflich betrachtet nur in der Mannigfaltigkeit der Bedürfnisse.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 426. 2.2. Konsum der
Lohnarbeiter Die Höhe des Lohns und damit die Reichhaltigkeit des Konsums
ist sehr verschieden je nach Qualifikation der Lohnarbeit und je nach dem
Entwicklungsstand eines Landes. Der Reallohn, der „wirkliche Lohn ..., sind ... die dem Arbeiter zur Verfügung gestellten Lebensmittel“. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 584. „Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnitts-arbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt ist der Wert dieser Masse. Zwei andere Faktoren gehen in die Wert-bestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andererseits ihre Natur-differenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 542. Der
Lohnarbeiter „ist aber nicht an
besondere Gegenstände seines Konsums, noch an eine besondere Weise
der Befriedigung gebunden. Er ist nicht qualitativ vom ... Kreis
der Genüsse ... ausgeschlossen, sondern nur quantitativ. Dies
unterscheidet ihn vom Sklaven, Leibeigenen etc. ... Soviel kann indes nebenbei bemerkt werden ..., dass die relative, nur quantitative, nicht qualitative, und nur durch die Quantität gesetzte qualitative Beschränkung des Kreises der Genüsse der Arbeiter ihnen auch als Konsumenten ... eine ganz andere Wichtigkeit als Agenten der Produktion gibt, als die die sie z. B. in der antiken Zeit oder im Mittelalter oder in Asien besitzen oder besaßen.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 194. „Der Lebensstandard kann für verschiedene Schichten der Arbeiter sehr verschieden sein. Das große Verdienst der Gewerkschaften in ihrem Kampf um Erhöhung der Löhne und Verringerung der Arbeitszeit besteht darin, dass sie danach streben, den Lebensstandard zu erhalten und zu heben.“ F. Engels, Lohnsystem, MEW 19, 252. „Infolge steigenden Arbeitslohns wird namentlich die Nachfrage der Arbeiter nach notwendigen Lebensmitteln wachsen. In einem geringeren Grad wird ihre Nachfrage nach Luxusartikeln zunehmen oder sich Nachfrage einstellen für Artikel, die früher nicht in den Bereich ihrer Konsumtion fielen.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 340. „Übrigens, wenn ein Teil der Arbeiter verhungert, mag ein anderer Teil sich besser nähren, besser kleiden, ebenso die unproduktiven Arbeiter und die Mittelstufen zwischen Arbeiter und Kapitalist.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 563. 2.2.1. Was
Lohnarbeiter sparen, sparen sie für die
Kapitalisten „Der Arbeiter soll sparen ..., so dass sie im Alter, oder wenn Krank-heiten, Krisen etc. dazwischen kommen, nicht den Armenhäusern, dem Staat, dem Bettel (in einem Wort der Arbeiterklasse selbst und namentlich nicht den Kapitalisten zur Last fallen und auf deren Tasche vegetieren), also sparen für die Kapitalisten; ihre Produktionskosten für dieselben vermindern.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 196. „... (und der Anteil, den der Arbeiter an höheren, auch geistigen Genüssen, nimmt, die Agitation für seine eigenen Interessen, Zeitungen halten, Vorlesungen hören, Kinder erziehen, Geschmack entwickeln etc., sein einziger Anteil an der Zivilisation, der ihn vom Sklaven scheidet, ist ökonomisch nur dadurch möglich, dass er den Kreis seiner Genüsse in den guten Geschäftszeiten erweitert, also in den Zeiten, wo Sparen zu einem gewissen Grade möglich).“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 197. „Nebenbei: Der Herr
Kapitalist, wie seine Presse, ist oft unzufrieden mit der Art, wie die
Lohnarbeiter ihr Geld verausgaben,... Bei dieser Gelegenheit philosophiert, kulturschwatzt und philanthro-pisiert er wie z. B. ... dieser Zeitungsartikel, worin es unter anderem heißt: ‚Die Arbeiter haben in der Kultur nicht Schritt gehalten mit dem Fortschritt der Erfindung; es sind ihnen Massen von Gegenständen zugänglich geworden, die sie nicht zu gebrauchen wissen und für die sie also keinen Markt schafften.‘ (Jeder Kapitalist wünscht natürlich, dass der Arbeiter seine Ware kaufen soll.)“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 510. „Übrigens ... verlangt jeder Kapitalist zwar, dass seine Arbeiter sparen sollen, aber nur seine, weil sie ihm als Arbeiter gegenüberstehen; beileibe nicht die übrige Welt der Arbeiter, denn sie stehen ihm als Konsumenten gegenüber. Trotz aller ‚frommen‘ Redensarten sucht er daher alle Mittel auf, sie zum Konsum anzuspornen, neue Reize seinen Waren zu geben, neue Bedürfnisse ihnen anzuschwatzen etc. Es gerade diese Seite des Verhältnisses von Kapital und Arbeit, die ein wesentliches Zivilisationsmoment ist, und worauf die historische Berechtigung, aber auch die gegenwärtige Macht des Kapitals beruht.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 198. „Der Lohnarbeiter im
Unterschied zum Sklaven ist selbst ein selb-ständiges Zentrum der
Zirkulation, ein Austauschender ... Erstens durch den Austausch
zwischen dem Teil des Kapitals, der als Lohn bestimmt ist und dem
lebendigen Arbeitsvermögen ... Zweitens: Mit Ausnahme seiner
eigenen Arbeiter erscheint jedem Kapitalisten gegenüber die Gesamtmasse
aller anderen Arbeiter nicht als Arbeiter, sondern als Konsumenten;
Besitzer von Tauschwerten (Lohn), Geld, das sie gegen seine Ware
austauschen. ... Sie bilden einen proportional sehr großen Teil ... der Konsumenten. ... Aber das Verhältnis jedes Kapitalisten zu seinen Arbeitern ist das Ver-hältnis überhaupt von Kapital und Arbeit, das wesentliche Verhältnis.“ K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 322. „Die mehr oder minder günstigen Umstände, worin sich die Lohnarbeiter erhalten und vermehren, ändern ... nichts am Grund-charakter der kapitalistischen Produktion.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 641. 2.2.2. Lohnarbeiter
produzieren mehr als sie konsumieren, „... Der Arbeitslohn ist in Wirklichkeit ... die Aneignung eines Teils des Arbeitsprodukts durch jene, die es produziert haben.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 381. „Der einzelne Arbeiter
... produziert zwar nicht direkt die Produkte, von denen er lebt
... aber er produziert Ware vom Wert seiner Lebensmit-tel,
oder er produziert den Wert seiner
Lebensmittel. D. h. also, wenn
wir seinen täglichen Durchschnittskonsum betrachten: Die Arbeitszeit, die
in den täglichen Lebensmitteln enthalten ist, bildet einen Teil
seines Arbeitstages. Er arbeitet einen Teil des Tages, um
den Wert seiner Lebensmittel zu reproduzieren; die während dieses Teils
des Arbeitstags produzierte Ware hat denselben Wert ... wie die in seinen
täglichen Lebensmitteln enthaltene. Es hängt vom Wert
dieser Lebensmittel ab (also von der
gesell-schaftlichen Produktivität der Arbeit, nicht von der Produktivität
des einzelnen Zweigs, in dem er arbeitet), ein wie großer Teil seines
Arbeitstages der ... Produktion des Werts, i. e. des
Gegenwerts für seine Lebensmittel, gewidmet ist.
... Es ist klar, dass wenn der Arbeiter seinen ganzen Tag brauchte, um seine eigenen Lebensmittel (d. h. Ware gleich dem Werte seiner eigenen Lebensmittel) zu produzieren, kein Mehrwert möglich wäre, also keine kapitalistische Produktion und keine Lohnarbeit.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 407f. „... Der Profit der Kapitalisten kommt ja gerade dadurch her ..., dass die Nachfrage der Arbeiter kleiner ist als der Wert ihres Produkts, und der Profit umso größer ist, je relativ kleiner diese Nachfrage ist.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 469. „Was die Arbeiter in
der Tat produzieren (neben ihrem Lebensunterhalt), ist Mehrwert. Solange
sie ihn produzieren, bekommen sie Lohn, haben sie zu konsumieren.
Sobald die Mehrwertproduktion für ihren Kapitalisten aufhört, hört
ihre Konsumtion auf, weil ihre Produktion aufhört.
... Das bloße Verhältnis
von Lohnarbeiter und Kapitalist schließt ein: 1. dass der größte
Teil der Produzenten (die Arbeiter) Nichtkonsumen-ten (Nichtkäufer) eines
sehr großen Teils ihres Produkts sind, nämlich der Arbeitsmittel und des
Arbeitsmaterials; 2. dass der größte
Teil der Produzenten, die Arbeiter, nur einen Gegen-wert für ihr
Produkt konsumieren können (= Lohn erhalten), solange sie mehr als
diesen Gegenwert – den Mehrwert oder das Mehrprodukt
– produzieren. Sie müssen stets Überproduzenten sein, über ihr Bedürfnis hinaus-produzieren, um innerhalb der Schranken ihres Bedürfnisses Konsu-menten oder Käufer sein zu können.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 520. 2.3.
Konsum der Kapitalisten und ihres unproduktiven
Anhangs 2.3.1. Konsum der
Kapitalisten „In den historischen
Anfängen der kapitalistischen Produktionsweise – und jeder kapitalistische
Emporkömmling macht dieses historische Stadium individuell durch –
herrschen Bereicherungstrieb und Geiz bei den Kapitalisten als
absolute Leidenschaften vor. Aber der Fortschritt
der kapitalistischen Produktion schafft nicht nur eine Welt von Genüssen.
Er öffnet mit der Spekulation und dem Kreditwesen tausend Quellen
plötzlicher Bereicherung. Auf einer gewissen Entwicklungshöhe wird ein
gewöhnlicher Grad von Verschwendung, die zugleich Schaustellung des
Reichtums und daher Kreditmittel ist, sogar zu einer
Geschäftsnotwendigkeit des ‚unglücklichen‘ Kapitalisten. Der Luxus geht in
die Repräsentations-kosten des Kapitals ein. Ohnehin bereichert
sich der Kapitalist nicht, gleich dem Schatzbildner, im Verhältnis seiner
persönlichen Arbeit und seines persönlichen Nichtkonsums, sondern im Maß,
worin er fremde Arbeitskraft aussaugt und dem Arbeiter Entsagung aller
Lebensgenüsse aufzwingt. Obgleich daher die Verschwendung des Kapitalisten
nie das gute Gewissen der Verschwendung des flotten Feudalherren
besitzt, in ihrem Hintergrund vielmehr stets schmutzigster Geiz und
ängstliche Berechnung lauern, wächst dennoch seine Verschwendung mit
seiner Akkumulation, ohne dass die eine die andere zu
beeinträchtigen braucht. Damit entwickelt sich gleichzeitig in der
... Brust des Kapitalindividuums ein faustischer Konflikt zwischen
Akkumulation und Genusstrieb.“ K. Marx, Kapital I,
MEW 23, 620. „Das
nächste Resultat der Maschinerie ist, den Mehrwert und zugleich die
Produktenmasse, worin er sich darstellt, also mit der Substanz, wovon
die Kapitalistenklasse samt Anhang zehrt, diese
Gesellschafts-schichten selbst zu vergrößern. Ihr
wachsender Reichtum ... erzeugt
mit neuem Luxusbedürfnis zugleich neue Mittel seiner Befriedigung. Ein
größerer Teil des gesellschaft-lichen Produkts verwandelt sich in Mehrprodukt und ein größerer Teil
des Mehrprodukts wird in
verfeinerten und vermannigfachten Formen reproduziert und verzehrt. In
anderen Worten: Die Luxusproduktion wächst. Die Verfeinerung und Vermannigfachung der Produkte entspringt ebenso aus den neuen weltmarktlichen Beziehungen, welche die große Industrie schafft. Es werden nicht nur mehr ausländische Genussmittel gegen das heimische Produkt ausgetauscht, sondern es geht auch eine größere Masse fremder Rohstoffe, Ingredienzien, Halbfabrikate usw. als Produktionsmittel in die heimische Industrie ein.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 468f. „Das erste Resultat
der Maschine – Steigerung des Mehrwerts und zugleich der
Produktenmasse, worin er sich darstellt, und wovon die Kapitalistenklasse
und ihr Anhang zehrt, diese Gesellschaftsschichten zu vergrößern – also
Steigerung der Anzahl von Kapitalisten; neues Luxusbedürfnis und zugleich
Mittel seiner Befriedigung. Die Luxusproduktion wächst ...“ F. Engels, Konspekt über „Das Kapital“, MEW 16, 285. 2.3.2. Konsum der
unproduktiven Klassen „... Die wirkliche Verfassung der Gesellschaft (besteht) ... keineswegs bloß aus den Klassen der Arbeiter und industriellen Kapitalisten ... Die Kategorie ... der Konsumenten (ist) viel weiter ... als die der Produzenten, und daher (bringt) die Art, wie sie ihr Einkommen spendet, und der Umfang der letzteren sehr große Modifikationen im ökonomischen Haushalt und speziell im Zirkulations- und Reproduk-tionsprozess des Kapitals hervor.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 493. „Der Grundbesitzer produziert nicht, und doch konsumiert er. Ebenso verhält es sich mit dem ganzen Geldkapital.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 519. Grundbesitzer und unproduktive Dienstleister sind Konsumenten „... deren Einkommen zum Teil sekundäre, vom Profit und Lohn abgeleitete ... sind, und ... die Art, wie sie ihr Einkommen spenden, und der Umfang der letzteren (bringt) sehr große Modifikationen im ökonomischen Haushalt und speziell im Zirkulations- und Reproduktionsprozess des Kapitals hervor ...“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 493. „Ganz abgesehen von den ... unproduktiven Arbeitern, die für ihre Dienste einen Teil der Luxusausgabe der Kapitalisten empfangen (diese Arbeiter selbst sind insgesamt Luxusartikel) und die sich sehr stark beteiligen namentlich auch an der Konsumtion notwendiger Lebens-mittel.“ K. Marx, Kapital II, MEW 24, 409. „Wenn ihr bedenkt,
dass 2/3 des nationalen Produkts (1865 in England) von 1/5 der
Bevölkerung ... konsumiert werden, so begreift ihr, welch bedeutender Teil
des nationalen Produkts in Gestalt von Luxusartikeln produziert oder gegen
Luxusartikel ausgetauscht und welche Unmenge selbst von den
Lebensmitteln auf Hauspersonal, Pferde, Katzen usw. verschwendet
werden muss ...“ K. Marx, Lohn, Preis
und Profit, MEW 16, 107. Zum Vergleich: „Consumtion accounts for almost 70 % of GDP
in America ... Families earning above 50,000 USD a year account for nearly
half of all consumer spending.“ (Economist, 17. Oktober 1998, 55). Diese
wohlhabenden Familien konsumieren rund 35 % des amerikanischen
Bruttosozialprodukts.
3. Der Kapitalismus
schafft Verschwendung neben Unterernährung, schafft Überproduktion
neben Unterkonsumtion Ricardo
übersieht, „dass die
kapitalistische Produktion …, je mehr sie sich entwickelt, umso mehr
gezwungen ist, auf einer Stufenleiter zu produzieren, die mit der
unmittelbaren Nachfrage nichts zu tun hat, sondern von einer
beständigen Erweiterung des Weltmarkts abhängt. Er übersieht, dass die
Ware in Geld verwandelt werden muss. ... Die Überproduktion
bringt keinen permanenten Fall des Profits hervor, aber sie ist
permanent periodisch. Es folgt ihr Unterproduktion
usw. Die Überproduktion geht gerade daraus hervor, dass die Masse des Volkes nie mehr als die durchschnittliche Menge lebenswichtiger Güter konsumieren kann, ihre Konsumtion also nicht entsprechend wächst mit der Produktivität der Arbeit.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 469. „Die Überproduktion speziell hat das allgemeine Produktionsgesetz des Kapitals zur Bedingung, zu produzieren im Maß der Produktivkräfte (d. h. der Möglichkeit mit gegebener Masse Kapital größtmöglichste Masse Arbeit auszubeuten) ohne Rücksicht auf die vorhandenen Schranken des Markts oder der zahlungskräftigen Bedürfnisse, und dies durch beständige Erweiterung der Reproduktion und Akkumulation, daher beständige Rückverwandlung von Revenue in Kapital auszuführen, während andererseits die Masse der Produzenten auf das durch-schnittliche Maß von Bedürfnissen beschränkt bleibt und der Anlage der kapitalistischen Produktion nach beschränkt bleiben muss.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 535. „Die Überproduktion geht gerade daraus hervor, dass die Masse des Volkes nie mehr als die durchschnittliche Menge lebenswichtiger Güter konsumieren kann, ihre Konsumtion also nicht entsprechend wächst mit der Produktivität der Arbeit.“ K. Marx, Theorien über den Mehrwert II, MEW 26.2, 469. Die große
Industrie „produziert ...
einerseits eine sich immer steigern-de Proletarisierung der gesamten
großen Volksmasse, andererseits eine immer größere Masse unabsetzbarer
Produkte. Überproduktion und Massenelend, jedes die Ursache des anderen, das ist der absurde Widerspruch, worin sie ausläuft ...“ F. Engels, Ludwig Feuer-bach, MEW 21, 300. „Wie ... die Dinge
liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale
großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen;
während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des
Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, dass sie nur solange angewandt
werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden
können. Der letzte Grund aller
wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der
Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die
Produktivkräfte so zu entwickeln, also ob nur die absolute
Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.“ K. Marx, Kapital III,
MEW 25, 501. 4.
Ausblick „Die Beseitigung der kapitalistischen Produktionsform erlaubt, den Arbeitstag auf die notwendige Arbeit zu beschränken. Jedoch würde letztere, unter sonst gleich bleibenden Umständen, ihren Raum ausdehnen. Einerseits weil die Lebensbedingungen des Arbeiters reicher und seine Lebensansprüche größer. Andererseits würde ein Teil der jetzigen Mehrarbeit zur notwendigen Arbeit zählen, nämlich die zur Erzielung eines gesellschaftlichen Reserve- und Akkumulationsfonds nötige Arbeit.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 552. Siehe auch die Artikel: |
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: „Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten.“ Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff. |