Staat
1. Staatsmacht
erwächst aus der Wirtschaftsmacht Das materielle Leben
der Individuen, welches keineswegs von ihrem bloßen Willen abhängt, ihre
Produktionsweise und die Verkehrsform, die sich wechselseitig bedingen,
ist die reelle Basis des Staats und bleibt es auf allen Stufen, auf denen
die Teilung der Arbeit und das Privateigentum noch nötig sind, ganz
unabhängig vom Willen der Individuen. Diese wirklichen
Verhältnisse sind keineswegs von der Staatsmacht geschaffen, sie sind
vielmehr die sie schaffende Macht. Dasselbe gilt von den
beherrschten Klassen, von deren Willen es ebenso wenig abhängt, ob Gesetz
und Staat bestehen. ... Die oberflächlichste Betrachtung der Gesetzgebung, z. B. der Armengesetzgebung in allen Ländern, wird zeigen, wie weit es die Herrschenden brachten, wenn sie durch ihren bloßen Herrscherwillen, d. h. als nur Wollende, irgendetwas durchsetzen zu können sich einbildeten. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 311ff. Meine Untersuchung
mündete in dem Ergebnis, dass Rechtsverhältnisse wie Staatsformen ... in
den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln ... In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesell-schaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt ... Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozess überhaupt. K. Marx, Kritik der politischen Ökonomie, MEW 13, 8f. Es zeigte sich, dass ... die jedesmalige ökonomische Struktur der Gesellschaft die reale Grundlage bildet, aus der der gesamte Überbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen sowie der religiösen, philosophischen und sonstigen Vorstellungsweisen eines jeden geschichtlichen Zeitabschnitts in letzter Instanz zu erklären sind. F. Engels, Entwicklung des Sozialismus, MEW 19, 208. Alle Regierungen, seien sie noch so unabhängig, sind in letzter Instanz nur die Vollstrecker der ökonomischen Notwendigkeiten der nationalen Lage. Sie mögen diese Aufgabe in verschiedener Weise gut, schlecht oder leidlich besorgen; sie mögen die ökonomische Entwicklung beschleunigen oder hemmen, aber schließlich müssen sie ihr doch folgen. F. Engels, Brief an Danielson (1892), MEW 38, 365. Änderungen, die von einer gesellschaftlichen Notwendigkeit diktiert werden, bahnen sich früher oder später ihren Weg; wenn sie zu einem dringenden Bedürfnis geworden sind, müssen sie befriedigt werden, und die Gesetzgebung wird immer gezwungen sein, sich ihnen anzupassen. K. Marx, Nationalisierung des Bodens, MEW 18, 60. In der Tat, man muss jeder historischen Kenntnis ermangeln, um nicht zu wissen, dass es die Regierungen sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mussten, aber niemals die Regie-rungen es gewesen sind, welche den wirtschaftlichen Verhältnissen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die zivile Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse. K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 109. Sogar in despotischen Staaten umgreift die Arbeit der Oberaufsicht und allseitigen Einmischung der Regierung beides ...: sowohl die Verrichtung der gemeinsamen Geschäfte, die aus der Natur aller Gemeinwesen hervorgehen, wie die spezifischen Funktionen, die aus dem Gegensatz der Regierung zu der Volksmasse entspringen. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 397. Staatszwang, Bajonette, Polizei, Kanonen ... (sind) weit entfernt, die Grundlage der Gesellschaft zu sein, nur eine Konsequenz ihrer eigenen Gliederung ... K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 468. ... Die herrschende Klasse (konstituiert) ihre gemeinschaftliche Herrschaft zur öffentlichen Gewalt, zum Staat ... K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 339. Die politische Gewalt im eigentlichen Sinn ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur Unterdrückung einer anderen. K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 482. Die deutsche
Arbeiterpartei wenigstens, wenn sie das Programm zu dem ihrigen macht
zeigt, wie ihr die sozialistischen Ideen nicht einmal hauttief sitzen,
indem sie, statt die bestehende Gesellschaft (und das gilt von jeder
künftigen) als Grundlage des bestehenden
Staats (oder künftigen, für
künftige Gesellschaft) zu behandeln, den Staat vielmehr als ein
selbständiges Wesen behandelt ... K. Marx, Kritik des
Gothaer Programms, MEW 19, 28. Siehe auch den Artikel: Politik 1.1. Ursprünglich war
wirtschaftliche Macht (Grundbesitz) mit politischer Macht
direkt verbunden Solange die wirklich arbeitende Bevölkerung von ihrer notwendigen Arbeit so sehr in Anspruch genommen wird, dass ihr keine Zeit zur Besorgung der gemeinsamen Geschäfte der Gesellschaft Arbeitsleitung, Staatsgeschäfte, Rechtsangelegenheiten, Kunst, Wissenschaft etc. übrig bleibt, solange musste stets eine besondere Klasse bestehen, die, von der wirklichen Arbeit befreit, diese Angelegenheiten besorgte; wobei sie denn nie verfehlte, den arbeitenden Massen zu ihrem eigenen Vorteil mehr und mehr Arbeitslast aufzubürden. F. Engels, Anti-Dühring, MEW 20, 169. Die hierarchische
Gliederung des Grundbesitzes und die damit zusammenhängenden bewaffneten
Gefolgschaften gaben dem Adel die Macht über die Leibeigenen. Diese
feudale Gliederung war ebenso gut wie das antike Gemeindeeigentum eine
Assoziation (Vereinigung) gegenüber der beherrschten produzierenden
Klasse; nur war die Form der Assoziation und das Verhältnis zu den
unmittelbaren Produzenten verschieden, weil verschiedene
Produktionsbedingungen vorlagen. K. Marx, Deutsche
Ideologie, MEW 3, 24. Siehe auch den Artikel: Feudalismus 1.2. Moderne
Kapitalisten üben nicht direkt politische Macht aus, sondern benutzen
Freunde und Helfer Die Geschäfte und
Wirksamkeiten des Staats sind an Individuen geknüpft (der Staat ist nur
wirksam durch Individuen) ... Es versteht sich ..., dass die Individuen,
insofern sie die Träger der Staatsgeschäfte und Gewalten sind, ihrer
sozialen und nicht ihrer privaten Qualität nach betrachtet werden.
K. Marx,
Kritik des Hegelschen Staatsrechts, MEW 1, 222. Das Kapital ist also die Regierungsgewalt über die Arbeit und ihre Produkte. Der Kapitalist besitzt diese Gewalt, nicht seiner persönlichen oder menschlichen Eigenschaften wegen, sondern insofern er Eigen-tümer des Kapitals ist. K. Marx, Ökonomische-philosophische Manuskripte, MEW 40, 484. Diese Macht asiatischer und ägyptischer Könige .... ist in der modernen Gesellschaft auf den Kapitalisten übergegangen, ob er nun als vereinzelter Kapitalist auftritt, oder, wie bei Aktiengesellschaften, als kombinierter Kapitalist. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 353. ... Wo ein
vermögensloser Mann als Industrieller oder Kaufmann Kredit erhält,
geschieht es in dem Vertrauen, dass er als Kapitalist fungieren,
unbezahlte Arbeit aneignen wird mit dem geliehenen Kapital. Es wird ihm
Kredit gegeben als potentiellem Kapitalisten. Und dieser Umstand
..., dass ein Mann ohne Vermögen, aber mit Energie, Solidität, Fähigkeit
und Geschäftskenntnis sich in dieser Weise in einen Kapitalisten
verwandeln kann ..., befestigt die Herrschaft des Kapitals selbst,
erweitert ihre Basis und erlaubt ihr, sich mit stets neuen Kräften aus der
gesellschaftlichen Unterlage zu rekrutieren. Ganz wie der Umstand, dass
die katholische Kirche im Mittelalter ihre Hierarchie ohne Ansehen von
Stand, Geburt, Vermögen aus den besten Köpfen im Volk bildete, ein
Hauptbefestigungsmittel der Pfaffenherrschaft und der Unterdrückung der
Laien war. Je mehr eine herrschende Klasse fähig ist, die bedeutendsten Männer der beherrschten Klassen in sich aufzunehmen, desto solider und gefährlicher ist ihre Herrschaft. K. Marx, Kapital III, MEW 25, 614. Die durch die moderne Teilung der Arbeit, die moderne Form des Austausches, die Konkurrenz, die Konzentration usw. bedingte Ungerechtigkeit in den Eigentumsverhältnissen geht keineswegs aus der politischen Herrschaft der Bourgeoisklasse hervor, sondern umge-kehrt, die politische Herrschaft der Bourgeoisklasse geht aus diesen modernen ... Produktionsverhältnissen hervor. K. Marx, Moralisierende Kritik, MEW 4, 338. Durch die Emanzipation des Privateigentums vom Gemeinwesen ist der Staat zu einer besonderen Existenz neben und außer der bürgerlichen Gesellschaft geworden; er ist aber weiter nichts als die Form der Organisation, welche sich die Bourgeoisie sowohl nach außen als nach innen zur gegenseitigen Garantie ihres Eigentums und ihrer Interessen notwendig geben. ... Da der Staat die Form ist, in welcher die Individuen einer herrschenden Klasse ihre gemeinsamen Interessen geltend machen und die ganze bürgerliche Gesellschaft einer Epoche sich zusammen-fasst, so folgt, dass alle gemeinsamen Institutionen durch den Staat vermittelt werden, eine politische Form erhalten. Daher die Illusion, als ob das Gesetz auf dem Willen, und zwar auf dem von seiner realen Basis losgerissenen, dem freien Willen beruhe. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 62. Der Staat ist die Form der Organisation, welche sich die Bourgeois sowohl nach außen als nach innen hin zur gegenseitigen Garantie ihres Eigentums und ihrer Interessen notwendig geben. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 62. Der bürgerliche Staat ist weiter nichts als eine wechselseitige Versicherung der Bourgeoisklasse gegen ihre einzelnen Mitglieder wie gegen die ausgebeutete Klasse, eine Versicherung, die immer kostspieliger und scheinbar immer selbständiger gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft werden muss, weil die Niederhaltung der ausgebeuteten Klasse immer schwieriger wird. K. Marx, Rezensionen aus der Neuen Rheinischen Zeitung, MEW 7, 288. Die zentralisierte Staatsmacht, mit ihren allgegenwärtigen Organen stehende Armee, Polizei, Bürokratie, Geistlichkeit, Richterstand, Organe, geschaffen nach dem Plan einer systematischen und hierarchischen Teilung der Arbeit stammt her aus den Zeiten der absoluten Monarchie. ... Während der nachfolgenden Herrschaftsformen wurde die Regierung unter parlamentarische Kontrolle gestellt, d. h. unter die direkte Kontrolle der besitzenden Klassen. Einerseits entwickelte sie sich jetzt zu einem Treibhaus für kolossale Staatsschulden und erdrückende Steuern und wurde vermöge der unwiderstehlichen Anziehungskraft ihrer Amtsgewalt, ihrer Einkünfte und ihrer Stellenvergebung der Zankapfel für die konkurrierenden Fraktionen und Abenteurer der herrschenden Klassen andererseits änderte sich ihr politischer Charakter gleichzeitig mit den ökonomischen Veränderungen der Gesellschaft. In dem Maß, wie der Fortschritt der modernen Industrie den Klassengegensatz zwischen Kapital und Arbeit entwickelte, erweiterte, vertiefte, in demselben Maß erhielt die Staatsmacht mehr und mehr den Charakter einer öffentlichen Gewalt zur Unterdrückung der Arbeiterklasse, einer Maschine der Klassenherrschaft. K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 336. 1.3. Steuern und
Gebühren sind Hebel, die Wirtschaftskraft
in Staatsmacht verwandeln Die Steuern sind die wirtschaftliche Grundlage der Regierungs-maschine und von sonst nichts. K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 30. Übrigens der Staat selbst und was drum und dran hängt, gehört zu diesen Abzügen von der Revenue (= Einkommen), sozusagen den Konsumtionskosten für den Einzelnen, den Produktionskosten für die Gesellschaft. K. Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, 430. a)
Keine Änderung der Form der Besteuerung kann zu einer wesentlichen
Veränderung in den Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital
führen. b)
Wenn man nichtsdestoweniger zwischen zwei Steuersystemen zu wählen hat,
empfehlen wir die völlige Abschaffung der indirekten Steuern und ihre
allgemeine Ersetzung durch direkte Steuern; ... weil
indirekte Steuern dem Einzelnen verbergen, was er an den Staat zahlt,
während eine direkte Steuer unverhüllt und einfach ist und auch vom
Ungebildetsten verstanden werden kann. Die direkte Steuer regt deshalb
jeden dazu an, die Regierung zu kontrollieren, während die indirekte
Steuer jede Tendenz zur Selbstverwaltung zerstört. K. Marx, Vorschläge
für das Programm der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA), MEW 16,
198. Siehe auch den Artikel: Steuern 2. Das ausgebeutete
und unterdrückte Volk wirkt im und gegen den
bürgerlichen Staat ... Alle Kämpfe innerhalb des Staats, der Kampf zwischen Demokratie, Aristokratie und Monarchie, der Kampf um das Wahlrecht etc., etc., (sind) nichts als die illusorischen Formen ..., in denen die wirklichen Kämpfe der verschiedenen Klassen untereinander geführt werden ... und ferner: ... jede nach der Herrschaft strebenden Klasse (muss sich), wenn ihre Herrschaft auch, wie dies beim Proletariat der Fall ist, die Aufhebung der ganzen alten Gesellschaftsform und der Herrschaft überhaupt bedingt, ... zuerst die politische Macht erobern ... K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 33f. Den Arbeitern liegt so viel am Staatsbürgertum, d. h. dem aktiven Staatsbürgertum, dass sie da, wo sie es haben, wie in Amerika, es gerade ausnutzen, und wo sie es nicht haben, es erwerben wollen. Vergleiche die Verhandlungen der nordamerikanischen Arbeiter in zahllosen Meetings, die ganze Geschichte des englischen Chartismus und den französischen Kommunismus und Reformismus. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 198. Die Verwandlung gesellschaftlicher Einsicht in gesellschaftliche Gewalt ... (kann) unter den gegebenen Umständen ... nur durch allge-meine Gesetze geschehen, durchgesetzt durch die Staatsgewalt. Bei der Durchsetzung solcher Gesetze (die in ihrem Interesse liegen) stärkt die Arbeiterklasse keineswegs die Macht der Regierung. Im Gegenteil, sie verwandelt jene Macht, die jetzt gegen sie gebraucht wird, in ihre eigenen Diener. Sie erreicht durch einen allgemeinen Gesetzesakt, was sie durch eine Vielzahl isolierter individueller Anstrengungen vergeblich erstreben würde. K. Marx, Vorschläge für das Programm der Internationalen Arbeiterassoziation (IAA), MEW 16, 194. Da das Proletariat während der Periode des Kampfs zum Umsturz der alten Gesellschaft noch auf der Basis der alten Gesellschaft agiert und daher auch noch in politischen Formen sich bewegt, die ihr mehr oder minder angehören, hat es seine schließliche Konstitution noch nicht erreicht während dieser Kampfperiode und wendet Mittel zur Befreiung an, die nach der Befreiung wegfallen; ... K. Marx, Konspekt zu Bakunin, MEW 18, 636. Es ist falsch, die Proletarier als eine geschlossene Gesellschaft zu unterstellen, die nur den Beschluss des Zugreifens zu fassen haben, um am nächsten Tag der ganzen bisherigen Weltordnung insgesamt ein Ende zu machen. Die Proletarier kommen aber in der Wirklichkeit erst durch eine lange Entwicklung, zu dieser Einheit, eine Entwicklung, in der der Appell an ihr Recht auch eine Rolle spielt. Dieser Appell an ihr Recht ist übrigens nur ein Mittel, sie zu ... einer revolutionären, verbündeten Masse zu machen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 305. Die
Fragen, in denen sozialistische Abgeordnete im Parlament aus
der reinen Ablehnung heraustreten können, sind sehr eng begrenzt.
Es sind alles Fragen, in denen das Verhältnis der Arbeiter zum
Kapitalisten direkt ins Spiel kommt: Fa-brikgesetzgebung,
Normalarbeitstag, Haftpflicht, Lohnzahlung in Waren usw. Dann allenfalls
noch Verbes-serungen im rein bürgerlichen Sinn, die einen positiven
Fortschritt bilden: Münz- und Gewichtseinheit, Freizügigkeit, Erweiterung
der persönlichen Freiheit etc. ... In allen anderen ökonomischen Fragen wie Schutzzölle, Verstaatlichung der Eisenbahnen, der Versicherungen usw. werden sozialistische Abgeordnete immer den entscheidenden Gesichtspunkt behaupten müssen, nichts zu bewilligen, was die Macht der Regierung gegenüber dem Volk verstärkt. F. Engels, Brief an Bebel (1879), MEW 34, 423f. Die politische Freiheit besteht darin, den Staat aus einem der Gesellschaft übergeordneten in ein ihr völlig untergeordnetes Organ zu verwandeln, und auch heute sind die Staatsformen freier oder unfreier in dem Maß, worin sie die Freiheit des Staates beschränken. K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 27. Und ohne
Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsrecht ist keine Arbeiterbewegung
möglich. F. Engels, Preußische
Militärfrage, MEW 16, 75. Der Paragraf im
SPD-Parteiprogramm von Gotha über die Schulen hätte wenigstens
technische Schulen (theoretische und praktische) in Verbindung mit der
Volksschule verlangen sollen. Ganz verwerflich ist
eine Volkserziehung durch den Staat. Durch ein allgemeines
Gesetz die Mittel der Volksschulen bestimmen, die Qualifizierung des
Lehrerpersonals, die Unterrichtszweige etc., und, wie es in den
Vereinigten Staaten geschieht, durch Staatsinspektoren die Erfüllung
dieser gesetzlichen Vorschriften überwachen, ist etwas ganz anderes, als
den Staat zum Volkserzieher zu ernennen! Vielmehr sind Regierung und Kirche gleichermaßen von jedem Einfluss auf die Schule auszuschließen. Im preußisch-deutschen Reich nun gar ... bedarf umgekehrt der Staat einer sehr rauen Erziehung durch das Volk. K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEW 19, 30f. Diese Organisation der Proletarier zur Klasse, und damit zur politischen Partei, wird jeden Augenblick wieder gesprengt durch die Konkurrenz unter den Arbeitern selbst. Aber sie ersteht immer wieder, stärker, fester, mächtiger. Sie erzwingt die Anerkennung einzelner Interessen der Arbeiter in Gesetzesform, indem sie die Spaltungen der Bourgeoisie unter sich benutzt. So das Gesetz zum Zehnstundentag in England. K. Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, 471. Die grausamen Gesetze gegen die Gewerkschaften fielen in England 1825 vor der drohenden Haltung des Proletariats. Trotzdem fielen sie nur zum Teil. Einige schöne Überbleibsel der alten Bestimmungen verschwanden erst 1859. Endlich beanspruchte
der Parlamentsakt vom 29. Juni 1871 die letzten Spuren dieser
Klassengesetzgebung zu beseitigen durch gesetzliche Anerkennung der
Gewerkschaften. Aber ein Parlamentsakt vom selben Datum ... stellte
tatsächlich den vorigen Stand in neuer Form wieder her. Durch diesen
parlamentarischen Trick wurden die Mittel, deren sich die Arbeiter
bedienen können bei einem Streik oder einer Aussperrung ... für
illegal erklärt und unter eine Ausnahme-Strafgesetzgebung gestellt,
... Man sieht, nur widerwillig und unter dem Druck der Massen verzichtete das englische Parlament auf die Gesetze gegen Streiks und Gewerk-schaften, nachdem es selbst, fünf Jahrhunderte hindurch, mit scham-losem Egoismus die Stellung einer permanenten Gewerkschaft der Kapitalisten gegen die Arbeiter eingenommen hatte. K. Marx, Kapital I, MEW 23, 768f. Die
parlamentarische Vertretung ist nur dann etwas wert, wenn sie
mitzureden und mitzubeschließen hat, mit anderen Worten, wenn sie den
Knopf auf dem Beutel
halten (d. h. der Regierung den Haushalt kürzen oder verweigern)
kann. ... Wir fragen: Ist es das Interesse der Arbeiter, dass dies Parlament aller Macht beraubt werde, dies Parlament, in das sie selbst durch Erringung des allgemeinen, direkten Wahlrechts einzutreten und worin sie einst die Mehrheit zu bilden hoffen? Ist es ihr Interesse, alle Hebel der Agitation in Bewegung zu setzen, um in eine Versammlung zu kommen, die schließlich doch nichts zu sagen hat? Sicherlich nicht. F. Engels, Preußische Militärfrage, MEW 16, 72f. Wäre z. B. eine Nationalversammlung an eine verräterische Regierung verkauft, so müsste das Volk beide fortjagen, Regierung und National-versammlung. K. Marx, Verteidigungsrede, MEW 6, 256. Die Völker werden bekanntlich mit den Königen unendlich leichter fertig als mit den gesetzgebenden Versammlungen. Die Geschichte besitzt einen Katalog vergeblicher Empörungen des Volkes gegen die Nationalversammlungen. Sie bietet nur zwei große Ausnahmefälle. Das englische Volk zerstäubte das lange Parlament in der Person Cromwells, das französische Volk den gesetzgebenden Körper in der Person Bonapartes. Aber das lange Parlament war lange schon zum Torso geworden, der gesetzgebende Körper zum Kadaver. K Marx, Konterrevolution in Berlin, MEW 6, 7. Wir müssen den
Regierungen erklären: Wir wissen, dass ihr die bewaffnete Macht seid, die
gegen die Proletarier gerichtet ist; wir werden auf friedlichem Wege gegen
euch vorgehen, wo uns das möglich sein wird, und mit den Waffen, wenn es
notwendig werden sollte. K. Marx,
Sitzungsprotokoll der IAA, MEW 17, 652. Siehe auch die Artikel: 3. Abschaffung der Lohnarbeit ist mit und in diesem Staat unmöglich 3.1. Die Pariser Kommune ist das Modell eines
Übergangsstaats Wenn man sich
einbildet, dass es nur Verordnungen bedarf, um aus der Konkurrenz
(d. h. dem Kapitalismus) herauszukommen, wird man niemals von
ihr befreit werden. K. Marx, Elend der
Philosophie, MEW 4, 159. Marx
und ich haben, seit 1845, die Ansicht gehabt, dass eine der schließlichen
Folgen der künftigen proletarischen Revolution sein wird die allmähliche
Auflösung und endlich das Verschwinden der mit dem Namen Staat
bezeichneten politischen Organisation, einer Organisation, deren
Hauptzweck von jeher war, durch bewaffnete Gewalt, die ökonomische
Unterdrückung der arbeitenden Mehrzahl durch die begüterte Minderzahl
sicherzustellen. Mit
dem Verschwinden einer begüterten Minderzahl verschwindet auch die
Notwendigkeit einer bewaffneten Unterdrückungs- oder
Staats-gewalt. Gleichzeitig war es immer unsere Ansicht, dass, um zu diesem und den anderen weit wichtigeren Zielen der künftigen sozialen Revolution zu gelangen, die Arbeiterklasse zuerst die organisierte politische Gewalt des Staates in Besitz nehmen und mit ihrer Hilfe den Widerstand der Kapitalistenklasse niederstampfen und die Gesellschaft neu organisieren muss. Dies wurde bereits festgestellt 1847 im Kommunistischen Manifest, Kapitel II, Schluss. F. Engels, Brief an Van Patten (1883), MEW 36, 11. Die Kommune war eine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese übernatürliche Fehlgeburt der Gesellschaft; sie war eine Wieder-belebung durch das Volk und des eigenen gesellschaftlichen Lebens. Sie war nicht eine Revolution, um die Staatsmacht von einer Fraktion der herrschenden Klassen an die andere zu übertragen, sondern eine Revolution, um diese abscheuliche Maschine der Klassenherrschaft selbst zu zerbrechen. ... Die Kommune war die entschiedene Negation jener Staatsmacht und darum der Beginn der sozialen Revolution des 19. Jahrhunderts. Was daher immer ihr Geschick in Paris ist, sie wird ihren Weg um die Welt machen. K. Marx, Entwurf zum Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 541f. Die
Mannigfaltigkeit der Deutungen, denen die Kommune unterlag, und die
Mannigfaltigkeit der Interessen, die sich in ihr ausgedrückt fanden,
beweisen, dass sie eine durch und durch ausdehnungsfähige politische Form
war, während alle früheren Regierungsformen wesentlich unter-drückend
gewesen waren. Ihr
wahres Geheimnis war dies: Sie war wesentlich eine Regierung der
Arbeiterklasse, das Resultat des Kampfs der hervorbringenden gegen die
aneignende Klasse, die endlich entdeckte politische Form, unter der die
ökonomische Befreiung der Arbeit sich vollziehen konnte
... Die
politische Herrschaft des Produzenten kann nicht bestehen neben der
Verewigung seiner gesellschaftlichen Knechtschaft. Die Kommune sollte
daher als Hebel dienen, um die ökonomischen Grundlagen umzustürzen, auf
denen der Bestand der Klassen und damit der Klassen-herrschaft
ruht. Einmal die Arbeit emanzipiert, so wird jeder Mensch ein Arbeiter, und produktive Arbeit hört auf, eine Klasseneigenschaft zu sein. K. Marx, Bürgerkrieg in Frankreich, MEW 17, 342. Die
Kommune musste gleich von vornherein anerkennen, dass die Arbeiterklasse,
einmal zur Herrschaft gekommen, nicht fortwirtschaften könne mit der alten
Staatsmaschine; dass diese Arbeiterklasse, um nicht ihrer eigenen,
erst eben eroberten Herrschaft wieder verlustig zu gehen, einerseits
alle die alte, bisher gegen sie selbst ausgenutzte
Unter-drückungsmaschinerie beseitigen, andererseits aber sich sichern
müsse gegen ihre eigenen Abgeordneten und Beamten, indem sie diese, ohne
alle Ausnahme, für jederzeit absetzbar erklärte ... Diese
Sprengung der bisherigen Staatsmacht und ihre Ersetzung durch eine neue,
in Wahrheit demokratische, ist im dritten Abschnitt des
Bürgerkriegs
(Stellungnahme von Marx zur Pariser Kommune) eingehend geschildert.
... Der
sozialdemokratische Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken
geraten bei dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren,
wollt ihr wissen, wie diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser
Kommune an. Das war die Diktatur des Proletariats. F.
Engels, Einleitung von 1891 zu K. Marx: Bürgerkrieg in Frankreich, MEW
17, 623ff. Siehe auch den Artikel: Diktatur des Proletariats 3.2. Selbstbestimmung
der Individuen in einer freien Gesellschaft beseitigt jedes
wirtschaftliche und politische Machtmonopol ... Die kommunistische Revolution, die die Teilung der Arbeit aufhebt, (beseitigt schließlich) die politischen Einrichtungen ... K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 364. Der Kommunismus unterscheidet sich von allen bisherigen Bewe-gungen dadurch, dass er die Grundlage aller bisherigen Produktions- und Verkehrsverhältnisse umwälzt und alle naturwüchsigen Voraussetzungen zum ersten Mal mit Bewusstsein als Geschöpfe der bisherigen Menschen behandelt, ihrer Naturwüchsigkeit entkleidet und der Macht der vereinigten Individuen unterwirft. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 70. Eine unterdrückte
Klasse ist die Lebensbedingung jeder auf Klassengegensatz begründeten
Gesellschaft. Die Befreiung der unter-drückten Klasse schließt also
notwendigerweise die Schaffung einer neuen Gesellschaft ein. ... Heißt
dies, dass es nach dem Sturz der alten Gesellschaft eine neue
Klassenherrschaft geben wird, die in einer neuen politischen Gewalt
gipfelt? Nein. Die Bedingung der Befreiung der arbeitenden Klasse ist die
Abschaffung jeder Klasse. ... Die arbeitende Klasse wird im Laufe der Entwicklung an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft eine Assoziation (= freie Vereinigung) setzen, welche die Klassen und ihren Gegensatz ausschließt, und es wird keine eigentliche politische Gewalt mehr geben, weil gerade die politische Gewalt der offizielle Ausdruck des Klassengegensatzes innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft ist ... K. Marx, Elend der Philosophie, MEW 4, 181f. Bakunin fragte: Was heißt das, das Proletariat, das als herrschende Klasse organisiert ist? Antwort Marx: D. h. dass das Proletariat, statt im Einzelnen gegen die ökonomisch privilegierten Klassen zu kämpfen, Stärke und Organisation genug gewonnen hat, um allgemeine Zwangsmittel im Kampf gegen sie anzuwenden; es kann aber nur ökonomische Mittel anwenden, die seinen eigenen Charakter als Lohnarbeiter, daher als Klasse aufheben; mit seinem völligen Sieg ist daher auch seine Herrschaft zu Ende, weil sein Klassencharakter verschwunden. K. Marx, Konspekt zu Bakunin, MEW 18, 634. Sind im Laufe der
Entwicklung die Klassenunterschiede verschwunden und ist alle Produktion
in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert, so verliert die
öffentliche Gewalt den politischen Charakter. Die politische Gewalt im
eigentlichen Sinn ist die organisierte Gewalt einer Klasse zur
Unterdrückung einer anderen. Wenn das Proletariat im Kampfe gegen die
Bourgeoisie sich notwendig zur Klasse vereint, durch eine Revolution sich
zur herrschenden Klasse macht und als herrschende Klasse gewaltsam die
alten Produktions-verhältnisse aufhebt, so hebt es mit diesen
Produktionsverhältnissen die Existenzbedingung des Klassengegensatzes, der
Klassen überhaupt, und damit seine eigene Herrschaft als Klasse auf. An
die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und
Klassengegensätzen tritt eine Assoziation (= freiwilliger
Zusammenschluss), worin die freie Entwicklung eines jeden die
Bedingung für die freie Entwicklung aller ist. K. Marx,
Kommunistisches Manifest, MEW 4, 482. Siehe auch die Artikel:
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Zur
Zitierweise: Wo es dem Verständnis dient, wurden veraltete
Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenbeispiele zum
Beispiel in Arbeitszeitberechnungen modernisiert und der Euro als
Währungseinheit verwendet. Dass es Karl Marx in Beispielrechnungen weder
auf absolute Größen noch auf Währungseinheiten ankam, darauf hatte er
selbst hingewiesen: Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund
Sterling bedeuten. Kapital II, MEW 24, 396. Alle modernisierten Begriffe und Zahlen sowie erklärende Textteile, die nicht wörtlich von Karl Marx stammen, stehen in kursiver Schrift. Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Auslassungspunkte kenntlich gemacht. Hervorhebungen von Karl Marx sind normal fett gedruckt. Die Rechtschreibung folgt der Dudenausgabe 2000. Quellenangaben verweisen auf die Marx-Engels-Werke, (MEW), Berlin 1956ff.
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